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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht München
Beschluss verkündet am 27.06.2006
Aktenzeichen: 32 Wx 72/06
Rechtsgebiete: WEG


Vorschriften:

WEG § 21
1. Es bleibt offen, ob die Wohnungseigentümergemeinschaft als Verband die Versorgung der einzelnen Wohnungen mit Kabelfernsehen als Angelegenheit der gemeinschaftlichen Verwaltung an sich ziehen kann. Jedenfalls besteht eine Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümer zum Abschluss eines Vertrages mit einem Kabeldiensteanbieter dann, wenn die Teilungserklärung (Gemeinschaftsordnung) eine Regelung über die Verteilung der Kosten des Kabelfernsehens enthält und die Versorgung mit Kabelfernsehen bereits bisher über gemeinschaftliche Leitungen aufgrund eines Vertrages der Wohnungseigentümergemeinschaft mit dem Kabelbetreiber erfolgt ist.

2. Stützt ein Wohnungseigentümer den Antrag auf Ungültigerklärung eines Beschlusses über den Abschluss eines Breitbandkabelvertrages auch darauf, dass die Vertragsbedingungen nachteilig sind, so ist jedenfalls bei einer langen Laufzeit des Vertrages (hier zehn Jahre) von Amts wegen zu ermitteln, ob die Konditionen im Vergleich zu möglichen anderen Anbietern oder zu anderen Entgeltvarianten angemessen sind.


Gründe:

I.

Die Antragsteller und die Antragsgegner sind die Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft, die von der weiteren Beteiligten verwaltet wird.

In der Eigentümerversammlung vom 16.3.2004 beschlossen die Wohnungseigentümer unter Tagesordnungspunkt 4 den Abschluss eines Folgevertrages über den Kabelempfang von Fernseh- und Rundfunkprogrammen sowie eine Umrüstung des Hausnetzes auf Sternverkabelung. Der Vertrag über den Radio- und Fernsehempfang (im Folgenden kurz Kabelvertrag) hat eine Laufzeit von zehn Jahren und sieht während der Laufzeit eine Entgelterhöhung vor.

Außerdem beschlossen die Wohnungseigentümer ebenfalls unter Tagesordnungspunkt 4, die Antragsteller zu verpflichten, die auf ihrer Sondernutzungsfläche aufgestellte Satellitenschüssel zu entfernen.

Die Antragsteller haben beim Amtsgericht folgenden Antrag gestellt:

1. Der Beschluss der Eigentümerversammlung vom 16.03.2004 wird in Punkt 4 für ungültig erklärt, soweit ein 10-Jahresvertrag der Gemeinschaft mit einem Sondernachlass und den fest vereinbarten Gebührenanpassungen mit einer Kabelgesellschaft abgeschlossen wird, ohne den Antragstellern als Miteigentümern, die eine Parabolantenne besitzen oder eine haben möchten, das Recht auf Freistellung von diesem Gruppenvertrag zu gewähren.

2. Der Beschluss unter Punkt 4, wonach die Antragsteller die auf der ihrer Sondernutzung zustehenden Gartenfläche aufgestellte Satellitenschüssel abbauen müssen, wird für ungültig erklärt.

Mit Beschluss vom 10.11.2004 hat das Amtsgericht den Beschluss über die Entfernung der Satellitenschüssel für ungültig erklärt. Insoweit ist die Entscheidung rechtskräftig. Den Antrag bezüglich des Abschlusses des Kabelvertrages hat das Amtsgericht zurückgewiesen. Gegen diese Entscheidung haben die Antragsteller sofortige Beschwerde eingelegt, die mit Beschluss des Landgerichts vom 28.3.2006 zurückgewiesen wurde. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller, mit der sie insoweit ihren ursprünglich gestellten Antrag weiterverfolgen.

II.

Das zulässige Rechtsmittel führt zur Aufhebung und Zurückverweisung.

1. Das Rubrum war richtig zu stellen.

a) Im Beschlussanfechtungsverfahren ist Antragsgegnerin nicht die Wohnungseigentümergemeinschaft als Verband, sondern es sind die einzelnen Wohnungseigentümer Verfahrensbeteiligte (BGH ZMR 2005, 547).

b) Die Verwalterin ist weitere Beteiligte (§ 43 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 4 Nr. 2 WEG) und als solche im Rubrum aufzuführen.

2. Das Landgericht hat ausgeführt:

Der Antragsteller wende sich nicht gegen die Kabelverlegung. Das eigentliche Ziel des Antragstellers sei es, nicht mit den Kosten des Kabelanschlusses belastet zu werden. Das könne aber durch die Beschlussanfechtung nicht erreicht werden, weil die Kostenverteilung für das Kabelfernsehen in der Teilungserklärung festgelegt sei. Zwar könne die Eigentümerversammlung einen anderen Umlageschlüssel beschließen. Hierzu sei jedoch nichts vorgetragen worden.

3. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

a) Das Landgericht hat zwar richtig erkannt, dass es das eigentliche Ziel der Antragsteller ist, nicht mit den Kosten des Kabelanschlusses belastet zu werden. Hierin erschöpft sich jedoch das Begehren der Antragsteller nicht. Die Antragsteller haben in ihren Schriftsätzen deutlich gemacht, dass sie sich gegen den Beschluss über den Kabelvertrag insgesamt, insbesondere auch hinsichtlich der Konditionen, wenden. Zwar ist es das Hauptanliegen der Antragsteller, vom Anschluss und damit auch von der Gebührentragungspflicht ausgenommen zu werden, jedoch haben sie bereits im Tenor des Antrags auf die Laufzeit von zehn Jahren und die vorgesehenen Gebührenerhöhungen hingewiesen. Vor allem diese beiden Punkte sind für die Antragsteller auch dann von Interesse, wenn sie ihr Ziel, von der Kostentragungspflicht gänzlich ausgenommen zu werden, nicht erreichen können.

b) Es bedarf an dieser Stelle keiner grundsätzlichen Entscheidung, inwieweit die Wohnungseigentümergemeinschaft als Verband berechtigt ist, den Breitbandkabelanschluss und den Abschluss von Kabelverträgen an sich zu ziehen. Das erscheint nicht unbedenklich, wenn auch die Möglichkeit besteht, dass die Verträge von Einzelpersonen abgeschlossen werden oder Einzelpersonen vom Abschluss eines Gruppenvertrages ausgenommen werden können. Im vorliegenden Fall besteht die Besonderheit, dass nach dem vom Landgericht festgestellten und von den Beteiligten nicht in Zweifel gezogenen Inhalt der Teilungserklärung diese bereits eine Regelung über die Kostenverteilung des Kabelfernsehens enthält. Eine solche Regelung würde aber keinen Sinn machen, wenn es der Gemeinschaft von vornherein verwehrt wäre, die Versorgung mit Kabelfernsehen zu einer gemeinschaftlichen Angelegenheit zu machen. Hinzu kommt im vorliegenden Fall, dass es sich nicht um eine erstmalige Versorgung mit Kabelfernsehen handelt, sondern dass bereits ein Vertrag bestand und die Hausanlagen für das Kabel vorhanden waren. Bei dieser Sachlage besteht eine Beschlusszuständigkeit.

Es kann auch nicht festgestellt werden, dass der Beschluss über die Beibehaltung des Kabelfernsehens im Grundsatz nicht ordnungsmäßiger Verwaltung im Sinne des § 21 Abs. 3 WEG entspricht. Zwar hat der Empfang von Fernseh- und Radioprogrammen über Satellit gegenüber dem Empfang über Kabel unbestreitbare Vorteile. Andererseits kann das Breitbandkabel auch zu weiteren Zwecken genutzt werden, sofern dies der einzelne angeschlossene Teilnehmer wünscht. Darüber hinaus können durch eine nachträgliche Umrüstung von Kabel auf Satellit zusätzlich nicht unerhebliche Kosten entstehen. Insgesamt gesehen ist es jedenfalls nicht ermessensfehlerhaft, wenn die Wohnungseigentümer beschließen, beim Kabelfernsehen zu verbleiben.

c) Das Landgericht hat jedoch nicht geprüft, ob günstigere Vertragsalternativen zur Verfügung gestanden hätten. Auch aus dem Protokoll ist nicht ersichtlich, dass von der weiteren Beteiligten oder von anderen Wohnungseigentümern andere Vertragsgestaltungen in Erwägung gezogen wurden. Hierzu hätte aber angesichts der Vertragskonditionen Veranlassung bestanden. Insbesondere wäre zu prüfen gewesen, ob auch andere Kabelanbieter vorhanden sind und ob diese gegebenenfalls günstigere Konditionen angeboten hätten. Ferner ist nicht untersucht, ob zu dem mit der weiteren Beteiligten bestehenden Vertrag andere Alternativen in Betracht gekommen wären. Hierzu hätte Veranlassung bestanden. Angesichts der rasant fortschreitenden technischen Entwicklung ist eine Laufzeit von zehn Jahren nicht unbedenklich. Auch hinsichtlich des Preisleistungsverhältnisses - insbesondere im Verhältnis zu möglichen anderen Anbietern - sind keine tatsächlichen Feststellungen getroffen. Schließlich sind auch keine tatsächlichen Feststellungen dazu getroffen, ob bei einem eventuellen anderen Anbieter oder auch bei dem ausgewählten Anbieter die Möglichkeit bestünde, einzelne Wohnungseigentümer, die einen Anschluss nicht wünschen, von dem Kabelvertrag auszunehmen und dadurch - unabhängig von der dann zu erfolgenden Kostenverteilung - einen insgesamt günstigeren Preis zu erhalten. Da ausweislich des Protokolls über die Eigentümerversammlung andere mögliche Alternativen nicht erörtert wurden und das Landgericht, von seinem Rechtsstandpunkt aus konsequent, hierzu keine tatsächlichen Feststellungen getroffen hat (§ 12 FGG), ist die Sache zurückzuverweisen.

Die Kostenentscheidung ist dem Landgericht vorzubehalten. Die Festsetzung des Geschäftswerts beruht auf § 48 Abs. 3 Satz 1 WEG. Maßgeblich sind die Kosten, die auf die Antragsteller entfallen (BayObLG ZMR 2001, 50).



Ende der Entscheidung

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