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Gericht: Oberlandesgericht München
Beschluss verkündet am 27.03.2007
Aktenzeichen: 32 Wx 179/06
Rechtsgebiete: WEG
Vorschriften:
WEG § 14 Nr. 3 |
Gründe:
I.
Antragsteller und Antragsgegner sind Mitglieder der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer der verfahrensgegenständlichen Eigentumswohnanlage. Die Antragsteller sind Eigentümer der Wohnung Nr. 22; den Antragsgegnern steht das Sondereigentum an den Speicherräumen in den Häusern Nr. 6 und 8 zu.
Die Teilungserklärung vom 15.3.1968 bestimmt (auf der letzten Seite) über den Ausbau dieser Speicherräume Folgendes:
"(...) die jeweiligen Eigentümer der Miteigentumsanteile verbunden mit Sondereigentum an den Speicherräumen (...) sind berechtigt,
a) in den Außenwänden der Speicherräume, also in den Dachschrägen, solche Fenster auf eigene Kosten anzubringen, wie sie baubehördlich genehmigt werden,
b) diese Speicherräume nach Belieben und im Rahmen der behördlichen Genehmigungen auszubauen und hierzu das Gemeinschaftseigentum in dem erforderlichen Umfang zu benützen (...)."
Beginnend im September 1997 haben die Antragsgegner die Speicherräume ausgebaut und im Zuge dieser Baumaßnahmen auf der Südseite des Dachs der Häuser Nr. 6 und 8 vier Loggien und auf der Nordseite sieben Dachgauben errichtet. Die Antragsteller und weitere Miteigentümer haben diesen Umbaumaßnahmen nicht zugestimmt.
Die Antragsteller beantragten, die Antragsgegner zum Rückbau dieser Dachgauben und Loggien zu verpflichten, mit der Begründung, dass diese baulichen Veränderungen der Zustimmung aller Miteigentümer bedürften, da sie nicht von der Teilungserklärung gedeckt seien. Diese gestatte lediglich das Anbringen von Dachflächenfenstern. Durch die angebrachten Gauben und Loggien entstünden den übrigen Wohnungseigentümern auch nicht hinzunehmende Nachteile dadurch, dass das Gebäude eine optische Beeinträchtigung erleide und durch den Eingriff in das Dach zudem eine erhöhte Schadensanfälligkeit herrühre.
Die Antragsgegner sind diesem Beseitigungsverlangen mit der Begründung entgegengetreten, die Teilungserklärung gestatte die Anbringung von Gauben und Loggien.
Mit Beschluss vom 7.7.2004 hat das Amtsgericht die Antragsgegner zum beantragten Rückbau verpflichtet.
Die gegen diesen Beschluss durch die Antragsgegner eingelegte sofortige Beschwerde wies das Landgericht mit Beschluss vom 11.1.2005 zurück. Gegen diesen am 18.1.2005 zugestellten Beschluss legten die Antragsgegner am 1.2.2005, eingegangen bei Gericht am gleichen Tage, Rechtsbeschwerde ein. Nachdem das Verfahren zunächst wegen Vergleichsverhandlungen geruht hatte, wurde es am 8.12.2006 wieder aufgenommen.
II.
Die zulässige sofortige weitere Beschwerde ist teilweise begründet.
1. Das Landgericht hat seine Entscheidung folgendermaßen begründet:
Bei der Errichtung der Dachgauben und Loggien handle es sich um bauliche Veränderungen, die über die ordnungsgemäße Instandsetzung hinausgingen. Die Teilungserklärung gestatte die Anbringung von Loggien mit Dachgauben nicht. Zwar beinhalte die Bestimmung in der Teilungserklärung, die Speicherräume nach Belieben im Rahmen der behördlichen Genehmigungen auszubauen; dies umfasse in der Regel auch die Befugnis, durch Anbau von Dachfenstern oder Dachgauben das notwendige Licht zuzuführen. Loggien seien hierdurch jedoch nicht erfasst. Aber auch Dachgauben seien vorliegend nicht gestattet, da sie durch Buchstabe a der Teilungserklärung untersagt seien. Insoweit sei nämlich der Wortlaut enthalten "in den Außenwänden der Speicherräume, also in den Dachschrägen". Durch die baulichen Veränderungen würden die Antragsteller auch über das in § 14 Nr. 1 WEG bestimmte Maß hinaus beeinträchtigt. Im Hinblick auf die Loggien folge dies aus dem erheblichen Eingriff in die Dachkonstruktion und der erforderlichen geänderten Abführung des anfallenden Oberflächenwassers. Hieraus resultiere ein gesteigertes Risiko von Wasserschäden. Ferner ergäbe sich durch die Loggien und durch die Dachgauben eine architektonische Veränderung des äußeren Gesamteindrucks der Wohnanlage, die für die Antragsteller nachteilig seien.
2. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht in allen Punkten stand (§ 47 Abs. 1 FGG, § 546 ZPO).
a) Nicht zu beanstanden sind die Ausführungen des Landgerichts zu den sog. Loggien. Insoweit schließt sich der Senat den erschöpfenden Ausführungen des Landgerichts in vollem Umfange an. Die Loggien, die zu einer betretbaren Freifläche im Bereich des Daches führen, fallen schon begrifflich nicht unter die Fenster. Auch nehmen sie das Gemeinschaftseigentum mehr als in erforderlichem Umfang in Benutzung. Zu Recht hat auch das Landgericht darauf abgestellt, dass bei der Auslegung dieser Bestimmung der Teilungserklärung die für Grundbucheintragungen anzuwendenden Grundsätze maßgebend sind. Danach ist nicht auf den Willen des Verfassers der Teilungserklärung abzustellen, sondern allein auf den Wortlaut und Sinn, wie er sich für einen unbefangenen Betrachter als nächstliegende Bedeutung des Eingetragenen ergibt (BGHZ 121, 239; OLG München ZMR 2006, 955). Es kommt hierbei nicht auf den Willen des Erklärenden, sondern darauf an, was jeder gegenwärtige und zukünftige Betrachter als objektiven Sinn der Erklärung ansehen muss.
b) Nicht zu folgen vermag der Senat allerdings der Auffassung des Landgerichts, dass auch die Dachgauben nach der Teilungserklärung nicht gestattet seien.
aa) Richtig ist allerdings zunächst der Ausgangspunkt des Landgerichts, dass eine in der Teilungserklärung enthaltene Bestimmung "die Speicherräume nach Belieben und im Rahmen der behördlichen Genehmigung auszubauen und hierzu das Gemeinschaftseigentum im erforderlichen Umfang zu benützen" auch das Recht einschließt, durch den Einbau von Dachfenstern oder Dachgauben das notwendige Licht in die auszubauenden Räume zuzuführen (vgl. BayObLG BauR 2006, 157).
bb) Soweit jedoch das Landgericht annimmt, dass durch Buchstabe a der Bestimmung in der Teilungserklärung die Errichtung von Dachgauben ausgeschlossen sei, vermag dem der Senat nicht zu folgen. Der Begriff "Dachschräge" wird in dieser Bestimmung für einen objektiven Betrachter nicht dahingehend gebraucht, dass nur Dachschrägenfenster gestattet seien, sondern er dient nur zur Bestimmung des Ortes, wo die Fenster zu errichten gestattet werden. Dies ergibt sich aus dem Zusammenhang und insbesondere dem Wort "also". Durch das Wort "Dachschräge" soll nur klargestellt werden, was unter dem Begriff "Außenwände der Speicherräume" zu verstehen ist. Dies ist naheliegend, da Speicherräume im Dachgeschoss in der Regel keine Außenwände haben, sieht man von einem sog. Kniestock ab. Auch die Dachgauben liegen in den Seitenwänden des Dachgeschosses und damit in den Dachschrägen. Umfang und Aussehen der Fenster sollte nach der Teilungserklärung nur von der baubehördlichen Genehmigung abhängig sein. Unstreitig sind die Dachgauben baubehördlich genehmigt.
3. Da nach der Schätzung des Senats die Dachgauben und die Loggien unter Berücksichtigung der Interessen der Beteiligten gleichwertig sind, waren die Gerichtskosten gemäß § 47 Satz 1 WEG auf alle Antragsteller einerseits und die Antragsgegner andererseits hälftig zu verteilen. Bezüglich der Kostentragungspflicht eines jeden Beteiligten erschien es dem Gericht angemessen, die Kostenverteilung entsprechend dem Rechtsgedanken des § 100 ZPO auf Antragstellerseite nach Kopfteilen und an Antragsgegnerseite als Gesamtschuldner vorzunehmen. Die Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten gemäß § 47 Satz 2 WEG war nicht angemessen.
4. Die Festsetzung des Geschäftswerts beruht auf § 48 Abs. 3 Satz 1 WEG.
Ende der Entscheidung
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