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Gericht: Oberlandesgericht München
Urteil verkündet am 22.01.2004
Aktenzeichen: 29 U 4872/03
Rechtsgebiete: UWG, RStV, StGB, GG


Vorschriften:

UWG § 1
UWG § 17
BGB § 116
BGB § 138
BGB § 823
BGB § 826
BGB § 1004
RStV § 2 Abs. 2 Nr. 6
RStV § 7 Abs. 6 Satz 1
RStV § 49 Abs. 1 Nr. 6
StGB § 201
StGB § 263
GG Art. 5 Abs. 1
Zu Unterlassungsansprüchen im Zusammenhang mit einer verdeckten journalistischen Recherche wegen des Verdachts von Schleichwerbung.
Aktenzeichen: 29 U 4872/03

Verkündet am 22.01.2004

IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

In dem Rechtsstreit

hat der 29. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München durch den Vorsitzenden Richter Wörle und die Richter Cassardt und Dr. Kartzke aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 22.01.2004

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Die Berufung der Antragstellerin gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 28.08.2003 - 4HK O 9748/03 wird zurückgewiesen.

II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Gründe:

I.

Die Antragstellerin, eine Unternehmensberatungsgesellschaft, macht gegen den Antragsgegner im Wege des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung Unterlassungsansprüche im Zusammenhang mit einer vom Antragsgegner im Zusammenwirken mit dem Journalisten Dr. Y vorgenommenen Geschäftsanbahnung geltend. Bei dieser Geschäftsanbahnung täuschte der Antragsgegner die Mitarbeiter der Antragstellerin, indem er sich als Berater eines fiktiven, namentlich nicht genannten Kunden vorstellte und indem er Dr. Y als seinen freien Mitarbeiter und Unternehmensberater unter dem Falschnamen B. einführte.

Mit Schreiben vom 21.08.2002 (Anlage K 4) ließ die Antragstellerin durch Frau H. dem Antragsgegner im Anschluss an ein Telefonat vom 20.08.2002 einige Informationen über Möglichkeiten zukommen, Produkte und Themen über die emotionalen Medien "Film" und "Fernsehen" zu kommunizieren und auf diese Weise das Image entsprechender Kunden/Produkte zu fördern.

Mit Schreiben vom 23.04.2003 (Anlage K 17) ließ die Antragstellerin durch Frau H. dem Antragsgegner im Anschluss an ein Gespräch vom 22.04.2003 einige Eckpunkte zukommen und übersandte als Anlagen ein "Themenplacement in einer täglichen Serie" sowie ein "Themenplacement in dem Kinofilm "...".

Das Landgericht hat am 23.05.2003 auf Antrag der Antragstellerin folgende einstweilige Verfügung erlassen:

Dem Antragsgegner wird bei Meidung näher bezeichneter Ordnungsmittel verboten, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs oder sonst, selbst oder durch Dritte:

a. Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse, die er im Zusammenhang mit der Anbahnung von Geschäftsverbindungen zu [Antragstellerin] in Erfahrung gebracht hat, insbesondere Informationen zu Fragen themenbezogener Medienkommunikation an bestimmte oder unbestimmte Dritte mitzuteilen, weiterzugeben, zu verwerten oder in sonstiger Weise zweckwidrig zu gebrauchen.

b. das in Geschäftsbesprechungen mit der [Antragstellerin] vertraulich gesprochene Wort oder die hieran beteiligten Personen, insbesondere Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter der [Antragstellerin], visuell und/oder akustisch aufzuzeichnen und/oder diese Aufzeichnungen in sonstiger Weise zu verwerten. Mit Urteil vom 28.08.2003 hat das Landgericht die einstweilige Verfügung aufgehoben und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen. Auf dieses Urteil und die darin getroffenen tatsächlichen Feststellungen wird Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Antragstellerin. Sie macht geltend, entgegen den Ausführungen des Landgerichts bestehe ein Verfügungsanspruch der Antragstellerin. Die Regelungen des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb seien anwendbar. Zwischen den Parteien bestehe ein unmittelbares Wettbewerbsverhältnis. Das Landgericht verkenne, dass mit der Antragstellerin und dem Antragsgegner sich zwei Unternehmensberatungen gegenüber stünden, und verkenne, dass es für das Vorliegen eines Wettbewerbsverhältnisses nicht darauf ankomme, ob ein konkreter Kunde existiere oder nicht. Die tatsächliche Vermutung spreche für eine Wettbewerbsabsicht, wenn mit einander im Wettbewerb stehende Gewerbetreibende im geschäftlichen Verkehr mit Bezug aufeinander handelten. Diese Vermutung habe der Antragsgegner durch seine erstinstanzliche eidesstattliche Versicherung nicht entkräften können.

Das Landgericht übergehe in seinen Ausführungen, dass der Antragsgegner und die Antragstellerin eine Vertraulichkeitsvereinbarung geschlossen hätten. Dabei sei deren Abschluss völlig unabhängig vom Wettbewerbsverhältnis zwischen den Parteien. Herr B./ Dr. Y, der nach Ankündigung durch den Antragsgegner für diesen den Präsentationstermin bei der Antragstellerin wahrgenommen habe, habe für sich und den Antragsgegner auch und gerade wegen des Inhalts der Präsentation und sonstiger Informationen Vertraulichkeit zugesagt. Ob der Antragsgegner eine Vereinbarung dieser Art habe schließen wollen, sei im vorliegenden Fall unbeachtlich, da ein geheimer Vorbehalt unbeachtlich sei (§ 116 BGB). Der Antragsgegner habe die Vertraulichkeitsvereinbarung mit der Antragstellerin verletzt.

Herr B./ Dr. Y habe das vertraulich gesprochene Wort aufgezeichnet und Dritten zugänglich gemacht. Der Antragsgegner habe Dr. Y bei diesem Vorgehen unterstützt. Er müsse sich auch dieses Verhalten zurechnen lassen.

Der Antragsgegner habe durch den Bruch der Vertraulichkeitsvereinbarung einen Vorsprung durch Rechtsbruch erlangt bzw. anderen diesen Vorsprung geschaffen. Da der Antragsgegner im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs gehandelt habe, komme § 1 UWG zur Anwendung.

Das Angebot, das der Antragsgegner unter Vortäuschung von Vertragsverhandlungen durch die Antragstellerin erhalten habe und das die Eckpunkte der umzusetzenden Konzeption enthalte, erfülle den Tatbestand des Geschäfts- und Betriebsgeheimnisses. Den Geheimhaltungswillen habe die Antragstellerin mehrfach zum Ausdruck gebracht. Der Antragsgegner habe diesem Geheimhaltungswillen zu keinem Zeitpunkt widersprochen. Die Antragstellerin habe auch ein schutzwürdiges Interesse an der Geheimhaltung ihrer Konzepte. Gerade die Ergebnisse vertraglicher Vorverhandlungen seien als Geschäftsgeheimnisse anzusehen. Es bestehe zudem eine Vermutung für die Eigenschaft als Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis, wenn ein Unternehmen Unterlagen als solche behandele und kennzeichne. Der Antragsgegner habe diese Vermutung nicht widerlegt.

Das Verhalten des Antragsgegners erfülle die Voraussetzungen des § 826 BGB. Den Tatbestand der vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung erfasse auch die gezielte Verletzung von Vertraulichkeitszusagen und die Verwertung von Betriebsgeheimnissen. Der Antragsgegner habe gezielt die Vertraulichkeitsvereinbarung verletzt, indem er sich unter dem Deckmantel geschäftlichen Vertrauens und einer Vertraulichkeitszusage geheime Informationen aus dem Geschäftsbetrieb der Antragstellerin habe übersenden lassen, um diese entgegen dem Zweck der Vertraulichkeitsvereinbarung für sich zu nutzen. Auch den Gesichtspunkt des Betrugs habe das Landgericht verkannt. Der Antragsgegner habe sich vertrauliche Informationen erschlichen, um diese für sich und durch seinen Mitarbeiter zu verwerten. Sein Handeln und das des Herrn B./ Dr. Y habe der Antragsgegner in seinem Schriftsatz vom 24.07.2003 bestätigt; es erfülle die Voraussetzungen des § 17 Abs. 2 Nr. 2 UWG; diese Vorschrift sei ein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB.

Das Verhalten des Antragsgegners stelle darüber hinaus auch einen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb dar, da das Betriebs- und Geschäftsgeheimnis einen Teil des Betriebsvermögens der Antragstellerin darstelle.

Die Wiederholungsgefahr werde bei bestehender Rechtsverletzung vermutet.

Schließlich trügen auch die Ausführungen des Landgerichts zur fehlenden Dringlichkeit nicht.

Die Antragstellerin beantragt:

1. Das Urteil des Landgerichts München I, 4 HKO 9748/03 vom 28.08.2003 wird aufgehoben.

2. Dem Antragsgegner wird es bei Meidung näher bezeichneter Ordnungsmittel verboten, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs oder sonst, selbst oder durch Dritte:

a) die in diesem Verfahren als Anlagen K 4 und K 17 beigefügten Schreiben vom 21.08.2002 und vom 23.04.2003 oder deren Inhalt ganz oder in Teilen, wörtlich oder sinngemäß Dritten mitzuteilen, an diese weiterzugeben, zu verwerten oder in sonstiger Weise außerhalb der Geschäftsbeziehungen der Streitparteien zu gebrauchen oder sonst Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse ohne Gestattung der Antragstellerin mitzuteilen

b) das in Geschäftsbesprechungen mit der Antragstellerin vertraulich gesprochene Wort oder die hieran beteiligten Personen, insbesondere Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter der Antragstellerin, visuell und/oder akustisch aufzuzeichnen oder aufzeichnen zu lassen und/oder diese Aufzeichnungen Dritten zugänglich zu machen, zugänglich machen zu lassen, zur Verfügung zu stellen, zur Verfügung stellen zu lassen, oder diese Aufzeichnung in sonstiger Weise zu verwerten oder verwerten zu lassen.

Der Antragsgegner beantragt:

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Der Antragsgegner macht geltend, bereits zum Zeitpunkt des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung habe die Antragstellerin gewusst, dass der von ihr anderweitig rechtlich verfolgte Dr. Y kein Unternehmensberater sei, sondern ein Journalist, der einem Skandal auf der Spur sei. Um überhaupt die Möglichkeit zu haben, eine einstweilige Verfügung zu erhalten und diesen mundtot zu machen, sei dieser kurzerhand zum Wettbewerber erklärt worden. Dabei seien bewusst alle Erwägungen zu Art. 5 GG außen vor gelassen worden. Die Antragstellerin habe eingestanden, dass es ihr gar nicht um die Verhinderung von (gar nicht existierendem) Wettbewerb gehe, sie wolle vielmehr verhindern, dass der Journalist Dr. Y die gewonnenen Erkenntnisse veröffentliche.

Zwischen der Antragstellerin und dem Antragsgegner bestehe schon aus tatsächlichen Gründen kein Wettbewerbsverhältnis. Dasselbe gelte für das Verhältnis zwischen Dr. Y, der kein Unternehmensberater, sondern Journalist sei, und der Antragstellerin. Dieser habe den Namen B. lediglich im Rahmen einer verdeckten Recherche als Journalist gegenüber der Antragstellerin benutzt. Er recherchiere seit mehr als zehn Jahren gegen unerlaubte Schleichwerbung. Da Dr. Y in der Branche als ausgewiesener Kenner der Materie gelte, habe er Anfang Juni 2002 den Hinweis erhalten, dass die Antragstellerin seit vielen Jahren gewerblichen Unternehmen und Verbänden die Platzierung von Schleichwerbung in der Serie "..." gegen Bezahlung anbiete. Seitens eines Informanten sei ihm ein Videoband zugespielt worden, in dem eine Mitarbeiterin der Antragstellerin, Frau H., einem Kunden anbiete, dass sein Produkt in der Fernsehserie "..." gegen Bezahlung untergebracht werde. Sämtliche Tätigkeit des Dr. Y im Zusammenhang mit der Antragstellerin dienten dazu, journalistisch zu recherchieren, ob die erhobenen Vorwürfe gegen die Antragstellerin falsch seien oder bestätigt werden könnten.

Die Antragstellerin sei eine Unternehmensberatungsgesellschaft. Ihr Spezialgebiet bestehe u.a. darin, in Fernsehserien für Wirtschaftsunternehmen verbotene Schleichwerbung zu platzieren. Daneben gebe es eine Betätigung mit legalen Produkt-Platzierungen in Kinofilmen. Bei der konkreten Tätigkeit der Antragstellerin gehe es um weit mehr als das bloße Zurverfügungstellen von Requisiten. Die Unternehmen bezahlten die Antragstellerin dafür, dass eine werbewirksame Präsentation ihrer Produkte in der Sendung stattfinde. Die Antragstellerin trete zwischen den werbetreibenden Unternehmen und den TV-Produktionsfirmen als Vermittlerin aus und lasse sich dafür bezahlen. Es handele sich um eine Tätigkeit, die sowohl nach dem Rundfunkstaatsvertrag als auch den ARD-Richtlinien für die Werbung und die Trennung von Programm und Werbung verboten sei. Schleichwerbung verstoße gegen Gemeinschaftsrecht und sei wettbewerbswidrig im Sinne von § 1 UWG. Gerade in jüngster Zeit werde das öffentlich-rechtliche Fernsehen in bisher nicht bekanntem Ausmaß von Schleichwerbung überflutet. In der Serie "..." werde in beträchtlichem Umfang Schleichwerbung platziert. Der Journalist Dr. Y sei hier einem Fall auf die Spur gekommen, den es so in der deutschen Fernsehgeschichte wohl noch nicht gegeben habe.

Der Vortrag der Antragstellerin sei nicht schlüssig. Nach eigenem Vortrag sei die Antragstellerin zum Zeitpunkt der Kontaktaufnahme davon ausgegangen, bei dem Antragsgegner und Dr. Y handele es sich um Unternehmensberater. Gleichzeitig trage sie vor, die internen Konzepte, die sie erstelle, seien Grundlage ihrer Geschäftstätigkeit; die Materialien würden nur an Kunden mit dem besonderen Hinweis der Vertraulichkeit weitergegeben. Es erscheine indes äußerst lebensfremd, dass die Antragstellerin ihre Geheimnisse Beratern offenbare, die aus der Sicht der Antragstellerin im gleichen Beratungssegment tätig seien. Das einzige Geheimnis, dass die Antragstellerin offenbare, sei das Eingeständnis, dass sie bereits in vielen Fällen verbotene Schleichwerbung in "..." platziert habe. Dies sei auch der Grund dafür, warum die Antragstellerin immer versucht habe, vom Antragsgegner bzw.

Dr. Y eine Vertraulichkeitsvereinbarung zu erhalten.

Die hier durchgeführten Ermittlungen des Dr. Y seien als so genannter investigativer Journalismus bekannt. Solche verdeckte journalistische Recherche gehöre herausragend zu den öffentlichen Aufgaben der Presse und sei dementsprechend sowohl standesrechtlich nach Auffassung des Deutschen Presserates als auch von den obersten Gerichten als zulässig erachtet worden. Bereits das Verhalten des Dr. Y sei im Hinblick auf die in Art. 5 Abs. 1 GG verankerte Pressefreiheit gerechtfertigt. Der Antragsgegner als journalistische Hilfsperson sei ebenfalls vom Schutzbereich des Art. 5 GG erfasst. Weder der Journalist Dr. Y noch der Antragsgegner hätten das vertraulich gesprochene Wort mit der Antragstellerin bzw. deren Mitarbeitern aufgezeichnet. Dr. Y habe lediglich von einem Informanten eine solche Aufzeichnung, die aus früheren Jahren stamme, erhalten. Dies sei der Auslöser der Recherche gewesen. Im Rahmen der durchzuführenden Abwägung der widerstreitenden Interessen sei insbesondere zu berücksichtigen, dass das Verhalten der Antragstellerin nach den Vorschriften des Rundfunkstaatsvertrags, den ARD-Werberichtlinien und nach § 1 UWG verboten sei. Auch sei der Umstand zu beachten, dass Dr. Y als Journalist nach Nr. 4.1 des Pressekodex zu verdeckter Recherche berechtigt sei. Auch nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts sei die Veröffentlichung rechtswidrig erlangter Informationen ausnahmsweise zulässig, wenn eine umfassende Interessenabwägung ergebe, dass die Bedeutung der Information für die Unterrichtung der Öffentlichkeit eindeutig die Nachteile überwiegen, welche der Rechtsbruch für den Betroffenen und die Geltung der Rechtsordnung nach sich ziehen müsse.

Der Antragsgegner sei nicht Herr des Geschehens gewesen, sondern lediglich journalistische Hilfsperson des Dr. Y. Die Verbindung zwischen dem Antragsgegner und Dr. Y sei rein privater Natur. Der Antragsgegner habe den Tatbestand des Betrugs nicht erfüllt. Der Antragstellerin stünden auch keine Ansprüche aus § 826 BGB zu. Da sich auf vertragliche oder vorvertragliche Pflichtverletzungen keine Unterlassungsansprüche stützen ließen, werde dieser Punkt nicht weiter verfolgt. Es bestehe auch keine Wiederholungsgefahr, da sowohl der Antragsgegner als auch Dr. Y der Antragstellerin zwischenzeitlich bekannt geworden seien. Das Landgericht sei auch zu Recht davon ausgegangen, dass auch die zum Erlass einer einstweiligen Verfügung erforderliche Dringlichkeit fehle.

Der Senat hat die Akten des Verfahrens 9HK O 9905/03 des Landgerichts München I beigezogen. Mit der Ladungsverfügung vom 13.11.2003 (Bl. 138/139) wurde die Antragstellerin darauf hingewiesen, dass gegen ihre Anträge unter dem Gesichtspunkt der Bestimmtheit Bedenken bestehen.

Wegen des weiteren Parteivorbringens in der Berufungsinstanz wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll des Termins vom 22.01.2003 Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung der Antragstellerin ist bezüglich beider Unterlassungsanträge nicht begründet.

1. Die im Berufungsverfahren von der Antragstellerin vorgenommene Antragsänderung bezüglich des Unterlassungsantrags Nr. 2 Buchst. a ist wegen Sachdienlichkeit bei unverändertem Sachverhalt zulässig (§ 533 ZPO). Die Antragstellerin hat damit auf den gerichtlichen Hinweis in der Ladungsverfügung betreffend die Bestimmtheit des Antrags reagiert.

2. Der Unterlassungsantrag Nr. 2 Buchst. a ist hinsichtlich des Antragsteils "oder sonst Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse ohne Gestattung der Antragstellerin mitzuteilen" mangels hinreichender Bestimmtheit weiterhin unzulässig (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO), weil dieser Teil lediglich gesetzeswiederholenden Charakter (vgl. § 17 UWG; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 8. Aufl., Kap. 51, Rdn. 8a) hat. Der übrige, abspaltbare Teil des Antrags, der auf die Schreiben vom 21.08.2002 (Anlage K 4) und vom 23.04.2003 (Anlage K 17) Bezug nimmt und konkrete Verletzungshandlungen zum Gegenstand hat, ist bis auf den seinerseits abspaltbaren Teil "oder in sonstiger Weise außerhalb der Geschäftsbeziehungen der Streitparteien zu gebrauchen" hinreichend bestimmt (vgl. BGH GRUR 1977, 114, 115 - VUS zur Zulässigkeit der Wendung "sinngemäß"). Letztlich kann dieses Bestimmtheitsproblem jedoch im vorliegenden Eilverfahren im Hinblick darauf, dass der Antragstellerin kein Verfügungsanspruch zur Seite steht (vgl. dazu sogleich unter Nr. 3) dahinstehen.

3. a) Auf § 1 UWG kann der geltend gemachte Unterlassungsanspruch gemäß Antrag Nr. 2 Buchst. a nicht gestützt werden. Es kann im Streitfall dahinstehen, ob zwischen den Parteien, die beide auf dem Feld der Unternehmensberatung tätig sind, ein konkretes oder jedenfalls abstraktes (vgl. § 13 Abs. 2 Nr. 1 UWG) Wettbewerbsverhältnis besteht. Der Antragsgegner hat nicht zu Zwecken des Wettbewerbs gehandelt. Allerdings kann die objektive Wettbewerbseignung des Handelns des Antragsgegners, der unter seinem Briefkopf "... Kommunikation im Unternehmen" aufgetreten ist (vgl. Anlagen K 2, K 6, K 8, K 9, K 14), nicht ausgeschlossen werden. Der Antragsgegner hat jedoch subjektiv nicht in der Absicht gehandelt, eigenen oder fremden Wettbewerb zu fördern. Zwar spricht beim Handeln von Gewerbetreibenden im geschäftlichen Verkehr bei einer wie im Streitfall objektiv wettbewerbsgeeigneten Handlung nach der Lebenserfahrung regelmäßig eine tatsächliche Vermutung für die Annahme, dass auch in subjektiver Hinsicht die Voraussetzungen für ein Handeln zu Zwecken des Wettbewerbs gegeben sind (vgl. BGH GRUR 1997, 761, 763 f- Politikerschelte). Diese Vermutung ist indes im Streitfall entkräftet. Die Wettbewerbsabsicht braucht zwar nicht die einzige oder wesentliche Zielsetzung des Handelnden sein; es genügt, wenn mit der in Rede stehenden Handlung auch Wettbewerbszwecke verfolgt werden, die nicht als völlig nebensächlich hinter dem eigentlichen Beweggrund zurücktreten (vgl. BGH aaO 764). Im Streitfall hat der Antragsgegner jedoch hinreichend glaubhaft gemacht, dass er lediglich zu dem Zweck gehandelt hat, dem mit ihm befreundeten Journalisten Dr. Y bei einer verdeckten journalistischen Recherche im Zusammenhang mit dem Verdacht, die Antragstellerin platziere in Fernsehsendungen Schleichwerbung, zu helfen. Das ergibt sich aus den eidesstattlichen Versicherungen des Antragsgegners vom 24.07.2003 (Anlage AG 1) und Dr. Ys vom 24.07.2003 (Anlage AG 3). Der Antragsgegner hat des Weiteren eine Liste einschlägiger Veröffentlichungen von Dr. Y zum Themenfeld "Schleichwerbung und Product Placement" (Anlage AG 2) vorgelegt, die belegen, dass sich Dr. Y seit Jahren mit diesen Themen beschäftigt und hierzu publiziert. Ferner hat der Antragsgegner Ergebnisse der Recherchetätigkeit des Dr. Y zur Verbreitung von Schleichwerbung in der Serie ... (Anlagen B 6 bis B 24) vorgelegt. Danach ist hinreichend glaubhaft gemacht, dass der Antragsgegner lediglich zu dem vorstehend genannten Zweck, nämlich Hilfe für Dr. Y bei einer verdeckten journalistischen Recherche, nicht zu Zwecken des Wettbewerbs gehandelt hat. Soweit sich die Antragstellerin demgegenüber darauf beruft, der Antragsgegner sei als Unternehmensberater an die Antragstellerin herangetreten mit der Folge, dass ein etwaiger geheimer Vorbehalt nach § 116 BGB unbeachtlich sei, hat sie hiermit keinen Erfolg. Die Wettbewerbsabsicht ist nicht nach den Regeln der Willenserklärung zu beurteilen; ob der Handelnde in subjektiver Hinsicht zu Zwecken des Wettbewerbs vorgegangen ist, ist eine vom Gericht unter Berücksichtigung aller Umstände zu entscheidende Tatfrage (vgl. Köhler/Piper, UWG, 3. Aufl., Einf Rdn. 219).

b) Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch gemäß Antrag Nr. 2 Buchst. a kann auch nicht auf eine vertragliche Vertraulichkeitsvereinbarung gestützt werden. Allerdings ist zwischen den Parteien eine Vertraulichkeitsvereinbarung zustande gekommen. Das ergibt sich aus dem Schreiben der Antragstellerin vom 23.04.2003 (Anlage K 17) an den Antragsgegner sowie dem Antwortschreiben vom 04.05.2002 (richtig: 2003)(Anlage K 8); in dem Schreiben vom 23.04.2003 wird ausgeführt, Herr B., bei dem es sich in Wirklichkeit um Dr. Y handelte, habe bei dem Gespräch vom 22.04.2003 auch im Namen des Antragsgegners zugesagt, sämtliche Informationen absolut vertraulich zu behandeln. Diese Zusage ist dem Antragsgegner zuzurechnen. Er hat nämlich in dem mit seiner Unterschrift versehenen Antwortschreiben vom 04.05.2002 (richtig: 2003) (Anlage K 8) dem genannten Punkt nicht widersprochen, sondern vielmehr ausgeführt, dass ihm Herr B. über das am 22.04.2003 geführte Gespräch in dem von der Antragstellerin schriftlich festgehaltenen Sinne berichtet habe; dies ist nach dem objektiven Empfängerhorizont so zu verstehen, dass der Antragsgegner der vertraulichen Behandlung sämtlicher Informationen zustimmt. Jedenfalls muss sich der Antragsgegner die Vertraulichkeitszusage nach den Grundsätzen des kaufmännischen und beruflichen Bestätigungsschreibens (vgl. dazu Baumbach/Hopt, HGB, 30. Aufl., § 346, Rdn. 16 ff) zurechnen lassen. An der vorstehenden Beurteilung ändert nichts, dass der Antragsgegner am Ende des Schreibens vom 04.05.2002 (richtig: 2003) (Anlage K 8) zusätzlich eine vertraulich zu behandelnde Demokassette erbeten und in diesem Zusammenhang ausführt hat "Ich verstehe, dass Ihr Geschäft Vertraulichkeit verlangt, kann Ihnen aber momentan noch keinen anderen Bescheid geben".

Die vorstehend genannte Vertraulichkeitsvereinbarung ist indes nichtig; sie verstößt gegen die guten Sitten (§ 138 Abs. 1 BGB). Rechtsgeschäfte, die gegen wichtige rechtlich geschützte Belange der Allgemeinheit verstoßen, können sittenwidrig sein (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 63. Aufl., § 138, Rdn. 42). Das gilt etwa für eine Vereinbarung, mit der Verschwiegenheit bezüglich Geschäften versprochen wird, die den Tatbestand der Untreue erfüllen (vgl. OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 04.03.1981 - 13 U 166/79, in juris dokumentiert). Ein ähnlicher Fall, bei dem die Vertraulichkeitsvereinbarung gegen wichtige rechtlich geschützte Belange der Allgemeinheit verstößt, liegt hier vor. Die Vertraulichkeitsvereinbarung zielt nämlich darauf, geheim zu halten, dass sich die Tätigkeit der Antragstellerin auf die Platzierung getarnter Werbung u.a. im öffentlich-rechtlichen Fernsehen gegen Entgelt erstreckt. Letzteres ergibt sich insbesondere aus dem Schreiben vom 23.04.2003 (Anlage K 17), in dem "Themen-Placements für ... im deutschen Film und Fernsehen" behandelt werden. Die in diesem Schreiben und dessen Anlagen angebotene Tätigkeit der Antragstellerin geht über eine bloße Requisitenbereitstellung weit hinaus. In dem Schreiben vom 23.04.2003 (Anlage K 17) heißt es u.a. "Wir waren uns in diesem Zusammenhang einig, dass es nicht nur darum geht, ... ausstattungsmäßig in die Handlung zu integrieren, sondern die ... zu einem aktiven Bestandteil der Handlung zu machen, um ihnen damit beim Zuschauer eine erhöhte Aufmerksamkeit und Emotionalität zu verschaffen.". In der Anlage 1 zu diesem Schreiben heißt es u.a. "Die Serie ist für Ihre Marke und für die Kommunikation verschiedener Kollektionen optimal"; "Die kommunikativen Themen für die dramaturgische Einbindung der ... in der täglichen Serie können wir soweit wie möglich zeitlich mit den laufenden Kampagnen abstimmen."; "Für jede Folge mit "aktiver Beratungsumsetzung" entstehen Beratungskosten in Höhe von € 17.500,-- zzgl. MwSt.". Aus dem Medieninfo (Seite 3 zur Anlage 1) geht hervor, dass es sich bei der ins Auge gefassten Serie um eine in der ARD ausgestrahlte Serie handelt. In der Anlage 2 zum Schreiben vom 23.04.2003, die ein Themenplacment in dem Kinofilm "..." Teil 2 behandelt, heißt es u.a.: "2.1 Im Rahmen der Beratung wird gewährleistet, dass die ...-Marke handlungsbezogen in dem Drehbuch des Projekts verankert und damit im Rahmen der unten genannten Mindestgarantien präsentiert wird:"; "2.3 Die für dieses Projekt entwickelten Szenen und Ideen gewährleisten, dass in mindestens 3 Einstellungen der Markennahme sichtbar bzw. verbal genannt wird."

Schleichwerbung und entsprechende Praktiken sind in Rundfunk und Fernsehen unzulässig (§ 7 Abs. 6 Satz 1 Rundfunkstaatsvertrag (RStV)) in der Fassung der Bekanntmachung vom 27.07.2001 (BayGVBl 2001, S. 502), zuletzt geändert am 20.02.2003, BayGVBl 2003, S. 147). Dem entspricht das Verbot von Schleichwerbung gemäß Art. 10 Abs. 4 der Richtlinie des Rates vom 03.10.1989 zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Ausübung der Fernsehtätigkeit, geändert durch die Richtlinie 97/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30.06.1997. Schleichwerbung ist die Erwähnung oder Darstellung von Waren, Dienstleistungen, Namen, Marken oder Tätigkeiten eines Herstellers von Waren oder eines Erbringers von Dienstleistungen in Programmen, wenn sie vom Veranstalter absichtlich zu Werbezwecken vorgesehen ist und die Allgemeinheit hinsichtlich des eigentlichen Zwecks dieser Erwähnung oder Darstellung irreführen kann; eine Erwähnung oder Darstellung gilt insbesondere dann als zu Werbezwecken beabsichtigt, wenn sie gegen Entgelt oder eine ähnliche Gegenleistung erfolgt (§ 2 Abs. 2 Nr. 6 RStV; vgl. auch das Verbot von Schleichwerbung/Product Placement in den ARD-Richtlinien für die Werbung, zur Durchführung der Trennung von Werbung und Programm und für das Sponsoring in der Fassung vom 6. Juni 2000 (Nr. 8)). Der Rundfunkstaatsvertrag sieht für Veranstalter von bundesweit verbreitetem Rundfunk in § 49 Abs. 1 Nr. 6 RStV sogar eine Bußgeldbestimmung bei Verstoß gegen das Verbot der Verbreitung von Schleichwerbung und entsprechender Praktiken vor (vgl. zum Begriff des Veranstalters OLG Celle, Beschluss vom 23.05.2002 - 222 Ss 34/02 (OWi)). Getarnte Werbung in Kino- oder Fernsehfilmen, für die der Interessierte Zahlungen oder andere über bloßes Zurverfügungstellen von Requisiten hinausgehende Leistungen von einigem Gewicht erbringt, verstößt darüber hinaus regelmäßig gegen § 1 UWG (vgl. BGHZ 130, 205, 216 f, 222 - "Feuer, Eis & Dynamit I"; OLG München ZUM 1995, 888, 889). Werbung ist grundsätzlich dem Adressaten als solche kenntlich zu machen; die auf Täuschung angelegte Tarnung einer Werbemaßnahme wird regelmäßig weder dem das Wettbewerbsrecht beherrschenden Wahrheitsgrundsatz noch dem Gebot der Achtung der Persönlichkeitssphäre der Zuschauer gerecht (vgl. BGHZ 130, 205, 213 f - "Feuer, Eis & Dynamit I"). Vor diesem Hintergrund ist die vorstehend genannte Vertraulichkeitsvereinbarung, die darauf zielt, geheim zu halten, dass sich die Tätigkeit der Antragstellerin auf die Platzierung getarnter Werbung u.a. im öffentlich-rechtlichen Fernsehen gegen Entgelt erstreckt, wegen Verstoßes gegen die guten Sitten nichtig.

c) Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch gemäß Antrag Nr. 2 Buchst. a kann auch weder auf § 823 Abs. 1 BGB, § 1004 BGB unter dem Gesichtspunkt des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb noch auf § 826 BGB, § 1004 BGB gestützt werden. Bei der Konkretisierung dieser offenen Normen ist die Bedeutung der Grundrechte - hier auf Seiten des Antragsgegners die grundrechtliche Verbürgung der Meinungs- und Pressefreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG)(vgl. unten aa), auf Seiten der Antragstellerin das grundrechtlich neben Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG durch Art. 14 GG verbürgte Recht auf Datenschutz (vgl. BVerfGE 84, 239, 279) - zu berücksichtigen. Die Vorschriften der §§ 823 und 826 BGB i.V.m. § 1004 BGB sind allgemeine Gesetze im Sinne des Art. 5 Abs. 2 GG (vgl. BVerfGE 66, 116, 138), diese allgemeinen Gesetze müssen jedoch ihrerseits im Lichte des Art. 5 Abs. 1 GG ausgelegt und angewandt werden, damit dessen wertsetzender Bedeutung auch auf der Rechtsanwendungsebene Rechnung getragen wird (vgl. BVerfGE 94, 1, 8). Die genannte Konkretisierung und Abwägung führt im Streitfall dazu, dass dem Antragsgegner die Weitergabe der Schreiben vom 21.08.2002 (Anlage K 4) und vom 23.04.2003 (Anlage K 17) zum Zwecke der pressemäßigen Verwertung im Rahmen einer Kritik der Geschäftspraktiken der Antragstellerin im Bereich getarnter Werbung, wie sie sich aus den genannten Schreiben ergeben, nicht untersagt werden kann (vgl. unten bb). Bezüglich einer Verwendung oder Weitergabe der genannten Schreiben zu anderen Zwecken besteht weder eine Wiederholungsgefahr noch eine Erstbegehungsgefahr (vgl. unten cc)).

aa) Soweit die Weitergabe der Schreiben vom 21.08.2002 (Anlage K 4) und vom 23.04.2003 (Anlage K 17) und der darin enthaltenen Informationen die vorstehend genannte Kritik in tatsächlicher Hinsicht untermauern soll, nimmt die Weitergabe dieser Schreiben am Schutz der Meinungs- und Pressefreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG) teil (vgl. BVerfGE 66, 116, 136). Der Antragsgegner kann sich als journalistische Hilfsperson, der dem Journalisten Dr. Y bei einer Publikation über Schleichwerbung im Fernsehen unter Involvierung der Antragstellerin hilft, unbeschadet seines Berufs als Unternehmensberater auf den Schutz der Meinungs- und Pressefreiheit berufen (vgl. BVerfGE 95, 28, 36; BVerfGE 77, 346, 354), wie er das im vorliegenden Verfahren tut. Dem steht nicht entgegen, dass der Antragsgegner die Schreiben vom 21.08.2002 (Anlage K 4) und vom 23.04.2003 (Anlage K 17) und die darin enthaltenen Informationen im Zusammenwirken mit Dr. Y durch Täuschung erlangt hat, indem er sich als Berater eines fiktiven, namentlich nicht genannten Kunden vorgestellt und indem er den Journalisten Dr. Y als seinen freien Mitarbeiter und Unternehmensberater unter dem Falschnamen B. eingeführt hat. Auch die Publikation rechtswidrig recherchierter Informationen fällt in den Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 GG (vgl. BVerfGE 66, 116, 137; Schlottfeldt, Die Verwertung rechtswidrig beschaffter Informationen durch Presse und Rundfunk, 2002, S. 233, 240).

bb) Der Stellenwert der Gewährleistung gemäß Art. 5 Abs. 1 GG wird bei der Konkretisierung offener Normen wie § 823, § 826 BGB vor allem durch zwei Faktoren bestimmt. Auf der einen Seite kommt es auf den Zweck der strittigen Äußerung an. Auf der anderen Seite ist aber auch das Mittel von wesentlicher Bedeutung, durch welches der genannte Zweck verfolgt wird (vgl. BVerfGE 66, 116, 139). Im Streitfall geht es Dr. Y (und dem Antragsgegner als dessen Helfer) darum, wie der Antragsgegner glaubhaft gemacht hat, Missstände aufzudecken und zu kritisieren, die darin bestehen, dass die Antragstellerin Geschäftstätigkeiten entfaltet, die auf die Platzierung getarnter Werbung in Fernsehfilmen gegen Entgelt zielen.

Bei diesem Anliegen handelt es sich um einen Beitrag zum geistigen Meinungskampf in einer die Öffentlichkeit vor dem Hintergrund des Verbots von Schleichwerbung und entsprechender Praktiken wesentlich berührenden Frage (vgl. BVerfGE 66, 116, 139). Dies spricht für die Zulässigkeit der Weitergabe der Schreiben vom 21.08.2002 (Anlage K 4) und vom 23.04.2003 (Anlage K 17) zum Zwecke der pressemäßigen Verwertung im Rahmen einer Kritik der Geschäftspraktiken der Antragstellerin im Bereich getarnter Werbung, wie sie sich aus den genannten Schreiben ergeben.

Gegen diese Zulässigkeit spricht allerdings, dass der Antragsgegner die Schreiben vom 21.08.2002 (Anlage K 4) und vom 23.04.2003 (Anlage K 17) im Zusammenwirken mit Dr. Y durch Täuschung erlangt hat, indem er sich als Berater eines fiktiven, namentlich nicht genannten Kunden vorgestellt und indem er den Journalisten Dr. Y als seinen freien Mitarbeiter und Unternehmensberater unter dem Falschnamen B. eingeführt hat. Diese Täuschung in der Absicht, mit den auf diese Weise erlangten Informationen eine Publikation zum Thema Schleichwerbung zu ermöglichen, die sich für die Antragstellerin nachteilig auswirken kann, verletzt das Recht in schwerwiegender Weise (vgl. BVerfGE 66, 116, 139, 142; Schlottfeldt aaO S. 174 f). Indes überwiegt im Streitfall ausnahmsweise die Bedeutung der durch Täuschung erlangten Informationen die Nachteile, welche die Täuschung für die Antragstellerin, die in ihrem Recht auf Datenschutz, das grundrechtlich neben Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG durch Art. 14 GG verbürgt ist (vgl. BVerfG 84, 239, 279), betroffen ist, nach sich zieht. Denn es geht bei den aufzudeckenden Geschäftspraktiken im Bereich getarnter Werbung insbesondere im Fernsehen um rechtswidrige Verhaltensweisen, die in Teilbereichen sogar mit Bußgeld bewehrt sind. Hinzu kommt, dass die genannten Geschäftspraktiken anders als durch eine verdeckte Recherche, die nach presseethischen Standards ausnahmsweise zulässig sein kann, nicht aufgedeckt werden konnten. Nach der Richtlinie Nr. 4.1 Abs. 2 zum Pressekodex in der Fassung vom 20.06.2001, der vom Deutschen Presserat in Zusammenarbeit mit den Presseverbänden beschlossen wurde, ist verdeckte Recherche im Einzelfall gerechtfertigt, wenn damit Informationen von besonderem öffentlichen Interesse beschafft werden, die auf andere Weise nicht zugänglich sind (vgl. dazu Schlottfeldt aaO S. 175 f). Letzteres ist hier der Fall. Der vom Journalisten Dr. Y gehegte Schleichwerbungsverdacht in Richtung gegen die Antragstellerin hätte durch offene Recherche etwa im Wege einer Anfrage bei der Antragstellerin aller Voraussicht nach nicht geklärt und ggf. erhärtet werden können. Bei den inmitten stehenden Informationen handelt es sich auch, wie bereits ausgeführt, im Hinblick auf das Verbot von Schleichwerbung und entsprechender Praktiken insbesondere im Fernsehen um solche von besonderem öffentlichen Interesse.

cc) Für eine Verwendung oder Weitergabe der Schreiben vom 21.08.2002 (Anlage K 4) und vom 23.04.2003 (Anlage K 17) seitens des Antragsgegners zu anderen Zwecken als der pressemäßigen Verwertung im Rahmen einer Kritik der Geschäftspraktiken der Antragstellerin im Bereich getarnter Werbung besteht weder eine Wiederholungs- noch eine Erstbegehungsgefahr. Denn der Antragsgegner hat nicht zu Zwecken des Wettbewerbs gehandelt, sondern zu dem Zwecke der Hilfe für Dr. Y bei einer verdeckten journalistischen Recherche.

d) Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch gemäß Antrag Nr. 2 Buchst. a kann auch nicht auf § 823 Abs. 2, § 1004 BGB i.V.m. § 17 Abs. 2 Nr. 2 UWG (vgl. zum Schutzgesetzcharakter von § 17 Abs. 2 Nr. 2 UWG vgl. Palandt/Sprau aaO § 823, Rdn. 67) gestützt werden. Es kann hier dahinstehen, ob es sich bei den in den Schreiben vom 21.08.2002 (Anlage K 4) und vom 23.04.2003 (Anlage K 17) enthaltenen Informationen um Geschäftsgeheimnisse der Antragstellerin handelt und ob diese Geheimnisse ihren Geheimnischarakter durch die Interviews von Dr. Y im Mai 2003 mit Herrn T.. von der Z. F. GmbH, mit Herrn U. vom Y. Werbefernsehen und mit dem Redakteur W. verloren haben; unter einem Geschäftsgeheimnis ist jede im Zusammenhang mit einem Betrieb stehende Tatsache zu verstehen, die nicht offenkundig, sondern nur einem begrenzten Personenkreis bekannt ist und nach dem bekundeten Willen des Betriebsinhabers, der auf einem ausreichenden wirtschaftlichen Interesse beruht, geheimgehalten werden soll (vgl. BayObLG WRP 2001, 285, 286). Als Geheimnishehlerei (§ 17 Abs. 2 Nr. 2 UWG) kommt im Streitfall, da § 17 Abs. 1 UWG von vornherein nicht einschlägig und auch keine der Tathandlungen des § 17 Abs. 2 Nr. 1 UWG erfüllt ist, allenfalls die Variante "oder sich sonst unbefugt verschafft oder gesichert hat, unbefugt verwertet oder jemandem mitteilt" in Betracht. Infolge der vorstehend erörterten Täuschung der Mitarbeiter der Antragstellerin hat sich der Antragsgegner die Schreiben vom 21.08.2002 (Anlage K 4) und vom 23.04.2003 (Anlage K 17) und die darin enthaltenen Informationen allerdings unbefugt verschafft (vgl. Köhler/Piper aaO § 17 UWG, Rdn. 39). Der Antragsgegner hat sodann, wie unstreitig ist, die genannten, an ihn adressierten Schreiben vom 21.08.2002 (Anlage K 4) und vom 23.04.2003 (Anlage K 17) dem Journalisten Dr. Y zugänglich gemacht. Diese Mitteilung (vgl. zum Tatbestandsmerkmal der Mitteilung Diemer in Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, § 17 UWG, Rdn. 46 i.V.m. Rdn. 18) war jedoch unter Berücksichtigung des Art. 5 Abs. 1 GG nicht unbefugt; die bei der Konkretisierung der offenen Normen der § 823, § 826 BGB erforderliche Abwägung ist entsprechend bei Konkretisierung des Merkmals "unbefugt" im Sinne des § 17 Abs. 2 Nr. 2 letzter Halbsatz UWG vorzunehmen; diese Abwägung geht unter Berücksichtigung des Art. 5 Abs. 1 GG auch hier zugunsten des Antragsgegners aus. Auf die vorstehenden Ausführungen unter Nr. II. 3. c wird Bezug genommen. Deshalb kann im Streitfall dahinstehen, ob der Antragsgegner im Übrigen die nach § 17 Abs. 2 Nr. 2 UWG erforderliche Absicht (vgl. dazu Köhler/Piper aaO § 17 Rdn. 40 i.V.m. Rdn. 21 ff) gehabt hat.

e) Schließlich kann der geltend gemachte Unterlassungsanspruch gemäß Antrag Nr. 2 Buchst. a auch nicht auf § 823 Abs. 2, § 1004 BGB i.V.m. § 263 StGB gestützt werden, weil Gegenstand der Strafvorschrift des Betrugs das Verbot der Vermögensschädigung durch Täuschung und Irrtumserregung, nicht hingegen der Mitteilung, Weitergabe oder Verwertung von durch Täuschung erlangter Unterlagen ist (vgl. BGH WRP 1983, 209, 211 - Stapel-Automat [zur vergleichbaren Problematik bei § 17 Abs. 1 UWG bei einer auf Unterlassung der Verwertung gerichteten Klage]).

§ 263 StGB hierauf anzuwenden, liefe auf eine unzulässige Ausdehnung der dieser Strafvorschrift zugrunde liegenden Verbotsnorm über deren Regelungsgegenstand hinaus (vgl. BGH aaO). Außerdem ist jedenfalls eine Bereicherungsabsicht des Antragsgegners nicht hinreichend glaubhaft gemacht.

4. Die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Verfügung sind auch bezüglich des Unterlassungsantrags Nr. 2 Buchst. b nicht gegeben. Es kann im vorliegenden Eilverfahren dahinstehen, ob dieser Antrag im Hinblick auf die Orientierung am Gesetzestext (vgl. § 201 StGB) hinreichend bestimmt ist (vgl. BGH WRP 1992, 482, 483 - Ortspreis). Jedenfalls ist eine Verletzungshandlung des Antragsgegners im Zusammenhang mit der Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes der Mitarbeiter der Antragstellerin bzw. im Zusammenhang mit optischer Ausspähung nicht hinreichend glaubhaft gemacht. Vielmehr wird der Vortrag des Antragsgegners, ihm sei die von Dr. Y verwendete Videoaufzeichnung nicht bekannt gewesen, auch habe er von den Gesprächen des Dr. Y mit dem Redakteur W. keinerlei Kenntnis gehabt, durch die Eidesstattliche Versicherung von Dr. Y vom 27.08.2003 (Anlage AG 6) bestätigt; danach hat dieser das betreffende Video dem Antragsgegner nicht vorgespielt; dieser, der Antragsgegner, kenne diese Aufnahme nicht; ebenso wenig habe der Antragsgegner von dem Recherchegespräch mit dem Redakteur W. am 26.05.2003 gewusst. Danach besteht für eine Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes der Mitarbeiter der Antragstellerin bzw. für eine optische Ausspähung seitens des Antragsgegners unbeschadet des sonstigen gemeinschaftlichen Zusammenwirkens mit Dr. Y weder eine Wiederholungsgefahr noch eine Erstbegehungsgefahr. Bei dieser Sachlage kann hier dahinstehen, ob sich auch die Antragstellerin, eine juristische Person, auf § 201 StGB, dessen Rechtsgut die Privatsphäre der betreffenden natürlichen Person ist (vgl. Tröndle/Fischer, StGB, 51. Aufl., § 201, Rdn. 2; ferner Schlottfeldt aaO S. 128 f), berufen kann.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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