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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht München
Beschluss verkündet am 23.09.2008
Aktenzeichen: 34 Wx 76/08
Rechtsgebiete: BGB, GBO


Vorschriften:

BGB § 133
BGB § 157
GBO § 17
GBO § 18 Abs. 1
GBO § 28 Satz 1
GBO § 29 Satz 1
1. Zwischenverfügungen des Grundbuchamts unterliegen der unbeschränkten Beschwerde; eine wirksame Zwischenverfügung setzt gemäß § 18 Abs. 1 GBO die Angabe von Hindernissen, die Bezeichnung der Mittel zur Beseitigung und die Setzung einer Frist voraus.

2. Grundsätzlich kann außer durch Eintragung nur durch Zurückweisung oder Zwischenverfügung über einen Eintragungsantrag entschieden werden; formlose Erinnerungen, etwa die Beanstandung eines Eintragungsantrags ohne Fristsetzung, Aufklärungsverfügungen oder Vorbescheide sind dem Grundbuchverfahren in diesem Zusammenhang fremd.

3. Für die Auslegung von Grundbucherklärungen gilt der Grundsatz, dass auf deren Wortlaut und Sinn abzustellen ist, wie er sich für einen unbefangenen Betrachter als nächstliegende Bedeutung der Erklärung ergibt; eine Auslegung nach dem Empfängerhorizont kommt nicht in Betracht.

4. Im Grundbuchverfahren sind § 28 Satz 1, § 29 Abs. 1 GBO zu beachten; Gegenstand und Umfang der Prüfung wie der Eintragungstätigkeit des Grundbuchamts werden grundsätzlich nur durch die Eintragungsvoraussetzungen des Grundbuchverfahrensrechts bestimmt.

5. Stillschweigende oder schlüssige Willenserklärungen genügen für den Grundbuchverkehr nur ausnahmsweise, wenn sie ohne Widerspruch zum Inhalt der beurkundeten Erklärung einen unbedingt zwingenden und eindeutigen Schluss zulassen; die Auslegungsbefugnis des Grundbuchamts ist daher gegenüber dem Recht und der Pflicht des Prozessgerichts, den wirklichen Willen zu erforschen (§ 133 BGB), eingeschränkt.


Gründe:

I. Im Grundbuch sind als Eigentümer zweier Grundstücke, nämlich Fl.St. 189/21 (Landwirtschaftsfläche zu 2835 m²) und Fl.St. 189/1 (Gebäude- und Freifläche zu 891 m²) die Beteiligten zu 2 bis 4 als Gesellschafter des bürgerlichen Rechts eingetragen. Die Beteiligte zu 1, eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung niederländischen Rechts, gab am 13.11.2007 ein notarielles Angebot zum Abschluss eines Grundstückskaufvertrags ab, das in § 1 den Vertragsgegenstand wie folgt beschreibt:

(1) Der Verkäufer ist als Gesellschaft bürgerlichen Rechts eingetragener Eigentümer der im Grundbuch des Amtsgerichts ... eingetragenen Grundstücke

- Nähe K.-Weg, Landwirtschaftsfläche, Fl.St. 189/21, mit einer grundbuchmäßigen Größe von 2835 m².

- K.-Weg 31a, 31b, Gebäude- und Freifläche Fl.St. 189/1, mit einer grundbuchmäßigen Größe von 891 m².

(2) Der Verkäufer verkauft das vorstehend angeführte Grundstück, das mit einem vermieteten Doppelhaus bebaut ist - nachstehend "Grundstück" oder "Kaufgegenstand" genannt -, an den Käufer.

(3) ...

Nach uneingeschränkter Vertragsannahme durch die Eigentümerin am 23.1.2008 hat die Notarin unter dem 24.1.2008 gemäß § 15 GBO beantragt, zugunsten der Käufer eine Eigentumsvormerkung im Grundbuch einzutragen.

Das Grundbuchamt hat, soweit hier noch erheblich, in einer "Aufklärungsverfügung" vom 28.1.2008 darauf hingewiesen, dass Vertragsgegenstand nur das mit einem Doppelhaus bebaute Grundstück Fl.St. 189/1 (Gebäude- und Freifläche) und die unbebaute Landwirtschaftsfläche Fl.St. 189/21 von der Veräußerung ausdrücklich ausgenommen sei. Am 21.2.2008 hat das Grundbuchamt die Eigentumsvormerkung zugunsten der Beteiligten zu 1 am (bebauten) Grundstück Fl.St. 189/1 eingetragen. Ferner hat es am 4.3.2008 zugunsten des Freistaats Bayern ein Verfügungsverbot an beiden Grundstücken des Bestandsverzeichnisses eingetragen, welches auf einer am 8.2.2008 im Parteibetrieb bewirkten Zustellung einer einstweiligen Verfügung vom 1.2.2008 beruhte.

Aufgrund Nachtragsurkunde vom 29.2.2008 hat das Grundbuchamt am 5.6.2008 schließlich eine Eigentumsvormerkung zugunsten der Beteiligten zu 1 auch an Fl.St. 189/21 (Landwirtschaftsfläche) eingetragen.

Gegen die Verfügung des Grundbuchamts vom 28.1.2008 hat die Urkundsnotarin unter dem 16.6.2008 Beschwerde eingelegt mit dem Ziel, eine Eigentumsvormerkung am Grundstück Fl.St. 189/21 mit Wirksamkeit vor dem Verfügungsverbot einzutragen. Das Grundbuchamt hat am 1.7.2008 nicht abgeholfen. Das Landgericht ist von einer Beschwerde der Beteiligten zu 1 (Käuferin) ausgegangen und hat das Rechtsmittel am 14.7.2008 als unbegründet zurückgewiesen. Gegen den Beschluss des Landgerichts richtet sich die weitere Beschwerde vom 7.8.2008.

II. Die weitere Beschwerde ist als solche der von der Beschwerdeentscheidung betroffenen Beteiligten zu 1 anzusehen und schon deshalb zulässig, weil diese mit der jedenfalls auch von ihr erhobenen Erstbeschwerde erfolglos geblieben ist (vgl. etwa BayObLG FGPrax 2003, 59).

1. Das Rechtsmittel ist jedoch im Ergebnis erfolglos. Allerdings hätte das Landgericht die Beschwerde der Beteiligten zu 1 bereits als unzulässig verwerfen müssen. Dies holt der Senat nach, indem er die Beschlussformel des Landgerichts neu fasst (vgl. etwa OLG Zweibrücken FGPrax 2007, 161; Demharter GBO 26. Aufl. § 80 Rn. 20).

Verkannt hat das Landgericht zudem, dass Beschwerdeführer auch die Grundstücksverkäuferin (Beteiligte zu 2 - 4) ist. Das Rechtsmittel eingelegt hat die Notarin, die gemäß § 15 GBO die Eintragung beantragt hat. Nähere Hinweise, für wen der Eintragungsantrag gestellt wurde, fehlen. Sofern nicht der Notar allein und eindeutig auf den Antrag des Käufers verweist, ist davon auszugehen, dass er den Antrag auch im Namen des Verkäufers stellt (BayObLG MittBayNot 1993, 365; Hügel/Reetz GBO § 15 Rn. 33), dies zumal dann, wenn - wie auch hier - die Fälligkeit des Restkaufpreises von der Eintragung der Vormerkung abhängt (vgl. § 4 Abs. 3 Buchst. a der notariellen Urkunde vom 13.11.2007). Für das Rechtsmittel kann insoweit nichts anderes gelten. Das Landgericht wird, sollte die Beschwerde der Beteiligten zu 2 - 4 nicht zurückgenommen werden, noch über den unerledigten Teil zu entscheiden haben.

a) Zutreffend ist der Ausgangspunkt des Landgerichts, dass Zwischenverfügungen des Grundbuchamts der unbeschränkten Beschwerde unterliegen (Demharter § 18 Rn. 53 und 55). Dies setzt jedoch voraus, dass das Grundbuchamt tatsächlich eine Zwischenverfügung im Sinne von § 18 Abs. 1 GBO erlassen hat. Das ist, soweit sich die Verfügung mit dem Grundstück Fl.St. 189/21 befasst, nicht der Fall.

b) Eine wirksame Zwischenverfügung setzt gemäß § 18 Abs. 1 GBO die Angabe von Hindernissen, die Bezeichnung der Mittel zur Beseitigung und die Setzung einer Frist voraus (dazu Demharter § 18 Rn. 30, 31 und 33). Formal fehlt es jedenfalls schon an einer Fristsetzung. Aber auch in der Sache handelt es sich um keine Zwischenverfügung, weil das Grundbuchamt ersichtlich die Verfahrenserklärungen ausschließlich auf das Fl.St. 189/1 bezogen und entsprechend erledigt hat. Auf ein Rechtsgeschäft über ein weiteres Grundstück hinzuwirken, kann nicht Gegenstand einer Zwischenverfügung sein (Demharter § 18 Rn. 32). Eine der Beschwerde unterliegende Zwischenverfügung des Grundbuchamts liegt nicht vor.

c) Grundsätzlich kann außer durch Eintragung nur durch Zurückweisung oder Zwischenverfügung über einen Eintragungsantrag entschieden werden; formlose Erinnerungen, etwa die Beanstandung eines Eintragungsantrags ohne Fristsetzung, Aufklärungsverfügungen oder Vorbescheide sind dem Grundbuchverfahren in diesem Zusammenhang fremd (BayObLGZ 1993, 52; Demharter § 18 Rn. 1 m.w.N.). Die Aufklärungsverfügung legt insoweit nur eine Rechtsauffassung zum Inhalt der Bewilligung (§ 19 GBO) dar; dementsprechend hat das Grundbuchamt auch die Eigentumsvormerkung nur an Fl.St. 189/1 eingetragen. Den Beteiligten blieb es unbenommen, dagegen vorzugehen, dass am zweiten Grundstück die Eintragung zunächst unterblieben ist. Insoweit hätte es sich beispielsweise angeboten, auf eine förmliche (Teil-) Zurückweisung des aus ihrer Sicht umfassend gestellten Eintragungsantrags hinzuwirken.

d) Überdies erweist sich die Beschwerde auch deshalb als unzulässig, weil der Antrag durch die am 5.6.2008 erfolgte Eintragung der Eigentumsvormerkung am unbebauten Grundstück überholt ist. Selbst wenn das Grundbuchamt bereits auf der Grundlage des früheren Antrags vom 24.1.2008 die Vormerkung vor dem erst im Februar 2008 eingegangenen Antrag auf Eintragung eines Verfügungsverbots hätte eintragen können (vgl. § 17 GBO), lässt sich nachträglich die Erledigungsreihenfolge nicht mehr abändern.

2. Den Beteiligten geht es darum, der nun auch an Fl.St. 189/21 eingetragenen Eigentumsvormerkung Geltung im Rang vor dem Veräußerungsverbot zu verschaffen. Dafür kommen jedoch andere Rechtsbehelfe in Betracht, nämlich der Antrag, bei dem Veräußerungsverbot und bei der Eigentumsvormerkung jeweils einzutragen, dass die Eigentumsvormerkung gegenüber dem Veräußerungsverbot wirksam ist (vgl. BayObLGZ 2003, 226/227).

Dazu ist vorsorglich - ohne Bindungswirkung - auszuführen:

a) Ein Wirksamkeitsvermerk dergestalt, dass die auf Fl.St. 189/21 nun eingetragene Vormerkung dem durch die Verfügungsbeschränkung Geschützten gegenüber wirksam ist, kommt nicht in Betracht. Der Antrag vom 24.1.2008 war mit dem Eintrag an Fl.St. 189/1 im Sinne von § 17 GBO erledigt. Grundbucherklärungen sind als Willenserklärungen grundsätzlich gemäß §§ 133, 157 BGB der Auslegung fähig und zugänglich. Der Auslegung durch das Grundbuchamt sind aber, bedingt durch den Bestimmtheitsgrundsatz, das grundsätzliche Erfordernis urkundlich belegter Eintragungsunterlagen und das Fehlen einer Ermittlungspflicht des Grundbuchamts im Eintragungsverfahren, Grenzen gesetzt. Für die Auslegung von Grundbucherklärungen gilt deshalb der Grundsatz, dass auf deren Wortlaut und Sinn abzustellen ist, wie er sich für einen unbefangenen Betrachter als nächstliegende Bedeutung der Erklärung ergibt (st. Rspr.; z.B. BayObLGZ 1984, 155/157 f.). Eine Auslegung nach dem Empfängerhorizont, wie sie dem Landgericht vorschwebt, kommt nicht in Betracht. Jedoch hat es im Ergebnis zutreffend die Grundbucherklärung nur auf das Fl.St. 189/1 bezogen und darauf abgestellt, dass im ersten Absatz der Grundbuchstand wiedergegeben und im zweiten Absatz der Vertragsgegenstand beschrieben wird. Insoweit ist dieser gegenüber dem Grundbuchstand ersichtlich eingeschränkt. Der Bezug auf das mit einem vermieteten Doppelhaus bebaute Grundstück ergäbe sonst keinen Sinn.

b) Ergänzend ist noch anzuführen, dass auch die von der Rechtsbeschwerde herangezogenen Grundsätze der "falsa demonstratio" (BGH NJW 2002, 1038; ferner BGH NZM 2008, 331; OLG Frankfurt NJW 2008, 1003) nicht weiterhelfen. Denn im Grundbuchverfahren sind § 28 Satz 1, § 29 Abs. 1 GBO zu beachten. Gegenstand und Umfang der Prüfung wie der Eintragungstätigkeit des Grundbuchamts werden grundsätzlich nur durch die Eintragungsvoraussetzungen des Grundbuchverfahrensrechts bestimmt (vgl. Dümig in KEHE GBO 6. Aufl. A 40). Selbst wenn die Beteiligten den Vertragsgegenstand übereinstimmend unbewusst falsch bezeichnet hätten und das materielle Geschäft über beide Grundstücke bereits zum früheren Zeitpunkt zustande gekommen wäre, so würde die Bezeichnung formell für die Grundbucheintragung nur genügen, wenn sie von den Beteiligten in der Form des § 29 GBO nachgeholt wird (Munzig in KEHE § 28 Rn. 10). Stillschweigende oder schlüssige Willenserklärungen genügen für den Grundbuchverkehr nur ausnahmsweise, wenn sie ohne Widerspruch zum Inhalt der beurkundeten Erklärung einen unbedingt zwingenden und eindeutigen Schluss zulassen. Die Auslegungsbefugnis des Grundbuchamts ist daher gegenüber dem Recht und der Pflicht des Prozessgerichts, den wirklichen Willen zu erforschen (§ 133 BGB), eingeschränkt. Zweifeln am Erklärungsinhalt kann schon dann nicht nachgegangen werden, wenn zur Behebung solcher Zweifel nicht offenkundige Umstände außerhalb der Eintragungsunterlagen zu berücksichtigen wären (BayObLG Rpfleger 1974, 222/223). Nach Maßgabe dieser Grundsätze hat das Grundbuchamt den Eintragungsantrag vom 24.1.2008 zutreffend behandelt und demgemäß auf dessen Grundlage nur an dem Grundstück Fl.St. 189/1 die Eintragung vorgenommen.

3. Die im Tenor getroffene Kostenentscheidung des Landgerichts entfällt ersatzlos. Zutreffend hat das Landgericht in den Gründen ausgeführt, dass es einer solchen wegen § 131 Abs. 1 Nr. 1 KostO nicht bedarf.

4. Eine Kostenentscheidung ist auch in diesem Rechtszug nicht veranlasst.

Ende der Entscheidung

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