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Gericht: Oberlandesgericht München
Beschluss verkündet am 10.01.2007
Aktenzeichen: 34 SchH 14/06
Rechtsgebiete: ZPO
Vorschriften:
ZPO § 1032 Abs. 1 | |
ZPO § 1032 Abs. 2 | |
ZPO § 1062 Abs. 1 Nr. 2 |
Gründe:
I.
Die Antragstellerin und die Antragsgegnerin, damals noch unter dem Namen "m.- AG" firmierend, schlossen am 11.08.2004 mit Wirkung zum 01.09.2004 einen Gesellschaftsvertrag über eine stille Beteiligung. In § 12 des Gesellschaftsvertrags vom 11.08.2004 vereinbarten die Vertragsparteien:
"§ 12 Schiedsvertrag
(1) Über alle Streitigkeiten aus diesem Vertrag entscheidet unter Ausschluss des Rechtsweges ein Schiedsgericht.
(2) Das Schiedsgericht entscheidet nach den Bestimmungen eines gesondert abzuschließenden Schiedsvertrages, der Bestandteil dieses Vertrages ist."
Eine Vereinbarung gemäß § 12 Abs. 2 wurde weder zeitgleich mit dem Gesellschaftsvertrag noch in der Folgezeit abgeschlossen. Mit Schriftsatz vom 07.10.2005 erhob die Antragstellerin Klage gegen die Antragsgegnerin beim Landgericht T. auf Rückzahlung der geleisteten Einlage von 145.000,00 EUR nebst Agio. In dem Rechtsstreit berief sich die Antragsgegnerin als dortige Beklagte auf § 12 des Gesellschaftsvertrages und wandte ein, dass nicht die staatlichen Gerichte, sondern ein Schiedsgericht über die Streitigkeit zu entscheiden habe. Nachdem der Vorsitzende Richter in der Güteverhandlung im Hinblick auf die Einrede der Schiedsabrede Bedenken gegen die Zulässigkeit der Klage geäußert hatte, hat die Antragstellerin am 21.11.2006 beim Oberlandesgericht beantragt, nach § 1032 Abs. 2 ZPO festzustellen, dass in dem zwischen den Parteien vor dem Landgericht T. geführten Rechtsstreit die Zulässigkeit eines Schiedsverfahrens nicht gegeben sei. Im Verfahren vor dem Landgericht T. hat die Antragstellerin einen zwischenzeitlich geschlossenen Vergleich widerrufen und Aussetzung des Verfahrens bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Feststellungsantrag beantragt. In der Sache hat die Antragstellerin im dortigen Verfahren vorgebracht, die Schiedsabrede sei mangels Bestimmbarkeit unwirksam. Demgegenüber steht die Antragsgegnerin als Beklagte auf dem Standpunkt, die Parteien müssten sich auf ein Schiedsgericht verständigen. Die Klägerin habe ihr Rügerecht verwirkt, denn sie habe den Mangel der Bestimmbarkeit im Verfahren nicht unverzüglich geltend gemacht und zudem hätte der Vertreter der Klägerin als zugelassener Rechtsanwalt den Mangel der Schiedsklausel bei Abschluss des Vertrages positiv kennen müssen. Das Landgericht T. hat bislang nicht entschieden.
Im vorliegenden Verfahren ist die Antragstellerin der Auffassung, ungeachtet des beim Landgericht T. anhängigen Rechtsstreits habe sie ein Rechtsschutzbedürfnis für eine Entscheidung des Oberlandesgerichts über die Unzulässigkeit des Schiedsverfahrens. Es entspreche der Prozessökonomie, vorab klären zu lassen, dass die Schiedsabrede aus den im Verfahren vor dem Landgericht T. vorgebrachten Gründen unwirksam sei.
Die Antragsgegnerin hält den Feststellungsantrag dagegen für unzulässig, da nunmehr das Landgerichts T. über die strittige Frage der Zulässigkeit der Klage vor den staatlichen Gerichten zu entscheiden habe.
II.
1. Die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts München für Entscheidungen gemäß § 1032 Abs. 2 ZPO ergibt sich aus § 1025 Abs. 2, § 1062 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2, Abs. 5 ZPO i.V.m. § 8 der Gerichtlichen Zuständigkeitsverordnung Justiz (GZVJu vom 4.11.2004, GVBl. S. 471). Da der Ort des schiedsrichterlichen Verfahrens (noch) nicht bestimmt ist, ist für die örtliche Zuständigkeit auf den Sitz der Antragsgegnerin abzustellen, der in Bayern liegt.
2. Der gestellte Antrag ist mangels Rechtsschutzbedürfnis als unzulässig zu verwerfen. Ihm fehlt das Rechtsschutzbedürfnis, weil bereits ein Hauptsacheverfahren vor einem staatlichen Gericht rechtshängig ist und dort die Schiedseinrede nach § 1032 Abs. 1 ZPO erhoben wurde.
a) Die ZPO bietet drei verschiedene Wege zur Klärung der Frage an, ob anstelle staatlicher Gerichte ein Schiedsgericht zuständig ist. Zum einen kann der Beklagte vor dem erstinstanzlich zuständigen Gericht nach § 1032 Abs. 1 ZPO die Schiedseinrede erheben, zum zweiten kann ein Antrag an das zuständige Oberlandesgericht auf Feststellung der Zulässigkeit oder Unzulässigkeit eines schiedsrichterlichen Verfahrens nach § 1032 Abs. 2, § 1062 Abs. 1 Nr. 2 ZPO gestellt werden, und zum dritten besteht die Möglichkeit, die Unzuständigkeit des Schiedsgerichts im schiedsrichterlichen Verfahren nach § 1040 Abs. 1 Satz 1 ZPO geltend zu machen. Das Gesetz enthält zwar Regelungen über das Verhältnis des schiedsrichterlichen Verfahrens gegenüber dem Verfahren vor den staatlichen Gerichten, nicht jedoch eine Bestimmung über das Rangverhältnis von § 1032 Abs. 1 ZPO und § 1032 Abs. 2 ZPO untereinander. In Übereinstimmung mit der Entscheidung des Bayerischen Obersten Landesgerichts vom 7.10.2002 (Az. 4 Z SchH 8/02 = SchiedsVZ 2003, 188 f mit zustimmender Anmerkung Busse) sieht der Senat grundsätzlich kein sachliches Bedürfnis für die Durchführung eines gesonderten Feststellungsverfahrens nach § 1032 Abs. 2 ZPO, wenn die Verfahrensbeteiligten zum Zeitpunkt der Antragstellung nach § 1032 Abs. 2 ZPO bereits in einem Hauptsacheverfahren nach § 1032 Abs. 1 ZPO über die Zulässigkeit des schiedsrichterlichen Verfahrens streiten. Regelmäßig wird das Hauptsachegericht eine Entscheidung über die streitige Schiedsklausel treffen, indem es die Klage entweder als unzulässig abweist oder in der Sache selbst entscheidet, und damit die Unsicherheit zwischen den Parteien über die Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung beseitigen (vgl. auch Musielak/Voit ZPO 5. Aufl. § 1032 Rn.12 m.w.N.). Überzeugende Gründe, weswegen sich ein weiteres Gericht parallel dazu mit der gleichen Fragestellung befassen soll, sind nicht ersichtlich. Die Antragstellerin legt auch keine besonderen Umstände dar, weshalb gerade im vorliegenden Fall eine Entscheidung im bereits anhängigen Rechtsstreit nicht zu einer hinreichenden Klärung über die Geltung der strittigen Schiedsklausel führen sollte.
Zudem würde die Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen gefördert, wenn man die Verfahren nach § 1032 Abs. 1 ZPO und § 1032 Abs. 2 ZPO selbständig nebeneinander betreiben könnte (BayOblG a.a.O).
b) Soweit die Antragstellerin einwendet, der vom Bayerischen Obersten Landesgericht entschiedene Fall sei nicht vergleichbar, da nur eine Nebenintervenientin dem Rechtsweg zu den Schiedsgerichten widersprach, kann der Senat hierin keinen relevanten Unterschied erkennen. Sowohl in dem entschiedenen als auch in dem anhängigen Verfahren streiten Verfahrensbeteiligte im Hauptsacheverfahren über die Wirksamkeit einer Schiedsklausel. Das Gericht der Hauptsache ist zur Entscheidung über diesen Streitpunkt nach § 1032 Abs. 1 ZPO berufen. Jede Partei hat die Möglichkeit, die Entscheidung des Gerichts mit Hilfe eines Rechtsmittels überprüfen zu lassen. Für die Befassung eines weiteren Gerichts besteht kein schützenswertes Interesse.
c) Auch der Grundsatz der Prozessökonomie spricht dafür, dass bei der vorliegenden Fallkonstellation das bereits eingeleitete Verfahren vorrangig ist. Die Prozessökonomie beurteilt sich nicht danach, wie das Gericht der Hauptsache über die strittige Schiedsklausel entscheiden wird und inwieweit die Parteien diesbezüglich Rechtsmittel ankündigen. Ebenso wenig ist darauf abzustellen, wie das nach § 1032 Abs. 2 ZPO angerufene Gericht die Wirksamkeit der Schiedsklausel materiell-rechtlich beurteilen würde. Entscheidend ist vielmehr, dass bereits ein Gericht mit der Frage befasst ist und hinreichender Rechtsschutz und Rechtssicherheit für die Parteien in diesem Verfahren gewährleistet sind.
Im Übrigen kann es nicht im Belieben einer Partei stehen, mit Hilfe eines Antrags nach § 1032 Abs. 2 ZPO eine ihr unliebsame Entscheidung des Prozessgerichts zu vermeiden und stattdessen - gegebenenfalls auch in einem fortgeschrittenen Stadium des Hauptsacheverfahrens - ein weiteres Gericht mit der strittigen Schiedsklausel zu befassen, in der Hoffnung, dieses Gericht werde sich von ihren Argumenten überzeugen lassen.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
Der Streitwert für das Verfahren ist gemäß § 3 ZPO, §§ 48, 63 GKG nach freiem Ermessen des Gerichts zu bestimmen. Da das Verfahren nach § 1062 Abs. 1 Nr. 2 ZPO - anders als das Verfahren nach § 1062 Abs. 1 Nr. 4 ZPO - nicht die Hauptsacheforderung selbst zum Gegenstand hat, sondern nur eine Vorfrage des schiedsrichterlichen Verfahrens betrifft, hält der Senat den Ansatz eines Bruchteils des Hauptsachestreitwerts, nämlich rund eines Drittels, für angemessen (vgl. Reichold in Thomas/Putzo ZPO 27. Aufl. § 1063 Rn. 5).
Ende der Entscheidung
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