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Gericht: Oberlandesgericht München
Beschluss verkündet am 11.06.2002
Aktenzeichen: 21 W 1082/02
Rechtsgebiete: ZPO
Vorschriften:
ZPO § 752 II | |
ZPO § 888 | |
ZPO § 894 |
2. Das Urteil des Oberlandesgerichts in einer offenkundig nicht vermögensrechtlichen Streitigkeit wurde unter Geltung der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung der Zivilprozessordnung mit der Verkündung rechtskräftig und damit endgültig vollstreckbar. Mit Erlass dieses Urteils wurde auch das landgerichtliche Urteil ohne Sicherheit vollstreckbar; § 751 Abs. 2 stand einer Vollstreckung nicht mehr entgegen.
3. Eine Zustellung des Urteils des Oberlandesgerichts ist zur Vollstreckung des landgerichtlichen Urteils nicht erforderlich, jedenfalls dann, wenn mit diesem Urteil das Urteil erster Instanz nur bestätigt wird.
OBERLANDESGERICHT MÜNCHEN
Aktenzeichen: 21 W 1082/02
In denn Rechtsstreit
wegen Widerruf
hier: Anordnung von Zwangsgeld und Zwangshaft
erläßt der 21. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München durch die unterzeichneten Richter ohne mündliche Verhandlung am 11.06.2002 folgenden
Beschluss:
Tenor:
1. Die Schuldnerin trägt die Kosten des Zwangsmittelverfahrens.
2. Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 5.000 EUR festgesetzt.
Gründe:
I.
Unter dem 4.2.2002 hat der Gläubiger beantragt, gegen die Schuldnerin ein Zwangmittel für den Fall festzusetzen, dass die Annonce des Gläubigers mit dem Widerruf der Redakteurin des D Anzeigers nicht unverzüglich veröffentlicht wird. Mit Beschluss vom 22.2.2002 wies das Landgericht diesen Antrag als zur Zeit unbegründet zurück mit der Begründung, das die Berufung der Schuldnerin zurückweisende Urteil des Senats vom 11.1.2002 sei nicht schon mit Erlass rechtskräftig geworden; dieses Urteil sei auch noch nicht zugestellt; und schließlich sei die vom Landgericht angeordnete Sicherheitsleistung nicht erbracht worden.
In der Ausgabe vom 16./17.3.2002 veröffentlichte die Schuldnerin den Widerruf in einem Kasten im Dorfener Anzeiger. Der Gläubiger erklärte deshalb mit Schriftsatz vom 23.5.2002 die Hauptsache des Zwangsmittelverfahrens für erledigt.
II.
Über die Kosten des Zwangsmittelverfahrens ist gemäß § 891 S. 3, § 91 a ZPO zu entscheiden. Hiernach ist unter Berücksichtigung des Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen zu entscheiden. Danach sind die Kosten der Schuldnerin aufzuerlegen. Dabei ist gemäß § 26 Nr. 10 EGZPO die neue Fassung der Zivilprozessordnung anzuwenden. Dies gilt aber nur für das Beschwerdeverfahren, nicht für die Beurteilung der Rechtswirkungen des Senatsurteils vom 11.1.2002; für dieses gilt gemäß § 26 Nr. 5 EGZPO die ZPO in der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung, insbesondere für die Frage, ob gegen dieses Urteil ein Rechtsmittel gegeben ist.
1. Unschädlich ist, dass das landgerichtliche Urteil vom 6.7.2001 die Androhung von Zwangsmitteln enthielt. Eine solche Androhung ist im Bereich von § 888 ZPO nicht erforderlich, ja sie findet nach § 888 Abs. 2 ZPO nicht statt. Dieser Regelung ist zu entnehmen, dass die Androhung als nicht geschrieben gilt, sie beeinflusst die Entscheidung über den später gestellten Antrag auf Festsetzung von Zwangsgeld nicht.
2. Der Antrag gemäß § 888 ZPO war bei seinem Eingang beim Landgericht zulässig und auch begründet. Voraussetzungen für die Festsetzung eines Zwangsmittels sind Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung und Nichterfüllung einer unter § 888 ZPO fallenden Verpflichtung.
3. Die Pflicht, einen Widerruf in Form einer Anzeige in einer Zeitung zu veröffentlichen kann nur durch den Zeitungsverlag erfüllt werden, ist also nicht vertretbare Handlung. Die Streitfrage, ob ein Urteilssatz auf Widerruf nach § 888 ZPO oder nach § 894 ZPO zu vollstrecken ist, ist hier ohne Bedeutung. Es geht nicht um die Veröffentlichung eines eigenen Widerrufs sondern um die Veröffentlichung des Widerruf eines Dritten (hier: der Autorin des Artikels) in Form einer Anzeige.
4. Die Voraussetzungen für die Zwangsvollstreckung lagen mit Erlass des Senatsurteils, mit welchem die Berufung der Schuldnerin zurückgewiesen wurde (Urteil vom 11.1.2002, Aktenzeichen: 21 U 4236/01 - zur Veröffentlichung bestimmt), vor. Dieses Urteil wurde mit seiner Verkündung rechtskräftig. Anzuwenden war die alte Fassung der Zivilprozessordnung. Es handelte sich um eine nichtvermögensrechtliche Streitigkeit. In solchen Sachen hing die Zulässigkeit der Revision von ihrer Zulassung ab (§ 546 Abs. 1 S. 1 ZPO a.F.). Der Senat hat die Revision nicht zugelassen. Eine Nichtzulassungsbeschwerde war nach altem Recht nicht gegeben. Dies war auch der Grund dafür, dass der Senat das Urteil nicht für vorläufig vollstreckbar erklärte. Es bedurfte dieses Ausspruchs nicht, weil das Urteil als rechtskräftig endgültig, nicht nur vorläufig vollstreckbar war. Nach § 705 ZPO tritt die Rechtskraft nicht vor Ablauf der für die Einlegung des zulässigen Rechtsmittels bestimmten Frist ein. Ist aber ein Rechtsmittel schon gar nicht statthaft, dann ist für es auch keine Frist im Sinn des § 705 ZPO bestimmt; die Rechtskraft tritt dann mit Verkündung des Urteils ein. Der insoweit möglicherweise anderen Ansicht (vgl. etwa BGHZ 109, 211/212; MünchKomm/Krüger, ZPO 2. Aufl., § 705 Rn. 5 - je m. w. Nachw.) kann für den Bereich des vorliegenden Rechtsstreits nicht gefolgt werden. Es handelt sich offenkundig um eine nichtvermögensrechtliche Streitigkeit; deshalb ist die Revision, nachdem sie nicht zugelassen wurde, eindeutig ausgeschlossen. § 705 ZPO stellt gerade nicht auf die Statthaftigkeit des Rechtsmittel, sondern auf dessen Zulässigkeit ab. Insbesondere die Ehesachen betreffenden Entscheidungen des BGH (BGHZ 4, 294 = NJW 1952, 425; BGHZ 109, 211 - hier v.a. auf Seite 212 mit Zusammenstellung der verschiedenen Ansichten) sind durch § 17a GVG jedenfalls zum Teil überholt. Vorliegend ist auch die Berufung nicht etwa als unzulässig verworfen worden, so dass unter diesem Blickwinkel eine Revision zulässig wäre.
5. Mit Erlass dieses Senatsurteils wurde deshalb auch das Urteil des Landgerichts mit seiner Verurteilung zur Veröffentlichung rechtskräftig. Damit entfiel auch die Bestimmung der Sicherheitsleistung für die vorläufige Vollstreckbarkeit. Das Urteil war endgültig, nicht mehr nur vorläufig vollstreckbar. § 751 Abs. 2 ZPO stand der Vollstreckung ohne Leistung der Sicherheit nicht mehr entgegen. Auch die anderen Voraussetzungen für die Zwangsvollstreckung lagen vor. § 750 Abs. 1 ZPO verlangt die Zustellung des Ersturteils, nicht auch die des die Berufung zurückweisenden Berufungsurteils. Denn vollstreckt wird aus dem landgerichtlichen Urteil. Aus dem Urteil des Senats ergibt sich nur die Rechtskraft und der Wegfall des Erfordernisses der Sicherheitsleistung bei Vollstreckung aus dem vorläufig vollstreckbaren Titel. Damit muss dieses Senatsurteils nur bestehen und vorliegen, nicht aber auch noch zugestellt werden. Diese Frage wird im wesentlichen zum Teil im Zusammenhang mit § 929 Abs. 2 ZPO diskutiert. Hier wird die Zustellung des Berufungsurteils nicht einmal dann verlangt, wenn ein Arrestbefehl auf Widerspruch vom Erstgericht aufgehoben, vom Berufungsgericht aber wiederherstellt wird (vgl. Thomas/Putzo, ZPO 23. Aufl., § 929 Rn. 7; eine erneute Zustellung verlangen für diesen Fall allerdings - wohl eher zu Recht - Stein/Jonas/Grunsky, ZPO 21. Aufl., § 929 Rn. 6). Dies gilt jedenfalls und erst Recht, wenn mit dem Berufungsurteil die Entscheidung der ersten Instanz nur bestätigt wird. Es muss genügen, dass ein solches Berufungsurteil wirksam erlassen wurde. Dies ist vorliegend durch die Verkündung - in Gegenwart der Prozeßbevollmächtigten - geschehen.
Ende der Entscheidung
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