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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht München
Beschluss verkündet am 15.12.2005
Aktenzeichen: 32 Wx 115/05
Rechtsgebiete: WEG, ZPO


Vorschriften:

WEG § 21
WEG § 26
WEG § 43
ZPO § 91a
Der Streit über die Ungültigerklärung eines Beschlusses über die Verwalterabberufung und Kündigung des Verwaltervertrages erledigt sich nicht ohne weiteres dadurch in der Hauptsache, dass der Zeitraum für die Bestellung abgelaufen ist, wenn auch der abberufene Verwalter Antrag auf Ungültigerklärung des Beschlusses gestellt hat.
Tatbestand:

1. Der Antragsteller zu 2 und die Antragsgegner bilden die im Rubrum näher bezeichnete Wohnungseigentümergemeinschaft, die von dem weiteren Beteiligten verwaltet wird. Die Antragstellerin zu 1 war die Vorverwalterin der Eigentumswohnanlage.

2. Die Antragstellerin zu 1 war in § 12 Ziff. 1 der Gemeinschaftsordnung vom 23.6.1999 zur ersten Verwalterin für die Dauer von fünf Jahren ab Bezugsfertigkeit der ersten Wohnung bestellt worden. Der sich daraus ergebende Bestellungszeitraum endete am 9.8.2005.

3. In der Eigentümerversammlung vom 19.11.2001 fassten die Wohnungseigentümer unter TOP 10 mehrheitlich den hier verfahrensgegenständlichen Beschluss. Dieser hat folgenden Wortlaut:

Beschlussfassung über

a) die sofortige Abberufung der M. Verwaltungsgesellschaft mbH aus wichtigem Grund,

b) die fristlose Kündigung des Verwaltervertrages,

c) die Beauftragung und Bevollmächtigung des Verwaltungsbeirates, die Kündigung gegenüber dem derzeitigen Verwalter im Namen der WEG schriftlich auszusprechen, sowie die Verwaltervollmachten zu entziehen,

d) die hilfsweise freistgerechte Kündigung gemäß Verwaltervertrag vom 31.7.2002,

e) die Beauftragung der Anwaltskanzlei S. (RA Sch.- Sp.) im Zusammenhang mit der Abwahl der bisherigen Hausverwaltung.

4. Die Antragsteller haben diesen Eigentümerbeschluss fristgerecht angefochten. Das Amtsgericht hat diesen Anfechtungsantrag mit Beschluss vom 2.8.2004 zurückgewiesen. Hiergegen haben beide Antragsteller sofortige Beschwerde eingelegt. Das Landgericht hat die sofortige Beschwerde mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Antrag als unzulässig abgewiesen wird. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller. Das zulässige Rechtsmittel erwies sich als begründet.

Gründe:

1. Das Landgericht hat ausgeführt:

Es sei Erledigung der Hauptsache eingetreten. Nach Ablauf der Bestellungszeit der Beteiligten zu 1 bestehe an einer Entscheidung kein Interesse mehr. Etwaige Honoraransprüche der Antragstellerin zu 1 möchten ein Rechtsschutzbedürfnis nicht zu begründen. Die Bestandskraft des angefochtenen Beschlusses berühre etwaige Vergütungsansprüche nicht. Die bloße Abberufung aus dem Verwalteramt sei für die Vergütung nicht von Bedeutung. Der Beschluss über die fristlose Kündigung besage nur, dass nach Ansicht der Mehrheit der Wohnungseigentümer ein wichtiger Grund für eine fristlose Kündigung vorliege und deshalb der Verwaltungsvertrag fristlos gekündigt werden solle. Über die Berechtigung der Kündigung sage er nichts aus.

2. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

Eine Erledigung der Hauptsache tritt im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit ein, wenn sich die Sach- und Rechtslage durch ein Ereignis derart verändert hat, dass der Verfahrensgegenstand fortgefallen ist und die Fortführung des Verfahrens keinen Sinn mehr hätte (BayObLG NJW-RR 1997, 715/717). Ein Verfahren auf Ungültigerklärung eines Eigentümerbeschlusses erledigt sich unter anderem dadurch, dass der strittige Eigentümerbeschluss aufgrund veränderter Umstände nicht mehr vollzogen werden kann und ein Interesse an einer rückwirkenden Ungültigerklärung nicht besteht (BayObLG NZM 2001, 300/301).

Nach der Rechtsprechung des Bayerischen Obersten Landesgerichts (NZM 2001, 300/301) erledigt sich ein Streit über die Ungültigerklärung eines Beschlusses über die Verwalterabberufung nicht ohne weiteres dadurch, dass der Zeitraum für die Bestellung abgelaufen ist. Der Senat schließt sich dieser Rechtsauffassung jedenfalls für den Fall an, dass der Abberufungsbeschluss zugleich auch den Beschluss über die Kündigung des Verwaltervertrages enthält und auch der abberufene Verwalter den Antrag auf Ungültigerklärung des Beschlusses gestellt hat.

Wie das Bayerische Oberste Landesgericht zutreffend ausgeführt hat, können der Abberufungsbeschluss und die damit verbundene Kündigung des Verwaltervertrages Auswirkungen auf die Vergütung des abberufenen Verwalters haben. Ohne gerichtliche Ungültigerklärung stünden die Beschlüsse einem Antrag des Verwalters auf Honorarzahlung entgegen. Soweit das Landgericht demgegenüber darauf hinweist, dass zwischen der Abberufung des Verwalters und der Kündigung des Verwaltervertrages strikt zu trennen sei, ist dies vom Ansatz her richtig. Andererseits stehen aber die Abberufung des Verwalters und die Kündigung des Verwaltervertrages hier jedenfalls in einem so engen wirtschaftlichen Zusammenhang, dass davon auszugehen ist, dass die eine Entscheidung nicht ohne die andere getroffen wäre. Soweit das Landgericht darauf abstellt, dass der Beschluss über die Kündigung des Verwaltervertrages nur die Annahme der Mehrheit der Wohnungseigentümer dokumentiert, dass ein wichtiger Grund für die fristlose Kündigung vorliege und deshalb der Verwaltungsvertrag fristlos gekündigt werden solle, vermag der Senat dem ebenfalls nicht zu folgen. Zwar gibt ein Beschluss immer nur die Meinung der Mehrheit wieder, jedoch ist Gegenstand des Verfahrens über die Ungültigerklärung des Beschlusses die Frage, ob der Beschluss ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht (§ 21 Abs. 3 WEG). Die Beantwortung dieser Frage hängt wesentlich davon ab, ob ein Grund für die fristlose Kündigung gegeben ist. Ein Beschluss über den Ausspruch einer fristlosen Kündigung entspricht nicht ordnungsmäßiger Verwaltung, wenn für die fristlose Kündigung kein Grund vorhanden ist. Es entspricht auch der Prozessökonomie, dass bereits im Beschlussanfechtungsverfahren geklärt wird, ob ein wichtiger Grund für die Kündigung des Verwaltervertrages vorliegt. Andernfalls müsste diese Frage in einem gesonderten Verfahren über die Bezahlung der Verwaltervergütung geklärt werden.

Da das Landgericht, von seinem Standpunkt aus zu Recht, zur Frage der Berechtigung der Abberufung des Verwalters und der Kündigung des Verwaltervertrages keine tatsächlichen Feststellungen getroffen hat, ist der Rechtsstreit an das Landgericht zurückzuverweisen.

3. Eine Vorlage an den Bundesgerichtshof nach § 28 Abs. 2 FGG im Hinblick auf die Entscheidung des OLG Hamm (NZM 2003, 486) ist nicht veranlasst. Zwar ist das Oberlandesgericht Hamm grundsätzlich der Auffassung, dass sich die Anfechtung des Beschlusses über die Abwahl des Verwalters regelmäßig mit dem Ablauf des Zeitraums erledigt, für den er bestellt worden ist. Das Oberlandesgericht Hamm führt jedoch in den Gründen aus, dass bei einem eigenen Beschlussanfechtungsantrag des abberufenen Verwalters ein fortbestehendes Rechtsschutzbedürfnis unter dem Gesichtspunkt in Betracht gezogen werden könnte, dass die Wirksamkeit der Abwahl für das Fortbestehen von Vergütungsansprüchen von Bedeutung sein könnte. Das Oberlandesgericht Hamm hat damit die hier entscheidungserhebliche Frage, ob Erledigung der Hauptsache auch dann eintritt, wenn auch der abberufene Verwalter einen Antrag auf Ungültigerklärung des Beschlusses gestellt hat, ausdrücklich offen gelassen. Der Senat weicht deshalb nicht in entscheidungserheblicher Weise von dem Beschluss des Oberlandesgerichts Hamm ab.

Ende der Entscheidung

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