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Gericht: Oberlandesgericht München
Beschluss verkündet am 15.11.2006
Aktenzeichen: 34 Wx 118/06
Rechtsgebiete: WEG


Vorschriften:

WEG § 43
Erledigt sich ein Beschlussanfechtungsverfahren in der Hauptsache, ist ein Antrag, mit dem die Ungültigerklärung des Eigentümerbeschlusses weiterverfolgt wird, unzulässig. Ebenfalls regelmäßig mangels Rechtsschutzinteresses unzulässig ist ein Antrag, nunmehr die Rechtswidrigkeit des Eigentümerbeschlusses festzustellen.
Gründe:

I.

Die Beteiligten sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage. Der Verwalter ist ebenfalls Wohnungseigentümer und auf der Seite der Antragsgegner am Verfahren beteiligt.

In einem am 12.1.2005 abgeschlossenen gerichtlichen Vergleich hatten sich die Wohnungseigentümer darüber geeinigt, dass der Hof gepflastert werden solle. Nach Sicherung der Finanzierung sollte die Eigentümergemeinschaft über die konkrete Ausführung entscheiden, wobei die Hausverwaltung im Vorfeld zwei Angebote erholen sollte.

In der Eigentümerversammlung vom 13.4.2005 beschlossen die Wohnungseigentümer mehrheitlich die Auftragsvergabe an die Firma R. GmbH für Mai 2005.

Die Antragstellerin hat diesen Beschluss am 12.5.2005 angefochten, da entgegen dem Vergleich und trotz zuvor eingeholter weiterer Angebote nur ein Angebot zur Abstimmung gestellt worden sei.

Im Mai 2005 wurden die Pflasterarbeiten von der Firma R. GmbH durchgeführt. Die Antragstellerin rügt insoweit auch, dass die Arbeiten nicht entsprechend der gerichtlichen Vereinbarung und zudem nicht sachgerecht ausgeführt worden seien.

Das Amtsgericht hat den Anfechtungsantrag am 22.5.2006 mangels Rechtsschutzbedürfnisses als unzulässig abgewiesen. Gegen diese Entscheidung hat die Antragstellerin sofortige Beschwerde eingelegt, die das Landgericht durch Beschluss vom 4.9.2006 zurückgewiesen hat. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin.

II.

Das zulässige Rechtsmittel ist unbegründet.

1. Das Landgericht hat ausgeführt:

Aufgrund der zwischenzeitlich durchgeführten Pflasterungsarbeiten sei eine Erledigung der Hauptsache eingetreten, da die am 13.4.2005 beschlossene Auftragsvergabe nicht mehr rückgängig gemacht werden könne. Eine Aufhebung dieses Beschlusses hätte für die Antragstellerin keinerlei rechtlichen Vorteil. Da die Antragstellerin ihren ursprünglichen Anfechtungsantrag nicht für erledigt erklärt habe, sondern in der Beschwerdeinstanz weiterhin den Antrag auf "Aufhebung" des Beschlusses verfolge, sei die Beschwerde zurückzuweisen.

2. Die Ausführungen des Landgerichts halten der rechtlichen Nachprüfung stand.

a) Zutreffend geht das Beschwerdegericht davon aus, dass nach Auftragsvergabe und vollständiger Durchführung der Pflasterarbeiten Erledigung der Hauptsache eingetreten ist. Die Hauptsache ist erledigt, wenn durch ein Ereignis nach Verfahrenseinleitung die Sach- und Rechtslage derart verändert worden ist, dass der Verfahrensgegenstand fortgefallen ist und deshalb eine Sachentscheidung über den Antrag nicht mehr erforderlich ist (Niedenführ/Schulze WEG 7. Aufl. Vor §§ 43 ff. Rn. 212). Das Gericht hat die Erledigung von Amts wegen zu prüfen und zu berücksichtigen (vgl. § 12 FGG; Niedenführ/Schulze Vor §§ 43 ff. Rn. 221). Gegenstand des Eigentümerbeschlusses ist vorliegend nicht die Hofpflasterung als solche, die bereits Inhalt des Vergleichs vom 12.1.2005 war, sondern ausschließlich die Auftragsvergabe an die Firma R. GmbH. Diese aber kann zumal nach Beendigung der Arbeiten tatsächlich nicht mehr rückgängig gemacht werden (vgl. auch Weitnauer/Mansel WEG 9. Aufl. Nach § 43 Rn. 7). Ein berechtigtes Interesse der Antragstellerin an der Ungültigerklärung des angefochtenen Beschlusses besteht nicht mehr. Dies gilt auch, sofern die Antragstellerin beabsichtigen sollte, Schadensersatzansprüche, etwa gegen den Verwalter, geltend zu machen. Denn das mit der Klage auf Schadensersatz befasste Gericht kann die Ordnungsmäßigkeit der Beschlussfassung, soweit entscheidungserheblich, inzident selbst prüfen (Senat Beschluss vom 18.9.2006, 34 Wx 89/06 = ZfIR 2006, 738 - LS).

Infolge der Erledigung der Hauptsache ist das Rechtsschutzbedürfnis der Antragstellerin entfallen. Trotz gerichtlichen Hinweises hat die Antragstellerin diesem Umstand nicht durch entsprechende Antragsänderung Rechnung getragen. Das Landgericht hat deshalb die sofortige Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts, das den Antrag ohne sachliche Prüfung als unzulässig verworfen hat, zu Recht zurückgewiesen. Auf die Frage der Ordnungsmäßigkeit des angefochtenen Beschlusses kommt es vorliegend nicht an.

b) Abweichendes gilt auch nicht deswegen, weil die Antragstellerin bereits in der mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht den ursprünglichen Antrag auf Ungültigerklärung in einen Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit des zu TOP 2 am 13.4.2005 gefassten Eigentümerbeschlusses "umgestellt" hat. Denn insoweit besteht im Hinblick auf die Befugnis der Gerichte, die Rechtmäßigkeit der Beschlussfassung in etwaigen Folgeprozessen selbst prüfen zu können, ebenfalls kein Feststellungsinteresse (vgl. Niedenführ/Schulze Vor §§ 43 ff. Rn. 38). Die Rechtslage ist insofern nicht anders zu beurteilen als bei der Beschlussanfechtung.

Im Übrigen sieht das Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit einen Fortsetzungsfeststellungsantrag grundsätzlich nicht vor. Eine entsprechende Anwendung der Vorschriften anderer Prozessordnungen kommt nicht in Betracht (BayObLG ZMR 2004, 600; OLG Frankfurt NZM 2006, 786; vgl. Kahl in Keidel/Kuntze/Winkler FGG 15. Aufl. § 19 Rn. 86). Eine schwere Beeinträchtigung der Rechte der Antragstellerin, insbesondere ein tiefgreifender Grundrechtseingriff, der nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ein rechtliches Interesse an einer Feststellung begründen würde (vgl. Kahl aaO), liegt offensichtlich nicht vor. Das allgemeine Interesse der Wohnungseigentümer an einer ordnungsmäßigen Verwaltung (§ 21 Abs. 4 WEG) genügt dafür nicht. Die Behauptung der Antragsstellerin, die Pflasterarbeiten seien weder entsprechend der gerichtlichen Vereinbarung vom 12.1.2005 noch sachgerecht ausgeführt worden, ist insoweit ohne Bedeutung.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 47 WEG. Es erscheint angemessen, der Antragstellerin nicht nur die gerichtlichen, sondern auch die außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens aufzuerlegen, da das Rechtsmittel von vorneherein ohne Aussicht auf Erfolg war.

Die Festsetzung des Geschäftswerts ergibt sich aus § 48 Abs. 3 Satz 1 WEG und entspricht der unbeanstandet gebliebenen Geschäftswertfestsetzung durch die Vorinstanzen. Der Geschäftswert des Feststellungsantrags entspricht dem Geschäftswert der Beschlussanfechtung (BayObLG ZMR 2004, 600).



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