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Gericht: Oberlandesgericht München
Beschluss verkündet am 04.05.2006
Aktenzeichen: 31 Wx 23/06
Rechtsgebiete: HGB, BGB
Vorschriften:
HGB § 13e | |
BGB § 181 |
Gründe:
I.
Die Beteiligte ist eine Gesellschaft (Private Limited Company) mit Sitz in Birmingham/Vereinigtes Königreich. Sie hat die Errichtung einer Zweigniederlassung in München zur Eintragung in das Handelsregister angemeldet und ferner beantragt einzutragen, dass der director (Geschäftsführerin) zugleich auch ständige Vertreterin der Beteiligten für die Zweigniederlassung ist und als ständige Vertreterin von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit ist. Das Registergericht hat die Eintragung der Befreiung abgelehnt; die anderen Eintragungen wurden zwischenzeitlich vorgenommen. Die gegen die Ablehnung gerichtete Beschwerde wurde durch Beschluss des Landgerichts München I vom 19.1.2006 zurückgewiesen. Gegen diese Entscheidung richtet sich die weitere Beschwerde der Beteiligten.
II.
Die weitere Beschwerde ist zulässig, jedoch nicht begründet.
1. Das Landgericht hat im Wesentlichen ausgeführt: Zwar gehöre zu den eintragungsfähigen Befugnissen eines ständigen Vertreters auch die Befreiung von den Beschränkungen gemäß § 181 BGB. Jedoch sei selbst nach englischem Recht ein Geschäftsführer einer Private Limited Company nicht in vergleichbarer Weise vom Verbot des Selbstkontrahierens befreit. Daher könne er seinerseits nicht einen deutschen ständigen Vertreter von diesem Verbot entsprechend den deutschen Vorschriften befreien. Zwar sei das Vollmachtsstatut gesondert anzuknüpfen an das Recht des Landes, in dem aufgrund der Vollmacht gehandelt werden soll. Jedoch könne ein Vollmachtgeber nicht mehr Rechte übertragen, als er selber habe.
2. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung stand (§ 27 FGG, § 546 ZPO).
a) Die Anmeldung der Eintragung der Zweigniederlassung einer ausländischen Gesellschaft mit beschränkter Haftung wie einer "Private Limited Company" in das deutsche Handelsregister richtet sich nach den §§ 13d, 13e, 13g HGB. Zwar beziehen sich diese Vorschriften dem Wortlaut nach nicht auf eine englische "Private Limited Company"; diese ist aber insoweit der deutschen GmbH gleichgestellt [vgl. Art. 1 der ersten gesellschaftsrechtlichen Richtlinie (68/151/EWG vom 9.3.1968 - Publizitätsrichtlinie -); Art. 1 der elften gesellschaftsrechtlichen Richtlinie (89/666/EWG vom 21.12.1989 - Zweigniederlassungsrichtlinie -); Art. 1 der zwölften gesellschaftsrechtlichen Richtlinie (89/667/EWG vom 21.12.1989 - Einpersonengesellschaftsrichtlinie -); vgl. MünchKomm/Krafka HGB 2. Aufl. § 13e Rn. 3, 4].
Auch die Vertretungsverhältnisse der Gesellschaft sind zur Eintragung anzumelden (§ 13g Abs. 2 Satz 2 HGB i.V.m. § 8 Abs. 4 GmbHG). In Umsetzung der Zweigniederlassungsrichtlinie ist in § 13 e Abs. 2 Satz 4 Nr. 3 HGB geregelt, dass die Personen, die befugt sind, als ständige Vertreter für die Tätigkeit der Zweigniederlassung die im Ausland ansässige Kapitalgesellschaft zu vertreten, unter Angabe ihrer Befugnisse in der Anmeldung zum Handelsregister anzugeben sind. Diese Offenlegungspflicht umfasst daher auch den Umfang der ihnen eingeräumten Vertretungsmacht (vgl. Heidinger MittBayNot 1998, 72/74).
Gemäß § 43 Nr. 6 lit. o HRV ist dann der ständige Vertreter einer Zweigniederlassung einer im Ausland ansässigen GmbH u. a. unter Angabe seiner Befugnisse in das Handelsregister einzutragen.
b) Zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass die gesetzliche Vertretungsmacht der Organe einer Gesellschaft sich nach dem Personalstatut der Gesellschaft richtet. Daher ist englisches Recht als das Recht des Gründungsstaats der Private Limited Company für den Umfang der Vertretungsmacht des directors als Geschäftsführer der Gesellschaft zur Anwendung berufen (Art. 12 EGBGB, vgl. Palandt/Heldrich BGB 65. Aufl. Anhang zu § 12 EGBGB Rn. 13).
c) Rechtlich zutreffend haben die Vorinstanzen auch zu Grunde gelegt, dass deutsches Recht für die Begründung und den Umfang der dem ständigen Vertreter erteilten Vertretungsmacht zur Anwendung berufen ist.
Der ständige Vertreter, dessen Begriff zwar gesetzlich nicht definiert ist, der aber erstmals in der Zweigniederlassungsrichtlinie verwendet wurde (Art. 2 Abs.1 Buchst. e und Art. 2 Abs. 2 Buchst. a) wird als eine Person angesehen, die aufgrund einer rechtsgeschäftlichen Bevollmächtigung nicht nur vorübergehend zur generellen Vertretung der Zweigniederlassung berechtigt ist (vgl. Heidinger MittBayNot 1998, 72/73). Er leitet seine Rechtsstellung im Gegensatz zum Geschäftsführer nicht aus einer organschaftlichen Befugnis, sondern aus einer rechtsgeschäftlich erteilten Vertretungsmacht ab. Folglich ist hinsichtlich des für die rechtsgeschäftliche Vertretungsmacht anwendbaren Rechts gesondert anzuknüpfen. Daher unterliegt das Recht des ständigen Vertreters dem Vollmachtsstatut und nicht dem Gesellschaftsstatut (MünchKomm/ Krafka § 13d Rn. 915). Vollmachtsstatut ist das Recht des Landes, in dem die Wirkungen der von dem Vertreter vorgenommenen Rechtsgeschäfte eintreten ("Wirkungslandprinzip", vgl. BGHZ 43, 21/26; Palandt/Heldrich Anh. zu Art. 32 EGBGB Rn. 2).
d) Im Ergebnis zutreffend hat das Landgericht auch die Eintragungsfähigkeit der Befreiung von dem Verbot des Selbstkontrahierens (§ 181 BGB) für den ständigen Vertreter verneint.
Der in das Handelsregister einzutragende Umfang der Vertretungsmacht umfasst auch die Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB (vgl. Klose-Mokroß DStR 2005, 1013/1016).
aa) Zu Recht ist das Landgericht davon ausgegangen, dass für den director als Organ einer Private Limited Company eine Befreiung von den Beschränkungen nach § 181 BGB nicht eintragungsfähig ist; denn die Regelungen des englischen Rechts sehen eine der Vorschrift des § 181 BGB vergleichbare generelle Befreiung vom Verbot des Selbstkontrahierens nicht vor (OLG München, Senatsbeschluss vom 17.8.2005, NJW-RR 2005, 1486). Lediglich im Einzelfall kann in der Regel dem director nach Anzeige des Konflikts an die anderen Direktoren und deren anschließender Zustimmung ("dis-closure") eine Befreiung von der dem "equity"-Recht entstammenden "no-conflict-rule" erteilt werden (vgl. Schall NZG 2006, 54; OLG Celle, NJW-RR 2006, 324).
bb) Im vorliegenden Fall sind der director und der ständige Vertreter personenidentisch. Ob bei Personenverschiedenheit dem ständigen Vertreter einer deutschen Zweigniederlassung einer Private Limited Company von deren Geschäftsführer nach deutschem Recht wirksam eine Befreiung vom Verbot des Selbstkontrahierens erteilt werden kann und diese dann eintragungsfähig ist, kann offen bleiben. Jedenfalls ist bei Personenidentität eine Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB, die dieselbe Person sich in ihrer Funktion als Geschäftsführer für ihre andere Funktion als ständiger Vertreter erteilt, nicht eintragungsfähig, da eine solche Eintragung dem Zweck und dem Wesen des Handelsregisters zuwiderlaufen würde.
Das Handelsregister dient dazu, bestimmte tatsächliche und rechtliche Verhältnisse, die für den Rechtsverkehr von besonderer Bedeutung sind, in einer zuverlässigen und vollständigen Weise zu beurkunden (OLG Hamm NJW-RR 1993, 807/809; KG FGPrax 2000, 249; Keidel/Krafka/Willer Registerrecht 6. Aufl. Rn. 1). Durch die Eintragung der Befreiung eines Geschäftsführers einer dem deutschen Recht unterliegenden GmbH von den Beschränkungen nach § 181 BGB soll deshalb auf die gegenüber der gesetzlichen Regelung erweiterte Befugnis des Geschäftsführers hingewiesen werden, im Namen der Gesellschaft mit sich selbst Geschäfte abzuschließen und so Vermögen der Gesellschaft zu verlagern (vgl. BGHZ 87, 59/62). Dem gleichen Zweck würde die Eintragung der Befreiung des ständigen Vertreters der Zweigniederlassung einer ausländischen Kapitalgesellschaft dienen.
Wäre aber eine solche Befreiung des Geschäftsführers einer Private Limited Company nicht eintragungsfähig, die des ständigen Vertreters der Zweigniederlassung dagegen doch, so würde eine solche Eintragung bei Personenidentität zu Unklarheiten und Verwirrungen im Rechtsverkehr führen; denn objektiv ist nicht erkennbar, in welcher seiner beiden Funktionen (Geschäftsführer/ständiger Vertreter) der Vertreter gerade handelt. Er müsste bei jedem In-sich-Geschäft klarstellen, welche Eigenschaft er gerade annimmt. Dies ist sowohl praktisch unmöglich als auch für etwaige von dem Insich-Geschäft betroffene Dritte völlig undurchschaubar.
Im Schrifttum wird überwiegend davon ausgegangen, dass schon die gesetzlichen Vertreter einer Private Limited Company nicht zugleich ständige Vertreter sein können, weil eine zusätzliche Eintragung des directors als ständiger Vertreter nicht der Offenlegung, sondern eher der Verwirrung der Verkehrskreise dient (vgl. Seibert GmbHR 1992, 738/740; Heidinger MittBayNot 1998, 72/75; Wachter, NZG 2005, 338/340; Klose-Mokroß DStR 2005, 1013/1016; dagegen Schall NZG 2005, 54/55). Wenn diese Frage auch hier nicht zu entscheiden ist, so treffen die insoweit angeführten Bedenken erst recht für die Zulässigkeit der Eintragung einer Befreiung zu, die bei derselben Person in einer ihrer Funktionen für eintragungsfähig gehalten werden soll, während sie in einer anderen ihrer Funktionen nicht eintragungsfähig ist.
Letztlich würde durch eine solche Eintragung der Befreiung von den Beschränkungen nach § 181 BGB für Geschäfte als ständiger Vertreter nur die insoweit nicht zulässige Eintragung der Befreiung für Geschäfte als Geschäftsführer umgangen.
Daher widerspricht die beantragte Eintragung dem Zweck des Handelsregisters, die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse klar, zuverlässig und vollständig darzustellen.
Zu Recht haben deshalb die Vorinstanzen in dem vorliegenden Fall der Personenidentität zwischen Geschäftsführer und ständigem Vertreter die Eintragungsfähigkeit einer Befreiung gemäß § 181 BGB für den ständigen Vertreter verneint.
3. Einer Geschäftswertfestsetzung bedarf es nicht (Festgebühr nach § 131 c KostO i.V.m. § 4 HRegGebV).
Ende der Entscheidung
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