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Gericht: Oberlandesgericht München
Beschluss verkündet am 23.05.2007
Aktenzeichen: 32 Wx 30/07
Rechtsgebiete: BGB, WEG
Vorschriften:
BGB § 634 | |
BGB § 779 | |
WEG § 23 Abs. 4 |
Gründe:
I.
Die Antragstellerin ist Wohnungseigentümerin in einem Haus der verfahrensgegenständlichen Wohnanlage. Je Haus sind jeweils Untergemeinschaften gebildet. In § 4 der Anlage 5 zur Teilungserklärung heißt es unter Ziff. 1:
"Jeder Wohnungseigentümer hat auf eigene Rechnung für die Instandhaltung seines Sondereigentums und des seinem Sondernutzungsrecht unterliegenden Gemeinschaftseigentum zu sorgen. Dies gilt auch für die Wohnungseingangstüren, ... einschließlich Rahmen und .... Auf ein einheitliches Bild der Wohnungsanlage ist zu achten."
Als sich Schallschutzmängel an den Wohnungseingangstüren herausstellten, machte der Bauträger mit Schreiben vom 10.9.2004 einen Vergleichsvorschlag, wonach eine Minderung von je 240 EUR angeboten wurde; alternativ sei er bereit, seinen Unternehmer aufzufordern, die Wohnungseingangstüren auszutauschen.
In der Eigentümerversammlung vom 12.12.2005 stimmten die Eigentümer mit Stimmenmehrheit neben anderen Punkten diesem Vorschlag in der Alternative Minderung unter Tagesordnungspunkt 8, getrennt nach Untergemeinschaften, zu. Auf die Anfechtung von 3 Beschlüssen der Versammlung erklärte das Amtsgericht am 10.8.2006 unter Zurückweisung des Antrags im Übrigen die angefochtenen Beschlüsse insoweit für unwirksam, als der Minderungsbetrag von 240 EUR je Wohnungseingangstür der Instandhaltungsrücklage zugeführt werden sollte. Die gegen diesen Beschluss seitens der Antragstellerin erhobene sofortige Beschwerde wies das Landgericht mit Beschluss vom 17.1.2007 zurück.
Gegen diesen am 23.1.2007 zugestellten Beschluss legte die Antragstellerin am 1.2.2007 sofortige weitere Beschwerde ein, mit der sie die Ungültigerklärung des Eigentümerbeschluss es zu Tagesordnungspunkt 8 weiterverfolgt.
II.
Die sofortige weitere Beschwerde ist zulässig. Nach dem nunmehr vorliegenden Angebot überschreitet der Wert der Beschwer 750 EUR, da die Nachbesserungskosten für die Wohnung der Antragstellerin diesen Betrag übertreffen.
Zu Recht wurden im Rubrum auch alle übrigen Eigentümer genannt (§ 43 Abs. 4 Nr. 2 WEG), da eine einheitliche Wohnungseigentümergemeinschaft vorliegt. Den Untergemeinschaften ist nur die Wahrnehmung der Verwaltungsrechte für ihre Einheit übertragen.
Das Rechtmittel ist begründet.
1. Das Beschwerdegericht hat seine Entscheidung folgendermaßen begründet:
Die gesetzeskonforme Auslegung der Bestimmung der Anlage zur Teilungserklärung ergebe, dass die Wohnungseingangstüren dem Gemeinschaftseigentum zuzurechnen seien und lediglich die Lastentragung jedem einzelnen Wohnungseigentümer obliegen sollte. Trotz dieser Übertragung der Lasten sei die Gemeinschaft entscheidungsbefugt. Da die Schalldämmung alle Türen betreffe, sei nicht der einzelne Wohnungseigentümer, sondern die Gemeinschaft zur Entscheidung berufen. Auch die Abgeltungsklausel sei hiervon erfasst.
2. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Überprüfung nicht in allen Punkten stand (§ 27 Abs. 1 FGG, § 546 ZPO).
a) Zu Recht hat das Landgericht angenommen, dass die Eigentümerversammlung grundsätzlich die Beschlusskompetenz zum Abschluss eines Vergleiches über Baumängel am Gemeinschaftseigentum mit Abgeltungsklausel hat.
Der BGH entschied erst jüngst (Urteil vom 12. April 2007 - VII ZR 236/05 m.w.N., veröffentlicht unter www.bundesgerichtshof.de), dass eine Wohnungseigentümergemeinschaft durch Mehrheitsbeschluss die Durchsetzung der auf die ordnungsgemäße Herstellung des Gemeinschaftseigentums gerichteten Rechte der Erwerber von Wohnungseigentum wegen Mängeln des Gemeinschaftseigentums an sich ziehen kann und dass, wenn sie von dieser Möglichkeit Gebrauch macht, dies ihre alleinige Zuständigkeit begründet. Eine Ausnahme besteht nur für die nicht gemeinschaftsbezogenen Rechte auf großen Schadensersatz oder Wandelung bzw. Rücktritt (BGHZ 169, 1; BGH BauR 2006, 979 = NZBau 2006, 371 = ZfBR 2006, 457); hier geht es jedoch im vorliegenden Verfahren nicht. Die alleinige Zuständigkeit der Gemeinschaft umfasst auch die Möglichkeit des Abschlusses eines diesbezüglichen Vergleichs, in dem auch anstatt der Nachbesserung die Zahlung eines Minderungsbetrages vereinbart werden kann (BayObLG NJW-RR 2000, 379 f.). Hieran besteht in der Regel schon deshalb ein Interesse, weil bei umfangreichen Nachbesserungsmaßnahmen die durch die Belästigung z.B. durch Lärm, Staub usw. entstehenden Nachteile für die Gesamtheit der Eigentümer schwerer wiegen können als die Hinnahme des Mangels verbunden mit dem Erhalt eines Minderungsbetrages.
Durch die Beschlussfassung über den Vergleich zog die Wohnungseigentümergemeinschaft die Durchsetzung der auf die ordnungsgemäße Herstellung der Wohnungseingangstüren als Teil des Gemeinschaftseigentums gerichteten Rechte der Erwerber wegen Mängeln endgültig an sich.
b) Das Landgericht hat jedoch die Bestimmung der Teilungserklärung in nicht zutreffender Weise ausgelegt.
aa) Der Senat kann als Rechtsbeschwerdegericht die Teilungserklärung selbst auslegen. Bei der Auslegung ist auf den Wortlaut und den Sinn abzustellen, wie er sich für einen unbefangenen Leser als nächstliegende Bedeutung ergibt (BayObLG ZMR 2004, 357).
bb) Die Auslegung ergibt, dass vorliegend jeder Wohnungseigentümer auf eigene Rechnung für die Instandhaltung der Wohnungseingangstüre zu sorgen und nur auf ein einheitliches Bild der Wohnungsanlage zu achten hat. Damit enthält die Bestimmung zwar nicht die - rechtlich nicht mögliche - Zuweisung der Wohnungseingangstür zum Sondereigentum, aber doch die Pflicht zur Instandhaltung und das Recht, unter Wahrung des einheitlichen Bildes selbst die Art der Wohnungseingangstür zu bestimmen. Dem Eigentümer werden daher nicht nur die Kosten auferlegt - wie das Landgericht angenommen hat -, sondern Handlungspflichten. Auch die Mangelbeseitigung gehört zu den Instandhaltungsmaßnahmen (BGH Urteil vom 12. April 2007 aaO).
cc) Damit verbietet aber die Teilungserklärung, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft die Mängelbeseitigungsmaßnahmen an der Wohnungseingangstür gegen den Willen eines Miteigentümers an sich zieht, da ansonsten in das durch die Teilungserklärung festgelegte Rechtegefüge eingegriffen würde. Deshalb wird nicht das ausschließliche Recht der Gemeinschaft zur Wahrnehmung des Mängelbeseitigungsrechts begründet. Darf aber diese Rechte nicht an sich ziehen, so bleibt der einzelne Eigentümer auch für die Geltendmachung der Mängelbeseitigungsrechte und damit auch für den Vergleichschluss zuständig. Der Eigentümer kann den entgegenstehenden Beschluss erfolgreich anfechten (vgl. Bärman/Pick/Merle WEG 9. Aufl. § 23 Rn. 184).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 47 WEG, die Festsetzung des Geschäftswerts auf § 48 Abs. 3 WEG, § 31 Abs. 1 Satz 2 KostO. Maßgeblich war die geschätzte Aufwendung zur Mängelbeseitigung in den 11 Wohnungen des verfahrensgegenständlichen Hauses.
Ende der Entscheidung
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