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Gericht: Oberlandesgericht München
Beschluss verkündet am 04.08.2006
Aktenzeichen: 32 Wx 68/06
Rechtsgebiete: BGB, WEG
Vorschriften:
BGB § 133 | |
BGB § 157 | |
WEG § 43 Abs. 1 Nr. 4 |
Gründe:
I.
Die Antragsteller und Antragsgegnerin sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage, die von der weiteren Beteiligten verwaltet wird.
In der Eigentümerversammlung vom 15.12.2004 wurde unter Tagesordnungspunkt (TOP) 1 die Jahresabrechnung für das Jahr 2003 mehrheitlich genehmigt. In die Jahresabrechnung eingestellt waren unter anderem Kosten für die Sanierung der Tiefgarage.
Mit Schriftsatz vom 17.1.2005, bei Gericht eingegangen am selben Tag, stellten die Verfahrensbevollmächtigten der Antragsteller für diese folgenden Antrag: "Der Beschluss zu TOP 1 (Jahresabrechnung 2003) gemäß Protokoll der WEV vom 15.12.2004 wird für ungültig erklärt".
In der Begründung wurde unter anderem der Inhalt der Jahresabrechnung wiedergegeben und vor allem die Verteilung der Kosten für die Tiefgaragensanierung beanstandet. Darüber hinaus wurde eine unzulässige betriebliche und kontenmäßige Verflechtung der Teileigentümergemeinschaft Tiefgarage mit dem übrigen Wohnungseigentum und das Fehlen eines gemeinsamen Vertreters für das Tiefgarageneigentum bemängelt.
Das Amtsgericht hat den Antrag dahin ausgelegt, dass der Beschluss über die Genehmigung der Jahresabrechnung nur insoweit angefochten sei, als dieser die Verteilung des Sanierungsaufwands für die Tiefgarage betrifft. Es hat den Antrag mit Beschluss vom 21.11.2005 abgewiesen. Die sofortige Beschwerde hat das Landgericht am 6.4.2006 zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller.
II.
Das zulässige Rechtsmittel führt zur Aufhebung und Zurückverweisung.
1. Das Landgericht hat ausgeführt:
Die Anfechtung eines Beschlusses über die Jahresabrechnung könne auf einzelne selbständige Rechnungsposten beschränkt werden. Die Antragsteller hätten zwar den Genehmigungsbeschluss über die Jahresabrechnung formal vollumfänglich angefochten. In der Begründung sowie auch noch im Schriftsatz vom 8.4.2005 sei jedoch ausschließlich die Umlage der Sanierungskosten für die Tiefgarage auf sämtliche Wohnungseigentümer beanstandet worden. Hieraus ergebe sich eine nur beschränkte Anfechtung. Die Kostenverteilung auch auf Wohnungseigentümer, die keinen Tiefgaragenstellplatz haben, entspreche den Regelungen der Gemeinschaftsordnung.
2. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
a) Das Landgericht hat im Ergebnis zu Unrecht eine Beschränkung des Anfechtungsantrags auf die Kostenverteilung für die Sanierung der Tiefgarage angenommen. Zutreffend geht das Landgericht davon aus, dass ein Beschluss über die Genehmigung der Jahresabrechnung auch in der Weise angefochten werden kann, dass die Anfechtung auf einzelne selbständige Positionen der Jahresabrechnung, insbesondere auf den Kostenverteilungsschlüssel beschränkt werden kann (BayObLG NJW-RR 1990, 1108). Im Grundsatz richtig ist auch, dass zur Ermittlung des Umfangs der Anfechtung die innerhalb der Anfechtungsfrist vorliegende Begründung des Anfechtungsantrags herangezogen werden kann. Da die Beschlussanfechtung überhaupt keiner Begründung bedarf, kann jedoch allein aus den vorgetragenen Rügen im Zweifel auch dann keine Beschränkung auf einzelne Beschlussgegen- stände angenommen werden, wenn der anfechtende Wohnungseigentümer nur einzelne Positionen beanstandet (BayObLG ZMR 2003, 692; KK-WEG/Abramenko § 43 Rn. 13).
Im vorliegenden Fall ist der Antrag auf Ungültigerklärung des Eigentümerbeschlusses als solcher unbeschränkt. Aus der Begründung des Antrags ergibt sich nicht mit hinreichender Deutlichkeit, dass demgegenüber nur eine beschränkte Anfechtung erfolgen soll. Zwar ist es richtig, dass sich die Begründung vorwiegend mit der Frage der Kostenverteilung für die Tiefgaragensanierung befasst. Darin erschöpft sich jedoch die Begründung nicht. Die Begründung enthält vielmehr auch allgemeine Ausführungen zu den Verhältnissen innerhalb der Wohnungseigentümergemeinschaft und zum Inhalt der Jahresabrechnung. Bereits bei der Wiedergabe des Inhalts der Jahresabrechnung sind auch die Kosten für laufende Wartungsarbeiten, die Zuweisung zu Rücklagen sowie Heizöl und Waschbetrieb genannt. Außerdem wird nicht nur die Kostenverteilung gerügt, sondern auch der Umstand. dass für das Tiefgarageneigentum "Organisationsmängel" vorliegen würden, dass eine "unzulässige betriebliche und kontenmäßige Verflechtung" der Tiefgarage mit den übrigen Wohnungseinheiten vorliegen würde. Ob dieser Vortrag für die Begründetheit des Antrags von Bedeutung ist, ist für die Auslegung des Antrags ohne Relevanz. Auch wenn der Kernpunkt der Begründung des Anfechtungsantrags die Kostenverteilung für die Sanierungsmaßnahme Tiefgarage betrifft, kann der Begründung insgesamt nicht entnommen werden, dass die Antragsteller entgegen ihrem ausdrücklich und eindeutig formulierten Antrag die Anfechtung nur auf Teile der Jahresabrechnung beschränken wollten.
b) Da zu möglichen anderen Anfechtungsgründen keine tatsächlichen Feststellungen getroffen sind, kann der Senat in der Sache nicht abschließend entscheiden.
c) Der Senat sieht davon ab, in entsprechender Anwendung von § 301 ZPO einen Teilbeschluss zu erlassen. Die vom Antragsteller weiter gerügten Mängel, zu denen abschließende tatsächliche Feststellungen noch nicht getroffen sind, lassen es nicht als ausgeschlossen erscheinen, dass sich weitere Mängel auf den Genehmigungsbeschluss insgesamt auswirken. Darüber hinaus erscheint eine teilweise Entscheidung nicht sachdienlich (§ 301 Abs. 2 ZPO analog), da derzeit über die endgültige Kostentragungspflicht noch nicht abschließend entschieden werden kann, so dass die Zahlungspflichten der Wohnungseigentümer weiterhin nicht endgültig feststehen würden.
d) Der Senat weist jedoch für das weitere Verfahren darauf hin, dass er nach einer vorläufigen Prüfung in der Sache die Auslegung der Teilungserklärung durch das Landgericht für sehr nahe liegend hält. Außerdem weist der Senat darauf hin, dass er der Auffassung zuneigt, bereits der Beschluss zu TOP 1 der Eigentümerversammlung vom 29.10.2002 enthalte eine endgültige Finanzierungsregelung durch Entnahme aus der Instandhaltungsrücklage und Erhebung einer Sonderumlage zur Verstärkung der Instandhaltungsrücklage enthält. Das entspricht dem Wortlaut des Beschlusses und darüber hinaus auch den Interessen der Wohnungseigentümer, die bei Sanierungsmaßnahmen dieser Größenordnung bereits vor Vergabe der Arbeiten Gewissheit über die Finanzierung haben wollen.
3. Die Kostenentscheidung war der Endentscheidung des Landgerichts vorzubehalten.
4. Die Festsetzung des Geschäftswerts beruht auf § 48 Abs. 3 Satz 2 WEG. Die Sanierungsmaßnahmen umfassen unstreitig ein Volumen von 85.000 EUR. Darüber hinaus ergibt sich für die übrigen Positionen nach dem unstreitigen Vorbringen der Antragsgegnerseite ein weiterer Wert von knapp 39.000 EUR. Der sich hieraus ergebende Streitwert würde jedoch außer Verhältnis zum Eigeninteresse der Antragsteller stehen. Der Senat erachtet deswegen die Anwendung des § 48 Abs. 3 Satz 2 WEG für angemessen und setzt den Geschäftswert auf 40.000 EUR fest.
5. Von einer Änderung des Geschäftswertes für das Verfahren in den Vorinstanzen von Amts wegen sieht der Senat ab, da die Sache ohnehin zurückzuverweisen ist.
Ende der Entscheidung
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