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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht München
Beschluss verkündet am 30.01.2008
Aktenzeichen: 33 Wx 312/07
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 1897 Abs. 1
Die Aufnahme der pflegedürftigen Betroffenen in den Haushalt der mit ihr verwandten Betreuerin stellt für sich genommen nicht deren Eignung für die Vermögenssorge in Frage.
Gründe:

I.

Das Amtsgericht hat am 25. September 2007 für die Betroffene deren Schwester als ehrenamtliche Betreuerin für den Aufgabenkreis "Regelung aller Angelegenheiten mit Ausnahme der Vermögenssorge; Entscheidungen über die Entgegennahme, das Öffnen und das Anhalten der Post sowie über den Fernmeldeverkehr" bestellt. Für den Aufgabenkreis Vermögenssorge bestellte das Gericht eine berufsmäßige Betreuerin.

Die Beteiligte ist die Nichte der Betroffenen und die Tochter der Betreuerin. Ihre gegen die Beschränkung des Aufgabenkreises der Betreuerin und gegen die Bestellung einer weiteren Betreuerin für den Aufgabenkreis Vermögenssorge eingelegte Beschwerde hat das Landgericht am 31.10.2007 zurückgewiesen.

Hiergegen wendet sich die Beteiligte mit ihrer weiteren Beschwerde.

II.

Das zulässige Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg.

1. Das Landgericht hat seine Entscheidung folgendermaßen begründet:

Die Aufnahme der Betroffenen in den Haushalt der Betreuerin zur Sicherstellung einer ausreichenden Pflege bedinge, dass für den Haushalt gemeinsame Kosten anfallen, die angemessen zwischen den Beteiligten zu verteilen seien. Hieraus ergebe sich objektiv die Gefahr eines Interessenkonflikts, ohne dass der Betreuerin unterstellt werden solle, dass sie zum Schaden der Betroffenen handeln würde. Die konkrete Situation mache jedoch die Übernahme der Vermögenssorge durch eine weitere Betreuerin erforderlich.

Auch die Beteiligte könne nicht für die Vermögenssorge als Betreuerin bestellt werden. Sie habe berichtet, dass sie die Wohnung der Betroffenen auf eigene Kosten baulich renovieren würde und plane, zur Unterstützung der Betreuerin bei der Pflege der Betroffenen tageweise dort zu wohnen. Es sei aufgrund des Gesundheitszustandes der Betroffenen nicht näher nachvollziehbar, inwiefern diese mit der Nutzung ihrer Wohnung bereits zu ihren Lebzeiten einverstanden sei. Jedenfalls ergebe diese Konstellation das Problem von Interessenkollisionen, denn einerseits investiere die Beteiligte Geld in den Umbau, andererseits fließe ihr durch die Nutzung der Wohnung ein entsprechender Vermögensvorteil zu. Die rechtliche Basis für diese Nutzung der Wohnung erscheine ungeklärt.

2. Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung (§ 27 Abs. 1 FGG, § 546 ZPO) nicht stand.

a) Die Betroffene war zur Einlegung der Erstbeschwerde gegen die Bestellung eines weiteren Betreuers berechtigt, da sie als Nichte der Betroffenen mit dieser im dritten Grade in der Seitenlinie verwandt ist, § 69g Abs. 1 Satz 1 FGG.

b) Zum Betreuer bestellt das Vormundschaftsgericht eine natürliche Person, die geeignet ist, in dem gerichtlich bestimmten Aufgabenkreis die Angelegenheiten des Betreuten rechtlich zu besorgen und ihn in dem hierfür erforderlichen Umfang persönlich zu betreuen, § 1897 Abs. 1 BGB. Schlägt der Betroffenen niemanden als Betreuer vor, der zum Betreuer bestellt werden kann, so ist bei der Auswahl des Betreuers auf die verwandtschaftlichen und sonstigen persönlichen Bindungen des Betroffenen, insbesondere auf die Bindungen zu Eltern, zu Kindern, zum Ehegatten und zum Lebenspartner, sowie auf die Gefahr von Interessenkonflikten Rücksicht zu nehmen, § 1897 Abs. 5 BGB. Wer Betreuungen im Rahmen seiner Berufsausübung führt, soll nur dann zum Betreuer bestellt werden, wenn keine andere geeignete Person zur Verfügung steht, die zur ehrenamtlichen Führung der Betreuung bereit ist, § 1897 Abs. 6 Satz 1 BGB. Das Vormundschaftsgericht kann mehrere Betreuer bestellen, wenn die Angelegenheiten des Betreuten hierdurch besser besorgt werden können, § 1899 Abs. 1 Satz 1 BGB.

c) Die Entscheidung des Landgerichts kann aus Rechtsgründen keinen Bestand haben. Die Wertung des Beschwerdegerichts, eine Pflege der Betroffenen im Haushalt der Betreuerin führe zur Gefahr eines Interessenkonflikts, der die Betreuerin für die Vermögenssorge ungeeignet erscheinen lasse, ist nicht frei von Rechtsfehlern. Die Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs der Eignung eines Betreuers und die Subsumtion des festgestellten Sachverhalts hierunter unterliegen der vollen rechtlichen Überprüfung durch den Senat (Keidel in Keidel/Kuntze/Winkler FGG 15. Aufl. § 27 Rn. 27, 29).

Der bloße Umstand, dass bei Aufnahme der Betroffenen in den Haushalt der Betreuerin gemeinsame Kosten anfallen, die zu verteilen sind, ist nicht geeignet, auch nur die abstrakte Gefahr eines Interessenkonflikts zu begründen.

Eine solche Auslegung würde regelmäßig den Interessen und dem Wohle der Betroffenen zuwiderlaufen, da sie wegen des darin zum Ausdruck kommenden Misstrauens gegen die pflegenden Angehörigen deren Bereitschaft zur persönlichen Pflege vermindern kann und damit eher dazu führt, dass die Betroffenen in einem Heim untergebracht werden.

Auch der Beschwerdeentscheidung lässt sich nicht entnehmen, welche Interessen hier nach Auffassung des Landgerichts in Widerstreit geraten könnten. Soweit die Betreuerin eigene Mittel der Betroffenen für deren Pflege und Lebensunterhalt einsetzt, unterliegt sie ebenso wie eine weitere Betreuerin der Kontrolle des Vormundschaftsgerichts. Anhaltspunkte dafür, dass ein Missbrauch zu befürchten sein könnte, hat auch das Landgericht nicht feststellen können. Im Gegenteil hat die Betreuungsstelle berichtet, dass nach Mitteilung der Mitarbeiterin des Pflegedienstes, der die Betroffene zweimal täglich pflegerisch betreut, die Betreuerin sich mit sehr viel Engagement und Zeit um die Betroffene kümmere. Aus den Akten lässt sich ferner entnehmen, dass die Betroffene auch in Vermögensangelegenheiten der Betreuerin vertraut. So ist aus einem bei den Akten befindlichen Kontoeröffnungsantrag zu ersehen, dass die Betroffene bereits im Jahre 1980 der Betreuerin Kontovollmacht erteilt hat.

Bei diesem Ermittlungsstand spricht nichts für die Gefahr eines Interessenkonflikts oder sonst gegen die Eignung der Betreuerin, den Aufgabenkreis Vermögenssorge zum Wohle der Betroffenen zu besorgen.

3. Für das weitere Verfahren wird auf Folgendes hingewiesen:

Derzeit einziger Anhaltspunkt für weitere Ermittlungen zur Eignung der Betreuerin für die Aufgabe der Vermögenssorge ist die Mitteilung der zuständigen Behörde, im Jahre 2005 sei ein Sparbuch der Betroffenen auf eine andere Tochter der Betreuerin übertragen worden. Um hieraus auf eine eventuelle Ungeeignetheit der Betreuerin schließen zu können, sind Ermittlungen erforderlich, ob die Betreuerin an dieser Transaktion beteiligt war und was Rechtsgrund, Anlass oder Motiv der Vermögensverschiebung war. Auch werden Feststellungen zur Höhe des Sparguthabens zum damaligen Zeitpunkt nötig sein. Bei der Frage der Eignung der Betreuerin wird dann aber auch zu berücksichtigen sein, dass diese, anders als bisherige Bankbevollmächtigte, künftig der Kontrolle des Vormundschaftsgerichts unterstellt sein würde.

Sollte sich die Ungeeignetheit der Betreuerin für die Vermögenssorge ergeben, wird die Kammer erneut die Eignung der Beteiligten für die Vermögenssorge zu prüfen haben. Die Feststellungen hierzu in der Beschwerdeentscheidung können die Bestellung eines berufsmäßigen Betreuers anstelle der Beteiligten, die als Nichte zur ehrenamtlichen Führung der Vermögensbetreuung bereit ist, nicht begründen. Dabei kann dahinstehen, ob die Betroffene sich früher mit den Umbaumaßnahmen einverstanden erklärt hat, wie die zuständige Behörde nach Gesprächen mit der Betreuerin und der Beteiligten berichtet hat. Denn auch bei einer eigenmächtigen, nur auf den mutmaßlichen Willen der Betroffenen gestützten Umbaumaßnahme ist nicht von Interessenkonflikten auszugehen. Diese Maßnahmen dienen nach den bisherigen Ermittlungen nur dem Erhalt und der Verbesserung der Immobilie der Betreuten und können daher nur ihrer Vermögensmehrung dienen, da die Aufwendungen von der Beteiligten auf ihre eigenen Kosten vorgenommen werden. Unschädlich ist es dabei, dass die Beteiligte nach dem Testament der Betroffenen dieses Haus als Vermächtnis erhalten soll, denn auch hieraus ergibt sich kein Interessengegensatz. Die Maßnahmen dienen dem Erhalt oder der Vermehrung sowohl des Vermögens der Betroffenen als auch des Vermächtnisgegenstands, sind also gleichlaufend. Auch wenn die Beteiligte plant, zur Unterstützung der Pflege der Betroffenen in den leerstehenden Räumen tageweise zu wohnen, ist kein Interessenkonflikt erkennbar. Die häusliche Pflege der Betroffenen durch nahe Verwandte dient alleine ihrem Interesse. Ein Eigeninteresse oder gar ein Vermögensvorteil der Beteiligten ist nicht erkennbar.

4. Die Festsetzung des Geschäftswertes beruht auf § 131 Abs. 2, § 30 Abs. 1 und Abs. 2 KostO.

Ende der Entscheidung

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