Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht München
Beschluss verkündet am 26.06.2006
Aktenzeichen: 34 Wx 3/06
Rechtsgebiete: WEG, ZPO


Vorschriften:

WEG § 43 Abs. 1 Nr. 4
WEG § 23 Abs. 1
WEG § 23 Abs. 4
ZPO § 256 Abs. 1
1. Unter § 43 Abs. 1 Nr. 4 WEG fällt auch der Antrag, festzustellen, dass ein Eigentümerbeschluss mit einem bestimmten (in der Versammlungsniederschrift protokollierten) Inhalt nicht zustande gekommen ist. Offen bleibt, ob ein solcher Antrag der Monatsfrist des § 23 Abs. 4 Satz 2 WEG unterliegt (wie BayObLGZ 1995, 407).

2. Ein Antrag auf Ungültigerklärung des in der Niederschrift ausgewiesenen Beschlusses kann im Einzelfall in einen Antrag auf Feststellung, dass ein Beschluss zu diesem Tagesordnungspunkt nicht zustande gekommen ist, umgedeutet werden; er setzt entsprechend § 256 Abs. 1 ZPO ein rechtliches Interesse an der Feststellung voraus.


Gründe:

I.

Der Antragsteller und der Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage, die aus zwei selbständigen Gebäudekomplexen besteht. Das Gesamtgrundstück ist durch die Begründung von Sondereigentum und Sondernutzungsrechten in zwei Flächen aufgeteilt. Der Antragsteller hält 36/100stel Miteigentumsanteile verbunden mit dem Sondereigentum an dem Anwesen R.-straße 26a; der Antragsgegner hält 64/100stel Miteigentumsanteile verbunden mit dem Sondereigentum an der Einheit R.-straße 26. Das Stimmrecht bemisst sich nach der Größe der Miteigentumsanteile.

Gemäß § 4 der Gemeinschaftsordnung (GO) ist dem jeweiligen Eigentümer das alleinige Nutzungsrecht an denjenigen Teilen, Anlagen und Einrichtungen der zu seinem Wohnungseigentum gehörenden Gebäude, die nicht Gegenstand des Sondereigentums sind, eingeräumt. Nach § 7 GO ist jeder Wohnungseigentümer verpflichtet, die seinem Sondereigentum unterliegenden Gebäudeteile und die Teile, Anlagen und Einrichtungen des Gebäudes und des Grundstücks, die seiner alleinigen Nutzung unterliegen, ordnungsgemäß instand zu halten und instand zu setzen sowie auf seine Kosten zu unterhalten.

Laut dem vom Antragsgegner am 25.2.2005 gefertigten Protokoll wurden in der Eigentümerversammlung vom 11.2.2005 unter den Tagesordnungspunkten (TOP) 2, 4, 4.1, 4.2, 5.1, 5.2 und 9 folgende Beschlüsse gefasst:

TOP 2

Dr. L. (= der Antragsteller) ist verpflichtet, seine Entscheidung und Vergabe zur Instandhaltung/ Instandsetzung der Fensterläden bis zum 31.3.2005 Dr. Dr. S. (= der Antragsgegner) bekannt zu geben.

TOP 4

Die Wohnungseigentümer haben auf jeweils eigene Kosten die ihrer alleinigen Nutzung unterliegenden Bestandteile streichen zu lassen. Das bedeutet für Dr. Dr. S.: Die beiden Garagentore mit seitlichen Einfassungen und 1 1/2 Garagenpfeiler sowie die seitliche Garagenvorplatzmauer (Nord).

Für Dr. L.: sein Garagentor mit seitlichen Einfassungen mit 1/2 Garagenpfeiler, die seitliche Garagenvorplatzmauer (Süd) sowie die Gartenmauer entlang der Straße mit Gittereinsätzen streichen zu lassen.

Das innerbereichliche Trenngitter ab Abfallhäuschen bis zur Sickerfläche NW des Hauses R.-straße 26a ist als Gemeinschaftseigentum mit Kostenschlüssel 50 : 50 wegen Flächengleichheit der südlichen und nördlichen Stahlgitterseite instand zu halten.

Die Eigentümer haben (ohne Tonnenhäuschenbereich) bis 30.4.2005 die im gemeinschaftlichen Eigentum befindlichen Trenngitter und die zur Hälfte zu übernehmenden Bestandteile instand zu setzen. Dr. L. unterrichtet seine Mieter über den Malertermin (BGB § 554). Dr. L. hat bis zum 15.4.2005 für den Zweck der Streicharbeiten (Instandsetzung) zunächst den Betrag von 613,56 EUR auf das Konto (......) zu überweisen.

TOP 4.1

Dr. L. wird aufgefordert, seine Stellungnahme zur Wiederherstellung des Milchkästchens unter den vorgenannten Gegebenheiten bis zum 15.4.05 an Dr. Dr. S. bekannt zu geben. Wenn dieses Milchkästchen wieder hergestellt werden soll, dann muss auch der über der oberen Torangel quergerissene Torpfeiler in Sichtbeton wieder instand gesetzt, d.h. abgetragen und neu aufgezogen werden. Gemäß Beschluss des BayObLG handelt es sich um eine bauliche Veränderung, die bei nachgewiesenem, notwendigem Gebrauch nicht zulässig ist.

Ohne hinreichende Begründung des Dr. L. zum Wegfall des Milchkästchens bis zum 30.3.05 ist dieses in der ursprünglichen Art bei gleichzeitiger fachgerechter Instandsetzung des jetzt quergerissene Torpfeilers in Sichtbeton wieder herzustellen.

Die Kosten für die Wiederherstellung hat Dr. L. zu tragen.

TOP 4.2

Dr. L. hat entgegen allen Hinweisen zur gesetzesgerechten Herstellung des von ihm genutzten Abfallhäuschenanteils die einschlägigen Vorschriften und Gesetze nicht beachtet, so dass für Menschen und Sachsubstanz immerzu Schäden entstehen.

Dr. L. wird verpflichtet, auf seine Kosten sein SE "Müllbox" unter genauer Abstimmung mit dem gemeinschaftlichen Eigentum nach §§ 4, 7 und 9 GO gesetzesgerecht bis zum 15.4.05 umzubauen. Dr. L. unterrichtet unter Hinweis auf BGB § 554 seine Mieter.

TOP 5.1

Dr. L. wird verpflichtet, eine Fensterschadensliste nach Dringlichkeitsstufen aufzustellen. Notwendige Begehungstermine dazu vereinbart Dr. L. mit seinen Mietern. Dr. L. wird weiter verpflichtet, eine Dachgeschoss-Gesamtsanierung unter besonderer Berücksichtigung der Hauswasserversorgung ordnungsgemäß vorzubereiten und nach Erlass der AG- und LG-Beschlüsse die sachlichen Abwicklungsvorhaben sowie die fachmännische Abwicklung nach Netzplanverfahren in Abstimmung mit Dr. Dr. S. durchzuführen. Solche vorlaufenden Planungsarbeiten sind notwendig, weil Dr. L. die aktuellen Vorhaben mit entscheiden muss.

Auf die BGH-Urteile zur Informationspflicht Mandant-Rechtsanwalt wird hingewiesen. Vor allem wird auf die ergänzende Pflicht des Rechtsanwalts zur Sachverhaltsaufklärung für eine ordnungsgemäße Beratung hingewiesen.

TOP 5.2

Dr. L. wird verpflichtet, die notwendige Gartenbegehung mit seinen Mietern bis 15.4.05 zu vereinbaren und den Termin Dr. Dr. S. alsbald bekannt zu geben. Dr. L. wird verpflichtet, die Begehung von dem sehr erfahrenen Gartenbaumeister G. nach tariflichen Bedingungen durchführen zu lassen.

Dr. L. hat bis zum 15.4.05 für den anteiligen Gutachterbetrag und für vier Gartenproben zu zahlen 1.026,40 EUR auf das Konto (......)

TOP 9

Dr. L. wird verpflichtet, die Aufträge für die Gartenpflege und für die Dachinstandhaltungsarbeiten an Fachhandwerker zu den jeweils gültigen Tarifpreisen zu vergeben. Die Kosten für die turnusmäßigen Arbeiten hat Dr. L. gemäß GO §§ 4 und 7 zu tragen. Die Instandhaltungsarbeiten sind bis auf weiteres halbjährlich durchzuführen.

Die Jahreskosten sind jeweils zum 1. April auf das Konto (......) zu überweisen.

Dr. Dr. S. wird verpflichtet, die buchhalterische Abwicklung im Rahmen des jährlichen Wirtschaftsplanes verantwortlich zu übernehmen.

Der Antragsteller hat diese Beschlüsse fristgerecht angefochten. Mit Beschluss vom 28.7.2005 hat das Amtsgericht die angefochtenen Beschlüsse für ungültig erklärt. Gegen diesen Beschluss hat der Antragsgegner sofortige Beschwerde eingelegt. Zugleich hat er mehrere Wideranträge gestellt, mit denen der Antragsteller verpflichtet werden soll, die angefochtenen Beschlüsse zu erfüllen, nachteilige Auswirkungen zu beseitigen und die Handwerker auf das Produkthaftungsgesetz hinzuweisen. Zudem rügt er sinngemäß darin die Zuständigkeit des Amtsgerichts für die Aufhebung der Eigentümerbeschlüsse.

Die Beteiligten haben in der Beschwerdeinstanz das Verfahren übereinstimmend hinsichtlich des Beschlusses zu TOP 4 insoweit für erledigt erklärt, als dort die Verpflichtung zum Streichen des Gartentors und der seitlichen Einfassung enthalten ist. Ferner wurde die Hauptsache insoweit übereinstimmend für erledigt erklärt, als in den Beschlüssen zu TOP 2, 4, 4.1, 4.2 und 5.2 Fristsetzungen enthalten und die Fristen bereits abgelaufen sind. Mit Beschluss vom 15.12.2005 hat das Landgericht die sofortige Beschwerde zurückgewiesen und die Wideranträge des Antragsgegners als unzulässig verworfen. Zudem hat es dem Antragsgegner die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens auferlegt. Dagegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde des Antragsgegners.

II.

Das zulässige Rechtsmittel hat in der Sache keinen Erfolg.

1. Das Landgericht hat ausgeführt:

a) Das Amtsgericht/Wohnungseigentumsgericht sei gemäß § 43 Abs. 1 Nr. 4 WEG zuständig für die Entscheidung über die Gültigkeit von Beschlüssen der Wohnungseigentümer.

b) Zu den TOP 2, 4 und 5.1 seien Beschlüsse mit dem im Protokoll festgehaltenen Inhalt nicht gefasst und nicht verkündet worden. Dies habe die Beweisaufnahme zur Überzeugung der Kammer ergeben. Trotz des Protokolls habe die Kammer über den Inhalt der Eigentümerversammlung und der gefassten Beschlüsse Beweis erheben können. Die ordnungsgemäß erstellte Niederschrift sei eine Privaturkunde im Sinne des § 416 ZPO. Ihre Beweiskraft beschränke sich daher auf die Urheberschaft des Ausstellers, erstrecke sich aber nicht auf die inhaltliche Richtigkeit der Niederschrift. Die Einvernahme der beiden bei der Eigentümerversammlung anwesenden Rechtsanwälte als Zeugen sowie des Antragsgegners als Beteiligten habe ergeben, dass zu den genannten Tagesordnungspunkten keine Beschlüsse gefasst worden seien. Rechtsanwältin F., die trotz ihrer Beteiligung an dem Rechtsstreit als Verfahrensbevollmächtigte des Antragstellers uneingeschränkt glaubwürdig sei, habe auf der Grundlage ihrer Notizen aus der Eigentümerversammlung klare Angaben über die Beschlussfassungen machen können. Auch der von Amts wegen vernommene Zeuge Rechtsanwalt K. habe glaubwürdig gewirkt, habe aber laut eigenem Bekunden keine aktive Erinnerung mehr, ob und welche Beschlüsse gefasst worden seien. Er sei trotz der ihm vorliegenden Notizen und Unterlagen teilweise nicht zu klaren Aussagen über den Ablauf der Eigentümerversammlung in der Lage gewesen. Die Angaben des Antragsgegners, der als Beteiligter gehört worden sei, stünden der Aussage von Rechtsanwältin F. zwar entgegen. Seine Ausführungen in der mündlichen Verhandlung hätten aber ersichtlich eher dem Zweck gedient, seine Auffassung zu rechtfertigen, als aufzuklären, ob überhaupt ein Beschluss gefasst worden sei. Die Kammer gehe auch angesichts des persönlichen Eindrucks, den der Antragsgegner hinterlassen habe, davon aus, dass ein durchschlagendes Eigeninteresse am Ausgang des Rechtsstreits vorliege, welches die Aussagen des Antragsgegners geprägt habe. Seine Angaben erschütterten daher die der anderen beiden Zeugen nicht.

c) Die zu den Tagesordnungspunkten 4.1, 4.2 gefassten Beschlüsse seien ungültig, da sie zu unbestimmt seien. Zudem entsprächen sie auch inhaltlich nicht ordnungsgemäßer Verwaltung.

d) Der zu TOP 5.2 gefasste Beschluss sei nicht gefasst worden wie im Protokoll wiedergegeben, sondern wie folgt:

"Es werden im südwestlichen Teil der Sondernutzungsfläche (Garten L.) vier Bodenproben entnommen, die durch das Bioanalytische Institut der TU in W. analysiert werden sollen. Die Analysen kosten etwa 100 Euro brutto je Bodenprobe. Die tatsächlich abgerechneten Kosten hierfür trägt Herr Dr. L.

Es wird bei Schneefreiheit, spätestens 15.4.2005 eine Begehung des Gartens mit dem Sachverständigen und Gartenbaumeister G. durchgeführt. Die Kosten hierfür werden 1.500 EUR zuzüglich Mehrwertsteuer betragen. Die Kosten werden auf Herrn Dr. L. (36 %) und Herrn Dr. Dr. S. (64 %) nach ihren Miteigentumsanteilen aufgeteilt."

Dieser Beschluss entspreche nicht ordnungsmäßiger Verwaltung. Da die Durchführung der Gartenpflege für diesen Gartenteil gemäß § 4 Nr. 2 der Teilungserklärung dem Antragsteller obliege, greife der Beschluss in unzulässiger Weise in den durch die Teilungserklärung festgelegten Kompetenzbereich des Antragstellers ein. Zwar obliege dem Antragsteller gemäß §§ 4, 7 GO die Instandhaltung seiner Sondernutzungsfläche, was unter Umständen auch nützliche Maßnahmen erforderlich mache. Die behauptete Verseuchung des Gemeinschaftseigentums durch den Laubhaufen des Antragstellers mit Laubsäure erscheine dem Gericht aber so fern liegend, dass dies keine nützliche und wirtschaftliche Maßnahme sei.

e) Auch der zu TOP 9 gefasste Beschluss greife in unzulässiger Weise in den durch die Teilungserklärung festgelegten Kompetenzbereich des Antragstellers ein.

f) Die vom Antragsgegner gestellten Wideranträge seien unzulässig, da der Antragsteller der Zulassung widersprochen und das Gericht sie nicht als sachdienlich angesehen habe.

2. Die Entscheidung des Landgerichts hält der auf Rechtsfehler (§ 27 Abs. 1 Satz 2 FGG, § 559 Abs. 2 ZPO) beschränkten Nachprüfung durch den Senat im Wesentlichen stand.

a) Die vom Antragsgegner erstmals im Beschwerdeverfahren gerügte Zuständigkeit des Amtsgerichts wäre allerdings vom Landgericht nicht mehr zu prüfen gewesen, da dieses nach § 17 a Abs. 5 GVG an die Entscheidung des Amtsgerichts/ Wohnungseigentumsgerichts, das bereits in der Hauptsache entschieden und damit seine Zuständigkeit bejaht hatte, gebunden war (vgl. Zöller/Gummer ZPO 25. Aufl. § 17 a GVG Rn. 18). Im Übrigen unterliegen, wie aus § 43 Abs. 1 Nr. 4 WEG ersichtlich ist, Beschlüsse der Wohnungseigentümer der Überprüfung durch das Amtsgericht im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit.

b) Es ist nicht zu beanstanden, dass das Landgericht hinsichtlich der TOP 2, 4 und 5.1 nach der Beweisaufnahme zu dem Ergebnis gekommen ist, dass Beschlüsse zu diesen Punkten nicht gefasst wurden.

(1) Zu Recht ist das Landgericht zunächst davon ausgegangen, dass die Beweiskraft des Eigentümerprotokolls einer Beweiserhebung darüber, ob und welche Beschlüsse mit welchen Inhalt zustande gekommen sind, nicht entgegensteht.

Zwar dürfte das Protokoll formwirksam zustande gekommen sein. Der Antragsgegner hat es in seiner Doppelfunktion als Versammlungsleiter und Wohnungseigentümer unterschrieben, § 24 Abs. 6 Satz 2 WEG. Die Feststellung der Beschlüsse im Versammlungsprotokoll dient der Beweissicherung, die Urkunde selbst besitzt jedoch keine gesetzliche Beweiskraft für die Richtigkeit ihres Inhalts, sondern beweist nur die Urheberschaft. Sie stellt mithin eine Privaturkunde im Sinne des § 416 ZPO dar (BayObLGZ 1984, 213/ 216; Merle in Bärmann/Pick/Merle WEG 9. Aufl. § 24 Rn. 113; Weitnauer/Lüke WEG 9. Aufl. § 24 Rn. 20; Niedenführ/Schulze WEG 7. Aufl. § 24 Rn. 9). Für die Frage, ob und mit welchem Inhalt ein Beschluss zustande gekommen ist, kommt es alleine auf das tatsächliche Geschehen an und nicht darauf, was die Niederschrift enthält. Das Landgericht konnte daher Beweis über diese Tatsachen erheben.

(2) Die Entscheidung des Landgerichts, dass Beschlüsse zu diesen Punkten nicht gefasst wurden, erging nach Beweisaufnahme aufgrund eigener Tatsachenfeststellung und Beweiswürdigung. Die Feststellung von Tatsachen und die Würdigung von Beweisen kann der Senat als Rechtsbeschwerdegericht nur darauf überprüfen, ob der maßgebliche Sachverhalt ausreichend erforscht ist (§ 12 FGG), ob bei der Erörterung des Beweisstoffs alle wesentlichen Umstände berücksichtigt sind (§ 25 FGG), ob die Beweisaufnahme in sich widerspruchsfrei ist und nicht gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verstößt und ob die Beweisanforderungen zu hoch oder zu niedrig angesetzt sind (z.B. BayObLG WuM 1994, 564/565; Niedenführ/Schulze WEG § 45 Rn. 46; Meyer-Holz in Keidel/Kuntze/Winkler FGG 15. Aufl. § 27 Rn. 42). Der Antragsgegner zeigt mit seinem Rechtsmittel solche Fehler nicht auf. Sie liegen auch nicht vor. Unerheblich ist, ob die Folgerungen des Landgerichts aus der Beweisaufnahme die einzig möglichen sind und eine andere Würdigung ebenso vertretbar oder gar näher liegend erschiene (Senat, Beschluss vom 22.2.2006, 34 Wx 118/05; Meyer-Holz in Keidel/Kuntze/Winkler aaO). Denn der Senat kann an die Stelle der vom Landgericht getroffenen Bewertung des Tatsachenstoffes keine eigene Würdigung setzen, sondern ist an die rechtsfehlerfreien Feststellungen des Tatrichters gebunden (§ 27 Abs. 1 Satz 2 FGG, § 559 Abs. 2 ZPO).

(3) Rechtlich liegen nach den Feststellungen des Landgerichts sogenannte Nichtbeschlüsse zu den drei Tagesordnungspunkten vor, da es an konstitutiven Voraussetzungen für einen Beschluss (Abstimmung, Verkündung) fehlt. Solche Nichtbeschlüsse entfalten keine Rechtswirkungen, sondern können "nur" den Rechtsschein eines wirksamen Beschlusses erzeugen. Da tatsächlich insoweit keine Beschlüsse vorliegen, können diese auch nicht, wie beantragt, für ungültig erklärt werden.

Dass der innerhalb der Frist des § 23 Abs. 4 Satz 2 WEG gestellte Antrag auf Ungültigerklärung gerichtet ist, steht jedoch der Feststellung, dass solche Beschlüsse nicht zustande gekommen sind, nicht entgegen, wenn dessen Umdeutung in einen Feststellungsantrag (vgl. 256 Abs. 1 ZPO) möglich ist (BayObLGZ 1995, 407/410; BayObLG WuM 1997, 344). So, wie im Verfahren gemäß § 43 Abs. 1 Nr. 4 WEG alle in Betracht kommenden Anfechtungs- und Nichtigkeitsgründe zu prüfen sind, da es sich insoweit nicht um unterschiedliche Verfahrensgegenstände handelt (vgl. BGH NJW 2003, 3550/3554 m.w.N.), können auch die Gründe für das Vorliegen eines Nichtbeschlusses in diesem Verfahren geltend gemacht werden (Merle in Bärmann/Pick/Merle WEG 9. Aufl. § 43 Rn. 109). Auch in diesem Fall kann die Feststellung, dass ein Beschluss nicht zustande gekommen ist, dem mit der Beschlussanfechtung zum Ausdruck gebrachten Rechtsschutzziel entsprechen, nämlich eine verbindliche Entscheidung über die Gültigkeit des den Rechtsscheins eines Eigentümerbeschlusses erzeugenden Nichtbeschlusses herbeizuführen. Hier ergibt sich das notwendige rechtliche Interesse des Antragstellers an der Feststellung, dass kein Beschluss vorliegt, unzweifelhaft daraus, dass der Antragsgegner und damalige Versammlungsleiter von wirksam gefassten und gültigen, in der Niederschrift richtig wiedergegebenen Eigentümerbeschlüssen ausgeht, deren Inhalt die Rechtsstellung des Antragstellers beeinflussen würde (siehe BayObLGZ 1995, 407/410).

Nichtbeschlüsse bedürfen nicht der Aufhebung, sondern ausreichend zur Beseitigung des Scheins ist die Feststellung, dass ein entsprechender Beschluss nicht zustande gekommen ist (vgl. Merle in Bärmann/Pick/Merle § 43 Rn. 75). Dementsprechend deutet der Senat den Antrag auf Ungültigerklärung um. Entsprechend ist der Tenor des landgerichtlichen Beschlusses abzuändern und neu zu fassen.

c) Zu Recht hat das Landgericht den zu TOP 4.1 gefassten Beschluss (Wiederherstellung des Milchkästchens) wegen inhaltlicher Unbestimmtheit für ungültig erklärt. Auf die Ausführungen des Bayerischen Obersten Landesgerichts im allen Beteiligten bekannten Beschluss vom 29.4.2004 (ZWE 2005, 96) sowie die Ausführungen des Landgerichts (II. 2. c. bb.) wird Bezug genommen.

d) Der zu Top 4.2 gefasste Beschluss (gesetzesgerechter Umbau Müllbox) ist inhaltlich ebenfalls unbestimmt und wurde deshalb zu Recht für ungültig erklärt. Ein Eigentümerbeschluss muss inhaltlich klar und bestimmt, jedenfalls aber, gegebenenfalls nach Auslegung, bestimmbar sein. Andernfalls ist er anfechtbar (§ 23 Abs. 4 WEG), unter Umständen auch nichtig (BayObLG WE 1995, 245). Der Beschluss ist objektiv und normativ auszulegen; was die Beteiligten erörtert oder gewollt haben, kann zur Auslegung nicht herangezogen werden, wenn es in der Niederschrift keinen Niederschlag gefunden hat. Maßgebend ist vielmehr die nächstliegende Bedeutung für einen unbefangenen Betrachter. Nach diesen Grundsätzen kann dem Beschluss in diesem Punkt nicht entnommen werden, welche Umbaumaßnahmen der Antragsteller im Einzelnen durchführen soll. Der Verweis auf gesetzliche Vorschriften ist unzureichend, da diese eine konkrete Bauweise nicht vorgegeben.

Auch im Übrigen widerspricht der Beschluss einer ordnungsmäßigen Verwaltung. Auf die Ausführungen des Landgerichts (II.2. d. cc.) und den Beschluss des Bayerischen Obersten Landesgerichts vom 29.4.2004 (ZWE 2005, 96) wird Bezug genommen.

e) Der tatsächlich zu TOP 5.2 gefasste Beschluss ist vom Landgericht zu Recht für ungültig erklärt worden.

Hinsichtlich der Tatsachenfeststellung des Landgerichts zu dem unter TOP 5.2 (Gartenbegehung) festgestellten Beschluss gilt das oben (II 2. b. (2)) Ausgeführte. Der für die Ungültigerklärung maßgebliche Beschlussinhalt ist ohne Bindung an die Niederschrift der Beweisaufnahme zugänglich (vgl. BayObLGZ 1995, 407; BayObLG ZMR 2004, 212).

Auch hier sind Fehler bei der Beweisaufnahme und -würdigung des Landgerichts nicht erkennbar. Der Senat ist daher an die Feststellung des Landgerichts über den Inhalt des zu diesem Punkt gefassten Beschlusses gebunden. Dieser tatsächlich zu TOP 5.2 zustande gekommene Beschluss wurde vom Antragsteller auch ausdrücklich angefochten.

Die Entscheidung des Landgerichts, den tatsächlich gefassten Beschluss für ungültig zu erklären, ist rechtsfehlerfrei. Dem Antragsteller obliegt die Instandhaltung seiner Sondernutzungsfläche gemäß § 4 und § 7 der Gemeinschaftsordnung. Ein Eingriff in diesen Kompetenzbereich ist nicht veranlasst, da Anhaltspunkte für eine dringend notwendige Sanierung nicht vorliegen. Auf die Ausführungen des Landgerichts ( II. 2. f. cc.) wird Bezug genommen. Der zu TOP 5.2 gefasste Beschluss ist daher zu Recht für ungültig erklärt worden, § 23 Abs. 4 WEG.

f) Zutreffend hat das Beschwerdegericht festgestellt, dass auch der zu TOP 9 gefasste Beschluss (turnusmäßige Gartenpflege und Dachinstandhaltungsarbeiten) in unzulässiger Weise in den Kompetenzbereich des Antragstellers eingreift und deswegen für ungültig zu erklären ist. An wen, zu welchen Preisen und in welchen Abständen der Antragsteller diese Arbeiten vergibt, oder ob er sie ggf. selbst durchführt, ist laut Teilungserklärung einzig seine Sache. Auf die Ausführungen des Landgerichts (II. 2. g.) wird Bezug genommen.

g) Auch im Übrigen weist die Beschwerdeentscheidung keine Rechtsfehler zum Nachteil des Antragsgegners auf. Soweit die Rechtsmittelbegründung eine Antragserweiterung enthält, ist diese im dritten Rechtszug unzulässig (KK-WEG/Abramenko § 45 Rn. 22 m.w.N.).

3. Dem Senat erscheint es nach § 47 WEG angemessen, dem in allen Instanzen unterlegenen Antragsgegner die gerichtlichen wie die außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens aufzuerlegen.

Die Festsetzung des Geschäftswerts beruht auf § 48 Abs. 3 Satz 1 WEG und nimmt die unwidersprochenen Festsetzungen der Vorinstanz auf.



Ende der Entscheidung

Zurück