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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht München
Urteil verkündet am 20.09.2001
Aktenzeichen: 29 U 3014/01
Rechtsgebiete: MarkenG, ZPO


Vorschriften:

MarkenG § 14 Abs. 5
MarkenG § 14 Abs. 2 Nr. 1
MarkenG § 14 Abs. 2 Nr. 2
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 711 S. 1
Die Internet-Domain "mbp.de" ist mit der Marke "MB&P" auch bei Gleichheit der angebotenen Dienstleistung nicht verwechselbar.
OBERLANDESGERICHT MÜNCHEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Aktenzeichen: 29 U 3014/01

Verkündet am 20. September 2001

In dem Rechtsstreit

hat der 29. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München durch den Vorsitzenden Richter Wörle und die Richter Haußmann und Jackson aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 20.09.2001

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 5.4.2001 - 7 O 13828/00 - wird zurückgewiesen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 100.000,-- DM abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

IV. Der Wert der Beschwer der Klägerin übersteigt 60.000,-- DM.

Tatbestand:

Die Parteien streiten im Kern um einen marken- und firmenrechtlichen Unterlassungsanspruch der Klägerin.

Die Klägerin ist Inhaber der mit Priorität vom 21.03.1995 geschützten Marke Nr. MB&P.

Die Marke ist für die typischen Dienstleistungen von Patentanwälten geschützt; für die Einzelheiten wird auf den Registerauszug (Anl. K 1) verwiesen. Bei der Marke handelt es sich ersichtlich um die Anfangsbuchstaben von "M-B & P", wobei der Akzent auf dem letzten Buchstaben von "Bo" auf das "B" verlagert wurde. Die Klägerin benutzt die Marke bei der Darstellung ihrer Dienstleistungen auf der von ihr unterhaltenen Homepage im Internet (Anl. Bl. 2).

Die Beklagten sind Patent- und Rechtsanwälte. Sie unterhalten unter der Adresse "ww.mbp.de" ebenfalls eine Homepage, auf der sie ihre Dienstleistungen anbieten; sie unterhalten ferner die e-mail-Adresse "ip law@mbp.de" (Hinweis auf beides im Briefkopf der Beklagten: Anl. K 4). Die Abkürzung "mbp" ist ersichtlich aus den Anfangsbuchstaben von "M, B & Partner" gebildet, unter der die Beklagten auftreten (vgl. Anl. K 4).

Die Klägerin hat geltend gemacht, zwischen der von den Beklagten benutzten Domain "mbp.de" und der Marke der Klägerin bestehe - insbesondere angesichts der Identität der beiderseits angebotenen Dienstleistungen - Verwechslungsgefahr; die Beklagten seien nach marken- und namensrechtlichen Gesichtspunkten zur Unterlassung der Benutzung der Domain und zum Verzicht auf sie verpflichtet. Sie hat beantragt,

die Beklagten zu verurteilen.

1. es bei Meidung näher bezeichneter Ordnungsmittel zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zur Kennzeichnung ihrer Anwaltssozietät im Internet den Domain-Namen "mbp.de" zu benutzen und/oder benutzen zu lassen und/oder diesen Domain-Namen reserviert zu halten

und

2. gegenüber den D eG, W platz 26, 60329 Frankfurt am Main in die Freigabe des Domain-Namens "mbp.de" einzuwilligen.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie haben geltend gemacht, unter Berücksichtigung aller Umstände könne eine Verwechslungsgefahr nicht angenommen werden.

Durch das angefochtene Urteil hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Es hat eine Verwechslungsgefahr verneint. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf das Urteil verwiesen.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin. Sie wiederholt und vertieft ihren Sach- und Rechtsvortrag aus dem ersten Rechtszug und rügt das landgerichtliche Urteil als rechtsfehlerhaft. Sie beantragt,

das Urteil des Landgerichts aufzuheben und die Beklagten nach den im ersten Rechtszug gestellten Anträgen zu verurteilen.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Auch sie wiederholen und vertiefen ihren Sach- und Rechtsvortrag aus dem ersten Rechtszug.

Im übrigen wird zur Ergänzung des Tatbestandes auf die von den Parteien eingereichten Schriftsätze und die von ihnen vorgelegten Urkunden Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Klägerin erweist sich als nicht begründet.

Aus § 14 Abs. 5, 2 Nr. 1 MarkenG läßt sich der geltend gemachte Anspruch mangels Identität der beiderseitigen Kennzeichnungen nicht herleiten. Auch aus § 14 Abs. 5, 2 Nr. 2 MarkenG ist er jedoch nicht begründbar. Nach diesen Vorschriften kann von dem Inhaber einer Marke auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wer ein Zeichen benutzt, wenn wegen der Ähnlichkeit des Zeichens mit der Marke und der Identität oder Ähnlichkeit der durch die Marke und das Zeichen erfassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht einschließlich der Gefahr, dass das Zeichen mit der Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird. Dabei ist nach ständiger Rechtsprechung die Frage der Verwechslungsgefahr umfassend unter Berücksichtigung aller Umstände und des Grundsatzes der "Wechselwirkung" der Kennzeichnungskraft und damit des Schutzbereichs der Marke, der Ähnlichkeit der beiderseitigen Kennzeichen und der Ähnlichkeit der beiderseitigen Waren bzw. Dienstleistungen zu beurteilen.

a) Danach bedarf es zunächst der Bestimmung der Kennzeichnungskraft und des sich aus dieser unter Berücksichtigung normativer Gesichtspunkte ergebenden Schutzbereiches (hierzu Ingerl/Rohnke, Markengesetz, § 14, Rdnr. 182) der Klagemarke. Dabei kann es im Hinblick auf die Bindung der Verletzungsgerichte an die Eintragungsentscheidung nur um die Bestimmung des größeren oder geringeren Schutzumfanges der Klagemarke, nicht um die Verneinung ihrer Schutzfähigkeit gehen.

Die Klagemarke besteht im Kern aus den 3 Buchstaben M, B und P und dem dazwischen eingefügten kaufmännischen Zeichen "&". Es handelt sich um eine als solche nicht als Wort aussprechbare Buchstabenfolge, die durch das eingefügte "&" weiter strukturiert wird. Aus 3 Buchstaben bestehende, nicht aussprechbare Kennzeichen sind weit verbreitet und durchaus einprägsam; ihre häufige Verwendung reduziert allerdings auch ihre Kennzeichnungskraft (Ingerl/Rohnke, a.a.O., Rdnr. 207). Daher erfordert eine sachgerechte Handhabung des Begriffs der Verwechslungsgefahr bei ihnen die Annahme eines nur eng umgrenzten Schutzbereiches. Geht man im vorliegenden Fall davon aus, dass die Buchstabenkombination als solche von geringer Kennzeichnungskraft ist, so führt schon die Einfügung des "&" zu einer gewissen Stärkung der Kennzeichnungskraft, da dieses Zeichen in namens- oder firmenmäßig verwendeten Kennzeichen häufig Verwendung findet und seine Verwendung daher die kennzeichenmäßige Verwendung der Buchstabenfolge verdeutlicht. - Weiter gestärkt wird die Kennzeichnungskraft der Klagemarke durch die unstreitig gänzlich sprachlich unübliche, das Zeichen optisch stark prägende Anbringung eines Akzents auf dem mittleren Buchstaben "B". Zur Kennzeichnungskraft der Marke tragen schließlich - auszugehen ist bei der Beurteilung von der in das Register eingetragenen Form - die Großschreibung und die Schreibweise in starker Schrift bei. Diese Elemente ergeben insgesamt eine optisch einprägsame Gestaltung, der eine durchschnittliche Unterscheidungskraft nicht abgesprochen werden kann.

b) Da die Klägerin einerseits und die Beklagten andererseits die typischen Dienstleistungen einer am Sitz der Patentämter ansässigen Patent- und Rechtsanwaltskanzlei anbieten, liegen identische Dienstleistungen im Sinne der erwähnten Vorschriften vor. Dass hinsichtlich der angegriffenen Domain ein kennzeichenmäßiger Gebrauch vorliegt, ziehen die Beklagten zu Recht nicht in Zweifel (hierzu Ingerl/Rohnke, a.a.O., Rdnr. 65).

c) Bei der Beurteilung der - auch nach Auffassung der Klägerin ersichtlich allein in Betracht kommenden - unmittelbaren Verwechslungsgefahr ist hinsichtlich der Gefahr einer akustischen und einer bildlichen Verwechslungsgefahr zu unterscheiden.

Bildlich unterscheiden sich die beiderseitigen Kennzeichen deutlich. Allerdings sind die Bestandteile "www" und ".de" als Domainbestandteile höherer Ordnung für die Beurteilung ohne Bedeutung; es kommt allein auf den Domain-Bestandteil "mbp" an. Insoweit stimmen die - als solche allerdings, wie dargelegt, nur schwach kennzeichnungskräftigen - Buchstabenfolgen der beiderseitigen Kennzeichnungen überein. Unterschiede bestehen in der Groß- bzw. Kleinschreibung, dem kräftigen Druckbild der Klagemarke gegenüber der normalen Schreibweise der angegriffenen Kennzeichnung, dem eingefügten Zeichen "&" und dem auf dem mittleren Buchstaben "B" angebrachten Akzent in der Klagemarke, der in der angegriffenen Marke fehlt. Die Gemeinsamkeiten der beiderseitigen Kennzeichnungen bestehen somit in die Kennzeichnungskraft nur wenig bestimmenden, die Unterschiede in erheblich stärker bestimmenden Elementen. Bei der Bewertung ist auch zu berücksichtigen, dass der Grad der Aufmerksamkeit, mit dem der angesprochene Verkehr die beiderseitigen Kennzeichnungen wahrnimmt, von der Art des Produkts bzw. der Dienstleistungen mitbestimmt wird (Ingerl/Rohnke, a.a.O. Rdnr. 326). Bei den von den Parteien angebotenen Dienstleistungen handelt es sich nicht um Dienstleistungen des täglichen Bedarfs; mit dem Angebot von Dienstleistungen von Patentanwälten wenden sich die Parteien vielmehr nahezu ausschließlich an Fachkreise, und auch mit den Dienstleistungen von Rechtsanwälten wenden sie sich nicht an ein nur flüchtig prüfendes Massenpublikum, sondern an bei der Auswahl unter den vielen Anbietern solcher Dienstleistungen in der Regel sorgfältig prüfende Verkehrskreise. Zu bedenken ist auch, dass der Verkehr stark an aus wenigen Buchstaben gebildete Abkürzungs-Kennzeichnungen und daran gewöhnt ist, hier sorgfältig zu unterscheiden. Vor diesem Hintergrund erscheint auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass der Verkehr seine Auffassung regelmäßig auf der Grundlage eines undeutlichen Erinnerungseindruckes gewinnt, der die übereinstimmenden Merkmale mehr als die Unterscheide hervortreten läßt, ausgeschlossen, dass in rechtlich relevantem Umfang die Gefahr bildlicher Verwechslungen zwischen den beiderseitigen Kennzeichnungen besteht.

Auch eine akustische Verwechslungsgefahr kann nicht angenommen werde. Insoweit stehen sich die wie "embe und pe" ausgesprochene Kennzeichnung der Klägerin und die "embepe" ausgesprochene Kennzeichnung der Beklagten gegenüber. Auszugehen ist von der Sicht eines Verbrauchers, dem die Marke der Klägerin in ihrer eingetragenen Form bekannt ist; es ist zu fragen, ob er bei der akustischen Begegnung mit dem Zeichen der Beklagten der Gefahr von Verwechslungen ausgesetzt ist. Bei der Beurteilung ist zunächst zu berücksichtigen, dass bei der wörtlichen Wiedergabe und der akustischen Wahrnehmung der beiderseitigen Kennzeichnungen die die optische Einprägsamkeit der Klagemarke begründende Elemente - Strukturierung der Marke durch das eingefügte "&", Großschreibung in starker Schrift, Akzent auf dem Buchstaben "B" - und damit die ihre durchschnittliche Kennzeichnungskraft begründenden Elemente nicht hervortreten. Die Gemeinsamkeiten der beiderseitigen Kennzeichnungen beschränken sich insoweit auf die Übereinstimmung in der als solche nur schwach kennzeichnungskräftigen und daher auch nur einen geringen Schutzbereich beanspruchenden Buchstabenfolge. Diejenigen Verkehrsteilnehmer, denen sich das Klagezeichen in seiner charakteristischen registrierten Form eingeprägt hat, werden bei der Begegnung mit der "mbp" ausgesprochenen Verletzungskennzeichnung wegen des Fehlens der erwähnten charakteristischen Merkmale nicht in die Gefahr geraten, anzunehmen, sie hätten die Klagemarke vor sich (zur Rechtslage nach dem Warenzeichengesetz: BGH GRUR 1991, 136/137 "NEW MAN" m.w.N.). Aber auch diejenigen Verkehrsteilnehmer, denen die Klagemarke bisher nur in ihrer akustischen Form "embe und pe" begegnet ist, werden der erwähnten Gefahr nicht erliegen, da das in die Buchstabenfolge eingefügte "&" die Klagemarke auch in ihrer akustischen Form deutlich strukturiert und damit prägt. Dabei ist auch hier, wie bereits im Zusammenhang mit der Erörterung der bildlichen Verwechslungsgefahr erwähnt, zu berücksichtigen, dass der Verkehr weithin an aus wenigen Buchstaben gebildete Abkürzungen und an die Erforderlichkeit ihrer sorgfältigen Unterscheidung gewöhnt ist, was insbesondere für die hier angesprochenen Verkehrskreise gilt. Kennzeichnend ist insofern die Tatsache, dass die Marke der Klägerin einerseits und das angegriffene Kennzeichen der Beklagten andererseits jeweils aus der nach Art einer Firma gebildeteten und benutzten Bezeichnung der an einem Ort ansässigen Kanzleien der Parteien gebildet sind. Der Verkehr ist daran gewöhnt, in solchen Kurzbezeichnungen Abkürzungen zu sehen und den mit der Bildung solcher Abkürzungen verbundenen Verlust an Unterscheidungskraft durch erhöhte Aufmerksamkeit auszugleichen.

Eine Verwechslungsgefahr kann auch nicht unter dem von der Klägerin angesprochenen Gesichtspunkt angenommen werden, dass die angegriffene Kennzeichnung als die "internet-gerechte Form" der Klagemarke erscheint, weil das Zeichen "&" und Akzente keine zur Bildung von Internet-Adressen zugelassenen Elemente sind. Insoweit ist von dem Grundsatz auszugehen, dass der Verkehr Kennzeichnungen erfahrungsgemäß so aufnimmt, wie sie ihm insgesamt entgegentreten; er neigt nicht zu einer Analyse möglicher Bestandteile und zur Spekulation über die Gründe für die Bildung von Kennzeichnungen (Ingerl/Rohnke, a.a.O., Rdnr. 327). Abgesehen davon, dass dem Verkehr die erwähnten Bedingungen für die Bildung von Internet-Adressen weithin unbekannt sein werden, kann nicht davon ausgegangen werden, dass er die erwähnten Überlegungen anstellen wird.

Auch vom Vorliegen einer mittelbaren Verwechslungsgefahr kann nicht ausgegangen werden. Es fehlt insbesondere jeder Anhaltspunkt dafür, dass der Verkehr die angegriffene Kennzeichnung der Beklagten für eine Abwandlung der klägerischen Marke unter dem Gesichtspunkt etwa des Serienzeichens ansehen wird. Gleiches gilt für eine eventuelle Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne, nämlich die Gefahr, dass der Verkehr immerhin wirtschaftliche, organisatorische oder vertragliche Beziehungen zwischen den Parteien aufgrund der Ähnlichkeiten der beiderseitigen Kennzeichnungen vermuten wird. Gleiches gilt schließlich auch für die Gefahr, dass die beiderseitigen Kennzeichnungen gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden. Näherer Erörterung bedarf dies nicht, da die Klägerin all dies nicht geltend macht.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 708 Nr. 10, § 711 S. 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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