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Gericht: Oberlandesgericht München
Beschluss verkündet am 23.11.2000
Aktenzeichen: 3 W 2228/00
Rechtsgebiete: ZPO, GKG
Vorschriften:
ZPO § 93 | |
ZPO § 99 | |
ZPO § 721 | |
ZPO § 579 Abs. 1 Nr. 4 | |
ZPO § 93 b Abs. 3 | |
ZPO § 97 Abs. 1 | |
ZPO § 3 ff. | |
GKG § 12 ff. |
OBERLANDESGERICHT MÜNCHEN
Aktenzeichen: 3 W 2228/00 6 O 487/00 LG Traunstein
Beschluß
des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 23. November 2000
wegen Räumung
Tenor:
I. Die sofortigen Beschwerden der Beklagten gegen Ziffer 2 des Anerkenntnisurteils des Landgerichts Traunstein vom 14.6.2000 werden zurückgewiesen.
II. Die Beschwerdeführer tragen samtverbindlich die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 16.000,-- DM festgesetzt.
Gründe:
I.
Die Kläger begehrten von den Beklagten Räumung und Herausgabe von Geschäftsräumen. Sie stützten ihre Klage zunächst auf eine fristlose Kündigung vom 18.1.2000. Die Beklagten erhoben gegen die Wirksamkeit dieser Kündigung diverse Einwendungen. Mit Schriftsatz vom 17.5.2000 kündigten die Kläger das Mietverhältnis erneut fristlos und stützten die Räumungsklage hilfsweise auch auf diese Kündigung. Mit Schriftsatz vom 14.6.2000 kündigten die Beklagten an, daß sie den Räumungsanspruch aufgrund der Kündigung vom 17.5.2000 anerkennen würden und beantragten die Gewährung einer Räumungsfrist. In der mündlichen Verhandlung vom 14.6.2000 erkannten die Beklagten die Kündigung vom 18.5.2000 an und versprachen die Räume spätestens bis zum 21.6.2000 herauszugeben.
Die Kläger beantragten daraufhin den Erlaß eines entsprechenden Anerkenntnisurteils.
Das Landgericht hat die Beklagten durch Anerkenntnisurteil dazu verurteilt, die streitgegenständlichen Räume bis spätestens 21.6.2000 an die Kläger herauszugeben und den Beklagten die Kosten des Rechtsstreits auferlegt. Zur Begründung der Kostenentscheidung hat das Landgericht ausgeführt, daß bereits die Kündigung vom 18.1.2000 wirksam gewesen sei.
Gegen die Kostenentscheidung haben alle drei Beklagten sofortige Beschwerde eingelegt. Die sofortige Beschwerde der Beklagten zu 2) und 3) ist darauf gestützt, daß die ursprüngliche Kündigung unwirksam gewesen sei und der Klageanspruch aufgrund der späteren Kündigung sofort anerkannt wurde und daß insoweit eine Veranlassung zur Klageerhebung nicht bestanden habe. Die Beklagte zu 1) bringt vor, sie sei vor dem Landgericht nicht ordnungsgemäß vertreten gewesen. Sie habe dem dortigen Prozeßbevollmächtigten der Beklagten zu 2) und 3) keine Vollmacht erteilt. Die Kosten dürften deshalb nicht ihr, sondern müßten, wenn nicht den Klägern, den Beklagten zu 2) und 3) oder deren Prozeßbevollmächtigten auferlegt werden.
II.
Die Beschwerden sind zulässig. Insbesondere sind die Beschwerden gemäß § 99 ZPO statthaft. Auch die Beschwerde der Beklagten zu 1) ist fristgerecht eingelegt. Das Anerkenntnisurteil des Landgerichts Traunstein wurde der nunmehrigen Prozeßbevollmächtigten der Beklagten zu 1) am 4.8.2000 zugestellt. Deren Beschwerdeschriftsatz ging beim Oberlandesgericht München am 18.8.2000 ein. Sollte es in erster Instanz an einer Bevollmächtigung des Prozeßbevollmächtigten der Beklagten zu 2) und 3) auch für die Beklagte zu 1) gefehlt haben, ist die Beschwerde rechtzeitig. Sollte der Prozeßbevollmächtigte der Beklagten zu 2) und 3) auch Prozeßvollmacht für die Beklagte zu 1) gehabt haben, wäre dessen Beschwerdeschriftsatz vom 8.8.2000, bei Gericht eingegangen am 10.8.2000 rechtzeitig, da diesem Prozeßbevollmächtigten das Urteil am 4.8.2000 zugestellt wurde.
Die Beschwerden sind nicht begründet.
Es kann dahinstehen, ob bereits die Kündigung vom 18.1.2000 wirksam war, da auch bei Annahme einer Wirksamkeit nur der Kündigung vom 17.5.2000 Veranlassung zur Klageerhebung bzw. in diesem Fall zur Fortsetzung des Klageverfahrens gegeben wurde. Soweit sich die Beklagten auf eine Räumungsfrist berufen, ist dies ebenso unbehelflich wie ihr entsprechender Antrag vor dem Gericht erster Instanz, da das Gericht eine Räumungsfrist nach § 721 ZPO nur für Wohnraum gewähren kann. Die Beklagten haben Veranlassung zur Klage gegeben, weil sie nicht sofort auf die Kündigung vom 17.5.2000 hin geräumt haben. Hierzu wären sie aber unter Zugrundelegung ihres Anerkenntnisses verpflichtet gewesen, weshalb die Beklagten Veranlassung zur Klage gegeben haben (vgl. Thomas/Putzo, ZPO, § 93 RdNr. 6). Die Beklagten können sich insoweit nicht auf eine gegenteilige behauptete übereinstimmende Ansicht der Oberlandesgerichte berufen. Die in Bezug genommene Entscheidung des Oberlandesgerichts München (MDR 83, 409) ließ sich nicht verifizieren. Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt (NJW RR 1993, 126) betrifft einen völlig anders gelagerten Sachverhalt, nämlich eine Werklohnforderung, die bei Klageerhebung noch nicht fällig war. Die weiter angezogene Entscheidung des OLG Köln (NJW-RR 1982, 1528) betrifft ebenfalls eine Geldforderung, die ohne vorherige Zahlungsaufforderung geltend gemacht wurde, wobei vor der ersten mündlichen Verhandlung bereits die Überweisung der Schuld veranlaßt wurde. Im Falle einer Räumungsklage ist es jedoch so, daß der Schuldner bei Zugang der Klage räumen muß und jedenfalls dann Veranlassung zur Klage gibt, wenn er nicht sofort alles Zumutbare unternimmt, um die Räumung durchzuführen. Daß die Beklagten dies getan haben, ist nicht hinreichend vorgetragen. Die Beklagten berufen sich lediglich darauf, daß notwendige Maßnahmen zur Einstellung des Geschäftsbetriebs und umfangreiche Arbeiten zur Räumung erforderlich gewesen seien. Wie lange eine sofortige Räumung bei größtmöglicher Anstrengung gedauert hätte, ist nicht vorgetragen. Eine Zeit für die Einstellung des Geschäftsbetriebs steht den Beklagten nicht zu, wenn die Räume fristlos gekündigt sind. Bei einer auf erhebliche Zahlungsrückstände gestützten fristlosen Kündigung können sich die Beklagten auch nicht auf die Notwendigkeit einer zumutbaren Zeit zur Räumung berufen, da angesichts der Zahlungsrückstände dem Vermieter jede Verzögerung unzumutbar ist und dem Geschäftsraummieter eben gerade keine Räumungsfrist zusteht (argumentum e contraio aus § 721 ZPO). Hinzu kommt im vorliegenden Fall, daß die Kündigung vom 17.5.2000 unter anderem darauf gestützt ist, daß die Beklagten seit Januar 2000 mit Ausnahme einer Zahlung von 1.000,-- DM keinerlei Mietzins geleistet haben. Diesen Vortrag der Kläger haben die Beklagten nicht bestritten, sondern die hierauf gestützte Kündigung als wirksam anerkannt. Selbst unter Würdigung der von den Beklagten als Einwand gegen die Kündigung vom 18.1.2000 vorgetragenen Mängel und sonstiger Gegenrechte konnten die Beklagten nicht von einer Mietzinsminderung auf Null ausgehen. Für die Beklagten mußte es sich geradezu aufdrängen, daß sie bei dieser Sachlage nicht in den Mieträumen verbleiben können und daß für den Fall der Unwirksamkeit der früheren Kündigung mit einer erneuten Kündigung aufgrund weiterer Mietzinsrückstände zu rechnen ist.
Soweit sich die Beklagte zu 1) darauf beruft, daß sie im Verfahren vor dem Landgericht nicht ordnungsgemäß vertreten sei, kann ihr dieses Vorbringen ebenfalls nicht zum Erfolg verhelfen. Im Rahmen der sofortigen Beschwerde über die Kosten - und nur diesbezüglich ist Beschwerde eingelegt - kann nicht geprüft werden, ob das Anerkenntnis als solches wirksam abgegeben wurde, da die auf dem Anerkenntnis beruhende Verurteilung in der Hauptsache rechtskräftig ist. Die Beklagte zu 1) kann sich insoweit auch nicht auf die Rechtsprechung zur Zulässigkeit eines an sich nicht statthaften Rechtsmittels wegen greifbarer Gesetzeswidrigkeit der angefochtenen Entscheidung berufen. Dem steht zum einen entgegen, daß die Verurteilung in der Hauptsache nicht angefochten ist. Zum anderen besteht für die Zulassung einer im Gesetz nicht vorgesehenen außerordentlichen Beschwerde kein Bedürfnis, da § 579 Abs. 1 Nr. 4 ZPO insoweit eine ausdrückliche Regelung enthält. Nach dieser Vorschrift findet die Nichtigkeitsklage statt, wenn eine Partei in dem Verfahren nicht nach den Vorschriften der Gesetze vertreten war, sofern sie nicht die Prozeßführung ausdrücklich oder stillschweigend genehmigt hat.
Nichts anderes ergibt sich schließlich auch daraus, daß das Anerkenntnisurteil im Tenor dahin lautet, daß "bis spätestens 21.6.2000" zu räumen und herauszugeben ist. Es kann dahinstehen, ob das Anerkenntnis als solches und der Antrag zur Verurteilung gemäß dem Anerkenntnis dahin auszulegen sind, daß die Kläger - die eine Klagerücknahme im übrigen nicht erklärt haben - erst Räumung zum 21.6.2000 begehrt haben. Dafür daß die Beklagten ein Recht hatten, die Mietsache bis zum 21.6.2000 zu nutzen, gibt der Sachvortrag der Parteien keinen Anhaltspunkt. Auch § 93 b Abs. 3 ZPO führt zu keiner anderen Beurteilung, da diese Vorschrift nur für Mietverhältnisse über Wohnraum gilt. Selbst wenn die Erklärungen der Kläger dahin auszulegen sein sollten, daß dem Beklagten eine Räumungsfrist bis 21.6.2000 bewilligt wird, würde dies an der Richtigkeit der Kostenentscheidung des Landgerichts nichts ändern. Der Umstand, daß die Beklagten Veranlassung zur Klage gegeben haben, gerät nämlich nicht dadurch in Wegfall, daß die Kläger ohne entsprechende Verpflichtung dem Beklagten eine Räumungsfrist einräumen.
Kostenentscheidung: § 97 Abs. 1 ZPO. Streitwert: §§ 12 ff. GKG, 3 ff. ZPO.
Ende der Entscheidung
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