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Gericht: Oberlandesgericht München
Beschluss verkündet am 25.09.2008
Aktenzeichen: 31 Wx 42/08
Rechtsgebiete: BGB
Vorschriften:
BGB § 2247 |
Gründe:
I. Der Erblasser ist am 20.4.2005 im Alter von 76 Jahren verstorben; er war seit 2003 an Krebs erkrankt. Die Beteiligte zu 1 ist seine Ehefrau, die Beteiligte zu 2 die gemeinsame Tochter. Eine weitere Tochter ist als Kind tödlich verunglückt.
Der Nachlass besteht im Wesentlichen aus dem Hälfteanteil des Erblassers am Wohnhaus der der Eheleute sowie Bankguthaben und Wertpapieren; der Reinnachlasswert beträgt rund 730.000 EUR.
Es liegt ein privatschriftliches Testament vom 30.3.2005/4.4.2005 vor, das von der Beteiligten zu 1 geschrieben, aber nur vom Erblasser unterschrieben wurde. Es lautet im Wesentlichen wie folgt:
"Unser Testament!
Wir ... errichten hiermit das folgende, gemeinsame Testament: Wir setzen uns hiermit zu Alleinerben, also Vollerben gegenseitig ein. Erbin des Längerlebenden soll unsere Enkelin K. (Tochter der Beteiligten zu 2), geb. ... 2000 sein. Das Erbe soll ihr nach ihrer Volljährigkeit zur Verfügung stehen. Im Falle des Todes oder Unmündigkeit eines der vorstehenden Vollerben ist der Längerlebende berechtigt, dieses Testament zu ändern.
M., den 30.3.2005
Den Verfügungen dieses Testaments schließe ich mich an (Unterschrift Erblasser)
M., 4.4.2005"
Ferner liegt ein Zettel im Format von ca. 7,5 cm x 10,5 cm vor, auf dem der Erblasser handschriftlich niedergelegt hat:
"Liebe (Vorname der Beteiligten zu 1)
Gib diese Unterlagen nach meinem Tode an den Notar, damit der Erbschein für Dich ausgestellt werden kann. Aufgrund dass der Längerlebende das Testament ändern kann, kannst Du ja später alles ändern.
In Liebe Dein (Vorname, Nachname des Erblassers), 30.3.2005
Welche Unterlagen sich bei dem Zettel befunden haben, vermochte die Beteiligte zu 1 weder gegenüber dem Nachlassgericht noch im weiteren Verfahren anzugeben.
Die Beteiligte zu 2 hatte mit notariellem Vertrag vom 6.11.1995 im Zusammenhang mit dem Erwerb eines Hauses von ihren Eltern 400.000 DM geschenkt bekommen. Mit notarieller Urkunde vom 16.12.2003 hatte sie auf den Pflichtteil nach dem Erstversterbenden verzichtet und hierfür 60.000 DM erhalten.
Nach Hinweis auf die Formunwirksamkeit des gemeinschaftlichen Testaments vom 30.3./4.4.2005 erklärte die Beteiligte zu 1 am 27.6.2005 zur Niederschrift des Nachlassgerichts:
"Ich habe zwei gemeinschaftliche Testamente vernichtet, bei denen der Text vom Erblasser verfasst war und die unsere beiden Unterschriften tragen. Diese befanden sich in einer Mappe ..., die sämtliche Anordnungen für den Todesfall enthielt.
In beiden Testamenten war festgehalten, dass sich die Eheleute zu Erben einsetzen und freie Verfügungsbefugnis über die Immobilie haben sollen. Als Schlusserbin nach dem Tod der Eheleute wurde K. (Tochter der Beteiligten zu 2) eingesetzt. Weitere Anordnungen wurden nicht getroffen. Dem überlebenden Ehegatten wurde eine Änderungsbefugnis der testamentarischen Anordnungen eingeräumt.
Ich hatte zum Zeitpunkt der Einsendung des unwirksamen Testamentes keinen Überblick über die Unterlagen des Verstorbenen. Als ich den gerichtlichen Hinweis über die Unwirksamkeit des in den Nachlassakten befindlichen Testamentes erhielt, habe ich die weiteren Testamente vernichtet. Den Zettel mit den weiteren Anordnungen für den Todesfall habe ich erst später gefunden."
Am 8.9.2005 wurde antragsgemäß ein gemeinschaftlicher Erbschein aufgrund gesetzlicher Erbfolge erteilt, der die Beteiligten als Miterbinnen zu je 1/2 ausweist. Mit Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 14.3.2007 beantragte die Beteiligte zu 1, diesen Erbschein einzuziehen und ihr einen Alleinerbschein aufgrund Testaments zu erteilen, denn jedenfalls im Zusammenhang mit dem handschriftlichen Zettel stelle das Testament vom 30.3./4.4.2005 eine wirksame letztwillige Verfügung des Erblassers dar, hilfsweise sei der Zettel selbst als eigenständiges wirksames Testament anzusehen. Die Beteiligte zu 2 ist dem Antrag entgegengetreten. Mit Beschluss vom 5.7.2007 ordnete das Nachlassgericht die Einziehung des Erbscheins vom 8.9.2005 an und kündigte die Erteilung eines Alleinerbscheins zugunsten der Beteiligten zu 1 an. Die Beschwerde der Beteiligten zu 2 wies das Landgericht mit Beschluss vom 11.2.2008 zurück. Gegen diese Entscheidung richtet sich ihre weitere Beschwerde.
II. Die zulässige weitere Beschwerde ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Entscheidungen der Vorinstanzen und Abweisung des Antrags auf Einziehung des Erbscheins vom 8.9.2005.
1. Das Landgericht hat unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Amtsgerichts im Wesentlichen ausgeführt:
Der erteilte Erbschein sei unrichtig und einzuziehen, weil die Beteiligte zu 1 Alleinerbin aufgrund Testaments geworden sei. Zwar könne das gemeinsame Testament vom 30.3.2005/4.4.2005 nicht in ein Einzeltestament des Erblassers umgedeutet werden, da der vom Erblasser angebrachte eigenhändige Zusatz keine eigenständige Verfügung, sondern eine bloße Bezugnahme auf die vom anderen Ehegatten getroffene Verfügung enthalte. Jedoch stelle der Notizzettel vom 30.3.2005 ein eigenständiges Testament dar. Das Schriftstück genüge den Formerfordernissen. Es fehle auch nicht am Testierwillen. Auf dem Zettel komme der Wille des Erblassers zum Ausdruck, dass die Beteiligte zu 1 Alleinerbin sein solle. Für diesen Willen spreche auch der mit der Beteiligten zu 2 vereinbarte Pflichtteilsverzicht, denn eine solche Regelung werde regelmäßig getroffen, um dem überlebenden Ehegatten zunächst den gesamten Nachlass zuwenden zu können. Das ergebe sich ferner aus dem formungültigen Testament vom 30.3.2005/4.4.2005, denn dem schwerkranken Erblasser sei mit Sicherheit bewusst gewesen, dass er mit größter Wahrscheinlichkeit zuerst versterben werde. Es sei deshalb davon auszugehen, dass er bei Errichtung des Zettels vom 30.3.2005 zumindest das Bewusstsein gehabt habe, dieser könne als letztwillige Verfügung angesehen werden in dem Sinne, dass die Beteiligte zu 1 seine Alleinerbin sein sollte, insbesondere wenn ihm bewusst gewesen wäre, dass das gemeinschaftliche Testament vom 30.3.2005/4.4.2005 formungültig gewesen sei. Wenn ihm die Formnichtigkeit des gemeinschaftlichen Testaments nicht bewusst gewesen sei, sei er von der dort getroffenen Erbeinsetzung ausgegangen und die Abfassung des Zettels von dem Willen umfasst gewesen, dass die Beteiligte zu 1 seine Alleinerbin sein sollte. Damit könne der Wille des Erblassers so ausgelegt werden, dass im Falle der Unwirksamkeit des gemeinsamen Testaments zumindest der Zettel als Testament Wirkung entfalten solle. Auch spreche für den Testierwillen, dass der Erblasser den Zettel auch mit seinem Nachnamen unterzeichnet habe. Aus der Tatsache, dass die Beteiligte zu 1 weitere Testamente vernichtet habe, ergebe sich nichts anderes. Es sei nicht ersichtlich, ob die vernichteten Testamente formgültig gewesen seien und zu welchem Zeitpunkt sie errichtet worden seien. Im Übrigen sprächen die Umstände für die Angabe der Beteiligten zu 1, dass sie auch in den nicht mehr vorhandenen Testamenten als Alleinerbin eingesetzt gewesen sei.
2. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung (§ 27 Abs. 1 FGG, § 546 ZPO) nicht stand. Rechtsfehlerhaft hat das Landgericht angenommen, die Urkunde vom 30.3.2005 stelle eine für die Erbfolge maßgebliche letztwillige Verfügung dar.
a) Für die Wirksamkeit eines eigenhändigen Testaments ist es zwar nicht erforderlich, dass es ausdrücklich als solches bezeichnet ist. Auch steht die Verwendung ungewöhnlichen Schreibmaterials und unüblicher Formulierungen der Wirksamkeit einer letztwilligen Verfügung grundsätzlich nicht entgegen. Derartige Umstände gebieten es jedoch, sorgfältig zu prüfen, ob der Erblasser mit einer solchen Erklärung tatsächlich eine letztwillige Verfügung treffen wollte.
Eine schriftlich niedergelegte Erklärung des Erblassers kann, auch wenn sie den formalen Voraussetzungen des § 2247 BGB genügt, nur dann als letztwillige Verfügung gelten, wenn sie mit Testierwillen abgegeben worden ist, also mit dem ernstlichen Willen des Erblassers, ein Testament zu errichten und rechtsverbindliche letztwillige Anordnungen zu treffen. Daher muss außer Zweifel stehen, dass der Erblasser die von ihm erstellte Urkunde als rechtsverbindliche letztwillige Verfügung angesehen oder zumindest das Bewusstsein hatte, sie könnte als solche angesehen werden (BayObLG FamRZ 2001, 1101; KG FamRZ 2004, 737/738). Ob ein solcher ernstlicher Testierwille vorgelegen hat, ist im Wege der Auslegung (§ 133 BGB) unter Berücksichtigung aller erheblichen, auch außerhalb der Urkunde liegenden Umstände und der allgemeinen Lebenserfahrung zu beurteilen (BayObLG FamRZ 1999, 534/535 m.w.N.). Dabei sind, sofern die Form des Schriftstücks nicht den für Testamente üblichen Gepflogenheiten entspricht, an den Nachweis des Testierwillens strenge Anforderungen zu stellen. Die Vorschrift des § 2084 BGB findet bei verbleibenden Zweifeln keine Anwendung (KG FamRZ 2004, 737/739; Palandt/Edenhofer BGB 67. Aufl. § 2247 Rn. 16; Staudinger/Otte BGB Bearbeitungsstand 2003 § 2084 Rn. 2). Die Feststellungslast trägt derjenige, der aus der Urkunde ein Erbrecht für sich in Anspruch nimmt (BayObLGZ 1970, 173/181).
b) Die Frage, ob eine eigenhändige Erklärung auf einem ernstlichen Testierwillen des Erblassers beruht, liegt auf tatsächlichem Gebiet, so dass die hierzu getroffenen Feststellungen der Tatsacheninstanzen nur auf Rechtsfehler überprüft werden können. Solche liegen hier vor, denn die tatsächlichen Feststellungen tragen nicht die Annahme der Vorinstanzen, der Erblasser habe den Text auf dem Zettel vom 30.3.2005 in dem Bewusstsein niedergeschrieben, eine rechtsverbindliche letztwillige Verfügung zu errichten. Weder die grundsätzlich vorhandene Absicht des Erblassers, eine bestimmte Erbeinsetzung vorzunehmen, noch hypothetische Erwägungen ("wenn der Erblasser die Formnichtigkeit des gemeinschaftlichen Testaments vom 30.3./4.4.2005 gekannt hätte, hätte er den Zettel vom 30.3.2005 als Testament verstanden wissen wollen") sind geeignet, fehlende tatsächliche Anhaltspunkte für ein Erklärungsbewusstsein des Erblassers bei der Erstellung der fraglichen Urkunde zu ersetzen.
aa) Der Erblasser hat das Schriftstück nicht als letztwillige Verfügung gekennzeichnet, etwa durch eine Überschrift wie "Testament", "letzter Wille" oder die Verwendung dieser oder ähnlicher Begriffe im Text. Gegen einen ernstlichen Testierwillen spricht die äußere Form der Urkunde, die deutlich von den üblichen Gepflogenheiten abweicht. Der Erblasser, der Ingenieur und bis zu seiner Pensionierung als leitender Angestellter in einem großen Unternehmen tätig war, hat dafür ein Blatt Papier im Format von 7,5 cm x 10,5 cm verwendet. Zettel dieses Formats werden üblicherweise für kurze Notizen, nicht aber für rechtsgeschäftliche Erklärungen verwendet. Es ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass der geschäftsgewandte Erblasser derartige Notizzettel für wichtige Schriftstücke verwendet hätte. Vielmehr ist das wegen der fehlenden Unterschrift der Beteiligten zu 1 formunwirksame gemeinsame Testament vom 30.3./4.4.2005 auf einem DIN A4-Blatt niedergelegt, auf dem der Briefkopf des Erblassers aufgedruckt ist.
bb) Auch die auf dem Zettel niedergelegte Erklärung selbst spricht gegen einen ernstlichen Testierwillen. Der Erblasser trägt damit seiner Ehefrau auf, "diese Unterlagen" nach seinem Tod dem Notar zu übergeben, um die Ausstellung eines Erbscheins für sie zu ermöglichen. Dem Inhalt der Notiz lässt sich kein Anhalt dafür entnehmen, dass der Verfasser ihr eine Bedeutung beigemessen hat, die über diese Handlungsanweisung hinausgeht. Vielmehr wird daraus ersichtlich, dass er die erwähnten (und wohl beigefügten) Unterlagen für wichtig gehalten hat, denn diese sollten nach seiner Vorstellung Grundlage für die Erteilung des Erbscheins sein. Ungewöhnlich ist zwar, wie das Landgericht hervorgehoben hat, dass der Erblasser die Notiz auch mit seinem Nachnamen gezeichnet hat. Selbst wenn man mit dem Landgericht annimmt, dass der Erblasser damit eine Verbindlichkeit herbeiführen wollte (und nicht etwa nur einer Gewohnheit folgte), unterstreicht das lediglich die Bedeutung der auf dem Zettel enthaltenen Handlungsanweisung, trägt aber nicht die Annahme, dass der Erblasser damit diesem Schriftstück die Bedeutung einer verbindlichen letztwilligen Verfügung verleihen wollte.
bb) Andere konkrete Anhaltspunkte dafür, dass der Erblasser mit dem Notizzettel eine letztwillige Verfügung treffen wollte, sind nicht vorhanden. Vielmehr wird aus dem Schriftstück deutlich, dass der Erblasser davon ausgegangen ist, in einer anderen Urkunde verbindliche letztwillige Verfügungen getroffen zu haben. Der Umstand, dass nach dem Tod des Erblassers keine wirksame letztwillige Verfügung vorhanden war, kann nicht dazu führen, im Nachhinein zu unterstellen, der Erblasser habe jedenfalls für diesen Fall die als unverbindliche Aufforderung gehaltene Notiz als letztwillige Verfügung verstanden wissen wollen. Der Wille, letztwillig zu verfügen, muss bei Errichtung des fraglichen Schriftstücks tatsächlich vorhanden sein. Ein mutmaßlicher (hypothetischer) Wille kann - anders als bei der Auslegung des Inhalts einer unzweifelhaft als solche verfassten letztwilligen Verfügung - nicht berücksichtigt werden, wenn es um die Frage geht, ob ein Schriftstück, das nicht dem üblichen Bild eines Testaments entspricht, dennoch nach der Vorstellung des Erblassers rechtsverbindliche Anordnungen für den Todesfall enthalten sollte. Ebenso wenig ist erkennbar, dass der Erblasser tatsächlich das Bewusstsein hatte, der Notizzettel könne als letztwillige Verfügung angesehen werden; auch hierfür fehlt jeder konkrete Anhaltspunkt.
cc) Nachdem der erforderliche Wille zur Abgabe einer rechtsverbindlichen Erklärung bei dem Notizzettel vom 30.3.2003 nicht feststellbar ist, kommt es nicht darauf an, ob dessen Inhalt als Alleinerbeneinsetzung der Beteiligten zu 1 ausgelegt werden könnte.
3. Die angefochtene Entscheidung erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig.
a) Wie die Vorinstanzen zutreffend ausgeführt haben, kann die Beitrittserklärung des Erblassers zu dem formunwirksamen gemeinsamen Testament vom 30.3./4.4.2005 nicht als rechtswirksames eigenhändiges Einzeltestament angesehen werden. Der eigenhändig geschriebenen und unterschriebenen Beitrittserklärung kann für sich allein nicht entnommen werden, wie der Erblasser über seinen Nachlass verfügen wollte, denn sie erschöpft sich in der Bezugnahme auf die - mangels Unterschrift formunwirksame - Erklärung der Beteiligten zu 1 und enthält keine inhaltliche Aussage über eine Erbeinsetzung. Das ist für die Wahrung der Form des § 2247 Abs. 1 BGB nicht ausreichend (vgl. BayObLGZ 1968, 311/315; KG FamRZ 2006, 1484/1485; Palandt/Edenhofer § 2267 Rn. 4 und § 2247 Rn. 8).
b) Die Angaben der Beteiligten zur Niederschrift des Nachlassgerichts vom 27.6.2005 sind nicht geeignet, die formgerechte Errichtung und den Inhalt der beiden angeblich von ihr nach dem Tod des Erblassers vernichteten gemeinschaftlichen Testamente nachzuweisen.
Gemäß §§ 2355, 2356 Abs. 1 Satz 1 BGB ist zum Nachweis eines testamentarischen Erbrechts grundsätzlich die Urschrift der Urkunde vorzulegen, auf die das Erbrecht gestützt wird (vgl. Palandt/Edenhofer § 2356 Rn. 9). Ist diese jedoch nicht auffindbar, können die Errichtung und der Inhalt eines Testaments auch mit Hilfe anderer Beweismittel dargetan werden, wobei an den Nachweis strenge Anforderungen zu stellen sind (OLG München FamRZ 2008, 1378 m.w.N.). Dafür ist die von keinen weiteren Anhaltspunkten gestützte bloße Behauptung durch die begünstigte Beteiligte zu 1 nicht ausreichend.
Nach der Schilderung der Beteiligten zu 1 sollen die angeblich vorhandenen beiden weiteren gemeinschaftlichen Testamente inhaltsgleich gewesen sein mit dem nach dem Tod des Erblassers beim Nachlassgericht vorgelegten Testament vom 30.3./4.4.2005. Es ist schon schwer nachvollziehbar, warum sie nicht ebenfalls sogleich nach dem Tod des Erblassers beim Nachlassgericht abgeliefert wurden. Gänzlich unverständlich ist allerdings, dass die Beteiligte zu 1 nach (!) dem gerichtlichen Hinweis auf die Unwirksamkeit des vorgelegten Testaments die beiden weiteren, inhaltsgleichen und möglicherweise formwirksamen Testamente vernichtet haben will. Abgesehen von dieser Schilderung eines insgesamt bei objektiver Betrachtung höchst unwahrscheinlichen Sachverhalts sind keine Anhaltspunkte vorhanden, die für die Errichtung dieser Testamente sprechen. Vielmehr hat die Beteiligte zu 2 berichtet, in der Mappe der Bestattungsfirma, wo sich die Testamente nach Angaben der Beteiligten zu 1 befunden haben sollen, auch in den Tagen nach dem Tod des Erblassers keine letztwilligen Verfügungen vorgefunden zu haben.
c) Der Inhalt des Notizzettels vom 30.3.2002 zeigt zwar, dass der Erblasser davon ausging, an anderer Stelle für die Erbfolge maßgebliche Verfügungen getroffen zu haben. Für den Nachweis einer formgerecht errichteten letztwilligen Verfügung sind die darin enthaltenen Angaben aber nicht ausreichend. Welche Unterlagen dem Notizzettel beigefügt waren, kann nicht aufgeklärt werden, weil die Beteiligte zu 1, die den Zettel nebst Unterlagen entgegengenommen hat, hierzu keine konkreten Angaben machen kann. Ihre im Verfahren der weiteren Beschwerde angestellte Überlegung, es sei "unwahrscheinlich", dass es sich um Testamente gehandelt habe, "viel wahrscheinlicher" dagegen, dass es sich dabei um Schenkungs- und Pflichtteilsurkunde gehandelt habe, stellt eine bloße Mutmaßung dar. Es bleibt deshalb offen, ob es sich bei den erwähnten "Unterlagen" um das vorliegende Testament vom 30.3./4.4.2005 gehandelt hat (möglicherweise ohne den auf den 4.4.2005 datierten Zusatz des Erblassers), um ein anderes Testament (dessen formgerechte Errichtung und vollständiger Inhalt nicht ersichtlich ist) oder um andere Urkunden, die nach der Vorstellung des Erblassers für die Ausstellung eines Erbscheins von Bedeutung sein konnten.
d) Es mag sein, dass die Ehegatten eine letztwillige Verfügung errichten wollten, die jedenfalls auch eine gegenseitige Erbeinsetzung zum Inhalt haben sollte, wie die Vorinstanzen ausführlich dargelegt haben. Das ändert aber nichts daran, dass es an einer formgerechten Erklärung fehlt. Im Übrigen ist anzumerken, dass der zweite Satz der Notiz vom 30.3.2005 ("... kannst Du ja später alles ändern") darauf hindeutet, dass der Erblasser von einer ablehnenden Haltung seiner Ehefrau jedenfalls hinsichtlich eines Teils der vorgesehenen oder getroffenen Anordnungen ausging.
4. Nachdem keine weiteren Ermittlungen erforderlich sind, kann der Senat in der Sache selbst entscheiden. Die vom Nachlassgericht ausgesprochene Einziehung des Erbscheins ist bislang nicht ausgeführt, denn die Beteiligte zu 1 hat zwar durch ihren damaligen Verfahrensbevollmächtigten nacheinander zwei Abschriften des Erbscheins zurückgegeben, nicht jedoch die ihr erteilte Ausfertigung. Es bedarf deshalb keiner Anweisung an das Nachlassgericht, einen neuen gleichlautenden Erbschein zu erteilen. Vielmehr hat es mit der Aufhebung der Entscheidungen der Vorinstanzen und der Zurückweisung des Einziehungsantrags sein Bewenden. Die Zurückweisung des Antrags der Beteiligten zu 1 auf Erteilung eines Alleinerbscheins ist dem Nachlassgericht vorbehalten, sofern er aufrechterhalten bleibt.
5. Gerichtskosten für die erfolgreiche weitere Beschwerde fallen nicht an (§ 131 Abs. 1 Satz 2 KostO), auch nicht für das Beschwerdeverfahren vor dem Landgericht. Hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten verbleibt es bei dem im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Grundsatz, dass diese jeder Beteiligte selbst zu tragen hat (§ 13a Abs. 1 Satz 1 FGG).
Ende der Entscheidung
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