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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht München
Urteil verkündet am 17.11.2005
Aktenzeichen: 29 U 4024/03
Rechtsgebiete: DiätV, Richtlinie 1999/21/EG, LFGB, UWG


Vorschriften:

DiätV § 1 Abs. 4a
DiätV § 3
DiätV § 14b Abs. 1
Richtlinie 1999/21/EG der Kommission vom 25.03.1999 über diätetische Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke Art. 3 Abs. 1
LFGB § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1
LFGB § 12 Abs. 1
LFGB § 12 Abs. 1 Nr. 1
UWG § 4 Nr. 11
§ 14b Abs. 1 Satz 2 DiätV ist richtlinienkonform im Lichte von Art. 3 Abs. 1 Satz 2 der Richtlinie 1999/21/EG der Kommission vom 25.03.1999 über diätetische Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke auszulegen; nach dieser Richtlinienbestimmung ist die Wirksamkeit bilanzierter Diäten durch allgemein anerkannte wissenschaftliche Daten zu belegen; dieses Erfordernis gilt deshalb auch für die Beurteilung der Wirksamkeit bilanzierter Diäten nach nationalem deutschen Recht.
OBERLANDESGERICHT MÜNCHEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Aktenzeichen: 29 U 4024/03

Verkündet am 17.11.2005

In dem Rechtsstreit

hat der 29. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Zwirlein, Richter am Oberlandesgericht Lehner und Richter am Oberlandesgericht Dr. Kartzke aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 17.11.2005

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 02.07.2003 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass Nr. I. 1. des Tenors dieses Urteils wie folgt gefasst wird:

I. Der Beklagten wird bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der künftigen Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,-- €, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, die Ordnungshaft zu vollziehen an dem Geschäftsführer der persönlich haftenden Gesellschafterin der Beklagten untersagt, im geschäftlichen Verkehr

1. das Mittel "A. MobilPlus-Kapseln" als diätetisches Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke (bilanzierte Diät) in den Verkehr zu bringen, sofern dies gemäß den nachstehenden Abbildungen der Umverpackung und der Gebrauchsanweisung geschieht, hinsichtlich der Einnahmeempfehlung sowohl auf der Umverpackung als auch auf der Gebrauchsanweisung mit der Maßgabe, dass eine Einnahme im Umfang von täglich 3 Kapseln im Rahmen einer fleischarmen Diät empfohlen wird.

...

2. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 85.000,-- €, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe:

I.

Der Kläger, der Verband ..., macht gegen die Beklagte Unterlassungsansprüche im Zusammenhang mit dem Vertrieb von "A. MobilPlus-Kapseln" als diätetisches Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke (bilanzierte Diät) und der Werbung hierfür sowie einen Anspruch auf Erstattung von Abmahnkosten in Gestalt einer Pauschale geltend.

Die Beklagte hat in der Zeitschrift "R. K." 6/2002 auf Seite 12 (Anlage K 4) das von ihr vertriebene Mittel "A. MobilPlus-Kapseln" mit den Aussagen

"Rheuma? Arthrose? Entzündete Gelenke?

MobilPlus-Kapseln mit EPA + Rheumadiät helfen!"

beworben. Das Mittel wird auf der Umverpackung und in der Gebrauchsanweisung als diätetisches Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke bezeichnet. Eine Kapsel enthält 0,5 g Omega-3-Fettsäuren, darunter 0,3 g EPA (Eicosapentaensäure) und 15 mg Vitamin E. Die Gebrauchsanweisung zur Einnahme (Anlage K 5) lautet: "In den ersten vier Wochen täglich drei Kapseln. Anschließend reicht eine Kapsel pro Tag im Rahmen einer fleischarmen und fischreichen Diät. Am besten nimmt man MobilPlus-Kapseln mit kalter Flüssigkeit vor einer Mahlzeit ein."

Der Kläger hat die Beklagte mit Schreiben vom 24.07.2002 (Anlage K 9) abgemahnt. Mit Anwaltsschreiben vom 26.07.2002 und 02.08.2002 (Anlagenkonvolut K10) hat die Beklagte die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung ablehnt.

Mit vom Landgericht nachgelassenen Schriftsatz vom 27.05.2003 hat die Beklagte folgende strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben:

"Die Firma A... GmbH & Co. KG verpflichtet sich gegenüber dem Verband ..., es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr für das Mittel A. MobilPlus-Kapseln mit folgender Gebrauchsanweisung zu werben:

"In den ersten 4 Wochen täglich 3 Kapseln. Anschließend reicht eine Kapsel pro Tag."

Mit dem genannten Schriftsatz hat die Beklagte ferner mitgeteilt, dass die Gebrauchsanweisung künftig lautet: "Täglich 3 Kapseln im Rahmen einer fleischarmen Diät mit etwas Flüssigkeit einnehmen."

Das Landgericht hat der Beklagten mit Urteil vom 02.07.2003 unter Androhung von Ordnungsmitteln untersagt,

1. das Mittel "A. MobilPlus Kapseln" als diätetisches Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke (bilanzierte Diät) in den Verkehr zu bringen,

2. für das Mittel "A. MobilPlus Kapseln" zu werben:

"Rheuma? Arthrose? Entzündete Gelenke?

MobilPlus-Kapseln mit EPA + Rheumadiät helfen",

sofern dies geschieht wie in der Werbeanzeige im "Reformhaus Kurier", Heft 6/2002, Seite 12.

Ferner hat das Landgericht die Beklagte verurteilt, an den Kläger 139,20 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 08.08.2002 zu zahlen.

Auf dieses Urteil und die darin getroffenen tatsächlichen Feststellungen wird Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten, die ihren Abweisungsantrag weiterverfolgt. Sie macht geltend, das Landgericht habe entgegen der Vorschrift des § 156 ZPO die am 07.05.2003 geschlossene mündliche Verhandlung nicht wieder eröffnet. Dies hätte das Landgericht tun müssen, weil die Beklagte nach Schluss der mündlichen Verhandlung Urkunden vorgelegt habe, die die vom Landgericht angenommene Sittenwidrigkeit des In-Verkehr-Bringens der MobilPlus-Kapseln entfallen lasse. Mit Schriftsatz vom 20.06.2003 habe die Beklagte in der Anlage Bk 14 das Schreiben des Landratsamts Landsberg am Lech vom 17.06.2003 und das Schreiben des Bayerischen Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit vom 30.04.2003 vorgelegt, in denen ausgeführt werde, dass das Produkt nicht mehr beanstandet werde. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes stelle ein Verhalten, das von den zuständigen Behörden als rechtmäßig anerkannt werde, keinen Wettbewerbsverstoß dar.

Die gesicherten Erkenntnisse der Ernährungswissenschaft zum Zusammenspiel von Omega-6-Fettsäuren und Omega-3-Fettsäuren begründeten einen besonderen medizinisch bedingten Nährstoffbedarf an den im Mittel "MobilPlus-Kapseln" enthaltenen Stoffen bei entzündlich rheumatischen Beschwerden, zu dessen Deckung nach vernünftigen medizinischen und diätetischen Grundsätzen nur ein ernährungstherapeutischer Ansatz im Sinne einer ergänzenden bilanzierten Diät zielführend sein könne. Mit anderen Worten: Die für einen diätetischen Behandlungserfolg notwendige bilanzierte Deckung des spezifischen Nährstoffbedarfs der Patientengruppe sei nur mit einer ergänzenden bilanzierten Diät möglich. Neben der Bilanzierung auf EPA sei in dem streitgegenständlichen Produkt auch die Bilanzierung auf 45 mg Vitamin E täglich für die diätetische Behandlung erforderlich.

Mit der Begründung, dass eine Modifizierung der normalen Ernährung ausreiche, um den von der Beklagten behaupteten medizinisch bedingten Nährstoffbedarf zu decken, verletze das Landgericht § 1 Abs. 4a DiätV i.V.m. Art. 1 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 1999/21/EG. Ein ultima ratio-Erfordernis im Sinne des Urteils des Landgerichts - eine Bedarfsdeckung sei durch eine modifizierte Ernährung nicht möglich - lasse sich weder aus der Diätverordnung noch aus der Richtlinie ableiten. Dieses vom Landgericht aufgestellte Erfordernis werde dem Wesen eines diätetischen Lebensmittels nicht gerecht; diese unterschieden sich von den normalen Lebensmitteln nicht durch die Inhaltsstoffe oder durch die Dosierung, sondern nur durch die besondere Verarbeitung.

Mit einer Modifizierung der normalen Ernährung sei die Aufnahme von 45 mg Vitamin E täglich nicht möglich.

Der Rheumatiker könne auch nicht auf eine fleischarme Ernährung, ergänzt mit Nahrungsergänzungsmitteln, die Fischöl enthielten, verwiesen werden. Die Nahrungsergänzungsmittel reichten schon deshalb nicht zur Behandlung von Rheumakranken aus, weil sie in vielen Fällen ganz ohne Aussagen beworben oder nur für eine cholesterinbewusste Ernährung ausgelobt würden.

Da das Produkt als diätetisches Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke verkehrsfähig sei, seien gemäß § 21 DiätV auch entsprechende werbliche Aussagen zulässig.

Die Beklagte beantragt,

das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass der Beklagten unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel untersagt wird, im geschäftlichen Verkehr das Mittel "A. MobilPlus-Kapseln" als diätetisches Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke (bilanzierte Diät) in den Verkehr zu bringen, sofern dies geschieht wie aus der Anlage K 5 ersichtlich, hinsichtlich der Einnahmeempfehlung sowohl auf der Umverpackung als auf der Gebrauchsanweisung mit der Maßgabe, dass eine Einnahme im Umfang von täglich 3 Kapseln im Rahmen einer fleischarmen Diät empfohlen wird.

Der Kläger verteidigt das Urteil des Landgerichts. Soweit geltend gemacht werde, wegen der vorgetragenen Behördenäußerung könne ein Sittenwidrigkeitsvorwurf nicht mehr geltend gemacht werden, könne dem nicht gefolgt werden. Abgesehen davon, dass die zum Zeitpunkt der Vornahme der beanstandeten Handlung bestehende Sittenwidrigkeit nicht durch eine nachträgliche Behördenäußerung in Fortfall geraten könne, könne vorliegend nicht von einer gefestigten Verwaltungspraxis zur Frage der Verkehrsfähigkeit von ergänzenden bilanzierten Diäten ausgegangen werden. Dem Schreiben des Bayerischen Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit vom 30.04.2003 könne eine eindeutige Erklärung zur Verkehrsfähigkeit des streitgegenständlichen Produkts als ergänzende bilanzierte Diät nicht entnommen werden.

Es werde nach wie vor an der Auffassung festgehalten, dass es hinsichtlich des streitgegenständlichen Produkts bereits an der Voraussetzung der Zufuhr zu Ernähungszwecken mangele. Ferner habe es die Beklagte bisher nicht vermocht, hinsichtlich der gewählten Dosierung an Omega-3-Fettsäuren und insbesondere EPA und Vitamin E dazulegen, dass ein Bedarf des menschlichen Körpers an diesen "Nährstoffen" gerade in dieser Höhe bestehe. Die Beklagte habe darzulegen und zu beweisen, dass das von ihr als ergänzende bilanzierte Diät in den Verkehr gebrachte Produkt mit den Inhaltsstoffen Omega-3-Fettsäuren und Vitamin E wirksam zur diätetischen Behandlung der genannten Indikation sei und sich entsprechend nutzbringend verwenden lasse.

Aber auch soweit die Beklagte das Urteil des Landgerichts im Hinblick auf die für gegeben erachtete Subsidiarität zugunsten einer modifizierten Ernährung als rechtsfehlerhaft angreife, könne der Kläger dem nicht folgen. Die Beklagte habe den ihr obliegenden Nachweis der fehlenden Möglichkeit, den ohnehin streitigen Bedarf an Nährstoffen durch eine modifizierte Ernährung zu decken, nicht erbracht. Die Beklagte verkenne, dass ergänzende bilanzierte Diäten Ernährungszwecken dienen sollten und damit grundsätzlich Lebensmittel seien, was impliziere, dass die insoweit zugeführten Stoffe auch in Lebensmitteln enthalten seien. Entgegen der Auffassung der Beklagten könne dem an dieser Stelle unterstellten Zweck der diätetischen Behandlung durch eine modifizierte Ernährung mit einer Auswahl geeigneter Lebensmittel und/oder einer Kombination von Nahrungsergänzungsmitteln erreicht werden. Gerade die vom Kläger erstinstanzlich vorgetragenen und vom Landgericht entsprechend berücksichtigten Ernährungsmöglichkeiten seien geeignet, eine entsprechende Versorgung sicherzustellen.

Der Senat hat Beweis erhoben durch Erholung von Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. H., Inhaber des Lehrstuhls für Ernährungsmedizin an der ... Universität ..., sowie durch dessen Anhörung im Termin vom 17.11.2005. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird Bezug genommen auf die Gutachten von Prof. Dr. H. vom Januar 2005 (Bl. 228/245) und vom 02.11.2005 (Bl. 295/327) sowie auf das Protokoll des Termins vom 17.11.2005 (Bl. 329/346).

Wegen des Parteivorbringens in der Berufungsinstanz wird ergänzend auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. Ferner wird auf die Protokolle der Termine vom 04.12.2003 und 17.11.2005 Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung der Beklagten ist nicht begründet.

1. Die Klageänderung in der Berufungsinstanz bezüglich des Unterlassungsantrags Nr. I. 1. (vgl. Protokoll des Termins vom 04.12.2003 i.V.m. Schriftsatz des Klägers vom 02.12.2003) ist zulässig (§ 533 ZPO); die Beklagte hat eingewilligt (§ 525 Satz 1, § 267 ZPO). Die Klageänderung trägt der strafbewehrten Unterlassungserklärung gemäß Schriftsatz der Beklagten vom 27.05.2003 und der von der Beklagten vorgenommenen Änderung der Einnahmeempfehlung Rechnung. Aus diesem Schriftsatz ergibt sich die Erstbegehungsgefahr, dass die Beklagte das Mittel MobilPlus-Kapseln mit der Gebrauchsanweisung zur Einnahme "Täglich 3 Kapseln im Rahmen einer fleischarmen Diät mit etwas Flüssigkeit einnehmen" in den Verkehr bringen wird; von der ursprünglichen Gebrauchsanweisung zur Einnahme "In den ersten vier Wochen täglich drei Kapseln, anschließend reicht eine Kapsel pro Tag im Rahmen einer fleischarmen Diät. Mit etwas Flüssigkeit einnehmen. Am besten nimmt man MobilPlus-Kapseln mit kalter Flüssigkeit vor einer Mahlzeit ein." hat die Beklagte, wie sich aus der genannten strafbewehrten Unterlassungserklärung vom 27.05.2003 ergibt, Abstand genommen.

2. Der Senat hat nach § 513 Abs. 2 ZPO nicht zu prüfen, ob das Landgericht seine örtliche Zuständigkeit zu Recht angenommen hat.

3. Keinen Erfolg hat die Beklagte mit der Rüge, das Landgericht habe gegen § 156 ZPO verstoßen, weil es die am 07.05.2003 geschlossene mündliche Verhandlung in Hinblick auf die von der Beklagten mit Schriftsatz vom 20.06.2003 vorgelegten Schreiben des Landratsamts Landsberg am Lech vom 17.06.2003 und des Bayerischen Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit vom 30.04.2003 nicht wieder eröffnet hat. Die Rechtsauffassung von Verwaltungsbehörden ist für die Beurteilung, ob das beanstandete Verhalten objektiv rechtswidrig und damit unlauter ist, nicht maßgeblich (vgl. BGH, Urteil vom 20.10.2005 - I ZR 10/03, in juris dokumentiert - Betonstahl; in diesem Sinne auch EuGH MD 2003, 1081 - Antonio Mun~oz y Cia SA, Superior Fruiticola SA./. Frumar Ltd., Redbridge Produce Marketing Ltd.; vgl. hierzu Beater, Festschrift für Gerhard Schricker zum 70. Geburtstag, S. 638 f). Eine nach § 3, § 4 Nr. 11 UWG unlautere Zuwiderhandlung gegen eine gesetzliche Marktverhaltenregelung setzt allein ein objektiv rechtswidriges Verhalten voraus (vgl. BGH WRP 2005, 1161, 1162 - Atemtest).

4. Dem Kläger steht gegen die Beklagte der unter Nr. 1 des Tenors des vorliegenden Urteils ausgeurteilte Unterlassungsanspruch nach § 8 Abs. 1 i.V.m. § 3, § 4 Nr. 11 i.V.m. § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 LFGB, § 1 Abs. 4a, § 14b Abs. 1 DiätV zu.

a) Die Beurteilung dieses auf Erstbegehungsgefahr gestützten Unterlassungsanspruchs richtet sich nach dem im Zeitpunkt der Entscheidung maßgebenden Recht (vgl. BGH WRP 2005, 333, 334 - Testamentsvollstreckung durch Banken). Es sind daher die Bestimmungen des am 08.07.2004 in Kraft getretenen Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb vom 03.07.2004 (BGBl I. S. 1414) sowie die Bestimmungen des am 07.09.2005 in Kraft getretenen Gesetzes zur Neuordnung des Lebensmittel- und des Futtermittelrechts vom 01.09.2005 (BGBl. I S 2618) einschließlich des darin enthaltenen Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetzbuches (LFGB) anzuwenden.

b) Der Kläger ist, wie von der Beklagten in der Berufungsinstanz nicht in Frage gestellt wird, für die geltend gemachten Unterlassungsansprüche nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG bzw. § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG a.F. aktivlegitimiert (vgl. BGH WRP 2002, 1141, 1143 ff - Muskelaufbaupräparate).

c) Bei § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 LFGB, der weitgehend § 17 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 Buchst. b LMBG a.F. entspricht, handelt es sich um eine gesetzliche Marktverhaltensregelung im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG (vgl. v. Jagow in Harte/Henning, UWG, § 4 Nr. 11, Rdn. 102). Für § 1 Abs. 4a, § 14b Abs. 1 DiätV gilt Entsprechendes.

d) Die Bezeichnung "diätetisches Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke (bilanzierte Diät)" für das Mittel "MobilPlus-Kapseln" mit der Einnahmeempfehlung "3 Kapseln täglich im Rahmen einer fleischarmen Diät mit etwas Flüssigkeit einnehmen" ist irreführend (§ 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 LFGB). Denn der Beklagten ist der dieser obliegende Beweis nicht gelungen, dass das genannte Mittel die Voraussetzungen eines diätetischen Lebensmittels für besondere medizinische Zwecke (bilanzierte Diät) gemäß § 1 Abs. 4a, § 14b Abs. 1 DiätV erfüllt.

Nach § 1 Abs. 4a Satz 2 DiätV dienen diätetische Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke (bilanzierte Diät), soweit hier von Interesse, der Ernährung von Patienten mit einem medizinisch bedingten Nährstoffbedarf, für deren diätetische Behandlung eine Modifizierung der normalen Ernährung, andere Lebensmittel für eine besondere Ernährung oder eine Kombination aus beiden nicht ausreichen. Nach § 14b Abs. 1 DiätV hat die Herstellung von bilanzierten Diäten auf vernünftigen medizinischen und diätetischen Grundsätzen zu beruhen; bilanzierte Diäten müssen sich gemäß den Anweisungen des Herstellers sicher und nutzbringend verwenden lassen und wirksam sein in dem Sinne, dass sie den besonderen Ernährungserfordernissen der Personen, für die sie bestimmt sind, entsprechen. Die genannten Vorschriften der Diätverordnung beruhen auf der Richtlinie 1999/21/EG der Kommission vom 25.03.1999 über diätetische Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke. Insbesondere § 14b Abs. 1 Satz 2 DiätV ist richtlinienkonform im Lichte von Art. 3 Abs. 1 Satz 2 der genannten Richtlinie auszulegen; nach dieser Richtlinienbestimmung ist die Wirksamkeit bilanzierter Diäten durch allgemein anerkannte wissenschaftliche Daten zu belegen; dieses Erfordernis gilt deshalb auch für die Beurteilung der Wirksamkeit bilanzierter Diäten nach nationalem deutschen Recht (vgl. Gründig/Kübler in Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, Band III, C 140, § 14b DiätV, Rdn. 9h; im Ergebnis ebenso Kügel, ZLR 2003, 265, 277 f). Ein solcher Nachweis ist der Beklagten nicht gelungen.

Der Sachverständige Prof. Dr. H. hat in seinem Ergänzungsgutachten vom 02.11.2005 und bei seiner Anhörung im Termin vom 17.11.2005 nachvollziehbar dargelegt, dass Personen, die an entzündlichen Gelenkerkrankungen wie Rheuma und Arthrose leiden, keinen ausreichend gesicherten medizinisch bedingten, von den allgemeinen Ernährungsempfehlungen abweichenden Nährstoffbedarf an den Stoffen haben, die in dem Mittel "MobilPlus-Kapseln" enthalten sind.. Er hat überzeugend ausgeführt, dass die vorliegenden Studien zu wenig breit und zu widersprüchlich seien, um ausreichend gesicherte Aussagen zu ermöglichen; angesichts des aktuellen wissenschaftlichen Kenntnisstands zur Wirkung von Omega-3-Fettsäuren sei ein medizinisch bedingter Nährstoffbedarf nicht eindeutig darstellbar, weil die wissenschaftliche Datenlage zu inkonsistent sei.

Der Sachverständige Prof. Dr. H. hat insbesondere die neueste Metaanalyse der renommierten US-amerikanischen Agency für Health Research and Quality zur Wirkung von Omega-3-Fettsäuren auf die rheumatoide Arthritis aus dem Jahr 2004 herangezogen. Die genannte Metaanalyse hat der Darstellung des Sachverständigen Prof. Dr. H. zufolge Wirkungen von Omega-3-Fettsäuren bei Patienten mit rheumatoider Arthritis weder hinsichtlich berichteter Schmerzen noch hinsichtlich der Zahl der Gelenkschwellungen noch hinsichtlich der Gelenkschäden festgestellt. Soweit, worauf die Beklagte im Termin vom 17.11.2005 hingewiesen hat, in der genannten Metaanalyse eine Reduzierung des Bedarfs an antientzündlichen Medikamenten festgestellt wurde, hat dies der Sachverständige Prof. Dr. H. bei seiner Anhörung im Termin vom 17.11.2005 nicht in Abrede gestellt, aber ausgeführt, dass unter Berücksichtigung der übrigen Datenlage eine wissenschaftlich gesicherte Notwendigkeit zur Verabreichung von Omega-3-Fettsäuren nicht bejaht werden könne, auch wenn gewisse Effekte nachweisbar seien.

Der Sachverständige Prof. Dr. H. ist zur Stützung der von ihm herausgearbeiteten Ergebnisse des Weiteren auf die Behandlungsleitlinien und Patienteninformationen des American College of Rheumatology (im Folgenden: ACR), der nach Aussage von Prof. Dr. H. angesehensten internationalen Fachgesellschaft rekurriert. In den Behandlungsleitlinien des ACR werden, so der Sachverständige Prof. Dr. H., diätetische Empfehlungen überhaupt nicht ausgesprochen; in den - von den Behandlungsleitlinien zu unterscheidenden - Patienteninformationen gehe der ACR auf Fischöl ein; in diesem Zusammenhang werde vom ACR ausgeführt, dass die Wirkungen "modest" seien; der Sachverständige Prof. Dr. H. hat dies bei der Anhörung im Termin vom 17.11.2005 nachvollziehbar dahingehend erläutert, dass "modest" eine bescheidene Wirkung im unteren Bereich der möglichen Bewertungen darstelle.

Ferner hat der Sachverständige Prof. Dr. H. die Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie herangezogen, die in ihrem Kapitel "Nahrungsergänzung" auf eine Metaanalyse von F. u.a. aus dem Jahr 1995 Bezug nehmen, in der beim Gebrauch von Fischöl bei Patienten mit rheumatoider Arthritis eine signifikante Reduktion der Anzahl geschwollener Gelenke und der Dauer der Morgensteifigkeit festgestellt worden sei. Der Sachverständige Prof. Dr. H. hat hierzu in seinem Ergänzungsgutachten vom 02.11.2005 und bei seiner Anhörung im Termin vom 17.11.2005 nachvollziehbar dargelegt, dass das Vorgehen von F. kritikwürdig sei; in den Einzelstudien, die Gegenstand der Metaanalyse seien, seien die Teilnehmerzahlen zu niedrig oder die Unterschiede so geringfügig mit der Folge, dass häufig keine statistische Signifikanz gesichert habe werden können; die Metaanalyse von F. u.a. habe deshalb nur ein weiches Ergebnis erbracht.

Der Sachverständige Prof. Dr. H. hat des Weiteren in seinem Ergänzungsgutachten vom 02.11.2005 sowie bei seiner Anhörung im Termin vom 17.11.2005 nachvollziehbar ausgeführt, dass bezüglich Vitamin-E-Beigaben ebenfalls keine gesicherten Ergebnisse vorlägen; es gebe acht Studien, von denen nur die Hälfte verwertbar sei, weil nur sie einen hinreichenden methodischen Ansatz unter Einbeziehung einer Kontrollgruppe unter Placebobehandlung aufwiesen; die Ergebnisse seien widersprüchlich und zeigten allenfalls geringe klinische Evidenz auf; auch die Autoren der Leitlinienkommission des ACR hätten zur Ernährung bei Ostheoarthritis festgestellt, dass weitere Forschungen zu angeblichem Vitaminmangel nötig seien, bevor eine diätetische Ergänzung von Vitaminen empfohlen werden könne. Der Sachverständige Prof. Dr. H. hat ferner bei seiner Anhörung im Termin vom 17.11.2005 ausgeführt, dass Vitamin E infolge seiner antioxidativen Wirkung die Omega-3-Fettsäuren vor dem Ranzigwerden schütze; für eine unmittelbare Unterstützung der Wirkung der Omega-3-Fettsäuren durch die Beigabe von Vitamin E im Körper des Menschen fehle es an entsprechenden Studien.

Der Sachverständige Prof. Dr. H. hat sich in seinem Ergänzungsgutachten vom 02.11.2005 und bei der Anhörung im Termin vom 17.11.2005 schließlich auch mit den von der Beklagten vorgelegten Parteigutachten von Prof. Dr. Dr. M. und Prof. Dr. G. vom 08.09.2005 (Anlage K 36, nach Bl. 288) und von Prof. Dr. H. vom 29.03.2003 (Anlage Bk 12) und vom 24.05.2003 (Anlage Bk 13, nach Bl. 78) auseinandergesetzt und überzeugend ausgeführt, dass er Teile der von den Parteigutachtern zitierten Arbeiten von der Methode her für fragwürdig und als Sekundärliteratur ansehe, womit auch die darauf aufbauenden Schlussfolgerungen der Parteigutachter entwertet werden.

Eine neue Begutachtung durch einen anderen Sachverständigen (vgl. § 412 ZPO), wie dies die Beklagte im Termin vom 17.11.2005 beantragt hat, ist nicht veranlasst, weil die Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. H. überzeugend sind.

e) Nach dem Vorstehenden kann dahinstehen, ob das Mittel "MobilPlus-Kapseln" auch deshalb nicht in Verkehr gebracht werden darf, weil für die diätetische Behandlung der Patienten, für die dieses Mittel bestimmt ist, eine Modifizierung der normalen Ernährung, andere Lebensmittel für eine besondere Ernährung oder eine Kombination aus beiden ausreichen (vgl. § 1 Abs. 4a DiätV).

f) Der vorstehend erörterte Verstoß gegen § 4 Nr. 11 UWG i.V.m. § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 LFGB, § 1a Abs. 4, § 14b Abs. 1 DiätV ist, da insoweit der Schutz der Verbraucher vor Irreführung im Gesundheitsbereich betroffen ist, auch gemäß § 3 UWG erheblich (vgl. BGH WRP 2005, 1161, 1163 - Atemtest).

g) Die vorstehenden Ausführungen stehen nicht im Widerspruch zum Urteil des Oberlandesgerichts Hamburg vom 27.01.2005 - 3 U 28/03 = MD 2005, 389, in juris dokumentiert, bei dem es um das Mittel E. ging, das als diätetisches Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke (bilanzierte Diät) zur diätetischen Behandlung von entzündlich-rheumatischen Beschwerden in den Verkehr gebracht wird und bei dem eine Kapsel 0,42 g Omega-3-Fettsäuren, davon 0,3 g EPA, sowie 15 mg Vitamin E enthält. Allerdings hat das Oberlandesgericht Hamburg in dem genannten Urteil angenommen, dass das genannte Mittel die Voraussetzungen einer ergänzenden bilanzierten Diät im Sinne des § 1 Abs. 4a DiätV erfüllt (vgl. OLG Hamburg aaO 393). Der dem genannten Urteil zugrunde liegende Fall ist jedoch in zwei Punkten signifikant anders gelagert als der hiesige Fall. Zum einen war zwischen den Parteien des dortigen Verfahrens unstreitig, dass Patienten, die an entzündlich-rheumatischen Beschwerden leiden, einen medizinisch bedingten Nährstoffbedarf an Omega-3-Fettsäuren, darunter EPA haben (vgl. OLG Hamburg aaO 393 f); Entsprechendes ist im hiesigen Verfahren nicht der Fall. Zum anderen war Gegenstand des dortigen Verfahrens nicht ein Verbot wegen Verstoßes gegen § 14b DiätV, sondern allein ein Verbot wegen Vertriebs als Arzneimittel ohne Zulassung (vgl. OLG Hamburg aaO 397). Im hiesigen Verfahren stützt der Kläger den Unterlassungsantrag bezüglich des In-Verkehr-Bringens auch auf das Fehlen der Wirksamkeit im Sinne von § 14b Abs. 1 DiätV, was der Kläger auch im Termin vom 17.11.2005 noch einmal geltend gemacht hat.

5. Dem Kläger steht der vom Landgericht unter Nr. I. 2 des Tenors des Urteils vom 02.07.2003 ausgeurteilte Unterlassungsanspruch nach § 8 Abs. 1 UWG i.V.m. § 3, § 4 Nr. 11 UWG i.V.m. § 12 Abs. 1 Nr. 1 LFGB zu.

a) Auch die Beurteilung dieses auf Wiederholungsgefahr (vgl. Anlage K 4) gestützten Unterlassungsanspruchs richtet sich nach dem im Zeitpunkt der Entscheidung maßgebenden Recht (vgl. BGH WRP 2005, 333, 334 - Testamentsvollstreckung durch Banken). Es sind daher nunmehr die Bestimmungen des am 08.07.2004 in Kraft getretenen Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb vom 03.07.2004 (BGBl I. S. 1414) sowie auf die Bestimmungen des am 07.09.2005 in Kraft getretenen Gesetzes zur Neuordnung des Lebensmittel- und des Futtermittelrechts vom 01.09.2005 (BGBl. I S 2618) einschließlich des darin enthaltenen Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetzbuches (LFGB) anzuwenden. Allerdings kann ein solcher auf Wiederholungsgefahr gestützter Unterlassungsanspruch nur bestehen, wenn das beanstandete Verhalten auch nach den zur Zeit der Begehung - hier Juni 2002 - geltenden Vorschriften - hier das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb alter Fassung sowie das Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetz alter Fassung - wettbewerbswidrig war (vgl. BGH aaO).

b) Bei § 12 Abs. 1 Nr. 1 LFGB, der § 18 Abs. 1 Nr. 1 LMBG a.F. entspricht, handelt es sich um eine gesetzliche Marktverhaltensregelung im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG (vgl. v. Jagow in Harte/Henning, UWG, § 4 Nr.11, Rdn. 102).

c) Die beanstandete Werbung (Anlage K 4) mit dem Text "Rheuma? Arthrose? Entzündete Gelenke? ...MobilPlus-Kapseln mit EPA + Rheumadiät helfen" enthält, was von der Beklagten nicht in Abrede gestellt wird, krankheitsbezogene Werbeaussagen im Sinne von § 12 Abs. 1 Nr. 1 LFGB (= § 18 Abs. 1 Nr. 1 LMBG a.F.). Es wird eine mögliche Linderung der genannten Krankheiten durch Einnahme von MobilPlus-Kapseln in Aussicht gestellt. Zwar gilt das Verbot des § 12 Abs. 1 Nr. 1 LFGB (= § 18 Abs. 1 Nr. 1 LMBG a.F.) nach § 12 Abs. 2 Satz 2 LFGB (= § 18 Abs. 2 Satz 2 LMBG a.F.) nicht für diätetische Lebensmittel, soweit nicht das zuständige Bundesministerium durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates etwas anderes bestimmt hat. Nach § 3 Abs. 1 DiätV i.V.m § 4 Abs. 1 des Gesetzes über den Übergang auf das neue Lebensmittel- und Futterrecht (BGBl. 2005 I S. 2658) gelten jedoch abweichend von § 12 Abs. 2 Nr. 2 LFGB (= § 18 Abs. 2 Satz 2 LMBG a.F.) die Verbote des § 12 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 7 LFGB (= § 18 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 7 LMBG a.F) auch für diätetische Lebensmittel, soweit nicht nach § 3 Abs. 2 DiätV zulässige Aussagen verwendet werden . § 3 Abs. 2 DiätV, nach dem krankheitsbezogene Werbeaussagen für diätetische Lebensmittel in bestimmten, erschöpfend aufgeführten Fällen zulässig sind, ist im Streitfall nicht einschlägig. Soweit in § 3 Abs. 2 Nr. 4 Buchst. f DiätV Gicht genannt wird, eine Krankheit, die wohl den Krankheiten der rheumatischen Formenkreise zugerechnet wird (vgl. Gutachten von Prof. Dr. L. vom 17.12.2001, S. 24 (Anlage Bk 4), rechtfertigt diese Bestimmung die beanstandete Webung schon deshalb nicht, weil die Werbung nicht die nach § 3 Abs. 2 Nr. 4 Buchst. f DiätV zulässige Formulierung "zur besonderen Ernährung bei Gicht im Rahmen eines Diätplanes" verwendet. Im Streitfall kann offen bleiben, ob bei bilanzierten Diäten, die die Voraussetzungen des § 1 Abs. 4a, § 14b Abs. 1 DiätV erfüllen, im Hinblick auf die Kennzeichnungsvorschrift des § 21 DiätV - unbeschadet des § 3 DiätV - eine krankheitsbezogene Werbung für bilanzierte Diäten zulässig ist (vgl. hierzu Kügel aaO 285-289), weil, wie vorstehend erörtert, der Beklagten der ihr obliegende Beweis nicht gelungen ist, dass bei dem Produkt "MobilPlus-Kapseln" die Voraussetzungen für ein diätetisches Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke (bilanzierte Diät) gemäß § 1 Abs. 4a, § 14b Abs. 1 DiätV vorliegen.

d) Der vorstehend erörterte Verstoß gegen § 4 Nr. 11 UWG i.V.m. § 12 Abs. 1 Nr. 1 LFGB ist, da insoweit der Schutz der Gesundheit der Verbraucher durch Vermeidung von Selbstmedikation betroffen ist (vgl. v. Jagow aaO Einl H, Rdn. 13), auch gemäß § 3 UWG erheblich (vgl. BGH WRP 2005, 1161, 1163 - Atemtest).

e) Auch nach dem zur Zeit der Begehung (Juni 2002) geltenden Recht steht dem Kläger der vom Landgericht unter Nr. I. 2 des Tenors des Urteils vom 02.07.2003 ausgeurteilte Unterlassungsanspruch nach § 1, § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG a.F. i.V.m. § 18 Abs. 1 Nr. 1 LMBG a.F zu. Zur Begründung wird auf die Ausführungen des Landgerichts im Urteil vom 02.07.2003 unter Nr. 2 der Entscheidungsgründe (UA S. 20) Bezug genommen. Der vorstehend erörterte, den Schutz der Gesundheit der Verbraucher betreffende Verstoß ist auch geeignet, den Wettbewerb auf dem hier einschlägigen Markt wesentlich zu beeinträchtigen (§ 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG a.F.; vgl. BGH GRUR 1998, 493, 495 - Gelenk-Nahrung).

7. Bei dieser Lage kann dahinstehen, ob die ausgeurteilten Unterlassungsansprüche auch auf § 2 Abs. 1 UKlaG gestützt werden können, auf den sich der Kläger in der Berufungsinstanz nicht mehr ausdrücklich bezogen hat.

8. Dem Kläger steht gegen die Beklagte auch der vom Landgericht unter Nr. II des Tenors des Urteils vom 02.07.2003 ausgeurteilte Zahlungsanspruch zu.

a) Der Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten beurteilt sich nach § 683 Satz 1, § 677, § 670 BGB (vgl. Köhler/Piper, UWG, 3. Aufl., Vor § 13; Rdn. 191); § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG ist im Streitfall zeitlich nicht anwendbar, weil es insoweit um Wettbewerbsverstöße vor dem 08.07.2004 geht

b) Dem Kläger steht gegen die Beklagte nach § 683 Satz 1, § 677, § 670 BGB ein Anspruch auf Erstattung der betreffenden Abmahnkosten (vgl. das Abmahnschreiben vom 24.07.2002, Anlage K 9) zu. Die Höhe der ausgeurteilten Abmahnkosten ist von der Beklagten in der Berufungsinstanz nicht eigens angegriffen worden.

c) Der Zinsausspruch in Nr. II des Tenors des Urteils des Landgerichts vom 02.07.2003 (5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 08.08.2002) ist - Entsprechendes gilt für den diesbezüglichen Antrag des Klägers - dahingehend auszulegen, dass dem Kläger eine Verzinsung in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz zusteht (vgl. OLG Hamm NJW 2005, 2238).

8. Eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften nach Art. 234 EG ist im Streitfall, in dem es im Wesentlichen um eine Beweiswürdigung im Einzelfall geht, nicht veranlasst.

9. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

10. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

11. Die Revision war nicht zuzulassen. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes (vgl. § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Es geht im Wesentlichen um eine Beweiswürdigung im Einzelfall.

Ende der Entscheidung

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