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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht München
Beschluss verkündet am 29.01.2007
Aktenzeichen: 34 Sch 23/06
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 1059 Abs. 2 Nr. 2 b
ZPO § 1060 Abs. 2 Satz 1
ZPO § 1062 Abs. 1 Nr. 4
Ein Schiedsspruch, der statt der beklagten BGB-Gesellschaft deren Gesellschafter als Gesamtschuldner verurteilt, verstößt gegen den ordre public.
Gründe:

I.

Mit Kaufvertrag vom 21.6.1999 verkaufte der Antragsteller an die Antragsgegnerin ein medizinisches Labor. Der Kaufvertrag der Parteien enthält eine Schiedsklausel. Im zugleich abgeschlossenen Schiedsvertrag war unter anderem die Geltung des 10. Buchs der Zivilprozessordnung geregelt. In der Folgezeit kam es zwischen den Parteien zu Unstimmigkeiten hinsichtlich des Kaufvertrages. Der Antragsteller klagte daraufhin vor dem Schiedsgericht gegen "die Gesellschaft bürgerlichen Rechts... (Straße, Ort), bestehend aus .... (natürliche Personen Nr. 1 bis 8)". Das Schiedsgericht erließ nach Beweisaufnahme und mündlicher Verhandlung am 22.8.2006 auszugsweise folgenden Schiedsspruch:

1. Die Schiedsbeklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Schiedskläger 1.022.583,76 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 v. H. über den Basiszinssatz seit dem 21.5.2004 zu bezahlen, Zug um Zug gegen Rückgabe der Bürgschaftsurkunde der Bayer. Hypo- und Vereinsbank vom 21.10.1999 in Höhe von bis zu 2 Mio. DM.

2. Die Schiedsbeklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, die Bürgschaftsurkunde Nr. 8901118509 über die Bürgschaft der Sparkasse E. vom 20.9.1999 in Höhe von bis zu 1 Mio. DM an den Schiedskläger herauszugeben.

3. Es wird festgestellt, dass sich die Schiedsbeklagten mit der Annahme der Leistung zu Ziffer 1 in Verzug befinden.

4. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

5. Von den Kosten des Schiedsverfahrens tragen die Schiedsbeklagten als Gesamtschuldner 83/100, der Schiedskläger 17/100.

Der Schiedsspruch wurde nicht zeitgerecht erfüllt. Mit Schriftsatz vom 21.9.2006 hat der Antragsteller beantragt, den oben wiedergegebenen Schiedsspruch in den Ziffern 1 bis 3 und 5 für vollstreckbar zu erklären. In der Folgezeit wurde der Schiedsspruch unter Vorbehalt der Rückforderung in Ziffer 1 erfüllt. Der Antragsteller hat daraufhin seinen Antrag zu den Ziffern 1 und 3 hilfsweise für erledigt erklärt. Für den Fall der Aufhebung des Schiedsspruchs hat er beantragt, das Verfahren an das Schiedsgericht zurückzuverweisen. Falls diesem Antrag nicht stattgegeben wird, hat er beantragt, den Schiedsspruch auch in Ziffer 4 aufzuheben.

Die Antragsgegnerin hat beantragt, den Schiedsspruch (ohne Ziffer 4) aufzuheben und den Antrag auf Vollstreckbarerklärung abzuweisen. Der Erledigterklärung des Antragstellers hat sie sich nicht angeschlossen, da sie den Antrag auf Vollstreckbarerklärung von Anfang an für unzulässig, hilfsweise für unbegründet, hält. Sie trägt dazu vor, der Schiedsspruch verstoße gegen den ordre public. Verklagt worden sei vor dem Schiedsgericht die Gesellschaft bürgerlichen Rechts, bestehend aus den dort genannten Gesellschaftern. Mit dem vorliegenden Schiedsspruch seien jedoch die Gesellschafter persönlich als Gesamtschuldner verurteilt worden. Diese selbst seien nicht Parteien des schiedsgerichtlichen Verfahrens gewesen. Für den Fall der Aufhebung hat sie sich gegen eine Zurückverweisung an dasselbe Schiedsgericht ausgesprochen.

Am 11.10.2006 erließ das Schiedsgericht einen Ergänzungsschiedsspruch, wonach Ort des schiedsgerichtlichen Verfahrens München ist.

II.

Der Antrag auf Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs ist zulässig, jedoch nicht begründet. Auf den Antrag der Antragsgegnerin war der Schiedsspruch im beantragten Umfang aufzuheben.

1. Für Anträge auf Vollstreckbarerklärung von in Bayern erlassenen Schiedssprüchen ist das Oberlandesgericht München zuständig (§ 1025 Abs. 1, § 1062 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 5 ZPO i.V.m. § 8 der Gerichtlichen Zuständigkeitsverordnung Justiz in der Fassung vom 16.11.2004 = GVBl S. 471).

2. Die formellen Voraussetzungen für die Vollstreckbarerklärung hat der Antragsteller durch Vorlage des Schiedsspruchs im Original erfüllt, § 1064 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

3. Es liegt ein Aufhebungsgrund im Sinne des § 1059 Abs. 2 Nr. 2 b ZPO vor. Die im Tenor des Schiedsspruchs zur Leistung Verurteilten sind nicht identisch mit der Schiedsbeklagten.

Beklagte laut Rubrum des Schiedsspruchs ist die Gesellschaft bürgerlichen Rechts, bestehend aus insgesamt acht natürlichen Personen. Dies entspricht auch der erhobenen Schiedsklage. Nach Anerkennung der BGB-Gesellschaft als teilrechtsfähig (BGHZ 146, 341) besitzt die Gesellschaft bürgerlichen Rechts Rechtsfähigkeit, soweit sie als Außengesellschaft durch Teilnahme am Rechtsverkehr eigene Rechte und Pflichten begründet. Insoweit besitzt sie auch die Parteifähigkeit im Zivilprozess, die gemäß § 50 ZPO mit der Rechtsfähigkeit korrespondiert (BGH aaO.).

Die Auslegung der Schiedsklage, die sich mit dem Rubrum des Schiedsspruchs deckt, ergibt hier, dass die Gesellschaft verklagt ist, somit Partei des Schiedsverfahrens geworden ist (§ 50 ZPO, § 1046 Abs. 1, § 253 ZPO). Die Gesellschafter selbst werden auch durch eine Bezeichnung, die der Identifizierung der Gesellschaft dient, nicht Partei. Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsteller und Schiedskläger mit der Bezeichnung der einzelnen Gesellschafter diese selbst verklagen wollte, nicht die Gesellschaft, liegen nicht vor. Eine Klage gegen die Gesellschafter persönlich, neben der gegen die Gesellschaft (vgl. BGH aaO.), ist nicht erfolgt.

Die Verurteilung der einzelnen Gesellschafter zur gesamten Hand verstößt unter diesen Umständen gegen den ordre public, insbesondere auch gegen das Gebot des rechtlichen Gehörs. Die Gesellschafter selbst sind nicht Partei des Schiedsverfahrens. Durch die Verurteilung werden sie zu einer Leistung verpflichtet, ohne zuvor am Verfahren beteiligt gewesen zu sein. Das haftende Vermögen ist ein anderes, nämlich nicht die Sondermasse Gesellschaftsvermögen, sondern das persönliche Vermögen der Gesellschafter (vgl. BayObLG, NJW-RR 2002, 991). Dieses ist mit den grundsätzlichen Verfahrensprinzipien der deutschen Rechtsordnung nicht zu vereinbaren. Der Schiedsspruch ist daher, soweit die Vollstreckbarerklärung beantragt ist, aufzuheben, § 1060 Abs. 2 ZPO. Da der Senat das Verfahren an das Schiedsgericht zurückverweist (s.u., Nr. 4), kommt der hilfsweise gestellte Antrag des Antragstellers betreffend die Aufhebung des Schiedsspruchs in Ziffer 4 nicht zum Tragen.

Eine Aufhebung des gesamten Schiedsspruchs von Amts wegen ist nicht veranlasst. Grundsätzlich ist eine Teilaufhebung eines Schiedsspruchs möglich, wenn der selbständig angegriffene Teil vom übrigen Schiedsspruch getrennt werden kann (Zöller/Geimer ZPO 26. Aufl. § 1059 Rn. 6). Dies ist hier der Fall, da sowohl der aufgehobene als auch der aufrecht erhaltene Teil des Schiedsspruchs selbständig und unabhängig von dem jeweils anderen Teil bestehen bleiben können. Dies gilt grundsätzlich im Fall von Geldforderungen (vgl. Schwab/Walter Schiedsgerichtsbarkeit 7. Aufl. Kap. 25 Rn. 14 a). Aus den Gründen des Schiedsurteils, insbesondere aus der Darstellung der mit der Schiedsklage geltend gemachten Ansprüche, ergibt sich eindeutig der Umfang der abgewiesenen Klage und damit des bestehen bleibenden Teils des Schiedsspruchs.

4. Der Senat verweist das Verfahren gemäß § 1059 Abs. 4 ZPO auf Antrag des Schiedsklägers und trotz der Einwendungen des Schiedsbeklagten an das Schiedsgericht zurück. Die Parteien haben für den Fall der Aufhebung eines Schiedsspruchs in ihrer Schiedsvereinbarung vom 21.6.1999 ausdrücklich geregelt, dass dann erneut ein Schiedsverfahren durchzuführen ist. Auch der Gesetzgeber geht grundsätzlich davon aus, dass bei Aufhebung des Schiedsspruchs die Schiedsvereinbarung wieder auflebt (vgl. § 1059 Abs. 5 ZPO; Zöller/Geimer ZPO 26. Aufl. § 1059 Rn. 87/88).

Es erscheint sachgerecht, das bestehende Schiedsgericht erneut mit der Sache zu befassen. Es sprechen keine gewichtigen Gründe gegen die Vertrauenswürdigkeit des Schiedsgerichts (vgl. dazu Schlosser in Stein/Jonas ZPO 22. Aufl. §1059 Rn. 27). Der zur Aufhebung des Schiedsspruchs führende Verstoß gegen den ordre public ist nicht dergestalt, dass das schon bestehende Schiedsgericht ihn nicht ohne größeren Aufwand beheben könnte. Dies gilt auch dann, wenn ein beisitzender Schiedsrichter inzwischen verstorben ist und deswegen ein Beisitzer neu bestellt werden muss. Der Senat geht davon aus, dass sich auch in diesem Fall die bestehende Sachkenntnis und Überzeugungsbildung der übrigen Schiedsrichter verfahrensfördernd auswirken werden.

5. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 ZPO, die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 3, 5 und 6 ZPO.

Ende der Entscheidung

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