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Gericht: Oberlandesgericht München
Beschluss verkündet am 14.03.2006
Aktenzeichen: 32 Wx 29/06
Rechtsgebiete: BGB, GBO


Vorschriften:

BGB § 164
GBO § 15
Wird einem Notar im Rahmen eines Grundstückskaufvertrags eine rechtsgeschäftliche Vollmacht zur Abgabe aller dem Grundbuchvollzug des Vertrags förderlicher Erklärungen erteilt, so fallen darunter jedenfalls beim Fehlen außergewöhnlicher Umstände all diejenigen Erklärungen, welche die Beteiligten beim normalen Ablauf des Geschäfts selbst abgeben würden.
Gründe:

I.

Zu notarieller Urkunde ihres Verfahrensbevollmächtigten erwarben die Beteiligten die verfahrensgegenständliche Eigentumswohnung. Im Kaufvertrag findet sich folgender Passus:

"Der Notar, sein etwaiger Sozius, ihre jeweiligen Vertreter und Amtsnachfolger werden von sämtlichen Vertragsbeteiligten hiermit je einzeln beauftragt und bevollmächtigt, diesen Vertrag im Grundbuch vollziehen zu lassen und alle hierzu förderlichen Erklärungen abzugeben sowie Lastenfreistellungsunterlagen, notwendige Genehmigungen und zum Vollzug der Urkunde erforderliche oder zweckdienliche Erklärungen Dritter - auch im Namen der Beteiligten und gegebenenfalls unter Entwurfsfertigung - anzufordern."

Die vielfach übliche Bewilligung und Beantragung der Löschung dieser Vormerkung nach einer späteren Eigentumsumschreibung ist im Kaufvertrag nicht enthalten.

Die Beteiligten wurden als Eigentümer im Grundbuch eingetragen. In ihrem Namen beantragte der Urkundsnotar unter Berufung auf die im Kaufvertrag vorliegende Vollmacht die Löschung der im Grundbuch noch eingetragenen Eigentumsvormerkungen. Hierfür verlangte das Grundbuchamt im Wege der Zwischenverfügung eine Bewilligung der Beteiligten. Die gegen diese Zwischenverfügung eingelegte Beschwerde wies das Landgericht zurück und setzte den Gegenstandswert in Höhe des Kaufpreises fest. Gegen die Entscheidung in der Sache und gegen die Festsetzung des Gegenstandswerts wenden sich die Beteiligten mit der durch Schreiben des Urkundsnotars eingelegten weiteren Beschwerde.

II.

Die weitere Beschwerde ist gemäß § 78 GBO statthaft und auch im Übrigen zulässig, insbesondere i. S. des § 80 Abs. 1 GBO formgerecht durch Schreiben eines Notars eingelegt.

1. Das Landgericht hat ausgeführt: Die mit der Beschwerde beanstandete Zwischenverfügung entspreche der Rechtslage, weil eine Vollmacht des Notars zur Abgabe von Löschungsbewilligungen nicht vorliege. So könne aus § 15 GBO keine Befugnis zur Abgabe einer Löschungsbewilligung hergeleitet werden. Eine rechtsgeschäftlich erteilte Vollmacht zur Abgabe von Löschungsbewilligungen ergebe sich nicht aus dem oben zitierten Vollzugsauftrag. Auch eine Löschung aufgrund Unrichtigkeitsnachweises komme nicht in Betracht, weil es insoweit bereits an der Antragsberechtigung fehle. Darüber hinaus sei die Unrichtigkeit des Grundbuchs nicht durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nachgewiesen.

2. Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand:

a) Dies gilt allerdings nicht für die Ausführungen des Landgerichts zu § 15 GBO. Die Vorschrift ermächtigt den Notar ausschließlich zur Antragstellung im Namen der Beteiligten, nicht jedoch zu einer Bewilligung.

b) Der Urkundsnotar war jedoch aufgrund der ihm rechtsgeschäftlich erteilten Vollmacht in der Lage, die Eintragungsbewilligung abzugeben. Diese Vollmacht kann der Senat selbst auslegen, weil sie sich allein auf die Eintragungsbewilligung bezieht (vgl. BayObLG Rpfleger 1993, 189/190). Die Eintragungsbewilligung ist nämlich eine rein verfahrensrechtliche Erklärung (OLG Düsseldorf Rpfleger 1981, 177/178). Eine Vollmacht, die auch zum Abschluss eines materiellrechtlichen Geschäftes ermächtigt, liegt nicht vor (vgl. BayObLG DNotZ 1996, 295).

Für die Auslegung einer Vollmacht gelten die für Grundbucherklärungen aufgestellten Grundsätze (BayObLG Rpfleger 1991, 365). Es ist also auf Wortlaut und Sinn der Erklärung abzustellen, wie es sich für einen unbefangenen Betrachter als nächstliegende Bedeutung der Erklärung ergibt.

Dabei ist in diesem Zusammenhang auch zu berücksichtigen, welche Stellung der Notar im Rahmen der Betreuung und Vertretung der Beteiligten nach § 24 BNotO innehat. Soweit der Notar über die bloße Beratung und Beurkundung für die Beteiligten tätig wird, ist er Mittler zwischen den Beteiligten und den Gerichten bzw. Verwaltungsbehörden. Die Beteiligten erwarten von dem Notar, dass er ihnen lästige Behördengänge abnimmt, für sie die Korrespondenz führt und dem wirtschaftlichen Zweck des beurkundeten Rechtsgeschäfts zum Erfolg verhilft. Soweit sie ihm eine rechtsgeschäftliche Vollmacht erteilen, muss gerade berücksichtigt werden, dass diese Vollmacht nur dann einen Sinn hat, wenn sie über die Regelung des § 15 GBO hinausgeht. Für das, was der Notar bereits nach § 15 GBO darf, benötigt er keine besondere Vollmacht.

Wenn im vorliegenden Kaufvertrag die Bevollmächtigung auf "diesen Vertrag und die hierzu förderlichen Erklärungen" begrenzt wird, so meinen die Beteiligten damit, dass der Notar solche über § 15 GBO hinausgehende Erklärungen abgeben dürfe, deren Ergebnis dem angestrebten Zweck dient. Der angestrebte Zweck war für die Beteiligten der Erwerb des Eigentums an dem verfahrensgegenständlichen Grundbesitz unter voller Ausnutzung aller Sicherheiten, die die Grundbuchordnung und das bürgerliche Recht für diese Transaktion vorsehen. Diesem angestrebten Zweck widersprach jedenfalls die vom Urkundsnotar vorgenommene Bewilligung nicht. Vielmehr diente sie den Interessen der Beteiligten, da diese nach Eintragung als Eigentümer des verfahrensgegenständlichen Grundbesitzes kein Interesse mehr an der Aufrechterhaltung einer wegen des erfolgten Eigentumserwerbs nunmehr gegenstandslosen Belastung in Abteilung II haben können.

Dass die vom Notar abgegebene Erklärung sich auf einen rechtlichen Vorgang bezog, der außerhalb des engen Vertragszwecks der Eigentumsübertragung liegt, ist in diesem Zusammenhang nicht von Bedeutung. Die Vollmacht soll ihrem Sinn nach gerade diejenigen typischerweise notwendigen Erklärungen zur Vertragswicklung abdecken, die von den Beteiligten oder vom Notar bei Vertragsunterzeichnung übersehen wurden (vgl. auch OLG Köln, NJW-RR 1995, 590). Es entspricht dem typischen Ablauf eines Liegenschaftskaufes, dass zunächst eine Eigentumsvormerkung bestellt und eingetragen wird, um dem Käufer eine ausreichende Sicherheit für seine Kaufpreiszahlung zu gewährleisten. Nach Eigentumsumschreibung verliert die Sicherung ihre Bedeutung und wird normalerweise wieder gelöscht.

Dieser Auslegung steht nicht entgegen, dass eine erloschene Auflassungsvormerkung durch erneute Bewilligung ohne Grundbuchberichtigung und inhaltsgleiche Neueintragung wieder zur Sicherung eines deckungsgleichen Anspruchs verwendet werden kann (BGH NJW 2000, 805). Für eine Ausnahmekonstellation, wie sie in der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vorlag - die Kaufvertragsbeteiligten hatten zunächst einen Kaufvertrag über ein belastetes Grundstück und dann einen Kaufvertrag über das unbelastete Grundstück unter Aufhebung des ersten Kaufvertrags geschlossen - bestehen keine Anhaltspunkte.

Wird einem Notar eine rechtsgeschäftliche Vollmacht zur Abgabe aller dem Grundbuchvollzug eines Vertrags förderlichen Erklärungen erteilt, so fallen darunter jedenfalls beim Fehlen besonderer Umstände alle Erklärungen, welche die Beteiligten beim normalen Ablauf des Geschäfts selbst abgeben würden. Da rechtliche Zweifel am Umfang der Vollmacht nicht vorliegen, greift auch nicht der Grundsatz, dass nunmehr vom geringeren Umfang der Vollmacht auszugehen sei, weil der größere nicht nachweisbar ist (vgl. Demharter, Grundbuchordnung, 25.Aufl. Rn.75 zu § 19).

c) Auf die Möglichkeit eines Unrichtigkeitsnachweises kam es wegen der formgerechten Bewilligung nicht an.

d) Soweit sich die Beschwerde gegen die Festsetzung des Gegenstandswerts für das Beschwerdeverfahren richtet, ist sie gegenstandslos geworden, weil nach § 131 Abs. 1 Satz 2 KostO das Beschwerdeverfahren ohnehin gebührenfrei ist.

Ende der Entscheidung

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