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Gericht: Oberlandesgericht München
Beschluss verkündet am 17.10.2005
Aktenzeichen: 33 Wx 43/05
Rechtsgebiete: FGG, GG
Vorschriften:
FGG § 67 | |
FGG § 68 Abs. 2 | |
FGG § 68b | |
GG Art. 103 Abs. 1 |
Tatbestand:
Für den Betroffenen ist seit 1999 ein Betreuer bestellt. Zuletzt wurde die Betreuung mit Beschluss des Amtsgerichts vom 22.3.2004 verlängert und auf die Aufgabenkreise Vermögenssorge und Wohnungsangelegenheiten beschränkt. Auf Antrag der Betreuerin und nach Einholung eines Gutachtens und persönlicher Anhörung des Betroffenen ordnete das Amtsgericht München mit Beschluss vom 16.12.2004 an, dass der Betroffene zu Willenserklärungen, die den Aufgabenkreis Vermögenssorge betreffen, der Einwilligung der Betreuerin bedürfe. Hiergegen erhob der Betroffene "Einspruch". Mit Beschluss des Landgerichts vom 2.2.2005 wurde das Rechtsmittel zurückgewiesen. Mit seiner sofortigen weiteren Beschwerde erstrebt der Betroffene die Aufhebung des Einwilligungsvorbehalts. Die sofortige weitere Beschwerde erwies sich als zulässig (§ 29 Abs. 2, § 69g Abs. 4 Nr. 1 FGG) und hatte in der Sache Erfolg.
Gründe:
1. Das Landgericht hat seine Entscheidung folgendermaßen begründet:
Die formellen Voraussetzungen für die Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts lägen vor. Das Amtsgericht habe ein ärztliches Gutachten eingeholt. Die Kammer sehe keinen Anlass, an den Angaben des Sachverständigen zu zweifeln. Es bestehe eine konkrete Gefahr, dass der Betroffene durch Abgabe von Willenserklärungen sein Vermögen schädige. Er sei nicht in der Lage, das ihm monatlich zur Verfügung stehende Einkommen sachgerecht einzuteilen. Die Schädigung des Vermögens des Betroffenen sei auch in erheblichem Umfang zu erwarten. Dies zeigten bereits die Vorkommnisse in der Vergangenheit. Mildere Maßnahmen seien der Kammer nicht ersichtlich. Insbesondere komme eine summenmäßige Beschränkung des Einwilligungsvorbehaltes auf Kleinbeträge nicht in Betracht, da sich aus der Stellungnahme der Betreuerin ergebe, dass der Betroffene im Rahmen seiner Spielsucht auch Kleinstbeträge gehäuft ausgebe und durch die Häufung eine erhebliche Vermögensgefährdung eintrete.
2. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung (§ 27 Abs. 1 FGG, § 546 ZPO) nicht stand. Die Sache war an das Landgericht zurückzuverweisen, weil der entscheidungserhebliche Sachverhalt nicht verfahrensfehlerfrei festgestellt worden ist. Das Landgericht hat dem Betroffenen keinen Verfahrenspfleger bestellt, obwohl dies geboten war.
a) Nach § 67 Abs. 1 Satz 1 FGG bestellt das Gericht dem Betroffenen einen Verfahrenspfleger, soweit dies zur Wahrnehmung der Interessen des Betroffenen erforderlich ist. Der Verfahrenspfleger wird dem Betroffenen zur Seite gestellt, damit dessen objektive Interessen auch dann geltend gemacht werden können, wenn er selbst sie nicht mehr in ausreichendem Maße wahrnehmen kann; der Betroffene soll nicht lediglich Objekt des Betreuungsverfahrens sein (vgl. BGH FamRZ 2003, 1275/1276; Keidel/Kayser FGG 15. Aufl. § 67 Rn. 10). Zudem wird sein Anspruch auf Gewährung des rechtlichen Gehörs effektiv sichergestellt (vgl. hierzu BayObLG Beschluss vom 14.12.2001 - 3Z BR 358/01- zitiert nach juris; Keidel/Kayser § 67 Rn. 9).
b) Im vorliegenden Fall war die Bestellung eines Verfahrenspflegers zur Sicherstellung des rechtlichen Gehörs erforderlich.
Das Amtsgericht hat das ärztliche Gutachten vom 14.10.2004 dem Betroffenen nicht in schriftlicher Form übermittelt, sondern es ihm nur im Rahmen der persönlichen Anhörung am 16.12.2004 "sinngemäß" bekannt gegeben. Es hat sich dabei offenbar auf die Aussage in dem Gutachten bezogen, eine Aushändigung des Gutachtens an den Patienten solle aus ärztlicher Sicht nicht erfolgen, da durch ein schriftliches Voraugenführen der Diagnosen sowie der diagnostischen Wertung eine wesentliche Verschlechterung der psychischen Erkrankung herbeigeführt werden könnte. Die Niederschrift über die Anhörung lässt nicht erkennen, wie detailliert dem Betroffenen das Gutachten bekannt gemacht worden ist.
Der Inhalt eines gemäß § 68b Abs. 1 Satz 1 FGG eingeholten Gutachtens eines Sachverständigen ist dem Betroffenen grundsätzlich vollständig in schriftlicher Form und rechtzeitig vor seiner persönlichen Anhörung zum Zwecke der Gewährung des gebotenen rechtlichen Gehörs bekannt zu geben. Eine Abweichung hiervon kann nur bei Vorliegen der engen Voraussetzungen des § 68 Abs. 2 FGG in Betracht kommen (vgl. OLG Düsseldorf FamRZ 1997, 1361/1362; BayObLG BtPrax 1993, 208/209). Es ist nicht zu beanstanden, wenn hier ein Fall des 68 Abs. 2 Nr. 1 FGG angenommen wird, obwohl derselbe Sachverständige bei drei früheren schriftlichen Gutachten keinen entsprechenden Vorbehalt aufgenommen hat.
In einer solchen Konstellation ist es aber unerlässlich, dem Betroffenen einen Pfleger für das Verfahren zu bestellen, der für den Betroffenen das ihm zustehende rechtliche Gehör wahrnehmen kann (vgl. BayObLG BtPrax 1996, 208/209; BayObLGZ 1989, 462/464).
Auf der fehlenden Bestellung eines Verfahrenspflegers beruht die Entscheidung auch. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass das Gericht aufgrund der Stellungnahme des Verfahrenspflegers zu einer anderen Entscheidung gekommen wäre. Die Sache war daher zu erneuter Behandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückzuverweisen.
Ende der Entscheidung
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