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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht München
Beschluss verkündet am 30.01.2007
Aktenzeichen: 34 Wx 128/06
Rechtsgebiete: WEG


Vorschriften:

WEG § 14 Nr. 4
WEG § 16 Abs. 2
WEG § 28 Abs. 1
WEG § 28 Abs. 3
Auch die Forderung eines Wohnungseigentümers aus § 14 Nr. 4 WEG unterfällt in aller Regel dem Verbot der Aufrechnung mit Gemeinschaftsforderungen; dies gilt auch, soweit die Gemeinschaftsforderung ihren Rechtsgrund in einem Sonderumlagenbeschluss für diejenige Maßnahme hat, aus der der Eigentümer seinen Schadensersatzanspruch gemäß § 14 Nr. 4 WEG herleitet.
Gründe:

I.

Die Antragsgegnerin ist Miteigentümerin der Wohnung Nr. 190 sowie der Garage Nr. 91140 in einer Wohnanlage, die von der Antragstellerin verwaltet wird. Laut Verwaltervertrag ist die Antragstellerin ermächtigt, rückständige Hausgeldzahlungen zugunsten der Gemeinschaft auch in eigenem Namen gerichtlich geltend zu machen. Die Antragstellerin macht gegen die Antragsgegnerin die Zahlung von Wohngeld und anteiliger Sonderumlagen in Höhe von insgesamt 9.131,13 EUR geltend. Dieser Anspruch setzt sich wie folgt zusammen, wobei die den Forderungen zugrunde liegenden Beschlüsse alle bestandskräftig und die einzelnen Beträge nicht im Streit sind:

a) Für die Wohnung Nr. 190:

aa) Jahresabrechnung 2002 (Beschluss vom 6.5.2003, Tagesordnungspunkt -TOP- 4 b), Rest: 68,99 EUR

bb) Sonderumlage für die Dachsanierung (Beschluss vom 12.11.2002, TOP 5), Rest: 2.407,60 EUR

cc) erste Sonderumlage für die Terrassensanierung (Beschluss vom 6.5.2003, TOP 9), Rest: 3.774,59 EUR

dd) weitere Sonderumlage für die Terrassensanierung (Beschluss vom 28.7.2005, TOP 6), Rest: 2.473,40 EUR

b) Garage Nr. 91140

aa) Jahresabrechnung 2002 (Beschluss vom 6.5.2003, TOP 4 b), Rest: 12,32 EUR

bb) Sonderumlage (Beschluss vom 6.5.2003, TOP 9), Rest: 141,82 EUR

cc) Jahresabrechnung 2003 (Beschluss vom 9.7.2004, TOP 4 b), Rest: 91,64 EUR

dd) Jahresabrechnung 2004 (Beschluss vom 28.7.2005, TOP 4 b), Rest: 70,75 EUR

ee) Sonderumlage für die Terrassensanierung (Beschluss vom 28.7.2005, TOP 6),

Rest: 90,25 EUR

Die Antragsgegnerin ist der Auffassung, die Sonderumlage für die Dachsanierung sei nicht aus dem Beschluss vom 12.11.2002 (140.000 EUR), sondern aus dem zuvor gefassten Beschluss vom 22.7.2002 in Höhe von nur 75.000 EUR zu erheben. Dieser Beschluss sei in der Eigentümerversammlung vom 10.10.2002 ohne sachlichen Grund aufgehoben worden. Im Übrigen rechne sie mit Gegenansprüchen auf (fehlende Nutzbarkeit ihrer Dachterrasse vom 5.5. bis 9.9.2003 infolge der Dachsanierung, Schäden durch nicht ordnungsgemäß eingebaute Dachgauben, Abschlag wegen Einbaus von Fenstern minderer Qualität, Beschädigung des Parkettbodens durch Feuchtigkeit infolge falsch eingebauter Fenster und Schäden bei der Terrassensanierung).

Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 11.5.2006 die Antragsgegnerin in der Hauptsache antragsgemäß verpflichtet. Die dagegen eingelegte sofortige Beschwerde hat das Landgericht mit Beschluss vom 16.10.2006 zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegnerin.

II.

Die zulässige sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegnerin ist nicht begründet.

1. Das Landgericht hat ausgeführt:

Die Antragstellerin sei ausweislich des Verwaltervertrags zur Antragstellung im eigenen Namen berechtigt.

Die Antragsgegnerin sei gemäß § 16 Abs. 2 WEG in Verbindung mit den bestandskräftigen Beschlüssen über die Erhebung der Sonderumlagen und die Genehmigung der Jahresabrechnungen 2002, 2003 und 2004 zur Zahlung in der beantragten Höhe verpflichtet. Hinsichtlich der Forderung in Höhe von 2.407,60 EUR aus der Sonderumlage für die Dachsanierung könne sich die Antragsgegnerin nicht auf den ursprünglichen Beschluss der Wohnungseigentümer vom 22.7.2002 berufen. Der Beschluss vom 12.11.2002, mit dem eine Sonderumlage in Höhe von 140.000 EUR beschlossen wurde, sei bestandskräftig. Die Antragsgegnerin habe daher den auf sie entfallenden Anteil zu bezahlen.

Eine Aufrechnung der Antragsgegnerin sei nicht zulässig. Es bestehe in Wohnungseigentumssachen ein grundsätzliches Aufrechnungsverbot für Forderungen der Eigentümer mit Gemeinschaftsforderungen. Dies gelte auch für mögliche Forderungen der Antragsgegnerin aus § 14 Nr. 4 WEG. Titulierte oder unbestrittene Forderungen lägen nicht vor.

2. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung durch den Senat stand (§ 27 Abs. 1 Satz 2 FGG, § 546 Abs. 2, 559 Abs. 2 ZPO).

a) Zu Recht ist das Beschwerdegericht davon ausgegangen, dass die Antragstellerin zur Geltendmachung der Wohngeldforderungen im eigenen Namen berechtigt ist. Auch die Ausführungen des Landgerichts zum Bestand und zur Höhe der gegen die Antragsgegnerin geltend gemachten Forderungen begegnen keinen Bedenken. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Ausführungen des Landgerichts Bezug genommen.

b) Die Antragsgegnerin ist nicht berechtigt, mit den gegen sie bestehenden Forderungen ihre - bestrittenen - Gegenforderungen aufzurechnen. Das grundsätzliche Aufrechnungsverbot für Wohngeldforderungen gilt auch hier. Gegenüber dem Anspruch auf Wohngeld kann nach gefestigter Rechtsprechung nur mit gemeinschaftsbezogenen Gegenforderungen nach § 21 Abs. 2 WEG (Notmaßnahmen) oder §§ 680, 683 BGB (Geschäftsführung ohne Auftrag) aufgerechnet werden, es sei denn, die Gegenforderung ist anerkannt oder rechtskräftig festgestellt (Niedenführ/Schulze WEG 7. Aufl. § 28 Rn. 142 m.w.N.). Gleiches gilt für die Aufrechnung gegenüber einem Anspruch auf Zahlung einer Sonderumlage (BayObLG ZWE 2003,179). Notmaßnahmen oder eine Geschäftsführung ohne Auftrag sind nicht Rechtsgrund der Gegenforderungen der Antragsgegnerin. Das Verbot der Aufrechnung (und Zurückbehaltung) ist darin begründet, dass eine ordnungsmäßige Verwaltung nur dann gewährleistet ist, wenn alle Wohnungseigentümer ihren Zahlungspflichten nachkommen (vgl. KK-WEG/Happ § 16 Rn. 39; Merle in Bärmann/Pick/Merle WEG 9. Aufl. § 28 Rn. 148). Nur dann ist die Zahlungsfähigkeit der Gemeinschaft gesichert. Diese darf nicht durch eine Auseinandersetzung über Gegenansprüche gefährdet werden (vgl. BayObLG aaO.).

Dies gilt auch für mögliche Forderungen der Antragsgegnerin aus § 14 Nr. 4 WEG. Die generelle Zulassung solcher dem Grunde und der Höhe nach bestrittenen Ansprüche als Aufrechnungsforderung gegen die aus einer Sonderumlage resultierende Forderung der Gemeinschaft würde schnell zur Handlungsunfähigkeit einer Eigentümergemeinschaft führen. Der Entscheidung des Landgerichts Frankfurt (ZMR 1989, 271; und im Anschluss daran Merle in Bärmann/Pick/Merle § 28 Rn. 148), wonach ein Eigentümer Forderungen der Eigentümergemeinschaft aus einer Sonderumlage für eine Maßnahme mit seinen Ansprüchen aus § 14 Nr. 4 WEG wegen dieser Maßnahme aufrechnen darf, folgt der Senat nicht. Ein Verstoß gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB) vermag der Senat vorliegend nicht zu erkennen. Vielmehr ist es der Antragsgegnerin im Interesse einer funktionierenden Gemeinschaft zuzumuten, ihre Forderungen gesondert gerichtlich geltend zu machen.

Auch soweit die Wohnungseigentümergemeinschaft nunmehr als teilrechtsfähig anerkannt ist, ergibt sich daraus für das generelle Aufrechnungsverbot nichts anderes. Ein Vergleich mit der BGB-Gesellschaft oder einer Erbengemeinschaft, in denen ein generelles Aufrechnungsverbot nicht besteht, kann nicht gezogen werden. Anders als bei der BGB-Gesellschaft oder der Erbengemeinschaft (die nicht teilrechtsfähig ist, BGH NJW 2006, 3715), dient das Aufrechnungsverbot in Wohnungseigentumssachen der gesicherten Verwaltung und der Funktionsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft (s.o.). Dafür ist der regelmäßige Geldeingang notwendige Voraussetzung. Dies unterscheidet die Wohnungseigentümergemeinschaft von der BGB-Gesellschaft oder einer Erbengemeinschaft.

Die sofortige weitere Beschwerde ist daher zurückzuweisen.

III.

Die Entscheidung über die Gerichtskosten ergibt sich aus § 47 Satz 1 WEG. Es erscheint gemäß § 47 Satz 2 WEG angemessen, die in allen Instanzen unterlegene Antragsgegnerin auch mit den außergerichtlichen Kosten der Gegenseite im Rechtsbeschwerdeverfahren zu belasten.

Die Festsetzung des Geschäftswerts beruht auf § 48 Abs. 3 WEG. Maßgebend ist der geltend gemachte Zahlungsbetrag.

Ende der Entscheidung

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