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Gericht: Oberlandesgericht München
Urteil verkündet am 17.09.2009
Aktenzeichen: 29 U 2579/09
Rechtsgebiete: UrhG, KUG, EG, EGBGB, frz. Code Civil, ZPO


Vorschriften:

UrhG § 7
UrhG § 8 Abs. 3 Satz 2
UrhG § 28 Abs. 1
UrhG § 98
UrhG § 100
UrhG § 129 Abs. 1 Satz 1
KUG § 10 Abs. 1
EG Art. 12 Abs. 1
EGBGB Art. 220 Abs. 1
EGBGB Art. 24 Abs. 1 a.F.
EGBGB Art. 25 Satz 1
frz. Code Civil Art. 971
frz. Code Civil Art. 972
frz. Code Civil Art. 973
frz. Code Civil Art. 974
frz. Code Civil Art. 975
frz. Code Civil Art. 1003
frz. Code Civil Art. 1014
ZPO § 293
1. Das Schutzlandprinzip hat zur Konsequenz, dass § 98 UrhG anwendbar ist, wenn sich Vervielfältigungsstücke im Inland befinden.

2. Zur Auslegung eines Einzelvermächtnisses im Testament eines Bildhauers, der nach französischem Recht beerbt wird und der bei der Anordnung des Einzelvermächtnisses nur bestimmte, nicht aber sämtliche Werkstücke seiner Werke angeführt hat.


OBERLANDESGERICHT MÜNCHEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Aktenzeichen: 29 U 2579/09

Verkündet am 17.09.2009

In dem Rechtsstreit

hat der 29. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München durch

Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Zwirlein, Richter am Oberlandesgericht Cassardt und Richter am Oberlandesgericht Dr. Kartzke

aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 17.09.2009

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 26.02.2009 wird zurückgewiesen.

2. Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte kann die Vollstreckung wegen der Kosten abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des vollstreckbaren Betrags, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 115 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe:

Die Klägerin, die Verwertungsgesellschaft Bild-Kunst, macht gegen den Beklagten, soweit in der Berufungsinstanz noch von Interesse, einen Vernichtungsanspruch bezüglich eines Nachgusses der Bronzeskulptur "La Prière" (Das Gebet) geltend, deren Original im Zeitraum 1907 bis 1914 für ein Grabmal der Familie S. in B../Rumänien angefertigt wurde. Die Original-Skulptur "La Prière", die dem am 19.02.1876 in Rumänien geborenen Bildhauer Constantin Brâncusi zugeschrieben wird, wurde nach der Fertigstellung zunächst im Rahmen der Gestaltung des Grabmals aufgestellt und später in ein Museum in Bukarest gebracht. Die Original-Skulptur "La Prière" hat Rumänien bis zum Tod von Constantin Brâncusi am 16.03.1957 nie verlassen.

Constantin Brâncusi, der zum Zeitpunkt seines Todes die französische Staatsangehörigkeit und möglicherweise auch die rumänische Staatsangehörigkeit besaß, hat am 12.04.1956 in Paris zu notarieller Urkunde eines Notars ein Testament (Anlage K 9, deutsche Übersetzung der einschlägigen Passagen Anlage B 14/2) in französischer Sprache errichtet, das auszugsweise folgenden Wortlaut hat:

"J'institue Monsieur et Madame A. I. demeurant à Paris 11 Impasse Ronsin mes légataires universels conjointement. En cas de prédécès de l'un ou de l'autre de mes légataires universels, la part du prédécédé accroitra le legs fait au survivant d'eux.

Je lègue à l'Etat Français pour le Musée National d'Art Moderne, absolument tout ce que contiendront au jour de mon décès mes ateliers situés à Paris, Impasse Ronsin no 11 n'exceptant que l`argent comptant, les titres ou valeurs qui pourraient s'y trouver et qui reviendront à mes légataires universels.

Ce legs est fait à charge par l'Etat Français de reconstituer de préférence dans les locaux du Musée National d'Art Moderne un atelier contenant mes œuvres, ébauches, établis, outils, meubles.

Dans le cas où une ou plusieurs de mes œuvres seraient sorties de mes ateliers pour figurer dans une exposition ou pour toute autre cause, j'entends qu'elles soient intégrées dans le present legs."

In der vom Beklagten vorgelegten deutschen Übersetzung lauten diese Passagen wie folgt (Anlage B 14/2):

"Hiermit setze ich Herrn und Frau A. I., wohnhaft in Paris, Impasse Ronsin Nr. 11, gemeinschaftlich als Gesamtvermächtnisnehmer ein. Im Fall des Ablebens eines meiner Gesamtvermächtnisnehmer vergrößert der Anteil des zuerst Verstorbenen das dem hinterbliebenen Ehegatten überlassene Vermächtnis.

Ich vermache dem französischen Staat als Träger des Musée d'Art Moderne absolut alles, was sich zum Zeitpunkt meines Todes in meinen Ateliers in Paris, Impasse Ronsin Nr. 11, befindet. Davon ausgenommen sind lediglich dort etwa befindliche Bargeldbestände, Wertpapiere oder Effekten, die meinen Gesamtvermächtnisnehmern zustehen.

Dieses Vermächtnis wird für den französischen Staat mit der Auflage verknüpft, vorzugsweise in den Räumlichkeiten des Musée National d'Art Moderne ein Atelier einzurichten, das meine Werke sowie Skizzen, Werkbänke, Werkzeug und Möbel enthält.

Sollte eines oder mehrere meiner Werke sich wegen einer Ausstellung oder aus anderem Grund außerhalb meine Ateliers befinden, werden sie ebenfalls diesem Vermächtnis zugerechnet."

Constantin Brâncusi ist am 16.03.1957 in Paris, wo er seinen letzten Wohnsitz hatte, verstorben.

Im Jahr 2001 wurden in der Kunstgießerei N. in B. [Deutschland] im Auftrag der Fondation F.-R. I., die sich auf eine undatierte schriftliche Erlaubnis des Rumänischen Ministeriums für Kultur und Religionen (Anlage K 20) stützte, die nachstehend genannten drei Nachgüsse der Skulptur "La Prière" angefertigt:

I. Bronzenachguss mit grün-bläulicher Patina, versehen mit der Signatur "C. Brancusi" und dem Gießerstempel "H. N., B. ", Maße 107 x 33,5 x 121 cm (vgl. Abbildung Anlage K 1)

II. Bronzenachguss, versehen mit den Gravuren "Reproduktion" und "R" in einem Quadrat, der Signatur "C. Brancusi" und dem Gießerstempel "N., B." (Höhe 107,5 cm, Tiefe ca. 110,0 cm (vgl. Abbildungen Anlagenkonvolut K 23)

III. Bronzenachguss für die Metro-Station Madeleine in Paris.

Der Nachguss III wurde im Jahr 2001 aus Anlass des 125. Geburtstags von Constantin Brâncusi an der genannten Metro-Station in Paris mit (nachträglicher) Billigung von T. N. aufgestellt, der dem Vorbringen der Klägerin zufolge das Urheberrecht bezüglich der Skulptur "La Prière" aufgrund mehrstufiger Erbfolge erworben hat.

Der Beklagte macht u.a. geltend, den Nachguss I habe er lediglich als Dankeschön für seine Finanzierung der Aufstellung des Nachgusses III an der genannten Metro-Station in Paris erhalten (vgl. Donation Document Anlage B 4). Er habe die dortige Aufstellung des Nachgusses III mit mehr als 100.000,00 US-$ sowie die Gusskosten über die Fondation F.-R. I. finanziert. Einen Betrag von 50.000,00 US-$ habe er in zwei Raten zu je 25.000,00 US$ im Mai 2001 und Juni 2001 an das von R.C. B., dem Generalbevollmächtigten der Fondation F.-R. I. angegebene Konto bei der R. E.bank/[Rumänien] überwiesen. Einen weiteren Betrag in Höhe von 50.000,-- € habe er im Jahr 2002 in bar an R. C. B. in einer Sparkassenfiliale in W. [Österreich] übergeben.

Die Klägerin vertritt die Auffassung, dass es sich bei dem Nachguss I - ebenso wie bei dem Nachguss II, der allerdings nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens ist - um einen illegalen posthumen Nachguss handele und fordert dessen Vernichtung. Sie sei aufgrund des am 01.10.1990 mit der französischen Verwertungsgesellschaft SOCIÉTÉ DES AUTEURS DANS LES ARTS GRAPHIQUES ET PLASTIQUES (A.D.A.G.P) geschlossenen Gegenseitigkeitsvertrags berechtigt, die Rechte dieser Verwertungsgesellschaft in Deutschland wahrzunehmen. Dieser Verwertungsgesellschaft sei T. N. am 10.10.1997 als Rechtsnachfolger von Constantin Brâncusi beigetreten; T. N. habe ihr alle in Art. 2 der Satzung aufgeführten Rechte, darunter das Recht zur Genehmigung von Reproduktionen des Werkes, exklusiv übertragen. Hilfsweise sei sie von T. N. ermächtigt worden, die klagegegenständlichen Ansprüche gerichtlich geltend zu machen.

Die Klägerin hat in erster Instanz beantragt,

den Beklagten zu verurteilen,

1. die Bronzeskulptur "La Prière" (Bronze-Nachguss mit grün-bläulicher Patina, versehen mit der Signatur "C. Brancusi" und dem Gießerstempel "H. N., B. [Deutschland]" Maße 33,5 x 121 cm), einem von der Klägerin zu beauftragenden Gerichtsvollzieher zum Zwecke der auf Kosten des Beklagten vorzunehmenden Vernichtung herauszugeben;

2. den Abguss der Bronzeskulptur "La Prière", Bronzenachguss, versehen mit den Gravuren "Reproduktion" und "R" in einem Quadrat, der Signatur "C. Brancusi" und dem Gießereistempel "N. B." (Höhe 107,5 cm, Tiefe ca. 110,0 cm), an den Gerichtsvollzieher zum Zwecke der Vernichtung herauszugeben.

Der Beklagte hat in erster Instanz beantragt,

die Klage abzuweisen. Das Landgericht hat mit Urteil vom 26.02.2009 Folgendes entschieden:

I. Der Beklagte wird verurteilt, die Bronzeskulptur "La Priére" (Bronze-Nachguss mit grün bläulicher Patina, versehen mit der Signatur "C. Brancusi" und dem Gießerstempel "H. N., B. [Deutschland]", Maße: 107 x 33,5 x 121 cm), einem von der Klägerin zu beauftragenden Gerichtsvollzieher zum Zwecke der Vernichtung herauszugeben.

II. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Auf dieses Urteil wird einschließlich der darin getroffenen tatsächlichen Feststellungen Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Beklagten, soweit zu dessen Nachteil entschieden worden ist.

Der Beklagte beantragt in der Berufungsinstanz:

1. Das am 26.02.2009 verkündete und am 11.03.2009 zugestellte Urteil des Landgerichts München I, Az.: 7 O 13897/06, wird aufgehoben, soweit es der Klage stattgibt.

2. Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin beantragt in der Berufungsinstanz,

die Berufung zurückzuweisen.

Ergänzend wird auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, auf die Senatsverfügung vom 20.08.2009 sowie auf das Protokoll des Termins der mündlichen Verhandlung vom 17.09.2009 Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung des Beklagten ist nicht begründet. Der Klägerin steht der vom Landgericht ausgeurteilte Anspruch auf Herausgabe des Nachgusses der Skulptur "La Prière" (BronzeNachguss mit grün-bläulicher Patina, versehen mit der Signatur "C. Brancusi" und dem Gießerstempel "H. N., B. [Deutschland]", Maße: 107 x 33,5 x 121 cm) an einen von der Klägerin zu beauftragenden Gerichtsvollzieher zum Zwecke der Vernichtung nach § 98 Abs. 1 Satz 1 UrhG zu.

1. Die Klägerin begehrt mit ihren Klageanträgen Schutz für das Inland. Nach dem Schutzlandprinzip sind daher, wovon das Landgericht zu Recht ausgegangen ist (UA S. 10 unter Nr. A.

1. 1.), die Vorschriften des deutschen Urheberrechts anwendbar (vgl. BGH, Urteil vom 22.01.2009 - I ZR 148/06, juris, dort Tz. 12, vgl. auch Art. 8 Abs. 1 der im Streitfall zeitlich noch nicht anwendbaren ROM-II-Verordnung). Nach dem Recht des Schutzlandes richten sich insbesondere die Ansprüche, die der Inhaber einer ausschließlichen urheberrechtlichen Befugnis im Falle der Verletzung dieses Rechts geltend machen kann (vgl. BGHZ 136, 380, 385 - Spielbankaffaire). Nach dem Recht des Schutzlandes bestimmt sich auch, welche Handlungen als Verwertungshandlungen unter das Schutzrecht fallen. Auch die Frage, wer als Urheber und erster Inhaber des Urheberrechts an einem Werk anzusehen ist, beurteilt sich nach dem Recht des Schutzlandes (vgl. BGHZ 136, 380, 387 - Spielbankaffaire). Ebenso bestimmt das Recht des Schutzlandes, ob urheberrechtliche Befugnisse übertragbar sind (vgl. BGHZ 136, 380, 387 - Spielbankaffaire). Das Schutzlandprinzip hat zur Konsequenz, dass § 98 UrhG anwendbar ist, wenn sich Vervielfältigungsstücke im Inland befinden (vgl. Jan Bernd Nordemann in Fromm/Nordemann, Urheberrecht, 10. Aufl., § 98, Rdn. 5; Dreier/Schulze, UrhG, 3. Aufl., § 98, Rdn. 8). Der Nachguss I befindet sich nach den Feststellungen des Landgerichts im Inland, nämlich im Besitz des in G. [Deutschland] wohnenden Beklagten, weshalb § 98 UrhG im Streitfall internationalprivatrechtlich anwendbar ist. Gegen die Ausführungen des Landgerichts zur Reichweite des Schutzlandprinzips (UA S. 10 unter A. I. 1.) hat der Beklagte in der Berufungsinstanz keine spezifischen Einwendungen erhoben.

2. Zu Recht hat das Landgericht angenommen, dass das Urheberrechtsgesetz auf die im Zeitraum 1907 bis 1914 für ein Grabmal in B./Rumänien angefertigte Skulptur "La Prière" (vgl. die Abbildung im Anlagenkonvolut B 12, S. 4, untere Hälfte) anwendbar ist. Nach § 129 Abs. 1 Satz 1 UrhG sind die Vorschriften des Urheberrechtsgesetzes auf die vor seinem Inkrafttreten (01.01.1966) geschaffenen Werke anzuwenden, es sei denn, dass sie zu diesem Zeitpunkt urheberrechtlich nicht geschützt waren oder dass in diesem Gesetz sonst etwas anderes bestimmt ist. Zu Recht hat das Landgericht angenommen, dass die Skulptur "La Prière" ein Werk der bildenden Kunst ist, das seit 1907 nach deutschem Recht ununterbrochen Urheberrechtsschutz genießt. Auf die Ausführungen des Landgerichts unter A. I. 2. a) der Entscheidungsgründe (UA S. 10 f.) wird Bezug genommen. Gegen diese Ausführungen werden vom Beklagten in der Berufungsinstanz keine spezifischen Einwendungen erhoben, weshalb nähere Ausführungen insoweit nicht erforderlich sind.

3. Zutreffend hat das Landgericht auch angenommen, dass der Bildhauer Constantin Brâncusi, der zum Zeitpunkt seines Todes am 16.03.1957 jedenfalls die französische Staatsangehörigkeit (vgl. Anlage K 9, S. 1; Anlage B 14) und möglicherweise auch die rumänische Staatsangehörigkeit besaß, den gleichen urheberrechtlichen Schutz genießt wie deutsche Staatsangehörige. Dabei kann dahinstehen, welchen fremdenrechtlichen Schutz der Bildhauer Constantin Brâncusi, der die französische Staatsangehörigkeit 1952 durch Einbürgerung erworben hatte (vgl. Anlage B 14), unter der Geltung des Gesetzes betreffend das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste und der Photographie (KUG) vom 09.01.1907, des Vorläufergesetzes des Urheberrechtsgesetzes, und unter der Geltung des Gesetzes betreffend das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste vom 09.01.1876, des Vorläufergesetzes des Gesetzes betreffend das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste und der Photographie, genoss. Denn nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften ist das Diskriminierungsverbot des Art. 12 Abs. 1 EG auch auf den Schutz von Urheberrechten in dem Fall anzuwenden, dass der Urheber bereits verstorben war, als der EWG-Vertrag in dem Mitgliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit der Urheber besaß, in Kraft getreten ist (vgl. EuGH GRUR 2002, 689, 690, Tz. 34 - Ricordi). Eine derartige Konstellation liegt hier vor. Constantin Brâncusi ist am 16.03.1957 verstorben, bevor der vom 25.03.1957 datierende EWG-Vertrag in Kraft getreten ist.

4. Ohne Erfolg wendet sich der Beklagte dagegen, dass das Landgericht Constantin Brâncusi als Urheber (§ 7 UrhG) bezüglich der Original-Skulptur "La Prière" unbeschadet des Umstands eingestuft hat, dass es sich bei der Anfertigung dieser Skulptur um eine Auftragsarbeit betreffend ein Grabmal aufgrund eines Auftrags der Witwe E. S. gehandelt hatte. Der Beklagte hat mit Schriftsätzen vom 29.12.2008 und 12.06.2009 vorgetragen, dass die Auftraggeberin E. S. mit der Skizze gemäß Anlagenkonvolut B 11, S. 2 Vorgaben für die Gestaltung der Skulptur "La Prière" gegenüber Constantin Brâncusi gemacht habe. Dieses Vorbringen ist unbeschadet des § 531 ZPO in der Berufungsinstanz zu berücksichtigen, weil es unbestritten geblieben ist (vgl. Zöller/Heßler, ZPO, 27. Aufl., § 531, Rdn. 10). Auch wenn das genannte Vorbringen des Beklagten im Zusammenhang mit der Skizze gemäß Anlagenkonvolut B 11, S. 2 berücksichtigt wird, könnte dies indes allenfalls dazu führen, dass E. S. ein Miturheberrecht zusammen mit Constantin Brâncusi erworben hat (vgl. Loewenheim in Schricker, Urheberrecht, 3. Aufl., § 7, Rdn. 4), wenn - was hier dahinstehen kann - in der Skizze gemäß Anlagenkonvolut B 11, S. 2 ein hinreichend schöpferischer Beitrag liegen sollte. Zu Recht hat das Landgericht darauf hingewiesen (UA S. 14 unter A. I. 4), dass zwischen der Skizze der Auftraggeberin, die die Konturen der Skulptur nur grob umreißt (vgl. Anlagenkonvolut B 11, S. 2) und der fertigen Skulptur (vgl. Anlagenkonvolut B 12, S. 4, untere Hälfte) erhebliche Unterschiede bestehen. Zudem war Constantin Brâncusi unbeschadet etwaiger Vorgaben seitens der Auftraggeberin durch die Skizze gemäß Anlagenkonvolut B 11, S. 2 jedenfalls insoweit schöpferisch tätig, als er diese Skizze in eine dreidimensionale Bronzeskulptur unter Nutzung der dadurch eröffneten Ausdrucksmittel umgesetzt hat. Auch in der vom Beklagten mit Schriftsatz vom 10.09.2009 vorgelegten Stellungnahme von Avocat F. L., Mitglied der Rechtsanwaltskammer Paris, vom 23.07.2009 wird Constantin Brâncusi - allerdings aus der Perspektive des hier nicht anwendbaren französischen Urheberrechts - jedenfalls als Miturheber bezüglich der Skulptur "La Prière" eingestuft. In dem Internetauftritt des Auktionshauses K. gemäß Anlage K 1, bei dem der Beklagte den Nachguss I eingeliefert hatte, wird Constantin Brâncusi und nur dieser sogar als Urheber bezüglich der Skulptur "La Prière" bezeichnet, wobei dieses Werk als "Schlüsselwerk" für Constantin Brâncusi bezeichnet wird. In dem vom Beklagten vorgelegten Schenkungsvertrag (Donation Document) vom 29.04.2002 (Anlage B 4) wird Constantin Brâncusi und nur dieser als "author" bezüglich der Skulptur "La Prière" bezeichnet. Selbst wenn Constantin Brâncusi indes nicht Alleinurheber, sondern bloß Miturheber bezüglich der Skulptur "La Prière" sein sollte, ist dessen Rechtsnachfolger allemal berechtigt, Ansprüche aus der Verletzung des Urheberrechts, darunter Vernichtungsansprüche im eigenen Namen geltend zu machen (§ 8 Abs. 2 Satz 3 UrhG; Loewenheim in Schricker aaO § 8, Rdn. 19).

5. Zu Recht hat das Landgericht angenommen, dass aufgrund des Testaments vom 12.04.1956 (Anlage K 9) das Urheberrecht bezüglich der Skulptur "La Prière" auf die Eheleute A. I./N. I.-D. übergegangen ist (UA S. 15-17 unter A. III.).

a) Nach deutschem Recht als dem Recht des Schutzlandes beurteilt sich, ob das Urheberrecht vererblich ist. Dies ist gemäß § 28 Abs. 1 UrhG ebenso wie nach § 10 Abs. 1 KUG, der zum Zeitpunkt des Todes von Constantin Brâncusi am 16.03.1957 galt, der Fall.

b) Hingegen beurteilt sich die Erbfolge nach Constantin Brâncusi in materieller Hinsicht gemäß Art. 220 Abs. 1 EGBGB i. V. m. der aus den unvollständigen Kollisionsnormen der Art. 24 Abs. 1, Art. 25 Satz 1 EGBGB a. F. abzuleitenden Grundsatzanknüpfung nach französischem Recht als dem Recht des Staates, dem Constantin Brâncusi zum Zeitpunkt seines Todes angehörte (vgl. Palandt/Heldrich, BGB, 45. Aufl., 1986, Art. 24 EGBGB, Anm. 2). Sollte, was vom Landgericht offen gelassen worden ist (UA S. 13 unter A. I. 2. b) ff.), Constantin Brâncusi zum Zeitpunkt seines Todes neben der französischen Staatsangehörigkeit auch die rumänische Staatsangehörigkeit besessen haben, so ist gleichwohl die französische Staatsangehörigkeit als die effektivere Staatsangehörigkeit anknüpfungsrelevant (vgl. Palandt/Heldrich, BGB, 45. Aufl., 1986, Art. 24 EGBGB, Anm. 1). Denn Constantin Brâncusi hatte die engsten Bindungen zu Frankreich, wo er seinen letzten Wohnsitz hatte und wo sich sein Atelier (vgl. Anlage K 9) befand; dies ergibt sich auch daraus, dass er im Testament vom 12.04.1956 (Anlage K 9) eine Einzelvermächtnisanordnung zugunsten des französischen Staates getroffen hat.

c) Zutreffend hat das Landgericht ausgeführt, dass die Verweisung des deutschen Rechts bezüglich des Urheberrechts betreffend die Skulptur "La Prière" vom französischen internationalen Privatrecht angenommen wird. Denn nach französischem internationalen Privatrecht vererben sich Mobilien, wozu Urheberrechte gehören, nach dem Recht am letzten Wohnsitz des Erblassers (vgl. Ferid in Ferid/Firsching/Dörner/Hausmann, Internationales Erbrecht, Frankreich, Grdz. C I, Rdn. 6). Constantin Brâncusi hatte seinen letzten Wohnsitz in Paris (vgl. Anlagen K 9, K 10). Der Beklagte teilt die Auffassung, dass Constantin Brâncusi nach französischem Erbrecht beerbt wird.

d) Die Auslegung des Testaments vom 12.04.1956 (Anlage K 9, deutsche Übersetzung der einschlägigen Passagen Anlage B 14/2) richtet sich nach französischem Recht als dem Erbstatut (vgl. Palandt/Heldrich, BGB, 45. Aufl., Art. 24 EGBGB, Anm. 3 a; BGH WM 1976, 811, 812).

aa) Dem Testament vom 12.04.1956 ist die Anordnung eines Gesamtvermächtnisses zugunsten von A. I. und dessen Ehefrau N. I.-D. gemäß Art. 1003 Code civil zu entnehmen (diese Vorschrift ist mit deutscher Übersetzung abgedruckt bei Ferid/Firsching-Dörner/Hausmann, Internationales Erbrecht, Frankreich, Texte B, S. 94). Dies entspricht der Auffassung von Avocat F. L., Mitglied der Rechtsanwaltskammer Paris, in dessen vom Beklagten vorgelegter Stellungnahme vom 23.07.2009 (Anlage B 14), weshalb insoweit weitere Ausführungen nicht veranlasst sind. Die Rechtsstellung eines Gesamtvermächtnisnehmers gemäß Art. 1003 Code civil ist derjenigen eines Erben nach deutschem Recht angeglichen (vgl. Ferid in Ferid/Firsching/Dörner/Hausmann, Internationales Erbrecht, Frankreich, Grdz. S 2 I, Rdn. 162; Mezger, JZ 1956, 303, 308), weshalb A. I. und N. I.-D. - von Einzelvermächtnissen abgesehen - Gesamtrechtsnachfolger von Constantin Brâncusi bezüglich dessen Mobiliarvermögens geworden sind.

bb) Ohne Erfolg macht der Beklagte geltend, dass die Anordnung des Einzelvermächtnisses (= Erbstückvermächtnis im Sinne von Art. 1014 Code civil; diese Vorschrift ist mit deutscher Übersetzung abgedruckt bei Ferid/Firsching-Dörner/Hausmann, Internationales Erbrecht, Frankreich, Texte B, S. 96) zugunsten des französischen Staates im Testament vom 12.04.1956 auch das Urheberrecht bezüglich der Skulptur "La Prière" erfasse. Auch unter Berücksichtigung der vom Beklagten vorgelegten Übersetzung der einschlägigen Passagen des Testaments (Anlage B 14/2), unter Berücksichtigung der in der Stellungnahme von Avocat F. L. vom 23.07.2009 (Anlage B 14) angeführten Auslegungsregeln des französischen Rechts ("Es geht darum, seine [des Testators] mutmaßliche Absicht zu ermitteln, ohne sich auf den genauen Wortlaut der im Testament verwendeten Begriffe zu beschränken (Art. 1157 Code civil), vielmehr sollen unbeabsichtigte oder reiner Unachtsamkeit geschuldete Auslassungen notfalls ergänzt werden (Art. 1160 Code civil).") und unter Berücksichtigung der in dieser Stellungnahme angeführten Entscheidungen französischer Gerichte im Fall des verstorbenen Malers E. G. ist die Testamentsauslegung des Landgerichts dahingehend, dass die Einzelvermächtnisanordnung zugunsten des französischen Staates sich nicht auf das Urheberrecht bezüglich der Skulptur "La Prière" erstreckt (UA S. 16 f. unter A. III. 3.), nicht zu beanstanden.

(1) Die genannte Einzelvermächtnisanordnung erstreckt sich dem Wortlaut nach auf alles, was sich zum Zeitpunkt des Todes von Constantin Brâncusi in dessen Atelier in Paris, Impasse Ronsin Nr. 11 befand einschließlich solcher Werke, die sich dort befunden hatten, sich aber wegen einer Ausstellung oder aus einem anderen Grund zum Zeitpunkt des Todes außerhalb des Ateliers befanden. Das Vermächtnis wurde für den französischen Staat mit der Auflage verknüpft, vorzugsweise in den Räumlichkeiten des Musée National d'Art Moderne ein Atelier einzurichten, das die Werke sowie Skizzen, Werkbänke, Werkzeug und Möbel von Constantin Brâncusi enthält. Die Einzelvermächtnisanordnung bezieht sich danach auf Werkstücke, die sich zum Zeitpunkt des Todes von Constantin Brâncusi in seinem Atelier in Paris, Impasse Ronsin Nr. 11, befanden oder dort zuvor befunden hatten, und, wie nachstehend erörtert, möglicherweise auch auf Urheberrechte bezüglich solcher Werke, deren Werkstücke sich zum Zeitpunkt des Todes von Constantin Brâncusi in dem genannten Atelier in Paris befanden oder dort zuvor befunden hatten. Dem Testament vom 12.04.1956 sind indes keine Anhaltspunkte dahingehend zu entnehmen, dass der Testator Constantin Brâncusi auch eine Einzelvermächtnisanordnung bezüglich des Werkstücks "Skulptur "La Prière" und bezüglich des diesbezüglichen Urheberrechts treffen wollte. Denn bei dem Original der Skulptur "La Prière" handelt es sich um ein Werkstück, das das Ergebnis einer Auftragsarbeit in Rumänien für ein Grabmal war, das zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung nicht im Eigentum von Constantin Brâncusi stand und das sich bis zu dessen Tod niemals in seinem Atelier in Paris, Impasse Ronsin Nr. 11 befunden hatte. Die OriginalSkulptur "La Prière" befand sich vielmehr bis zum Zeitpunkt des Todes von Constantin Brâncusi immer in Rumänien. Nachgüsse dieser Original-Skulptur sind zu Lebzeiten von Constantin Brâncusi, wie sich aus Anlage K 1 ergibt, nicht angefertigt worden. Vor diesem Hintergrund kann nicht angenommen werden, dass die mutmaßliche Absicht des Testators Constantin Brâncusi dahin ging, die Einzelvermächtnisanordnung auf das Urheberrecht bezüglich der Skulptur "La Prière" zu erstrecken; insoweit besteht auch kein Anlass anzunehmen, dass es sich bei der Nichteinbeziehung des Urheberrechts bezüglich der Skulptur "La Prière" in die Einzelvermächtnisanordnung um eine unbeabsichtigte oder reiner Unachtsamkeit geschuldete Auslassung handelt. Für eine Ergänzung des Testaments dahingehend, dass sich die Einzelvermächtnisanordnung auch auf das Urheberrecht bezüglich der Skulptur "La Prière" erstreckt, ist deshalb kein Raum. Ergänzend wird auf die Ausführungen des Landgerichts UA S. 15-17 unter A. III. 3. Bezug genommen.

(2) Soweit Avocat F. L. in seiner Stellungnahme vom 23.07.2009 (Anlage B 14) darauf abstellt, dass der französische Staat als Träger des Musée National d'Art Moderne seinen Verpflichtungen nicht nachkommen könne, wenn er durch den testamentarischen Willen nicht auch über die anderen Vorrechte verfüge, die sein Urheberrecht beinhalte, rechtfertigt dieser Gesichtspunkt eine Auslegung der Einzelvermächtnisanordnung zugunsten des französischen Staates in dem vom Beklagten gewünschten Sinne nicht. Denn die Verwirklichung des Anliegen des Testators Constantin Brâncusi, in den Räumen des Musée National d'Art Moderne in Paris ein Atelier einzurichten, das seine Werke sowie Skizzen, Werkbänke, Werkzeug und Möbel enthält, kann bereits dadurch finanziell abgesichert werden, dass die Einzelvermächtnisanordnung auch auf Urheberrechte bezüglich solcher Werke, deren Werkstücke sich zum Zeitpunkt des Todes von Constantin Brâncusi in seinem Atelier in Paris, Impasse Ronsin Nr. 11, befanden oder zuvor dort befunden hatten und die für das in dem genannten Museum einzurichtende Atelier bestimmt waren, erstreckt wird. Allenfalls bezüglich solcher Werke, deren Werkstücke sich zum Zeitpunkt des Todes von Constantin Brâncusi in seinem Atelier in Paris, Impasse Ronsin Nr. 11, befanden oder zuvor dort befunden hatten, kann, was allerdings im Streitfall letztlich offenbleiben kann, eine Erstreckung der Einzelvermächtnisanordnung auf Urheberrechte bezüglich dieser Werke angenommen werden, nicht aber auf das Urheberrecht bezüglich der Skulptur "La Prière", die im Testament vom 12.04.1956 überhaupt nicht genannt wird.

(3) Die vorstehenden Ausführungen stehen nicht im Widerspruch zu der Testamentsauslegung, die die französischen Gerichte im Fall des Malers E. G. vorgenommen haben; diese Entscheidungen werden in der Stellungnahme von Avocat F. L. vom 23.07.2009 (Anlage B 14) zitiert und wiedergegeben (Tribunal de Grande Instance de Draguignan, Urteil vom 07.03.1973; Cour d`Appel d`Aix-en-Provence, Urteil vom 17.07.1974; nachfolgend: Cour de Cassation, Urteil vom 22.02.1977 sowie Cour de N'mes, Urteil vom 19.06.1978). In den genannten französischen Entscheidungen ging es um die Auslegung der folgenden testamentarischen Verfügungen (in deutscher Übersetzung) des Erblassers E. G. (vgl. Anlage B 14):

"Als ich E. heiratete, besaß ich noch kein einziges Bild. Mit meinem Einverständnis hat sie sie im Laufe der Zeit mühsam gesammelt. Sie sind ihr Eigentum und ich möchte, dass sie darüber verfügen und sie verwalten kann. C. L. (die Tochter des Testators) kann sich mit dem Einverständnis von E. einige Bilder aussuchen, aber ich möchte, dass ihre Auswahl E. nicht daran hindert, Ausstellungen zu machen, die meinem Andenken dienen. Mit anderen Worten: ich möchte, dass meine Bilder nach meinem Tod bei E. bleiben, auch diejenigen, die C. L. gehören."

Das Tribunal de Grande Instance de Draguignan und die Cour d`Appel d`Aix-en-Provence haben, von der Cour de Cassation unbeanstandet, angenommen, dass mit dem genannten Testament die Ausübung sämtlicher Urheberpersönlichkeitsrechte des Malers E. G. an seinem Werk auf dessen Witwe übertragen wurde (vgl. Anlage B 14). Der Sachverhalt, der den genannten französischen Entscheidungen zugrunde liegt, ist indes in einem entscheidenden Punkt signifikant anders gelagert als der Sachverhalt des vorliegenden Streitfalles. Im Fall E. G. ging es um die Übertragung von Urheberrechten bezüglich von Werkstücken, nämlich Bildern, die im Testament ausdrücklich genannt wurden. Der hiesige Streitfall weist in dieser Hinsicht eine Parallele nur insoweit auf, als im Testament vom 12.04.1956 Werkstücke ausdrücklich genannt sind, die sich zum Zeitpunkt des Todes von Constantin Brâncusi in seinem Atelier in Paris, Impasse Ronsin Nr. 11 befanden bzw. zuvor dort befunden hatten. Die Skulptur "La Prière" hat sich in dem genannten Atelier bis zum Tod von Constantin Brâncusi indes, wie bereits erörtert, nie befunden. Sie wird im Testament vom 12.04.1956 auch überhaupt nicht genannt. Deshalb sind die genannten Urteile des Tribunal de Grande Instance de Draguignan und der Cour d`Appel d`Aix-en-Provence für die Testamentsauslegung im Streitfall nicht entscheidungserheblich.

cc) Soweit der Beklagte beantragt hat, ein Sachverständigengutachten zur Frage der Erbfolge nach Constantin Brâncusi nach französischem Recht einzuholen (vgl. Protokoll des Termins der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht vom 09.10.2008, S. 2), braucht diesem Antrag nicht stattgegeben zu werden. Die Testamentsauslegung als solche ist Sache des Gerichts und kann nicht einem Sachverständigen überlassen werden. Die maßgeblichen Grundsätze zur Auslegung von Testamenten nach französischem Recht sind dem Senat durch die vom Beklagten vorgelegte Stellungnahme von Avocat F. L., Mitglied der Rechtsanwaltskammer Paris, vom 23.07.2009 (Anlage B 14) hinreichend vermittelt worden. Der Senat macht von dem nach § 293 ZPO eingeräumten Ermessen dahingehend Gebrauch, dass die Einholung eines Sachverständigengutachtens zu den Grundsätzen der Testamentsauslegung nach französischem Recht unter Berücksichtigung dieser Stellungnahme entbehrlich ist.

6. Das von Constantin Brâncusi errichtete Testament vom 12.04.1956 ist formgültig.

a) Zutreffend hat das Landgericht französisches Recht als Formstatut gemäß Art. 1 Abs. 1 Buchst. a des Haager Übereinkommens über das auf die Form letztwilliger Verfügungen anzuwendende Recht vom 05.10.1961 (BGBl. 1965 II S. 1145) für anwendbar erachtet. Hiergegen werden vom Beklagten in der Berufungsinstanz keine Einwendungen erhoben.

b) Das Testament vom 12.04.1956, das in öffentlicher Urkunde von einem Notar unter Mitwirkung zweier Zeugen aufgenommen wurde (vgl. Anlage K 9), genügt den Formerfordernissen eines öffentlichen Testaments gemäß Art. 971 bis Art. 975 des französischen Code civil (diese Vorschriften sind mit deutscher Übersetzung abgedruckt bei Ferid in Ferid/Firsching/Dörner/Hausmann, Internationales Erbrecht, Frankreich, Texte B, S. 86). Gegen die Formgültigkeit des Testaments vom 12.04.1956 werden von den Parteien keine Einwendungen erhoben.

7. Zutreffend ist das Landgericht ferner zu dem Ergebnis gelangt (UA S. 17 unter A. IV.), dass das Urheberecht bezüglich der Skulptur "La Prière" von A. I. aufgrund Erbfolge (vgl. Anlage K 13) an N. I.-D. und von dieser aufgrund des Testaments vom 17.10.1996 (vgl. Anlage K 14) an T. N. übergegangen ist. Insoweit werden vom Beklagten in der Berufungsinstanz keine spezifischen Einwendungen erhoben, weshalb nähere Ausführungen hierzu nicht veranlasst sind.

8. T. N. ist, wie das Landgericht unter Bezugnahme auf Anlage K 15 zutreffend festgestellt hat (UA S. 18 unter A. VI,), seit dem 10.10.1997 Mitglied bei der französischen Verwertungsgesellschaft SOCIÉTÉ DES AUTEURS DANS LES ARTS GRAPHIQUES ET PLASTIQUES (A.D.A.G.P). Aufgrund des Gegenseitigkeitsvertrags vom 01.10.1990 (Anlage K 6) ist die Klägerin berechtigt, das Vervielfältigungs- und Verbreitungsrecht bezüglich der Skulptur "La Prière" sowie die aus einer Verletzung folgenden Ansprüche geltend zu machen. Diese Rechte hat sie von der genannten französischen Verwertungsgesellschaft erhalten, die diese Rechte ihrerseits von T. N. eingeräumt bekommen hat (vgl. OLG Hamburg ZUM 1998, 938, 939). Auf die Ausführungen des Landgerichts UA S. 18 unter A. VI. wird Bezug genommen. Gegen diese Ausführungen werden vom Beklagten in der Berufungsinstanz keine spezifischen Einwendungen erhoben, weshalb insoweit weitere Ausführungen nicht veranlasst sind.

Im Übrigen hat die Klägerin eine Vollmacht von T. N. vorgelegt, mit der dieser die Klägerin ausdrücklich bevollmächtigt, alle denkbaren rechtlichen Schritte auf jeder denkbaren rechtlichen Anspruchsgrundlage zu unternehmen gegen die ungenehmigte Reproduktion des Werkes "La Prière" von Constantin Brâncusi (Anlage zum Schriftsatz der Klägerin vom 09.01.2007 (Bl. 75)).

9. Ohne Erfolg rügt der Beklagte in der Berufungsbegründung, dass das Landgericht seinen - von der Klägerin bestrittenen - Vortrag, das Ehepaar A. I. /N. I.-D. habe zugunsten des rumänischen Staates in den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts auf ihre Nutzungsrechte im Hinblick auf die Vervielfältigung nach dem Erblasser Constantin Brâncusi, insbesondere hinsichtlich der Skulptur "La Prière" verzichtet (vgl. Schriftsatz vom 22.08.2008, Seite 4 f.), nicht berücksichtigt habe. Nach dem Vortrag des Beklagten unterzeichnete A. I. für sich und in Vertretung für seine Ehefrau N. I.-D. in den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts eine Vereinbarung, wonach die Familie I./D. auf sämtliche etwaigen Nutzungsrechte am künstlerischen Werk von Brâncusi verzichtet habe und dafür der rumänische Nationalrat für Kultur und sozialistische Erziehung der Republik Rumänien den Schutz und die Verwaltung von Werk und Rechten nach Brâncusi zugesichert habe (Schriftsatz vom 22.08.2008, S. 4 f.). Aufgrund des genannten vagen Vortrags lässt sich nicht beurteilen, welche urheberrechtlichen Befugnisse die Eheleute A. I./N. I.-D. dem genannten rumänischen Nationalrat im Einzelnen übertragen haben. Es bleibt unklar, ob die Eheleute A. I./N. I.-D. dem genannten rumänischen Nationalrat Nutzungsrechte übertragen oder lediglich - einfache bzw. ausschließliche - Nutzungsrechte eingeräumt haben. Des Weiteren bleibt unklar, ob die Eheleute A. I./N. I.-D. damit einverstanden waren, dass der rumänische Staat, wie angeblich geschehen (vgl. Schriftsatz des Beklagten vom 22.08.2008, S. 6), Rechte bezüglich der Skulptur "La Prière" an die Fondation F.-R. I. weiterübertragen dürfe. Ferner geht aus dem Vorbringen des Beklagten nicht hervor, dass die Eheleute A. I./N. I.-D. auch damit einverstanden waren, dass einem Dritten wie dem Beklagten das Verbreitungsrecht bezüglich der Skulptur "La Prière" eingeräumt werden dürfe. Der Beklagte hat keine schriftliche Vereinbarung zwischen den Eheleuten A. I./N. I.-D. einerseits und dem genannten rumänischen Nationalrat vorgelegt. Hinzu kommt, dass, wie das Landgericht im angefochtenen Urteil zutreffend ausgeführt hat (UA S. 18 unter A. V.), trotz gerichtlicher Hinweise gemäß Hinweisbeschluss vom 12.07.2007, S. 2 f. unter Nr. I. 2. auch danach substantiierte Ausführungen des Beklagten dazu nicht erfolgt sind, warum A. I. bei der angeblichen Vereinbarung mit dem rumänischen Nationalrat in den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts bevollmächtigt gewesen sein soll, auch für die Miterbin, seine Ehefrau N. I.-D., zu handeln. Dieses vom Landgericht angesprochene Defizit wird durch die Ausführungen des Beklagten in der Berufungsinstanz nicht behoben.

Bei dieser Sach- und Rechtslage hat das Landgericht rechtsfehlerfrei von der Vernehmung der im Schriftsatz vom 22.08.2008, S. 5 vom Beklagten benannten Zeugen, insbesondere des Zeugen M. D. abgesehen.

Soweit der Beklagte mit Schriftsatz vom 29.12.2008 - nach Schluss der mündlichen Verhandlung in erster Instanz - zum Beleg für die Behauptung, dass zwischen der Familie I. als Erben von Constantin Brâncusi und dem rumänischen Staat eine Vereinbarung getroffen worden sei, im Rahmen derer das Urheberrecht von Constantin Brâncusi an dem Werk "La Prière" auf den rumänischen Staat übertragen worden sei, als Anlage B 13 eine eidesstattliche Versicherung von I. A. vom 22.10.2008 vorgelegt hat, ist dieses Vorbringen vom Landgericht zu Recht nach § 296a ZPO nicht berücksichtigt worden (UA S. 22 unter C.). Nach § 531 Abs. 1 ZPO bleibt dieses Vorbringen einschließlich der Anlage B 13 auch in der Berufungsinstanz ausgeschlossen. Im Übrigen würde auch dieses Vorbringen an dem genannten Defizit bezüglich der Vertretungsmacht von A. I. nichts ändern.

10. Zutreffend hat das Landgericht angenommen, dass im Streitfall die Voraussetzungen eines Vernichtungsanspruchs gemäß § 98 UrhG bezüglich des Nachgusses I gegeben sind (UA S. 18 unter B. I., II.).

a) Die Anfertigung des Nachgusses I wurde, wie das Landgericht zutreffend festgestellt hat (UA S. 18 unter B. II. 1.), weder von T. N. noch von der SOCIÉTÉ DES AUTEURS DANS LES ARTS GRAPHIQUES ET PLASTIQUES (A.D.A.G.P) gestattet, weshalb es sich um ein rechtswidrig hergestelltes Vervielfältigungsstück handelt.

b) Zutreffend hat das Landgericht auch festgestellt, dass der Beklagte Verletzer bezüglich des Nachgusses I ist. Denn er hat diesen Nachguss I beim Auktionshaus K. zur Versteigerung eingeliefert (vgl. Anlage K 1) und damit ein rechtswidrig hergestelltes Vervielfältigungsstück verbreitet. Auf die Ausführungen des Landgerichts UA S. 19 unter B. II. 2. i.V.m. I. wird Bezug genommen. Gegen die diesbezüglichen Ausführungen des Landgerichts werden vom Beklagten in der Berufungsinstanz keine spezifischen Einwendungen erhoben, weshalb nähere Ausführungen insoweit nicht veranlasst sind.

c) Das Landgericht hat festgestellt, dass der Beklagte Eigentümer und Besitzes des Nachgusses I ist (UA S. 23 unter B. II. 3.). Hiergegen wendet sich der Beklagte in der Berufungsinstanz nicht.

d) Ohne Erfolg macht der Beklagte geltend, dass die Vernichtung des Nachgusses I unverhältnismäßig (vgl. § 98 Abs. 4 UrhG) sei. Die Frage der Unverhältnismäßigkeit ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu beantworten (vgl. Dreier/Schulze aaO § 98, Rdn. 23 unter Bezugnahme auf BGH GRUR 1997, 899, 901 - Vernichtungsanspruch). Sinn und Zweck der Regelung erfordern unter Einbeziehung der generalpräventiven Zielsetzung der Vorschrift des § 98 UrhG eine umfassende Abwägung des Vernichtungsinteresses des Verletzten und des Erhaltungsinteresses des Verletzers. Dabei sind insbesondere die Schwere des Eingriffs, der Grad des Verschuldens des Verletzers und der Umfang des bei Vernichtung für den Verletzer entstehenden Schadens im Vergleich zu dem durch die Verletzung eingetretenen wirtschaftlichen Schaden des Rechtsinhabers zu berücksichtigen (vgl. Dreier/Schulze aaO unter Bezugnahme auf BGH GRUR 1997, 899, 901 - Vernichtungsanspruch). Diese Abwägung geht, wie das Landgericht zutreffend angenommen hat (UA S. 20 unter B. II. 4.), zu Lasten des Beklagten aus.

aa) Es liegt ein schwerer Eingriff vor. Denn bei dem Nachguss I handelt es sich um die komplette Übernahme der Substanz eines fremden Werkes, nicht nur um eine Verletzung im Randbereich (vgl. Jan Bernd Nordemann in Fromm/Nordemann aaO § 98, Rdn. 29).

bb) Dem Beklagten liegt, wie das Landgericht zutreffend angenommen hat (UA S. 20 unter B. II. 4. c), Fahrlässigkeit zur Last. Nach seinem Vorbringen hat er sich auf die Zusicherungen von rumänischer Seite, insbesondere von Herrn R. C. B., des Generalbevollmächtigten der Fondation F.-R. I., sowie auf Dokumente, insbesondere die Schenkungsurkunde (Donation Document) Anlage B 4 verlassen und ist davon ausgegangen, dass die genannte Fondation über die erforderlichen urheberrechtlichen Befugnisse verfüge. Der Beklagte hätte jedoch zumindest nachfragen müssen, wie die Fondation F.-R. I. bzw. der rumänische Staat urheberrechtliche Verwertungsrechte, die ursprünglich Constantin Brâncusi zustanden, erworben haben, und für diesen Erwerb Belege erbitten müssen. Der Beklagte hat nicht vorgetragen, dass er dies getan habe. Ohne Erfolg wendet sich der Beklagte auch dagegen, dass das Landgericht den Umstand der Übergabe eines Geldbetrags in Höhe von 50.000,-- € in bar an R. C. B. in einer Sparkassenfiliale in W. [Österreich] zu Lasten des Beklagten gewertet hat. Denn der Umstand, dass der Geldbetrag nicht auf ein Konto der angeblichen Rechteinhaberin, der Fondation F.-R. I., zu überweisen war, sondern an R. C. B. persönlich übergeben wurde, hätte Anlass gegeben, die Berechtigung der genannten Fondation eingehender zu prüfen, zumal auch in den Überweisungsbelegen gemäß Anlage B 8 R. C. B. selbst als Begünstigter (beneficiary) und nicht die Fondation F.-R. I. als Begünstigte genannt wird. Da der Beklagte fahrlässig gehandelt hat, steht ihm eine Abwendungsbefugnis nach § 100 UrhG nicht zu.

cc) Das Interesse an der Vernichtung des Nachgusses I, das T. N. als Rechteinhaber hat, dessen Rechte die Klägerin wahrnimmt, überwiegt das Interesse des Beklagten an dessen Erhaltung. Es handelt sich um einen Nachguss bei einem von einem prominenten Künstler geschaffenen Werk, bei dem bisher nur eine einstellige Zahl von autorisierten Nachgüssen existiert (vgl. Anlage K 1). Der Rechteinhaber hat ein legitimes Interesse daran, die Zahl existierender Nachgüsse zu limitieren. Durch eine derartige Limitierung kann der Wert einer Skulptur bzw. der existierenden autorisierten Nachgüsse geschützt werden. Die bloße Kennzeichnung des Nachgusses I mit einem "R" oder mit anderen Gravuren, die den Nachguss als unautorisierten Nachguss kennzeichnen, ist als mildere Maßnahme nicht ausreichend. Denn solche Gravuren ändern nichts daran, dass der Nachguss I neben die Original-Skulptur tritt und hiervon auf den ersten Blick nicht zu unterscheiden ist (vgl. OLG Hamburg ZUM 1998, 942, 943). Zudem besteht die Gefahr, dass derartige Gravuren später rückgängig gemacht werden. Ergänzend wird auf die Ausführungen des Landgerichts im angefochtenen Urteil auf UA S. 21 unter B. II. 4. b) Bezug genommen.

11. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

12. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, § 711 ZPO. Als endgültige Maßnahme setzt eine Vernichtung voraus, dass das Urteil rechtskräftig ist (vgl. Dreier/Schulze aaO § 98, Rdn. 15; Wild in Schricker, Urheberrecht aaO §§ 98/99, Rdn. 12). Deswegen ist Nr. I. des Tenors des Urteils des Landgerichts - abweichend von dessen Auffassung (vgl. UA S. 22 unter C.) - nicht vorläufig vollstreckbar.

13. Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Sache keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO hat und auch die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO nicht vorliegen (vgl. dazu BGH NJW 2003, 65 ff.).

Ende der Entscheidung

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