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Gericht: Oberlandesgericht München
Urteil verkündet am 14.10.1999
Aktenzeichen: 29 U 2872/99
Rechtsgebiete: UrhG, LUG, KUG, BGB, ZPO
Vorschriften:
UrhG § 31 Abs. 4 | |
UrhG § 13 | |
UrhG § 132 | |
LUG § 8 Abs. 3 | |
KUG § 10 Abs. 3 | |
BGB § 138 | |
ZPO § 97 | |
ZPO § 708 Nr. 9 | |
ZPO § 711 |
OLG München Urteil 14.10.1999 - 29 U 2872/99 - 7 O 9597/98 LG München I
hat der 29. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München durch den Vorsitzenden Richter Mangstl und die Richter Haußmann und Jackson aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 14. Oktober 1999 für Recht erkannt:
Tenor:
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 04. März 1999 - 7 O 9597/98 - wird zurückgewiesen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 20.000,-- DM abwenden, wenn nicht die Beklagten Sicherheit leisten und zwar die Beklagte zu 1) in Höhe von 7.000,-- DM und die Beklagte zu 2) in Höhe von 13.000,-- DM.
IV. Der Wert der Beschwer des Klägers übersteigt 60.000,-- DM.
Gründe
Der Kläger macht als Miterbe seines 1975 verstorbenen Vaters, des namhaften Schauspielers und Regisseurs Paul Verhoeven, Ansprüche gegen die Beklagten aus der nach Ansicht der Erben unrechtmäßigen Videoauswertung des Films "Das kalte Herz" geltend, und zwar auch für seine Schwestern L. A. und M. R. die ihn hierzu bevollmächtigt haben.
Paul Verhoeven hat in den Jahren 1949 und 1950 nach entsprechender Vereinbarung zwischen der Deutschen Film AG DEFA in Potsdam-Babelsberg und der Paul Verhoeven Filmproduktion GmbH den Film "Das kalte Herz" nach einem Märchen von Wilhelm Hauff als Regisseur und Mitautor des Drehbuchs wesentlich mitgestaltet. Die seine Mitwirkung betreffenden Vertragsbedingungen sind in einem von ihm gegengezeichneten Schreiben der DEFA vom 03. 05. 1949 (Anlage B 2) festgehalten.
Die VEB DEFA-Aussenhandel als seinerzeit ausschließlich zuständige Institution der früheren DDR für die Auslandsverwertung der Filmproduktionen der DEFA übertrug im Jahr 1980 mit einem Paketvertrag vom 28. 01. 1980 der Muttergesellschaft der Beklagten zu 1), PICCOLO FILM GmbH München, die Auswertungsrechte einer Reihe von Filmen. Der Vertrag nennt u.a. die Rechte zur Videoauswertung des Films "Das kalte Herz" für das Lizenzgebiet Bundesrepublik Deutschland. Die Videoauswertung dieses Films erfolgte sodann bis 30. 04. 1997 durch die Beklagte zu 1), die im Zeitraum vom 01. 01. 1995 bis 30. 04. 1997 in Zusammenarbeit mit dem Weltbildverlag Augsburg 188.000 Videokassetten des Films absetzen und einen Erlös von annähernd 1,4 Mio. DM erzielen konnte.
Nach der "Wende" 1989 übernahm die Beklagte zu 2) die Auswertungsrechte an dem Filmstock der ehemaligen staatseigenen Filmproduktionsgesellschaft DEFA. Sie verwertet die DEFA-Filme seitdem entweder selbst oder durch Vergabe von Auswertungslizenzen an Dritte. Für die Videoauswertungsrechte an dem Film "Das kalte Herz" zahlte PICCOLO-FILM, die Muttergesellschaft der Beklagten zu 1), vom 01. 01. 1995 bis 30. 04. 1997 eine Lizenz von 10 % aus dem Nettoumsatz von 1,4 Mio. DM an die Beklagte zu 2). Noch im Jahr 1997 übertrug die Beklagte zu 2) die Rechte auf die neugegründete Firma Icestorm Entertainment GmbH, die seither die Videoauswertung vornimmt.
Mit der Klage gehen die Erben nach Paul Verhoeven gegen die Videoverwertung durch die Beklagte zu 1) bis 01. 04. 1997 und nach dem 01. 04. 1997 durch die Beklagte zu 2) selbst bzw. durch ihre Lizenznehmerin vor. Für den Zeitraum vom 01. 01. 1995 bis 30. 04. 1997 beziffert der Kläger die gegen beide Beklagte gerichtete Forderung ausgehend von den Umsatzerlösen von insgesamt fast 1,4 Mio. DM und einer Lizenz der Beklagten zu 1) (bzw. deren Muttergesellschaft) von 10 % dieser Umsatzerlöse sowie von einem auf Paul Verhoeven für die Regieleistung und die Mitautorenschaft am Drehbuch entfallenden Anteil an der Gesamtlizenz von 50 % mit 70.000,-- DM zuzüglich Mehrwertsteuer. Von der Beklagten zu 2) verlangt der Kläger ferner, dass sie die weitere Videoauswertung - auch durch Lizenzierungen an Dritte - unterlässt. Im Wege der Stufenklage begehrt er Auskunft von der Beklagten zu 2) über die seit 01. 04. 1997 erfolgte Videoauswertung und Zahlung einer vom Gericht zu schätzenden Lizenzvergütung, mindestens jedoch 5 % der Umsatzerlöse bzw. 50 % der Lizenzerlöse für die Nutzung der Rechte Paul Verhoevens.
Der Kläger ist der Ansicht, es liege eine unberechtigte Nutzung der Urheberrechte seines Vaters durch die Beklagten vor. Er macht geltend, bei Abschluss der die Regie und das Drehbuch für die Produktion des Films "Das kalte Herz" betreffenden Verträge im Jahre 1949 seien von seinem Vater keine Rechte zur Videoauswertung des Films auf die DEFA übertragen worden. In der Folgezeit habe auch deren Rechtsnachfolgerin, die Beklagte zu 2), keine Rechte zur Videoauswertung bezüglich der Regieleistung und der Mitautorenschaft am Drehbuch erworben. Der Film sei ausschließlich für die Kinoauswertung hergestellt worden, die Videoauswertung sei seinerzeit eine völlig unbekannte Nutzungsart gewesen, die nach dem Willen der Vertragspartner nicht vom Zweck der Rechtsübertragung erfasst gewesen sei. Etwas anderes als eine Kinoauswertung sei damals nicht in Betracht genommen.
Wenn es unter Nr. III. 2. der seinerzeit in den Vertrag miteinbezogenen "Normativbestimmungen für Filmschaffende" heiße, dass die unter Mitwirkung des Filmschaffenden zustandegekommenen Aufnahmen von der Produzentin "in jeder ihr geeignet erscheinenden Weise verwendet und durch Rundfunk, Television oder andere zur Zeit bekannte oder erst in Zukunft bekannt werdende Verfahren übertragen werden können", so beziehe sich diese Berechtigung ersichtlich nur auf Sende-Verfahren. Im übrigen sei allgemein anerkannt, dass auch vor Inkrafttreten des neuen Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland im Jahre 1965 (und des entsprechenden neuen Urheberrechtsgesetzes der damaligen DDR) die Einräumung von Nutzungsrechten für erst in Zukunft bekannt werdende Verfahren den Einschränkungen nach den Regeln der Zweckübertragungstheorie unterliege, die seit Jahrzehnten das deutsche Urheberrecht geprägt habe. Diese Zweckübertragungstheorie habe insbesondere auch noch im Jahr 1950 im Gebiet der ehemaligen DDR als quasi "ungeschriebenes Gesetz" des Urheberrechts gegolten. Deshalb sei auch die in Nr. III. 1. enthaltene Klausel, wonach "auch die Urheberrechte auf zur Zeit des Vertragsabschlusses noch nicht bekannten Verwendungsgebieten" allein der Produzentin zu deren ausschließlicher Verwertung zustehen, rechtlich irrelevant. Eine rechtswirksame Übertragung von Nutzungsrechten zur Verwertung der urheberrechtlichen Leistung des Vertragspartners auch auf jeglichen noch unbekannten Verwendungsgebieten könne aus einer solchen formularmäßigen Klausel nicht hergeleitet werden.
Gleiches gelte für die "Normativbestimmungen für das Filmdrehbuch". Auch bei der dort unter Nr. II. 6. aufgeführten Klausel, wonach sich die Rechtsübertragung "auf alle jetzigen und zukünftigen Arten, Systeme und Verfahren der Kinematographie einschließlich der Wiedergabe durch Rundfunk oder Television erstreckt", handele es sich um eine Formularbestimmung, die den Regeln der Zweckübertragungstheorie nicht standhalte.
Mit der Begründung, die Beklagte zu 1) habe durch den Vertrieb des Films "Das kalte Herz" ohne Vorspann das Recht von Paul Verhoeven auf Urheberbenennung gemäß § 13 UrhG verletzt, erweiterte der Kläger mit Schriftsatz vom 07. 01. 1999 die Klage um einen weiteren gegen die Beklagte zu 1) gerichteten Zahlungsantrag zum Ausgleich dieser Rechtsverletzung. Der Kläger hat beantragt:
I. Die Beklagte zu 1) und die Beklagte zu 2) werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger DM 74.900,-- nebst 8 % Zinsen hieraus seit 01. 07. 1997 zu bezahlen.
II. Die Beklagte zu 2) wird verurteilt, bei Meidung näher bezeichneter Ordnungsmittel es ab sofort zu unterlassen, den Film "Das kalte Herz", Regie Paul Verhoeven, Buch Paul Verhoeven und Wolff von Gordon, produziert von der DEFA im Jahre 1950, durch Vervielfältigung und Verbreitung von Bildtonträgern für den persönlichen Gebrauch, insbesondere von Videokassetten auszuwerten oder - durch Lizenzierungen an Dritte - auswerten zu lassen.
III. Die Beklagte zu 2) wird verurteilt, dem Kläger vollständige Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen über jegliche seit 01. 04. 1997 erfolgte Verwertung des Films "Das kalte Herz" durch Vervielfältigung und Verbreitung von Bildtonträgern für den persönlichen Gebrauch. Diese Auskunft und Rechnungslegung hat insbesondere zu erfolgen durch Mitteilung der hergestellten Stückzahlen, der aus der Videoverwertung erzielten Umsatzerlöse (selbst oder von Lizenznehmern) und/oder Lizenzerlöse. Hierzu hat die Beklagte zu 2) alle relevanten Vertragsunterlagen und Abrechnungsunterlagen vorzulegen.
IV. Die Beklagte zu 2) wird verurteilt, dem Kläger aus den gemäß Nr. III. mitgeteilten und abgerechneten Verwertungserlösen, die seit 01. 04. 1997 aus der Verwertung des Films "Das kalte Herz" durch Vervielfältigung und Verbreitung von Bildtonträgern erzielt worden sind, eine angemessene und übliche, vom Gericht zu schätzende Lizenzvergütung zu bezahlen, mindestens jedoch 5 % der Umsatzerlöse bzw. 50 % der Lizenzerlöse für die Nutzung der Rechte des Regisseurs und Drehbuchmitautors Paul Verhoeven.
V. Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, an den Kläger für die unterlassene Urheberbenennung des Regisseurs und Drehbuchmitautors Paul Verhoeven auf den von ihr vertriebenen 200.000 Videokassetten des Films "Das kalte Herz" eine weitere Zahlung zu leisten, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, zuzüglich 8 % Zinsen hieraus seit Zustellung des Schriftsatzes vom 07. 01. 1999.
Die Beklagten haben beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte zu 1) vertrat die Ansicht, die gegen sie mit der ursprünglichen Klage geltend gemachten Ansprüche ließen sich weder nach DDR-Recht noch nach der durch den Einigungsvertrag im Jahre 1990 entstandenen Rechtslage begründen.
Für die Beurteilung der Rechtslage nach dem Recht der damaligen DDR sei ungeachtet des Vertragsinhalts im einzelnen von den Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der DDR auszugehen. Die Stellung der Miturheber an einem Filmwerk sei in § 10 URG-DDR festgelegt worden. Ausgehend von der Prämisse, dass ein Filmwerk das Ergebnis einer urheberrechtlichen Kollektivleistung sei, statuiere Abs. 2 dieser Bestimmung, dass bei einem in einem Betrieb hergestellten Filmwerk ausschließlich der Betrieb berechtigt und verpflichtet sei, im Rechtsverkehr die Rechte des Urheberkollektivs im eigenen Namen wahrzunehmen. Hieraus folge, dass der einzelne Miturheber an dem Filmwerk über seine Rechte jedenfalls nach außen nicht mehr habe verfügen können. Dies gelte auch für den Streitfall. Da aufgrund der "allgemeinen Bedingungen für Filmautorenleistungen" dem Filmstudio das Recht eingeräumt worden sei, den Film in jeder technisch möglichen Form zu verwerten und das URG-DDR grundsätzlich die Übertragung der Nutzungsrechte auch für nicht bekannte Nutzungsarten erlaubt habe, sei der Verwertung der Videorechte durch die DEFA nichts entgegengestanden. Für den Zweckübertragungsgrundsatz sei im DDR-Recht kein Raum gewesen. Im gesellschaftlichen Interesse der weitestmöglichen Verbreitung urheberrechtlich geschützter Werke und im Interesse des internationalen Kulturaustauschs sollten die Nutzungsbefugnisse auf das Studio umfassend übertragen werden. Im Gegenzug sei dieser staatlich gewünschten und festgelegten umfassenden Rechtsübertragung durch entsprechende Honorar-Ordnungen, die auch neue Nutzungsarten besonders berücksichtigen sollten, Rechnung getragen worden. Aus damaliger DDR-Sicht nur folgerichtig sei im "Gemeinsamen Rechtsstandpunkt des Ministeriums für Kultur und des staatlichen Komitees für Fernsehen beim Ministerrat der DDR zur Übertragung von Nutzungsbefugnissen für Film- und Fernsehwerke vom 12. 06. 1984" klargestellt worden, dass auch die nunmehr bekannte Videotechnik und Videoauswertung mit zu den den Studios zustehenden Rechten gehörten. Dieser später konsequent angewendete "gemeinsame Rechtsstandpunkt" habe auch im Streitfall zur Vergabe der Videorechte geführt.
Die sonach rechtens erfolgte Übertragung der Videoauswertungsrechte sei durch die "Wiedervereinigung" und die besonderen Bestimmungen des Einigungsvertrags vom 31. 08. 1990 zur Einführung des Urheberrechtsgesetzes in ihrem Bestand nicht berührt worden.
Vorsorglich bestritt die Beklagte zu 1) den Zahlungsanspruch der Höhe nach sowie den Zinsanspruch nach Grund und Höhe.
Dem mit der erweiterten Klage geltend gemachten Anspruch trat die Beklagte zu 1) mit der Begründung entgegen, sie sei der Nennungsverpflichtung dadurch nachgekommen, dass sie den Regisseur auf der Videokassettenbox angegeben habe. Während bei Filmvorführungen die Nennung der Berechtigten im Vor- oder Nachspann erfolgen müsse, sei bei Videokassetten der Nennungsverpflichtung durch die Angabe auf der Kassette bzw. der Kassettenhülle Genüge getan.
Die Beklagte zu 2) hielt dem Kläger entgegen, das DEFA-Studio als Produzent des Films habe aufgrund des Vertrags vom 03. 05. 1949 mit Paul Verhoeven alle Urheberrechte am Film sowie die anteiligen Urheberrechte am Filmdrehbuch zur ausschließlichen Verwertung erworben und zwar einschließlich der Urheberrechte für damals noch nicht bekannte Verwendungsgebiete. Da auf den Vertrag die Bestimmungen der KUG/LUG Anwendung fänden und diese Gesetze keine dem § 31 Abs. 4 UrhG vergleichbare Regelung gekannt hätten, sei es möglich gewesen, Verwertungsrechte auch für noch nicht bekannte Nutzungsarten einzuräumen. An dieser Rechtslage habe sich mit Inkrafttreten des UrhG am 01. 01. 1966 nichts geändert, da der Bestimmung des § 31 Abs. 4 UrhG gemäß § 132 UrhG keine Rückwirkung zukomme. Bis zum 01. 01. 1966 habe sonach gemäß §§ 8 Abs. 3 LUG bzw. 10 Abs. 3 KUG die uneingeschränkte Übertragung aller urheberrechtlichen Nutzungsbefugnisse auch für noch nicht bekannte Nutzungsarten rechtlich wirksam vereinbart werden können. § 31 Abs. 4 UrhG beruhe auf einer Entscheidung des Gesetzgebers des Jahres 1966. Für den vorangegangenen Zeitraum gelte der bisherige Rechtszustand, nämlich die grundsätzliche Zulässigkeit der Übertragung unbekannter Nutzungsarten. Selbst wenn die Zweckübertragungstheorie auf den Vertrag anwendbar sein sollte, so eröffnete dies allenfalls die Möglichkeit der Anwendung der dem heutigen § 31 Abs. 5 UrhG entsprechenden Rechtsgrundsätze, was aber voraussetze, dass der Nutzungsrechtsvertrag wegen Mehrdeutigkeit vertraglicher Regelungen Anlass zu Zweifeln über den Umfang der eingeräumten Nutzungsrechte gebe. Die vertraglichen Regelungen seien hinsichtlich der Regieleistung in Nr. 3 der "Normativbestimmungen für Filmschaffende" und hinsichtlich der Drehbucharbeiten in Nr. II. 6. der "Normativbestimmungen für das Filmdrehbuch" nach Wortlaut und Sinn eindeutig. Mehrdeutigkeit im Sinne der Zweckübertragungstheorie bestünde nur, wenn fraglich wäre, ob eine bestimmte künftige Verwertungsform dem Vertrag unterfalle oder nicht. Dies könne jedenfalls hinsichtlich der Videoauswertung ausgeschlossen werden, da sie - nach ihrem Bekanntwerden - nach allgemeinem Sprachverständnis ohne weiteres vom Vertragswortlaut umfasst sei.
Im übrigen würde auch die Anwendung der Zweckübertragungstheorie nicht zu einer abweichenden Beurteilung der zur Entscheidung stehenden Rechtsfrage führen. Wäre nämlich der Umfang der Rechtsübertragung nach dem verfolgten Zweck zu beurteilen, so ließe sich dem Vertragswerk ohne weiteres der "dokumentierte" Wille der Vertragsparteien entnehmen, dass der DEFA die umfassende, alle künftigen Auswertungsarten einschließende Befugnis zur Auswertung des Films in allen denkbaren Formen eingeräumt werden sollte. Es handelte sich dabei um eine an praktischen Bedürfnissen orientierte, allseits übliche und akzeptierte Rechtsübertragung. Es liege in der Natur der Sache, dass noch unbekannte Möglichkeiten sich (noch) außerhalb des Vorstellungsvermögens der Vertragsparteien bewegten. Die Urheber hätten sich mit solchen Verträgen nicht "global" aller Rechte begeben, sondern ganz bestimmte schöpferische Einzelleistungen zur umfassenden Auswertung eines bestimmten Filmes freigegeben. Damit hätten sie zwar in gewisser Hinsicht weitestgehende Rechte übertragen, jedoch keineswegs alle Rechte verloren: übertragen worden seien nur die Rechte zur kommerziellen Auswertung ihrer Leistungen in einem bestimmten Filmwerk, nicht aber in sonstigen Zusammenhängen. Mit solchen Verträgen sollten die Urheber "ein für alle Mal" mit einer pauschalen Vergütung honoriert werden und künftig an der öffentlichen Verwertung des Films - in welcher Art auch immer - nicht mehr partizipieren, folglich keine Rechte zurückbehalten, die einer derartigen künftigen Auswertung entgegenstehen könnten. Diese Zweckbestimmung ergebe sich im Streitfall neben der für damalige Zeiten außergewöhnlichen Höhe des Regiehonorars von 40.000,-- DM u.a. aus Nr. I. 3. Satz 2 der Normativbestimmungen für Filmschaffende, in der die Urheber versicherten, keine urheberrechtlichen Befugnisse auf Dritte übertragen zu haben. Entsprechendes finde sich in Nr. II. 3. der "Normativbestimmungen über das Filmdrehbuch". Solche Versicherungen machten nur Sinn vor dem Hintergrund, dass jegliche denkbare Filmauswertungsmöglichkeit ausschließlich der DEFA vorbehalten sein sollte.
Das Landgericht hat die Beklagte zu 1) durch Urteil vom 04. März 1999 zur Zahlung von 20.000,-- DM nebst Zinsen wegen der fehlenden Urheberbenennung verurteilt und im übrigen die Klage abgewiesen. Auf das landgerichtliche Urteil wird verwiesen.
Mit der Berufung verfolgt der Kläger die Klageansprüche weiter, soweit sie abgewiesen wurden. Er bekräftigt seinen Standpunkt, dass aus der streitigen allgemeinen Klausel im Vertrag seines Vaters von 1950 keine rechtswirksame Übertragung von Videoauswertungsrechten hergeleitet werden könne und einem solchen Rechtserwerb insbesondere die Regeln der Zweckübertragungslehre entgegenstünden. Die Lehre von der Zweckübertragung erschöpfe sich - entgegen der Auffassung des Landgerichts - nicht in der Anwendung als Auslegungsregel bei zweifelhaften und unklaren Vertragsformulierungen zum Umfang und Gegenstand der Rechtsübertragung urheberrechtlicher Nutzungsrechte. Diese Regeln als eine Art Grundrecht des Urhebers im Urhebervertragsrecht hätten in diesem Sinne auch schon im Jahr 1950 und insbesondere auch im Gebiet der damals gerade errichteten DDR gegolten. Dass bei der Neuregelung des Urheberrechts in der Bundesrepublik Deutschland im Jahr 1965 einzelne Ausformungen dieser Regeln in § 31 Abs. 4 und Abs. 5 UrhG gesetzlich fixiert worden seien, bedeute weder eine Einschränkung der Regeln der Zweckübertragung für die Zukunft, noch dass sie erst ab diesem Zeitpunkt im gesetzlich normierten Umfang zu beachten seien. Auf Verträge, die vor dem 01. 01. 1966 abgeschlossen worden sind, sei § 31 Abs. 4 nicht anzuwenden, jedoch sei in Schrifttum und Rechtsprechung anerkannt, dass die nach dem früheren Recht bereits geltende Zweckübertragungstheorie in der Regel zu denselben Ergebnissen führe. Das Zweckübertragungsprinzip habe bereits vor dieser Zeit der Einräumung von Rechten an einer noch nicht bekannten Nutzungsart entgegengestanden. § 31 Abs. 5 UrhG bewirke eine Spezifizierungslast des Rechtserwerbers: Sorge er nicht dafür, dass die Nutzungsarten "einzeln bezeichnet" werden, so werde die Auslegung zwingend auf den Vertragszweck fixiert. Daraus folge: Auch wenn vor 1966 die Übertragung von Nutzungsrechten für noch nicht bekannte - künftig aber möglich werdende - Nutzungsarten nicht kraft Gesetzes untersagt und unwirksam gewesen sei, so sei damit die in früheren Verträgen etwa enthaltene Übertragung der Rechte auch für künftige Nutzungsarten nicht ohne weiteres als wirksam anzusehen, sondern an der "Elle" des Zweckübertragungsgrundsatzes zu messen. Die Grundsätze, dass es auf den Vertragszweck ankomme, wenn die Nutzungsarten nicht einzeln bezeichnet sind, dass die Rechtsübertragung nur soweit reicht, wie ein zweifelsfreier, gemeinsam verfolgter Zweck sich ermitteln läßt, und dass im Zweifel das Recht beim Urheber verbleibt, lägen auch den Entscheidungen des Bundesgerichtshofs "Schmalfilm" und "Pauschale Rechtseinräumung" zugrunde. Dazu, wie konkret die Bezeichnung der Nutzungsrechte und Nutzungsarten im Vertrag sein müsse, um zu einer wirksamen Rechtsübertragung zu führen, besage der Leitsatz der BGH-Entscheidung "Kassettenfilm", dass die Nutzungsrechte und die Nutzungsarten in ihrer konkreten Ausgestaltung als klar abgrenzbare und sich wirtschaftlich und technisch als selbständig abzeichnende Art und Weise der Nutzung umschrieben sein müssten. Pauschale und vermeintlich umfassende Umschreibungen der zu übertragenden Rechte und Nutzungsarten, beispielsweise mit "für alle Rundfunk- und Filmzwecke" oder "für alle jetzigen und künftigen Arten, Systeme und Verfahren der Kinematographie" oder "für alle Film- und Fernsehzwecke", seien in der Rechtsprechung des BGH nicht als hinreichend konkretisierte Festlegung des Inhalts und Umfangs der Rechtsübertragung anerkannt worden. Das Landgericht habe im Widerspruch hierzu der streitigen Rechtsübertragungsklausel einen hinreichend konkretisierten Verwendungszweck entnommen und zu Unrecht angenommen, dass für die Anwendung der Zweckübertragungsregel kein Raum sei. Tatsächlich scheitere die vor 1966 zwar noch nicht kraft Gesetzes untersagte Pauschalübertragung von Nutzungsrechten auch für noch unbekannte und künftig erst noch zu erfindende Nutzungsarten an der - naturgemäß einer solchen Klausel fehlenden und gar nicht möglichen - notwendigen Umschreibung der Nutzungsart in der vom BGH verlangten Weise.
Bei einer so diffusen Bezeichnung der Nutzungsarten, wie hier, fehle es an jeglicher konkreten Festlegung in der genannten Weise. "Künftig erst noch zu erfindende Nutzungsarten", "noch nicht bekannte Verwendungsgebiete" und "künftige Arten, Systeme und Verfahren der Kinematographie" entzögen sich logischerweise der gebotenen Spezifizierung im genannten Sinne.
Der Kläger beantragt daher,
das landgerichtliche Urteil aufzuheben, soweit die Klage abgewiesen wurde, und die Beklagten nach Maßgabe der im ersten Rechtszug gestellten Klageanträge zu verurteilen.
Die Beklagten beantragen
Zurückweisung der Berufung.
Sie verteidigen das landgerichtliche Urteil soweit die Klage abgewiesen wurde und wiederholen und vertiefen ihr Vorbringen, mit dem sie der Klage im ersten Rechtszug entgegengetreten sind.
Die Beklagte zu 2) hebt insbesondere hervor, dass unter Geltung des KUG/LUG die Einräumung von Nutzungsrechten für noch unbekannte Verwertungsarten ohne weiteres zulässig gewesen sei. § 31 Abs. 4 UrhG sei gerade zu dem Zweck eingeführt worden, eine diesbezügliche Rechtsänderung herbeizuführen. Die Zweckübertragungslehre als allgemeiner Grundsatz des Urheberrechts habe zwar schon zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses gegolten, der Kläger setze aber in seiner Argumentation unzulässigerweise die Zweckübertragungstheorie mit den gesetzlichen Bestimmungen des § 31 Abs. 4 und Abs. 5 UrhG gleich. Die Zweckübertragungstheorie habe ihren gesetzlichen Niederschlag allein in der Bestimmung des § 31 Abs. 5 UrhG gefunden und gerade nicht in der erstmals mit Inkrafttreten des UrhG ausschließlich im Gebiet der Bundesrepublik geltenden Unwirksamkeit der Einräumung von Nutzungsrechten für noch nicht bekannte Nutzungsarten. Sie sei daher prinzipiell für die Frage der Zulässigkeit der Einräumung unbekannter Nutzungsarten unmaßgeblich.
Entgegen der Ansicht der Klägerin folge aus der Zulässigkeit der Einräumung von Nutzungsrechten für noch nicht bekannte Nutzungsarten, dass diese - entsprechend ihrer Unbekanntheit - nicht in der gleichen Weise wie bekannte Nutzungsarten konkret und abgrenzbar umschrieben werden können und müssen.
Im Filmbereich habe die Übertragung der Nutzungsrechte für unbekannte Nutzungsarten in der Tarifordnung für Filmschaffende von 1943, die fortgegolten habe, bis sie durch den Tarifvertrag von 1959 ersetzt worden sei, ihren Niederschlag gefunden. Die Rechtsprechung des Reichsgerichts habe zu einer veränderten Vertragsgestaltung beigetragen, wie sich aus den in § 3 des Tarifvertrags getroffenen Regelungen ergebe. Offensichtlich hätten die durch das Reichsgericht entwickelten Grundsätze bezüglich der Auslegung von Verträgen auch in die Normativbestimmungen Eingang gefunden.
Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf die von den Parteien im Berufungsverfahren eingereichten Schriftsätze und Anlagen Bezug genommen.
Die zulässige Berufung des Klägers bleibt ohne Erfolg.
Dem Kläger und seinen Miterben stehen die gegen beide Beklagten geltend gemachten auf urheberrechtliche Nutzungsrechte gestützten Ansprüche nicht zu, weil Paul Verhoeven durch den Vertrag vom 03. Mai 1949 alle Urheberrechte am Film und am Drehbuch auf die Produzentin des Film "Das kalte Herz" auf die DEFA Deutsche Film AG übertragen hat und deshalb nach seinem Tod keine Rechte an dem Filmwerk auf die Erben übergehen konnten. Durch den Vertrag von 1949 sind die umfassenden Nutzungsrechte übertragen worden, und zwar auch die Rechte aus noch nicht bekannten Nutzungsarten.
Von den Parteien wird zu Recht nicht in Zweifel gezogen, dass es sich bei der Videoauswertung eines im Jahr 1950 für die Kinoauswertung hergestellten Spielfilms um eine seinerzeit noch unbekannte Nutzungsart gehandelt hat. Da unter dem damals geltenden Recht Nutzungsrechte an noch nicht bekannten Nutzungsarten durch ausdrücklich hierauf gerichtete Vereinbarung übertragen werden konnten und Paul Verhoeven als Regisseur und Drehbuchautor des Films seine Urheberrechte auch auf damals noch nicht bekannten Verwendungsgebieten durch konkret hierauf gerichtete Vertragsklauseln übertragen hat, ist auch das Recht zu der erst etwa seit 1978 als möglich bekannten Videoauswertung von Spielfilmen auf die Produzentin mitübergegangen. Hierzu im einzelnen:
Der Auffassung des Landgerichts ist beizutreten, dass die zur Zeit des Vertragsschlusses gültigen urheberrechtlichen Bestimmungen die Übertragung urheberrechtlicher Nutzungsrechte auch hinsichtlich noch nicht bekannter Nutzungsarten zugelassen haben. Mit den Parteien ist davon auszugehen, dass die Frage, ob die hier streitigen Rechte übergegangen oder bei Paul Verhoeven verblieben sind, nicht nach den Vorschriften des am 01. 01. 1966 in der Bundesrepublik Deutschland in Kraft getretenen Urheberrechtsgesetzes, sondern nach den Bestimmungen der KUG/LUG zu entscheiden ist, die vor 1966 auch im Bereich der damals gerade errichteten DDR Gültigkeit hatten. Das seinerzeit geltende Recht sah die Möglichkeit der Übertragung umfassender Nutzungsrechte an Werken der Kunst und der Literatur und auch des Urheberrechts selbst vor. Eine dem § 31 Abs. 4 UrhG entsprechende Regelung gab es nicht. Zu Recht berufen sich die Beklagten darauf, daß mit der Einführung dieser dem Schutz des Urhebers dienenden Bestimmung gerade eine Änderung der Rechtslage herbeigeführt werden sollte. § 31 Abs. 4 UrhG ist demnach als zwingendes Recht nur auf nach dem 01. 01. 1966 abgeschlossene Verträge anwendbar (so ausdrücklich § 132 Abs. 1 S. 1 UrhG). Unter früherem Recht konnte dem Schutz des Urhebers jedoch gegebenenfalls mit einer einengenden Vertragsauslegung nach dem Zweckübertragungsgedanken oder einer Korrektur nach § 138 BGB Rechnung getragen werden (vgl. Schricker, Urheberrecht, 2. Aufl. §§ 31/32 Rdnr. 25). Das Fehlen einer dem § 31 Abs. 4 UrhG entsprechenden Bestimmung schließt es sonach zwar nicht generell aus, das dieser Vorschrift zugrunde liegende Zweckübertragungsprinzip als allgemeinen Rechtsgedanken auch auf Altverträge anzuwenden. Dem Kläger ist zuzustimmen, dass nach der Rechtsprechung des Reichsgerichts und des Bundesgerichtshofs geprüft werden muss, ob im konkreten Fall ein Rechtsübergang an dem Zweckübertragungsgedanken scheitert (BGH, GRUR 86/62, 66 GEMA-Vermutung I; GRUR 88/296, 297 GEMA-Vermutung IV), denn der jetzt in § 31 Abs. 5 UrhG verankerte Zweckübertragungsgedanke galt nach allgemeiner Meinung schon im früheren Recht.
Das Zweckübertragungsprinzip stand aber vor der Einführung des § 31 Abs. 4 UrhG der Einräumung von Rechten an einer noch nicht bekannten Nutzungsart nicht zwangsläufig entgegen. In der Rechtsprechung waren insoweit für die Beurteilung stets die Umstände des Einzelfalles dafür maßgeblich, ob sich die in § 31 Abs. 4 UrhG vorgesehene Rechtsfolge aus dem Zweckübertragungsgedanken ergab.
Entgegen der Annahme des Klägers, der insoweit der Kommentierung bei Fromm/Nordemann, 9. Aufl., § 132 UrhG, Rdnr. 6 folgt, kann der Entscheidung des Reichsgerichts "Wilhelm Busch" (RGZ 123/312, 315) keineswegs die generelle Unzulässigkeit der Einräumung von Rechten an einer noch nicht bekannten Nutzungsart entnommen werden. Jene Fallgestaltung weist insofern Parallelen mit dem Streitfall auf, als dort beim Abschluss des Prozessvergleichs mit der die Übertragung der Rechte betreffenden Klausel die Rundfunksendung als Verwertungsform urheberrechtlicher Befugnisse nicht in Betracht kam. Die dort übertragenen "unbeschränkten dinglichen Urheberrechte" umfassten zwar die Gesamtheit urheberrechtlicher Befugnisse. Wenn jedoch gleichwohl das Urheberrecht trotz uneingeschränkter Übertragung nur in dem Umfang als abgetreten angesehen wurde, der nach den damaligen Umständen als anerkannter, gesetzlich geschützter Inbegriff nutzbarer Befugnisse in Betracht kam, so lag dies daran, dass die Parteien unbekannte zukünftige Nutzungsarten nicht ausdrücklich einbezogen hatten. Dies läßt sich ohne weiteres den Ausführungen (a.a.O., S. 318, 319) entnehmen, die dort den Ausschlag dafür gaben, die Mitübertragung unbekannter Nutzungsrechte zu verneinen. Das Reichsgericht führte aus:
"Wäre wirklich die Absicht gewesen, dem B.schen Verlage mit dem an ihn überlassenen Befugniskreis alle unvorhersehbaren Möglichkeiten der Ausnutzung zuzuwenden, die aus völlig neu erwachsenden Zweigen der Verkehrsmitteltechnik in Zukunft vielleicht entstehen würden, so hätte das deutlich kundgetan werden müssen."
Weiter wird in dieser Entscheidung ausgeführt, aufgrund einer Reihe von Umständen ergebe sich als übereinstimmender Wille der Vertragsparteien, dass die bei der Übertragung nicht vorausgesehene Ausnutzungsmöglichkeit der Urheberrechte dem veräußernden Urheber zugute komme. Sodann heißt es:
"Hätten..... die Vergleichsbeteiligten diesen ihren Standpunkt für die Zukunft aufgeben wollen, so hätten sie dafür eine entsprechende Wortfassung gesucht und gefunden. Sie haben aber keine Ausdrucksweise gewählt, die einen solchen Willen kund täte. Denn die Worte der Nr. I. des Vergleichs, wonach der Firma B. "die unbeschränkten dinglichen Urheberrechte" eingeräumt sein sollten, deckten.... nur den Inbegriff der damals als geschützt angesehenen urheberrechtlichen Befugnisse."
Hieraus folgt zum einen, dass unter der Geltung des alten Rechts die Übertragung der Nutzungsrechte für noch nicht bekannte Verwendungsarten grundsätzlich zulässig war und durch entsprechende "Wortfassung" wirksam vereinbart werden konnte; zum anderen ist der Entscheidung aber auch zu entnehmen, dass mit "unbeschränkten" oder "uneingeschränkten" Urheberrechten die damals bekannten und als geschützt angesehenen urheberrechtlichen Befugnisse, nicht aber solche für künftig erst entstehende Nutzungsarten gemeint waren. Diese Einschätzung, die im Anschluss an die zitierten Passagen ausdrücklich bekräftigt wird, ist in Betracht zu ziehen, wenn in anderen Entscheidungen des Reichsgerichts und des Bundesgerichtshofs unter Bezugnahme auf den Zweckübertragungsgedanken davon die Rede ist, dass die Ausnutzung neuer Verwertungsmöglichkeiten, die die Parteien nach dem Stand der Technik im Zeitpunkt der Übertragung nicht in Rechnung stellen konnten, dem Werkschöpfer selbst bei einer uneingeschränkten Übertragung des Urheberrechts vorbehalten bleibt (so RGZ 118, 285 - Verfilmung; 123, 312 - Rundfunksendung; BGH GRUR 1954, 216 - Schallplattenwiedergabe). Soweit in den diesen Entscheidungen zugrundeliegenden Verträgen die uneingeschränkte, unbeschränkte oder umfassende Übertragung des Urheberrechts vereinbart wurde, sind jeweils noch nicht bekannte zukünftige Nutzungsarten nicht ausdrücklich in die Übertragung einbezogen worden. Dem hierauf gerichteten Willen der Vertragsparteien hätte durch eine allgemeine Formulierung ausreichend und unzweideutig Ausdruck verliehen werden können; dass eine Benennung noch unbekannter Nutzungsarten nicht in Frage kommt, versteht sich von selbst. Dem Grundsatz in der Rechtsprechung (BGH GRUR 1960, 197, 199), dass eine Übertragung urheberrechtlicher Nutzungsbefugnisse in der Regel nur dann vorgenommen werden kann, wenn ein dahingehender Parteiwille unzweideutig zum Ausdruck gekommen ist, war sonach für zukünftige Nutzungsbefugnisse Genüge getan, wenn sie verallgemeinernd expressis verbis in die Übertragung einbezogen wurden.
Die Beklagte zu 2) führt in diesem Zusammenhang mit einiger Berechtigung ins Feld, genauso wie jede Entscheidung des Bundesgerichtshofs zum Nachdenken darüber führe, ob die Vertragsgestaltung zukünftig anders vorgenommen werden müsse, um das notwendige Maß an Rechtssicherheit zu erreichen, hätten früher die Entscheidungen des Reichsgerichts das Handeln der Juristen - insbesondere bei der Vertragsgestaltung - beeinflusst. Zu Recht weist sie darauf hin, dass im Filmbereich die Übertragung der Nutzungsrechte für unbekannte Nutzungsarten in der Tarifordnung für Filmschaffende vom 19. 08. 1943 ihren Niederschlag gefunden hat, die fortgalt, bis sie durch den Tarifvertrag vom 19. 12. 1959 ersetzt wurde. Mit den gleichen Formulierungen, die in die Tarifordnung Eingang gefunden haben, findet sich das Fazit aus der Rechtsprechung des Reichsgerichts - so auch aus der Entscheidung "Wilhelm Busch" - in den Normativbestimmungen für Filmschaffende, die zum Bestandteil des von Paul Verhoeven mit der DEFA geschlossenen Vertrages gemacht worden sind. Die grundsätzliche Möglichkeit, die Übertragung des Urheberrechts auch auf unbekannte Nutzungsarten zu erstrecken, wurde in den Normativbestimmungen für Filmschaffende in den unter I.3. "Rechte am Film, Foto und Namen" wiedergegebenen Klauseln rechtswirksam umgesetzt, indem nicht von "unbeschränkten dinglichen Urheberrechten", sondern konkret und expressis verbis auch von "zur Zeit des Vertragsabschlusses noch nicht bekannten Verwendungsgebieten" bzw. von "erst in Zukunft bekannt werdenden Verfahren" gesprochen wurde. In ebenso deutlicher Weise heißt es in den Normativbestimmungen für das Filmdrehbuch unter II.6., dass "alle Rechte am Drehbuch mit ihrer Entstehung auf die Filmfirma übergehen", dass die Filmfirma "insbesondere befugt ist, den Film nach eigenem Ermessen..... auszuwerten", und dass sich "die Rechtsübertragung auf alle jetzigen und künftigen Arten, Systeme und Verfahren der Kinematographie einschließlich der Wiedergabe durch Rundfunk oder Television erstreckt". Da die Videoauswertung unter die aus damaliger Sicht "künftigen Arten, Systeme und Verfahren der Kinematographie" fällt, ist auch insoweit "deutlich kundgetan" welche bis dahin noch nicht bekannten Nutzungsmöglichkeiten übertragen werden sollten. Einer Auslegung der Vertragsklauseln anhand der Zweckübertragungstheorie bedarf es nicht.
Ob die in den Vertrag einbezogenen Normativbestimmungen für Filmschaffende bzw. für das Drehbuch einer Inhaltskontrolle nach § 9 AGB standhalten, war hier nicht zu prüfen, weil das AGBG auf Verträge, die vor Inkrafttreten des geltenden Urheberrechtsgesetzes abgeschlossen worden sind, keine, und zwar auch keine entsprechende Anwendung findet (§ 28 AGBG). Die hier interessierenden Teile der Klauseln der Normativbestimmungen stehen auch nicht im Widerspruch zu den bereits vor Inkrafttreten des AGBG entwickelten Grundsätzen der AGBG-Kontrolle.
Da der 1949 geschlossene Vertrag mit den Regelungen der Normativbestimmungen mit hinreichender Deutlichkeit zum Ausdruck bringt, dass die Produzentin in der Verwertung des Spielfilmes über den Bereich der Lichtspieltheater hinaus in jeder Beziehung und insbesondere in Bezug auf noch unbekannte Verwertungsarten frei sein sollte, bewirkte er eine umfassende, auch die streitigen Videoauswertungsrechte einschließende Übertragung von Nutzungsrechten auf die Produzentin. Bei Paul Verhoeven verblieben keine Nutzungsrechte an dem Filmwerk; er konnte die Videoauswertungsrechte daher auch nicht vererben.
Soweit der Kläger geltend macht, die Pauschalübertragung von Nutzungsrechten auch für noch unbekannte und künftig erst noch zu erfindende Nutzungsarten scheitere an der naturgemäß einer solchen Klausel fehlenden und gar nicht möglichen, aber notwendigen Umschreibung der Nutzungsart als einer klar abgrenzbaren, sich wirtschaftlich und technisch als einheitlich und selbständig abzeichnenden konkreten Art und Weise der Nutzung, steht dies im Widerspruch zu der auch von ihm selbst vertretenen Ansicht, dass vor 1966 die Übertragung von Nutzungsrechten für noch nicht bekannte, künftig entstehende Nutzungsarten möglich, aber an der "Elle" des Zweckübertragungsgrundsatzes zu messen gewesen sei. Dass sich "noch nicht bekannte Verwendungsgebiete" und "künftige Arten, Systeme und Verfahren der Kinematographie" logischerweise einer Spezifizierung und einer präzisierten Umschreibung des Umfangs und Inhalts einer Rechtsübertragung entziehen, liegt in der Natur der Sache, führt aber nicht dazu, eine solche Rechtsübertragung als logischen Widerspruch in sich und deshalb als von vornherein schlechthin unwirksam zu beurteilen.
Soweit in der Berufungsbegründung unter der Überschrift "Grundsätzliches zu den Regeln der Zweckübertragung" umfangreich aus Rechtsprechung und Schrifttum zum Vertragszweck und zu den Erfordernissen einer wirksamen Rechtseinräumung zitiert wird, beziehen sich die Zitate überwiegend auf die hier nicht interessierende Fallgestaltung der Rechteübertragung bezüglich bereits bekannter Nutzungsarten oder auf selbstverständlich anders zu beurteilende Fälle unter der Geltung des Urheberrechtsgesetzes. So ist etwa die Feststellung des Bundesgerichtshofs in der Entscheidung "Kassettenfilm" (GRUR 1974/86, 87), dass selbst aus einer nach dem Vertragswortlaut "uneingeschränkten" Übertragung eines im Gesetz umschriebenen Verwertungsrechts über den Umfang der Rechtsübertragung regelmäßig nichts Abschließendes entnommen werden kann, dass die pauschale Einräumung dieser Rechte vielmehr gegenständlich nach dem jeweiligen Vertragszweck zu beschränken ist, aufgrund des Urheberrechtsgesetzes von 1966 getroffen worden. Ausschlaggebend war bei dieser Entscheidung, dass nach dem Wortlaut der Vertragsbedingungen das Recht zur Verwendung des Werkes für "alle Rundfunk- und Filmzwecke" eingeräumt, die Nutzungsart, Schmalfilme für Vorführung im privaten Bereich herzustellen und zu vertreiben jedoch im Vertrag nicht einzeln bezeichnet worden ist. Bei einer solchen Fallgestaltung soll im Hinblick auf den der Vorschrift des § 31 Abs. 5 UrhG zugrunde liegenden Schutzgedanken nach der Zweckübertragungstheorie sich der Umfang der Rechtseinräumung nach dem mit ihr verfolgten Zweck richten. Nach dem Zweck, zu dem der dortigen Klägerin die Nutzungsrechte der Vervielfältigung und Verbreitung eingeräumt worden sind, erstreckten sich diese Nutzungsrechte nur auf diejenigen filmischen Nutzungen, die mit der Auswertung eines zur Sendung durch Funk bestimmten Films üblicherweise verbunden sind, nicht aber auf Zwecke der - damals bekannten - Schmalfilmauswertung im privaten Bereich. Die dortige Klägerin hätte in diesem Fall ihr Begehren der Rechtseinräumung auch zum Zwecke der Schmalfilmauswertung eindeutig im Vertrag zum Ausdruck bringen können und müssen. Im Streitfall war dies der Produzentin nicht möglich, weil die Videoverwertung noch nicht bekannt war.
Der auf dem Leitgedanken einer möglichst weitgehenden Beteiligung des Urhebers an den wirtschaftlichen Früchten der Verwertung seines Werks beruhende Grundsatz, dass im Zweifel nicht mehr Rechte übertragen werden, als die nach dem Vertrag vorgesehene und konkretisierte Verwertung erfordert, vermag dem Kläger nicht zum Erfolg zu verhelfen. Auch wenn davon ausgegangen wird, dass Paul Verhoeven nicht mehr Rechte übertragen wollte, als die Produzentin für ihre Zwecke benötigte, bleiben aufgrund der ausdrücklichen und eindeutigen vertraglichen Regelung keine Zweifel am Willen der Vertragsparteien, die Rechte an dem Filmwerk umfassend auch für noch nicht bekannte Nutzungsarten zu übertragen. Die für die im Jahre 1950 gegebenen Verhältnisse hoch bemessene Vergütung von 40.000,-- DM für die Regieleistung und die Mitarbeit am Drehbuch spricht jedenfalls nicht gegen diese Annahme.
Da sonach die DEFA die Videoauswertungsrechte erworben hat und weiterübertragen konnte, stehen dem Kläger gegen die Beklagten, die sich auf ihre Lizenzverträge berufen können, die geltend gemachten Ansprüche nicht zu.
Die Berufung war deshalb mit der Kostenfolge aus § 97 ZPO zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 9, 711 ZPO.
Ende der Entscheidung
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