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Gericht: Oberlandesgericht München
Beschluss verkündet am 08.02.2006
Aktenzeichen: 5 St RR 109/05
Rechtsgebiete: StGB


Vorschriften:

StGB § 271
Die Anmeldung unter Angabe eines falschen Hauptwohnsitzes erfüllt allein noch nicht den Tatbestand der mittelbaren Falschbeurkundung nach § 271 StGB.
Tatbestand:

Das Amtsgericht verurteilte den Angeklagten wegen eines Vergehens der mittelbaren Falschbeurkundung zu einer Geldstrafe. Gegen dieses Urteil wandte sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügte. Die gemäß §§ 341, 344 StPO zulässige Revision des Angeklagten erwies sich als begründet.

Gründe:

1. Die Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge Erfolg, § 337 StPO, sodass es eines Eingehens auf die Verfahrensrügen nicht bedarf (KK/Kuckein StPO 5. Aufl. § 352 Rn. 18; Meyer-Goßner StPO 48. Aufl. § 352 Rn. 9).

1.1. Auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts prüft das Revisionsgericht, ob das Recht auf den festgestellten Sachverhalt richtig angewandt worden ist, ob die Feststellungen eine tragfähige Entscheidungs- und Prüfungsgrundlage bilden, insbesondere, ob sie an Widersprüchen, Unklarheiten oder Unvollständigkeiten leiden (Meyer-Goßner StPO § 337 Rn. 21). Dabei bilden die schriftlichen Urteilsgründe eine Einheit, deren tatsächliche Angaben berücksichtigt werden müssen, wo immer sie auch niedergeschrieben sind (KK/Engelhardt StPO § 267 Rn. 8).

Die Verurteilung des Angeklagten wegen eines Vergehens der mittelbaren Falschbeurkundung gemäß § 271 StGB kann keinen Bestand haben, denn das Amtsgericht hat den Umfang der erhöhten Beweiskraft der amtlichen Meldebestätigung gemäß Art. 17 Abs. 4 Bayerisches Gesetz über das Meldewesen (MeldeG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 21.10.1995 verkannt.

1.2. Das Amtsgericht hat hierzu festgestellt:

"Der Angeklagte wohnte in der Zeit vom 15.05.2004 bis 22.05.2004 in der L-Straße in A. Gleichwohl erschien er am 26.05.2004 bei der Marktgemeinde B und meldete sich rückwirkend zum 15.5.2004 mit seinem Hauptwohnsitz in der C-Straße in B an. Der Angeklagte wusste, dass dies nicht der Wahrheit entsprach. Der Angeklagte benötigte die Anmeldung zur Vorlage beim Ausländeramt, um einen gemeinsamen Wohnsitz mit Frau seiner Ehefrau vorzutäuschen. Seitens des Einwohnermeldeamts B wurde dem Angeklagten eine Anmeldebestätigung erteilt."

Diese Feststellungen tragen eine Verurteilung des Angeklagten gemäß § 271 StGB nicht.

Die amtliche Meldebestätigung beim Einwohnermeldeamt ist nach herrschender Meinung eine öffentliche Urkunde (Leipziger Kommentar Gribbohm StGB 11. Aufl. § 271 Rn. 52 und Tröndle/Fischer StGB 53. Aufl. § 271 Rn. 7 jeweils m.w.N.). Die erhöhte Beweiskraft einer öffentlichen Urkunde braucht sich aber nicht auf alle in ihr enthaltenen Angaben zu erstrecken (BGHSt 19, 19/ 21 m.w.N.). Eine Verurteilung gemäß § 271 StGB setzt daher voraus, dass diejenige Eintragung, um die es sich handelt, nach den zugrunde liegenden gesetzlichen Vorschriften die eingetretene Tatsache zu öffentlichem Glauben beweist (BGHSt 20, 294/ 295 m.w.N.). Unter den Tatbestand fallen nur falsche Beurkundungen. Beurkundet in diesem Sinne sind nur diejenigen Erklärungen, Verhandlungen oder Tatsachen, auf die sich der öffentliche Glaube, d.h. die "volle Beweiswirkung für und gegen jedermann", erstreckt. Welche Angaben dies im einzelnen Fall sind, kann sich, wenn es - wie für die amtliche Meldebestätigung - an einer ausdrücklichen Vorschrift fehlt, mittelbar nur aus den gesetzlichen Bestimmungen ergeben, die für Errichtung und Zweck der Urkunde maßgeblich sind (BGHSt 22, 201/203 m.w.N.).

In dem Muster der amtlichen Anmeldebestätigung (vgl. § 1 Abs.2 Anlage 1 d der Verordnung zur Durchführung des bayerischen Gesetzes über das Meldewesen vom 29.7.1983) heißt es:

"Bestätigung der Meldebehörde

Die in der Meldebestätigung aufgeführte (n) Person (en) ist/sind heute angemeldet worden."

Dem folgt Ort, Datum und Unterschrift.

Dieser Wortlaut lässt erkennen, dass sich die erhöhte Beweiskraft der amtlichen Anmeldebestätigung nicht darauf bezieht, dass der Angemeldete tatsächlich an dem angegebenen Ort wohnt, sondern nur darauf, dass er sich unter Angabe dieses Wohnorts angemeldet hat (vgl. LK Gribbohm StGB § 271 Rn. 52 m.w.N., insbesondere BGH, Urteil vom 29.8.1973 - 3 StR 337/72). Dies folgt auch aus Art. 17 Abs. 4 MeldeG, wonach der Meldepflichtige eine kostenfreie "Bestätigung (amtliche Meldebestätigung) über die Meldung" erhält.

Dem stehen die Entscheidungen des Bundesgerichtshofs mit Urteil vom 12.12.1978 (1 StR 568/78) und mit Beschluss vom 27.4.1983 (3 StR 84/83 = EzSt StGB § 271 Nr.1) nicht entgegen, weil sich die genannten Entscheidungen mit dem Erwirken von amtlichen Meldebestätigungen des Einwohnermeldeamts befassen, die (zum Teil mit Hilfe eines gefälschten Personalausweises) auf einen falschen Namen ausgestellt wurden.

2. Die vom Amtsgericht getroffenen Feststellungen könnten aber eine Verurteilung des Angeklagten wegen einer Ordnungswidrigkeit gemäß Art. 38 Nr. 1 MeldeG tragen.

Es muss dem Tatgericht überlassen bleiben, hierzu nähere Feststellungen zu treffen.

Wegen des aufgezeigten Mangels ist das Urteil mit den Feststellungen aufzuheben, §§ 337, 353 StPO, und an eine andere Abteilung des Amtsgerichts zu neuer Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen, § 354 Abs.2 StPO.

Ende der Entscheidung

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