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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht München
Beschluss verkündet am 24.10.2005
Aktenzeichen: 34 Wx 82/05
Rechtsgebiete: BGB, WEG, FGG


Vorschriften:

BGB § 31
BGB § 278
BGB § 823
WEG § 21 Abs. 1
FGG § 12
1. Schadensersatzansprüche eines Wohnungseigentümers wegen Verletzung von Verkehrssicherungspflichten bzw. wegen Verletzung der korrespondierenden Pflicht zur ordnungsmäßigen Instandhaltung des Gemeinschaftseigentums richten sich nicht gegen die Wohnungseigentümer als Einzelpersonen, sondern gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft als Verband.

2. Zur Würdigung von Sachverständigengutachten durch den Tatrichter.


Tatbestand:

Die Antragstellerin ist gemeinsam mit ihrem Ehemann Wohnungseigentümerin in einer größeren Wohnanlage. Die Antragsgegnerin zu 1 ist die Wohnungseigentümergemeinschaft, der Antragsgegner zu 3 der Verwalter und der Antragsgegner zu 2 der Hausmeister.

Die Antragstellerin verlangt von den Antragsgegnern als Gesamtschuldnern die Zahlung von insgesamt 3.076,48 EUR als Ersatz für einen Schaden, der an ihrem Pkw VW Passat durch einen herabgefallenen Ast entstanden sein soll. Sie habe am 3.7.2002 ihr Fahrzeug auf dem ihr zur Sondernutzung zugewiesenen Stellplatz geparkt. Während eines Gewitters am Abend dieses Tages sei ein Ast von einem neben dem Parkplatz auf der Gemeinschaftsfläche befindlichen Laubbaum (Ahorn) abgebrochen und auf ihr Auto gestürzt. Bei dem Ast habe es sich um so genanntes "Totholz" gehandelt, was bereits seit Frühjahr 2002 erkennbar gewesen sei. Der Ast habe je eine leichte Beule an der hinteren rechten Seitenwand und der hinteren rechten Tür sowie Lackschäden an der hinteren Stoßstange, der vorderen rechten Tür, dem rechten Dachrahmen, der Dachbeplankung, beiden Vorderkotflügeln, der Motorhaube und dem Kofferraumdeckel verursacht. Die Antragstellerin ist der Auffassung, die Antragsgegner seien ihr wegen schuldhafter Verletzung der Verkehrssicherungspflicht zum Schadensersatz verpflichtet.

Die Antragsgegner vertreten die Ansicht, dass eine Zahlungsverpflichtung nicht gegeben sei.

Das Amtsgericht hat den Antrag durch Beschluss vom 17.3.2004 abgewiesen. Das Landgericht hat die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde der Antragstellerin nach Erholung eines Gutachtens eines Baumsachverständigen und Einvernahme des Ehemanns der Antragstellerin als Zeugen zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin. Die durch Einlegung zur Niederschrift der Geschäftsstelle formwirksam (§ 27 Abs. 1, Abs. 4, § 21 Abs. 2 Satz 1 FGG; Meyer-Holtz in Keidel/Kuntze/Winkler FGG 15. Aufl. § 29 Rn. 10) erhobene und auch im Übrigen zulässige sofortige weitere Beschwerde erwies sich als unbegründet.

Gründe:

1. Das Landgericht hat ausgeführt:

Ein Schadensersatzanspruch gegen die Antragsgegnerin zu 1 bestehe nicht. Die Verkehrssicherungspflicht obliege zwar primär den Wohnungseigentümern. Sie könnten sie aber auf den Verwalter übertragen, was hier durch Verwaltervertrag geschehen sei. Für ein Verschulden des Verwalters hätte die Antragsgegnerin zu 1 gegenüber einem geschädigten Wohnungseigentümer weder nach § 278 BGB noch nach § 831 BGB einzustehen. Der Antragsgegner zu 3 als Verwalter habe seine Verkehrssicherungspflicht ebenfalls nicht verletzt. Aufgrund des zwischen der Antragsgegnerin zu 1, vertreten durch den Antragsgegner zu 3, und dem Antragsgegner zu 2 geschlossenen "Betreuungsvertrags" sei es Pflicht des Antragsgegners zu 2 als Hausmeister gewesen, auf einen gepflegten Zustand der Anlage zu achten, wozu auch die Kontrolle der Bäume gehört habe. Vor diesem Hintergrund habe der Antragsgegner zu 3 lediglich die Pflicht zur Überwachung gehabt. Da der Antragsgegner zu 2 seine Hausmeistertätigkeit seit Oktober 1999 ohne Beanstandung ausübe, habe für den Antragsgegner zu 3 keine Veranlassung bestanden, zu überprüfen, ob die Grünanlagen regelmäßig kontrolliert würden. Eine Zurechnung etwaigen Fehlverhaltens des Antragsgegners zu 2 nach § 278 BGB oder § 831 BGB komme nicht in Betracht.

Auch ein Anspruch gegen den Antragsgegner zu 2 sei nicht gegeben. Die Kammer gehe zwar aufgrund des Sachverständigengutachtens davon aus, dass der herabgestürzte Ast als "Totholz" einzustufen sei, dessen Gefahrträchtigkeit bereits Ende April 2002 für den Antragsgegner zu 2 erkennbar gewesen wäre. Es stehe aber nicht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der gesamte geltend gemachte Schaden oder nur ein bestimmter abgrenzbarer Teil desselben auf das Herabstürzen des Asts zurückzuführen sei. Der vom Beschwerdegericht beauftragte Sachverständige habe in seinem Gutachten ausgeführt, dass der streitgegenständliche Ast seiner Größe und Länge nach zwar durchaus geeignet sei, jeden einzelnen der von der Antragstellerin geltend gemachten Schäden zu verursachen. Er habe es aber für wenig wahrscheinlich gehalten, dass der Ast die beiden beschriebenen Beulen in der hinteren Seitenwand und der hinteren rechten Tür bewirkt habe, da eine Beule nur durch den Aufprall des dicken Endes des Asts verursacht werden konnte, der Ast jedoch nur ein einziges dickes Ende aufweise, aber zwei Beulen bewirkt haben soll. Das Schadensbild einschließlich der Lackschäden am Pkw sei allenfalls bei einem Ablauf erklärbar, bei dem der Ast insgesamt dreimal auf das Fahrzeug geprallt und dabei je eine Drehung erfahren habe. Diesen Ablauf habe der Sachverständige mit hoher Wahrscheinlichkeit für ausgeschlossen gehalten. Dass jedenfalls nicht alle geltend gemachten Schadenspositionen auf dem behaupteten Unfallgeschehen beruhen könnten, werde auch durch die Aussage der Antragstellerin sowie ihres Ehemanns, des Zeugen P., nicht in Frage gestellt, deren Angaben insoweit nicht eindeutig genug gewesen seien. Gleiches gelte hinsichtlich des von der Antragstellerin vorgelegten Kfz-Sachverständigengutachtens, zumal es keine Angaben zur Schadensursache enthalte und erst vier Monate nach dem Schadensereignis erstellt worden sei. Auch die schriftlichen Angaben der Zeugen St. und Sz. änderten am Ergebnis nichts, da die Zeugen das Fahrzeug nicht unmittelbar vor dem Ereignis besichtigt hätten und keine Aussagen für die Zeit zwischen dem Vorfall und der Sachverständigenuntersuchung machen könnten. Aufgrund der zwischenzeitlichen Reparatur des Fahrzeugs sei es nicht möglich, durch Erholung eines weiteren Gutachtens einzelne Schadenspositionen dem Absturz des Asts eindeutig zuzuordnen. Vor diesem Hintergrund lasse es sich nicht ausschließen, dass auch die kompatiblen Schäden durch frühere oder spätere Ereignisse verursacht worden seien.

2. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung stand.

a) Nach der neuesten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Teilrechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft (BGH NJW 2005, 2061/2068) ist die Rechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft nicht umfassend, sondern auf die Teilbereiche des Rechtslebens beschränkt, bei denen die Wohnungseigentümer im Rahmen der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums als Gemeinschaft am Rechtsverkehr teilnehmen. Die Antragstellerin, selbst Wohnungseigentümerin, nimmt die Gemeinschaft hier in erster Linie wegen Verletzung von Verkehrssicherungspflichten in Anspruch. Die Verletzung derartiger Pflichten betrifft nicht die Wohnungseigentümer als einzelne, sondern den Verband als solchen (vgl. Fritsch ZWE 2005, 384/386 f. m.w.N.). Dieser ist somit Antragsgegner(in) zu 1.

Der Senat hält es für zulässig, dass die Partei- und Beteiligtenbezeichnung in der Rechtsbeschwerdeinstanz insoweit klargestellt wird. Die Identität der Beteiligten wird hierdurch nicht in Frage gestellt (vgl. OLG München ZMR 2005, 729 m. Anm. Elzer). Hierbei kann offen bleiben, ob in bestimmten Fällen eine derartige Berichtigung nicht ohne weiteres möglich ist, da bei einer Zwangsvollstreckung aus einer Entscheidung unterschiedliche Vermögensmassen haften würden. Da vorliegend, wie noch auszuführen sein wird (unter b (1)), eine Haftung der Antragsgegnerin zu 1 im Ergebnis zu verneinen ist, erscheint die vorgenommene Präzisierung jedenfalls zulässig. Die Vorinstanzen waren, wie aus der Bezugnahme auf die Eigentümerliste deutlich wird, entsprechend der bis zur Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 2.6.2005 ganz herrschenden Ansicht (Niedenführ/Schulze WEG 7. Aufl. Vor §§ 43 ff Rn. 73 m.w.N.) noch davon ausgegangen, dass die übrigen Wohnungseigentümer als Einzelpersonen Beteiligte auf Antragsgegnerseite sein sollten.

b) Entgegen der Auffassung des Landgerichts ist grundsätzlich eine Haftung nicht nur des Antragsgegners zu 2, sondern auch der Antragsgegnerin zu 1 denkbar. Dagegen ist eine Haftung des Antragsgegners zu 3 für die Schäden am Fahrzeug der Antragstellerin von vornherein aus Rechtsgründen ausgeschlossen.

(1) Zutreffend geht das Beschwerdegericht davon aus, dass eine Haftung der Antragsgegnerin zu 1 wegen schuldhafter Verletzung der allgemeinen Verkehrssicherungspflicht (§ 823 Abs. 1 BGB) nicht in Betracht kommt. Die Verkehrssicherungspflicht obliegt zwar in erster Linie den Wohnungseigentümern (BGH NJW 1996, 2646) bzw. der Wohnungseigentümergemeinschaft. Diese kann die Verkehrssicherungspflicht aber auf Dritte mit deren Einverständnis übertragen. Eine derartige Übertragung an den Antragsgegner zu 3, den Verwalter, erfolgte hier aufgrund Ziffer V a) des Verwaltervertrages vom 14.1.1974, nach dem den Verwalter die Pflicht zur "ordnungsgemäßen Verwaltung" der Anwesen trifft (BayObLG NZM 2005, 24). Der Antragsgegner zu 3 wiederum hat, im Namen der Wohnungseigentümergemeinschaft handelnd, in dem am 30.9.1999 mit dem Antragsgegner zu 2 abgeschlossenen "Betreuungsvertrag" die Pflicht zur "Betreuung der Wohnanlage einschließlich der Außenanlagen" weiter übertragen. Hat der Verkehrssicherungspflichtige die Verkehrssicherungspflicht auf einen Dritten übertragen, trifft ihn zwar die Pflicht zur Überwachung des Dritten. Der Verkehrssicherungspflichtige darf jedoch im Allgemeinen darauf vertrauen, dass der ordnungsgemäß ausgewählte Dritte den ihm übertragenen Verpflichtungen auch nachkommt, solange nicht konkrete Anhaltspunkte bestehen, die dieses Vertrauen erschüttern (BGHZ 142, 227/233). Dass die Antragsgegnerin zu 1 aber ihre Auswahl- oder Überwachungspflicht verletzt hätte, ist nicht ersichtlich. Für ein etwaiges Verschulden des Verwalters oder des Hausmeisters hat die Gemeinschaft nicht nach § 831 BGB einzustehen.

Dagegen erscheint eine Einstandspflicht für schuldhaftes Handeln im Hinblick auf das zwischen dem einzelnen Wohnungseigentümer und der Gemeinschaft bestehende Rechtsverhältnis nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Werden erforderliche Instandhaltungs- bzw. Instandsetzungsmaßnahmen am gemeinschaftlichen Eigentum nicht ausgeführt, kann dies Schadensersatzansprüche eines Wohnungseigentümers gegen die Gemeinschaft auslösen (BayObLGZ 1992, 146). Denn die Wohnungseigentümergemeinschaft trifft (ebenso wie intern die Wohnungseigentümer untereinander) auch im Verhältnis zu einzelnen Mitgliedern die Verpflichtung zur ordnungsmäßigen Verwaltung. Bei Verletzung dieser Verpflichtung können Schadensersatzansprüche entstehen. Diese können nicht nur Schäden am Gemeinschafts- und Sondereigentum betreffen, sondern auch sonstige Schäden. Insbesondere dürften Schäden an zur üblichen Nutzung eingebrachten Gegenständen in den Schutzbereich der Instandhaltungspflicht fallen. Eine Haftung der Gemeinschaft für die Beschädigung des auf dem zur Sondernutzung zugewiesenen Stellplatz abgestellten Kraftfahrzeugs ist somit grundsätzlich denkbar. Für ein eigenes Verschulden der Wohnungseigentümergemeinschaft (§ 276 BGB), etwa in Form unterlassener Verwaltungsmaßnahmen, liegen allerdings auch insoweit keine Anhaltspunkte vor. Dagegen ist eine Haftung für schuldhaftes Handeln Dritter (§ 31 BGB bzw. § 278 BGB), ohne dass es insoweit hier einer abschließenden Beurteilung bedürfte, denkbar, wobei nach den bisher geltenden Haftungsgrundsätzen der geschädigte Wohnungseigentümer sich das Handeln des Dritten entsprechend der Größe seines Miteigentumsanteils gemäß § 254 BGB anrechnen lassen müsste (BayObLGZ 1992, 146/150 f.).

Eine Einstandspflicht der Antragsgegnerin zu 1 für den Verwalter über § 278 BGB (grundsätzlich verneinend BayObLG WuM 1996, 655; Niedenführ/Schulze WEG 7. Aufl. § 27 Rn. 96) oder § 31 BGB scheitert aber bereits daran, dass den Antragsgegner zu 3 keine schuldhafte Pflichtverletzung trifft (s. unten (2)). Auf die Frage, ob sich infolge der Anerkennung der Teilrechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft an den bisherigen Grundsätzen zur Haftung etwas geändert haben könnte, kommt es letztlich nicht an.

Auch für den Hausmeister hat die Antragsgegnerin zu 1 letztlich nicht einzustehen, da der geltend gemachte Schaden der von dem Antragsgegner zu 2 begangenen Pflichtverletzung nach der rechtsfehlerfrei gewonnenen Überzeugung des Landgerichts nicht zugerechnet werden kann (s. unten c).

(2) Rechtsfehlerfrei ist das Beschwerdegericht zu dem Ergebnis gelangt, dass der Antragsgegner zu 3 unter keinem Gesichtspunkt für den geltend gemachten Schaden aufzukommen hat. Die ihm übertragene Verkehrssicherungspflicht hat er an den Antragsgegner zu 2 weiter übertragen, dem laut "Betreuervertrag" u.a. die Pflicht oblag, Sträucher zu schneiden, Unkraut zu vernichten und für einen gepflegten Zustand der Außenanlagen zu sorgen. Dieser Aufzählung entnimmt der Senat in Übereinstimmung mit dem Landgericht, dass es auch Aufgabe des Antragsgegners zu 2 war, die Bäume zu kontrollieren. Nach den rechtsfehlerfrei getroffenen und damit für den Senat bindenden (§ 27 Abs. 1 FGG, § 559 ZPO) Feststellungen des Landgerichts hat der Antragsgegner zu 2 die Hausmeistertätigkeiten seit 1999 im Wesentlichen beanstandungsfrei durchgeführt. Für den Antragsgegner zu 3 bestand daher keine Veranlassung zu einer besonderen Überwachung des Antragsgegners zu 2. Eine Zurechnung nach § 831 BGB scheidet hier schon deshalb aus, weil eine ordnungsgemäße Auswahl erfolgt ist und eine laufende Überwachung nicht geboten war. Da der "Betreuungsvertrag" im Namen der Antragsgegnerin zu 1 abgeschlossen wurde und der Antragsgegner zu 3 bei Vertragsschluss nur als Vertreter tätig war, ist auch eine Zurechnung über § 278 BGB nicht möglich (BayObLG NZM 2005, 24/25). Für ein eigenes Verschulden des Verwalters gibt es keinerlei Anhaltspunkte.

(3) Was die Haftung des Antragsgegners zu 2 betrifft, kommt zunächst eine Haftung wegen Verletzung der Verkehrssicherungspflicht (§ 823 Abs. 1 BGB) in Betracht. Ob daneben auch eine solche nach § 280 Abs. 1 BGB wegen Verletzung von Verpflichtungen aus dem "Betreuungsvertrag" gegeben wäre, kann offen bleiben. Insbesondere braucht hier nicht entschieden zu werden, ob der mit der teilrechtsfähigen Wohnungseigentümergemeinschaft abgeschlossene Vertrag über Hausmeistertätigkeiten dem einzelnen Wohnungseigentümer als Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte Ansprüche gibt. Denn auch bei Annahme eines vertraglichen Anspruchs wäre der Schaden insgesamt nicht zurechenbar (s. unten d).

c) Rechtsfehlerfrei ist das Landgericht unter tatrichterlicher Würdigung der erholten Beweise, insbesondere des Sachverständigengutachtens, zu dem Ergebnis gelangt, dass die Schadhaftigkeit des Asts mindestens zwei Monate vor dem Absturz hätte erkannt werden können. Der Antragsgegner zu 2 hat somit jedenfalls seiner Verkehrssicherungspflicht schuldhaft nicht Genüge getan.

d) Die Beschwerdekammer hat gleichwohl einen Schadensersatzanspruch insgesamt abgelehnt, da sie zu der Überzeugung gelangt ist, dass nicht sämtliche Schäden an dem Fahrzeug auf das Unfallereignis zurückzuführen sind. Die gegen die Beweiswürdigung des Tatrichters erhobenen Einwände greifen nicht durch. Das Rechtsbeschwerdegericht kann die Beweiswürdigung der Vorinstanz nur beschränkt, nämlich auf Rechtsfehler, überprüfen (§ 27 Abs. 1 Satz 2 FGG, § 559 Abs. 2 ZPO). Demnach kann das Rechtsbeschwerdegericht nur überprüfen, ob der Tatrichter den maßgeblichen Sachverhalt ausreichend erforscht (§ 12 FGG) und bei der Erörterung des Beweisstoffes alle wesentlichen Umstände berücksichtigt hat (§ 25 FGG), ob seine Beweiswürdigung in sich widerspruchsfrei ist und nicht gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verstößt, ferner, ob die Beweisanforderungen vernachlässigt oder überspannt worden sind (BayObLG WuM 1991, 614).

Die Entscheidung des Landgerichts hält hier einer Überprüfung nach diesen Grundsätzen stand.

(1) Insbesondere hat das Landgericht nicht dadurch gegen die ihm obliegende Amtsermittlungspflicht (§ 12 FGG) verstoßen, dass es lediglich die schriftlichen Aussagen der von der Antragstellerin benannten Zeugen St. und Sz. verwertet und die Zeugen nicht persönlich vernommen hat.

Soweit der Zeuge Sz. für die Behauptung der Antragstellerin benannt wurde, er habe am Morgen des 4.7.2002 den Ast direkt am Pkw liegen sehen, war seine Einvernahme entbehrlich, da sie letztlich nicht entscheidungserheblich ist. Das Landgericht hält es nicht für ausgeschlossen, dass ein Teil der geltend gemachten Schäden auf das Herabstürzen des Asts zurückzuführen ist. Zudem hat der Zeuge P. ausgesagt, nach dem Vorfall am Abend des 3.7.2002 mit dem Kraftfahrzeug gefahren zu sein. Der Zeuge Sz. kann damit allenfalls eine von der Antragstellerin bzw. ihrem Ehemann durchgeführte Rekonstruktion des Geschehens beobachtet haben und somit nichts über die genaue Position des Asts nach dem Herunterfallen aussagen. Die Vernehmung des Zeugen war auch nicht deswegen erforderlich, weil es nahe läge, dass er Aussagen über den Zustand des Fahrzeugs unmittelbar nach dem Unfall hätte machen können. Soweit die Zeugen St. und Sz. für die Schadensfreiheit des Autos im Mai/Juni 2002 benannt wurden, schließt dies Beschädigungen des Pkw in der dazwischen liegenden Zeit vor dem Unfall oder in der Zeit danach bis zur Begutachtung nicht aus. Auch dieser Gesichtspunkt erforderte die persönliche Einvernahme der Zeugen nicht. Soweit der Zeuge Sz. das Fahrzeug am Tag nach dem Schadensfall gesehen haben soll, war seine Vernehmung durch den Tatrichter im Rahmen des § 12 FGG ebenfalls nicht erforderlich, zumal er gerade nicht erklärt hat, die geltend gemachten Schäden an diesem Tag erstmals wahrgenommen zu haben. Wenn das Fahrzeug am 4.7.2004 die später durch den Kfz-Sachverständigen festgestellten Beschädigungen aufgewiesen haben sollte, ist es im Übrigen gleichwohl denkbar, dass die Schäden einige Tage vor dem 3.7.2004 entstanden sind. Über diesen Zeitraum aber kann der Zeuge ersichtlich keine Angaben machen.

(2) Die Beweiswürdigung durch das Landgericht ist auch nicht deswegen rechtsfehlerhaft, weil es seine Feststellungen zur Unmöglichkeit des von der Antragstellerin behaupteten Schadensverlaufs auf das Gutachten des Sachverständigen B., eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen für Baumpflege, Verkehrssicherheit von Bäumen und Baumwertermittlung, gestützt hat. Will das Tatgericht seine Entscheidung auf ein Gutachten stützen, so hat es die Sachkunde des Gutachters ebenso zu überprüfen wie die Vollständigkeit und Widerspruchsfreiheit seiner Äußerungen (vgl. BGH NJW 2001, 1787; Musielak/Huber ZPO 4. Aufl. § 402 Rn. 13; Hartmann in Baumbach/ Lauterbach/Albers/ Hartmann ZPO 63. Aufl. Übers. § 402 Rn. 15). Bei dem Sachverständigen handelt es sich zwar nicht um einen im Bereich der Verkehrsunfallanalyse erfahrenen Kfz-Sachverständigen. Das Gericht konnte dessen nachvollziehbaren, widerspruchsfreien und im Einklang mit der allgemeinen Lebenserfahrung stehenden Ausführungen gleichwohl seiner Überzeugungsbildung zugrunde legen. Von der Erholung eines weiteren, insbesondere eines verkehrsanalytischen Gutachtens, konnte es absehen, zumal weder die Antragstellerin selbst noch ihr Ehemann, der Zeuge P., zum Zustand des Fahrzeugs Angaben machen konnten, die geeignet gewesen wären, dem Gericht die Überzeugung zu vermitteln, dass die geltend gemachten Schäden dem Ereignis vom 3.7.2002 eindeutig hätten zugeordnet werden können. Vor diesem Hintergrund sowie in Anbetracht der zwischenzeitlich erfolgten Reparatur des Fahrzeugs und der Vernichtung des Asts verstößt es weder gegen die Amtsermittlungspflicht (§ 12 FGG) noch gegen den Grundsatz der freien Beweiswürdigung (§ 286 ZPO; vgl. Musielak/Huber § 402 Rn. 12), wenn das Landgericht von einer weiteren Begutachtung abgesehen hat. Da somit weder der Schaden insgesamt noch einzelne abgrenzbare Schadenspositionen dem Abbruch des Asts eindeutig zuzuordnen waren, ist das Landgericht ohne Rechtfehler zu dem Gesamtergebnis gelangt, dass eine Schadensersatzverpflichtung der Antragsgegner insgesamt nicht in Betracht kommt. Dies gilt auch hinsichtlich kompatibler Schäden. Denn aufgrund der übrigen Schäden an dem Fahrzeug ist nicht auszuschließen, dass auch diese auf frühere oder spätere Ereignisse zurückzuführen sind (vgl. OLG Köln, VersR 1999, 865/866).

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 47 WEG. Es entspricht der Billigkeit, der Antragstellerin nicht nur die gerichtlichen, sondern auch die außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens aufzuerlegen. Denn das Rechtsmittel war von vornherein ohne Aussicht auf Erfolg.

Ende der Entscheidung

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