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Gericht: Oberlandesgericht München
Beschluss verkündet am 09.01.2007
Aktenzeichen: 32 Wx 176/06
Rechtsgebiete: BGB, GBO
Vorschriften:
BGB § 1365 Abs. 1 | |
GBO § 19 |
2. Konkrete Anhaltspunkte für eine solche Sachlage, die das Grundbuchamt zu einer Antragszurückweisung oder einer Zwischenverfügung veranlassen müssten, lassen sich nicht lediglich aus dem Wert des übertragenen Grundbesitzes ableiten.
Gründe:
I.
Der Beteiligte zu 1 erwarb von dem Beteiligten zu 2 mit notariellem Geschäfts- und Grundbesitzübergabevertrag vom 16.12.2004 den verfahrensgegenständlichen Grundbesitz. Als vertragliche Gegenleistung wurde die Schuldübernahme in Höhe von 800.000 EUR sowie ein Hinzuzahlungsbetrag in Höhe von 700.000 EUR vereinbart. In § 10 des Vertrages erklärte der Beteiligte zu 2, in dieser Urkunde nicht über sein ganzes oder nahezu ganzes Vermögen zu verfügen. Der Beteiligte zu 1 wurde am 25.5.2005 als Eigentümer im Grundbuch eingetragen.
Die Beteiligte zu 3 legte am 7.6.2006 einen Arrestbefehl des Amtsgerichts Schöneberg vom 24.5.2006 vor. Dieser war gegen den Beteiligten zu 2 gerichtet und stützte sich auf eine behauptete Zugewinnausgleichsforderung der Beteiligten zu 3 gegen den Beteiligten zu 2 in Höhe von 500.000 EUR. Die Beteiligte zu 3 ließ durch ihre anwaltschaftliche Vertreterin die Eintragung eines Widerspruchs gegen die Eintragung des Eigentums durch den Beteiligten zu 1 beantragen. Diesen Widerspruch trug das Grundbuchamt am 12.6.2006 mit folgenden Worten in Abt. I des Grundbuchs ein:
"Widerspruch nach § 899 BGB gegen die Eintragung des Eigentums für ... gemäß Arrestbefehl vom 24.5.2006 ...".
Die Beschwerde gegen diese Eintragung wies das Landgericht mit Beschluss vom 13.10.2006 zurück mit der Maßgabe, dass auch der Beteiligte zu 2 als weiterer Berechtigter einzutragen sei. Hiergegen richtet sich die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1 und 2.
II.
Die Rechtsbeschwerde ist grundsätzlich statthaft, jedoch nur seitens des Beteiligten zu 1 auch im Übrigen zulässig. Zwar erfüllt auch die Rechtsbeschwerde des Beteiligten zu 2 die Formvoraussetzungen des § 80 GBO, doch fehlt es dem Beteiligten zu 2 an einer Beschwerdeberechtigung. Er hat weder eine grundbuchrechtliche Position, die durch die Eintragung des Amtswiderspruches in Frage gestellt wäre, noch wurde er durch den angefochtenen Beschluss des Landgerichts in sonstiger Weise in seinen Rechten verletzt. Dass der auf Anweisung des Landgerichts nach dessen Ansicht hin einzutragende Widerspruch auch zu seinen Gunsten wirken solle, belastet den Beteiligten zu 2 nicht. Bei der Beschwerdeberechtigung ist ausschließlich auf das rechtliche Interesse und die verfahrensrechtliche Schlechterstellung, die der Beschwerdeführer durch die angefochtene Entscheidung erlitten hat, abzustellen (vgl. BayObLGZ 1977, 251/254).
Die Beschwerde des Beteiligten zu 1 ist im Übrigen zulässig und auch begründet:
1. Das Landgericht hat ausgeführt:
Die Voraussetzungen des § 899 BGB, auf die sich das Grundbuchamt berufen habe, lägen nicht vor. Der vorgelegte Arrestbeschluss richte sich nicht gegen den eingetragenen Eigentümer und entfalte auch keinerlei rechtliche Wirkungen gegen diesen, nachdem § 419 BGB a. F. ersatzlos weggefallen sei. Der Widerspruch sei jedoch im Ergebnis zu Recht eingetragen worden, weil das Grundbuchamt verpflichtet gewesen sei, die Gesetzmäßigkeit der beantragten Eintragung zu prüfen. Dabei habe es unterlassen, festzustellen, ob bei der Verfügung eines im gesetzlichen Güterstand lebenden Ehegatten über ein Grundstück die Zustimmung nach § 1365 BGB erforderlich sei. Der Beschwerdeführer habe nicht glaubhaft gemacht, dass die Unrichtigkeit des Grundbuchs nicht vorliege. Deshalb sei zu Gunsten der Beteiligten zu 3 ein Amtswiderspruch gegen die Richtigkeit der Eintragung des Eigentums veranlasst.
2. Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand:
a) Zutreffend ist allerdings das Landgericht davon ausgegangen, dass die Vorlage des Arrestbeschlusses das Grundbuchamt nicht berechtigte, einen Widerspruch gemäß § 899 BGB einzutragen. Der Beteiligte zu 1 war im Arrestbeschluss nicht als Schuldner genannt, so dass der Arrestbeschluss seine sonst nötige Bewilligung zur Eintragung gemäß § 19 GBO nicht ersetzte. Eine solche in der Form des § 29 abgegebene Bewilligung zur Eintragung des Widerspruchs fehlte ebenso. Das Grundbuchamt konnte daher die Eintragung des Widerspruchs nicht auf § 899 BGB stützen.
b) Es entbehrt auch die vom Landgericht angeordnete Eintragung eines Amtswiderspruchs der gesetzlichen Grundlage. Gemäß § 53 Abs. 1 Satz 1 GBO ist ein Widerspruch in das Grundbuch einzutragen, wenn
- das Grundbuch durch eine Eintragung unrichtig geworden ist,
- das Grundbuchamt die Eintragung unter Verletzung gesetzlicher Vorschriften vorgenommen hat,
- und sich an die Eintragung gutgläubiger Erwerb anschließen kann.
Dabei muss die Gesetzesverletzung feststehen, während die Unrichtigkeit des Grundbuchs zumindest glaubhaft sein muss (vgl. hierzu Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 13. Aufl., Rn. 394).
Ob das Grundbuch durch die Eintragung des Beteiligten zu 1 als Eigentümer unrichtig geworden ist, kann deswegen dahinstehen, weil eine Gesetzesverletzung bei der Eintragung nicht ersichtlich ist. Das Landgericht geht davon aus, das Grundbuchamt habe wegen des Wertes des Vertragsgegenstandes prüfen müssen, ob bei der Verfügung eines im gesetzlichen Güterstand lebenden Ehegatten die Zustimmung des anderen gemäß § 1365 BGB erforderlich sei und vorliege. Dieser Ansicht folgt der Senat nicht:
Die vom Landgericht insoweit zitierte Entscheidung BayObLGZ 1987, 431 ist für die Annahme einer derartigen Prüfungspflicht alles andere als ergiebig. Das Grundbuchamt ist nämlich nach Ansicht des Bayerischen Obersten Landesgerichts, der sich der Senat anschließt, nur dann berechtigt und verpflichtet, die Zustimmung des anderen Ehegatten oder den Nachweis weiteren Vermögens zu verlangen, wenn sich aus den Eintragungsunterlagen oder sonst bekannten Umständen konkrete Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die Tatbestandsvoraussetzungen eines Veräußerungsverbots gemäß § 1365 Abs. 1 BGB gegeben sind (BayObLGZ 1987, 431/435 m.w.N.). Die dort zitierte obergerichtliche Rechtsprechung verfolgte für das Antragsverfahren immer die Linie, dass eine positive Kenntnis des Grundbuchamts von sog. Negativtatsachen, welche eine Eintragung hindern, zur Antragszurückweisung führen müssten, während eine Ermittlungspflicht im Hinblick auf diese Tatsachen grundsätzlich nicht besteht.
Eine solche würde den Verfahrensgrundsätzen und Zwecken des Antragsverfahrens auch zuwiderlaufen. So wurde vom Bundesgerichtshof die Auffassung des Oberlandesgerichts Celle (NJW 1960, 437), dass eine über ein Grundstück verfügende Person stets eine Erklärung des Inhalts abzugeben habe, sie sei unverheiratet oder besitze außer dem fraglichen Grundstück noch weiteres Vermögen, als nicht gerechtfertigt angesehen (BGH NJW 1961, 1301/1302). Dem Regel-Ausnahme-Verhältnis von § 1364 BGB und § 1365 BGB entsprechend hat das Grundbuchamt grundsätzlich davon auszugehen, dass ein Gesamtvermögensgeschäft nicht vorliegt (nunmehr auch OLG Celle NJW-RR 2000, 384). Nur wenn es Kenntnis von der Notwendigkeit der Zustimmung in objektiver Hinsicht oder begründete Zweifel, die auf bestimmten konkreten Anhaltspunkten beruhen, hat, muss es entweder den Antrag zurückweisen oder eine Zwischenverfügung erlassen.
Das Landgericht hat seine Überzeugung davon, dass konkrete Anhaltspunkte für eine Zustimmungsbedürftigkeit nach § 1365 Abs.1 BGB vorlägen, einzig und allein auf den Wert des verfahrensgegenständlichen Grundbesitzes gestützt. Dies reicht nach Ansicht des Senats nicht, konkrete Anhaltspunkte für eine Zustimmungsbedürftigkeit zu bejahen. Der Wert des zu übertragenden Grundstücks könnte lediglich dann einen konkreten Anhaltspunkt liefern, wenn er in Relation zu den sonstigen Vermögensverhältnissen des verfügenden Ehegatten gesetzt würde und wenn dem Grundbuchamt diese sonstigen Vermögensverhältnisse bekannt wären.
Des Weiteren wird die relativ schwache Indizwirkung des Grundbesitzwertes noch dadurch entkräftet, dass der Beteiligte zu 2 erklärt hat, nicht über sein Vermögen im Ganzen oder über den wesentlichen Teil hiervon zu verfügen.
Eine Gesetzesverletzung des Grundbuchamts bei Eintragung des neuen Eigentümers kann daher nicht angenommen werden. Auf die Frage, ob das Grundbuch jetzt unrichtig ist, kommt es daher nicht mehr an. Nur am Rande sei deshalb darauf hingewiesen, dass eine Grundbuchunrichtigkeit nicht festgestellt werden kann. Es liegen keine Tatsachen vor, die das Grundbuchamt zu der Annahme berechtigten, zum Zeitpunkt der Vornahme des Verpflichtungsgeschäfts zwischen den Beteiligten zu 1 und 2 habe der Beteiligte zu 1 Kenntnis davon gehabt, dass der Vertragsgegenstand nahezu das gesamte Vermögen des Beteiligten zu 2 darstelle. § 1385 Abs.1 BGB ist im Interesse der Rechtssicherheit eingrenzend dahingehend auszulegen, dass der Vertragspartner positive Kenntnis von dem bezeichneten Umstand hat (BGHZ 43, 174/177). Maßgeblicher Zeitpunkt ist dabei nicht derjenige der Grundbucheintragung, sondern derjenige der Vornahme des Verpflichtungsgeschäfts (BGHZ 106, 253/257).
3. Der Beteiligten zu 3 war auf ihren Antrag hin Prozesskostenhilfe zu gewähren, weil die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür vorlagen. Gemäß § 14 FGG finden die Vorschriften der Zivilprozessordnung Anwendung. Die Beteiligte zu 3 hat dargelegt, dass sie die Kosten der Prozessführung nicht aufbringen kann. Die Erfolgsaussichten ihres Begehrens waren nicht zu prüfen, § 119 Abs. 1 Satz 2 ZPO. Die Beiordnung beruht auf § 121 Abs. 2 ZPO.
4. Die Kostenfolge ergibt sich direkt aus dem Gesetz.
Eine Anordnung nach § 13a FGG erschien schon im Hinblick auf die unterschiedlichen Entscheidungen in verschiedenen Instanzen als nicht veranlasst. § 13a Abs.1 S. 2 FGG ist deswegen nicht anzuwenden, weil das Rechtsmittel des Beteiligten zu 2 keine besonderen Kosten verursachte.
Der Geschäftswert war entsprechend der Entscheidung des Landgerichts festzusetzen; diese blieb in der weiteren Beschwerde unbeanstandet.
Ende der Entscheidung
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