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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht München
Urteil verkündet am 25.10.2007
Aktenzeichen: 6 U 4725/06
Rechtsgebiete: HWG, ZPO


Vorschriften:

HWG § 4 Abs. 6
ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2
Ein heilmittelwerberechtlicher Unterlassungsantrag ist nicht hinreichend bestimmt i.S.v. § 253 II Nr. 2 ZPO, wenn er die Erinnerungswerbung lediglich durch Nennung der in § 4 VI 2 HWG genannten Merkmale vom Verbot ausnimmt.
OBERLANDESGERICHT MÜNCHEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Aktenzeichen: 6 U 4725/06

verkündet am: 25. Oktober 2007

In dem Rechtsstreit

wegen Unterlassung

erlässt der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ... Richterin am Oberlandesgericht ... und Richter am Oberlandesgericht ... aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 25.10.2007 folgendes Endurteil:

Tenor:

I. Auf die Berufung der Beklagten werden das Endurteil des Landgerichts München I vom 06.09.2006 (Az. 1 HKO 1513/06) aufgehoben und die Klage abgewiesen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages leistet.

IV. Die Revision wird zugelassen.

Gründe:

I.

Der Beklagten ist mit dem angefochtenen Urteil untersagt worden, für zugelassene Arzneimittel ohne die nach § 4 Abs. 1 Nr. 1, 3 - 8 HWG vorgeschriebenen Pflichtangaben zu werben, es sei denn, es wird ausschließlich mit der Bezeichnung des Arzneimittels oder zusätzlich mit dem Namen, der Firma, der Marke des pharmazeutischen Unternehmers oder dem Hinweis: "Wirkstoff:" geworben. Dagegen wendet sie sich mit der Berufung.

Auf die tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts im angefochtenen Urteil wird gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO mit folgenden Änderungen und Ergänzungen Bezug genommen:

Die Beklagte hält den Klageantrag für nicht hinreichend bestimmt, da er lediglich gesetzeswiederholend sei (BGH GRUR 2000, 438 - Gesetzeswiederholende Unterlassungsanträge). Mit einer solchen Tenorierung werde die Entscheidung darüber, ob eine Werbung gegen den Urteilsausspruch verstößt oder ob eine zulässige Erinnerungswerbung vorliegt, in das Vollstreckungsverfahren verlagert. Werbung könne nämlich auch dann noch als Erinnerungswerbung qualifiziert werden, wenn sie weitere Angaben als nur die in § 4 Abs. 6 Satz 2 HWG genannten enthalte, wie beispielsweise Angaben zu Packungsgrößen, Mengen und Preisen (BGH GRUR 1982, 684 - Arzneimittel-Preisangaben) oder graphische, farbliche und bildliche Elemente ohne eigene medizinisch relevante Aussagekraft. Weder bei der Verschiebung des ursprünglich die Erinnerungswerbung regelnden § 4 Abs. 5 HWG a.F. in den Abs. 6 im Rahmen des 4. Gesetzes zur Änderung des AMG, noch bei der Aufnahme des Hinweises auf den Wirkstoff in § 4 Abs. 6 HWG mit dem 8. Gesetz zur Änderung des AMG sei im Gesetzgebungsverfahren die Rede davon gewesen, dass abweichend zur damaligen BGH-Rechtsprechung eine abschließende Legaldefinition der Erinnerungswerbung geschaffen werden sollte. Dementsprechend habe der BGH nach der Gesetzesänderung an seiner Rechtsprechung festgehalten (BGH a.a.O. - Gesetzeswiederholende Unterlassungsanträge); dem folge aktuell auch das OLG Köln (MD 2007, 290, 292).

Durch den "insbesondere"-Zusatz werde der Unterlassungsantrag nicht eingeschränkt, weshalb der Zusatz einem unbestimmten Antrag nicht zur Zulässigkeit verhelfen könne.

Die Klage sei jedenfalls mangels Wiederholungs- bzw. Begehungsgefahr unbegründet. Hinsichtlich der beworbenen Arzneimittel Arcoxia und Fosamax sei die Wiederholungsgefahr durch die abgegebenen strafbewehrten Unterlassungserklärungen entfallen, weil diese sich nicht nur auf die konkrete Verletzungsform bezögen. Denn auf beide Unterlassungserklärungen finde die Kerntheorie Anwendung. Bezüglich Fosamax fehle es bereits am Verstoß, weil es sich um Erinnerungswerbung handele. Der Hinweis auf die Existenz einer Vergleichsstudie stelle noch keine medizinisch relevante Angabe dar, da die Studie sich beispielsweise auch mit den durch die jeweilige Behandlung verursachten Kosten befasst haben könne. Es liege also lediglich eine zulässige Preisangabe vor. Für die übrigen zugelassenen Arzneimittel fehle es an einer Begehungs- und erst recht an einer Wiederholungsgefahr.

Die Beurteilung des Charakteristischen der konkreten Verletzungshandlung durch das Landgericht, nämlich dass dies nicht die jeweiligen konkreten Medikamente seien, sondern die Tatsache, dass es sich um zugelassene Arzneimittel im Sinne von § 21 AMG handele, sei rechtsfehlerhaft. Zur Bestimmung des Charakteristischen einer Verletzungshandlung sei darauf abzustellen, von welchen Elementen der Werbung eine Lockwirkung ausgehe (BGH GRUR 1984, 593 - adidas-Sportartikel; GRUR 1996, 800 - EDV-Geräte). Lasse sich dadurch eine Verallgemeinerung nicht begründen, seien Verallgemeinerungen auf andere Produkte nur zulässig, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür vorlägen, dass für diese Produkte ebenfalls wettbewerbswidrig geworben werden könnte (BGH GRUR 1992, 320 - R.S A/Cape).

Von den beiden Arzneimitteln gehe aufgrund der unterschiedlichen zugelassenen Anwendungsgebiete eine unterschiedliche Lockwirkung aus. Damit scheide eine Verallgemeinerung auf sämtliche Arzneimittel der Beklagten aus. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte für alle ihre Arzneimittel ohne die erforderlichen Pflichtangaben werben würde, lägen nicht vor.

Die Beklagte beantragt:

I. Das Urteil des Landgerichts München I vom 06.09.2006 - Az. 1 HKO 1513/06 - wird aufgehoben.

II. Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung der Beklagten und Berufungsklägerin vom 20.09.2006 gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 06.09.2006 - 1 HKO 1513/06 - kostenpflichtig zurückzuweisen.

Hilfsweise beantragt der Kläger,

es der Beklagten unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr mit Ausnahme des zugelassenen Arzneimittels "Arcoxia" für zugelassene Arzneimittel (§ 21 AMG), insbesondere für das Arzneimittel "Fosamax" zu werben, sofern die gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 1, 3 - 8 HWG vorgeschriebenen Pflichtangaben insgesamt fehlen, wie dies insbesondere aus den Anlagen K 2 und K 10 ersichtlich ist, es sei denn, es wird ausschließlich mit der Bezeichnung des Arzneimittels oder zusätzlich mit dem Namen, der Firma, der Marke des pharmazeutischen Unternehmers, dem Hinweis "Wirkstoff" oder mit der Angabe des Arzneimittelpreises oder seiner Packungsgröße geworben.

Als weiteren Hilfsantrag stellt der Kläger diesen Antrag mit der Maßgabe, dass das Wort "insbesondere" entfällt, welches sich an die Worte wie dies" anschließt.

Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil.

Der Klageantrag und damit auch der Entscheidungstenor seien hinreichend bestimmt. Angesichts der klaren und eindeutigen Fassung der Vorschrift des § 4 Abs. 6 HWG sei die früher herrschende Meinung davon ausgegangen, dass die Legaldefinition der Erinnerungswerbung eine abschließende enumerative Aufzählung der Bestandteile einer solchen enthalte. Verfehlt sei die davon abweichende Rechtsprechung des BGH, dass sämtliche Angaben, welche keine medizinisch-gesundheitlich relevanten Angaben seien, als Erinnerungswerbung zu qualifizieren seien und daher ohne die gemäß § 4 Abs. 1 HWG vorgeschriebenen Pflichtangaben auskommen könnten. Dies berge die Gefahr in sich, dass die Entscheidung über die Verwendung des Arzneimittels einseitig an finanziellen Parametern ausgerichtet werde, nicht aber eine umfassende gesundheitliche und wirtschaftliche Kosten-Nutzen Risikoabwägung vorgenommen werde.

Preis- und Mengenangaben seien bei genauerer Betrachtung durchaus medizinischgesundheitlich relevante Angaben, denn sie seien maßgeblich entscheidend dafür, ob das Mittel ärztlich verordnet, vom Apotheker ausgehändigt und/oder vom Patienten erworben werde. Damit seien diese Angaben mindestens so entscheidend für die gewählte Therapie, wie der Wirkungsvorgang und die Art und Schwere möglicher Nebenwirkungen. Dieser Aspekt sei zum Zeitpunkt der Entscheidung "Arzneimittel-Preisangaben" und der Nachfolgeentscheidungen noch nicht bewusst gewesen, da die Verordnungspraxis und Arzneimittelvergabe weitaus weniger reglementiert gewesen sei als heute. Wegen der weiteren Einzelheiten zur medizinischen Relevanz von Preis- und Mengenangaben wird auf Ziffer I.1. a), b) des Schriftsatzes vom 30.03.2007 Bezug genommen.

Die Zulässigkeit von Werbung für Arzneimittel sei aufgrund der Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 06.11.2001 zwischenzeitlich weitgehend durch den europäischen Gesetzgeber geregelt. Insbesondere gebe es auch spezifische Informationsgebote, deren Einhaltung im Sinne des effet utile u.a. durch die Gerichte zu überwachen und durchzusetzen sei; insoweit sei insbesondere auf die Erwägungsgründe Ziffer 45, 47 und 48 zu verweisen. Nach den Art. 89 und 91 der Richtlinie gelte ein Informationsgebot hinsichtlich aller wesentlichen Umstände des Arzneimittels, von dem nur zum Zweck der Erinnerungswerbung abgewichen werden dürfe. Dieser europarechtliche Begriff der Erinnerungswerbung sei nicht definiert, weshalb losgelöst von den nationalen Regelungen zu fragen sei, welche Angaben der Erinnerung an ein bestimmtes Arzneimittel dienen könnten. Preis- und Mengenangaben seien jedenfalls nicht geeignet, ein Erinnerungsbild an ein bestimmtes Arzneimittel zu erzeugen. Würde ein solcher Sachverhalt dennoch unter Erinnerungswerbung subsumiert, wäre eine wirksame Durchsetzung im Sinne des effet utile gefährdet. Außerdem ordne der europäische Gesetzgeber in Art. 91 Abs. 1 der Richtlinie die Preisangaben der Information zu, nicht hingegen der in Abs. 2 geregelten Erinnerungswerbung. Sollte der Senat dieser Ansicht zu den Preis- und Mengenangaben nicht beitreten, sei eine Vorabentscheidung des EuGH erforderlich.

Schließlich führe auch die 8. AMG-Novelle dazu, dass die Rechtsprechung zu § 4 Abs. 6 HWG grundlegend zu überdenken sei. Denn wenn der Gesetzgeber einen gesetzgeberischen Akt für notwendig erachtet habe, um mit der Aufnahme des Hinweises auf den Wirkstoff die Erinnerungswerbung weiter zu definieren, sei ohne weiteres davon auszugehen, dass er eine eigenständige Definition des Begriffes durch die Rechtsprechung nicht gutheiße.

Zur Frage der Bestimmtheit des Unterlassungstenors habe sich die Rechtsprechung seit der Entscheidung "Gesetzeswiederholende Unterlassungsanträge" fortentwickelt. Weil die danach erforderliche Interessenabwägung ein eindeutig schwerer wiegendes Interesse der Klagepartei ergebe, sei der Unterlassungstenor ausreichend bestimmt, selbst wenn über dessen Reichweite im Einzelfall innerhalb des Vollstreckungsverfahrens zu streiten sei. Der Unterlassungsantrag sei auch begründet, da es nicht auf die Identität der durch die Werbung erzeugten Anlockwirkung ankomme, sondern darauf, ob das Charakteristische der Werbung wiedergegeben sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die im Berufungsrechtszug gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Terminsprotokoll Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung ist begründet, denn der Klageantrag ist in Gestalt des Haupt- und Hilfsantrags nicht hinreichend bestimmt (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) und damit unzulässig, in der Gestalt des weiteren Hilfsantrages ist er unbegründet.

1. Der Klageantrag wäre nur dann hinreichend bestimmt, wenn Erinnerungswerbung abschließend durch die in § 4 Abs. 6 Satz 2 HWG genannten Merkmale definiert wäre, denn dann wäre im Vollstreckungsverfahren ohne weiteres klar, dass Werbung, die noch weitere Angaben enthält, keine zulässige Erinnerungswerbung sein kann.

Der Senat teilt jedoch die Auffassung nicht, dass § 4 Abs. 6 Satz 2 HWG eine abschließende Regelung beinhalte, sondern schließt sich der Rechtsprechung des BGH an, wonach zusätzliche Angaben ohne medizinisch - gesundheitliche Relevanz bei der Erinnerungswerbung zulässig sind, weil die Gefahr einer unzutreffenden oder irreführenden Einschätzung des Arzneimittels durch den Verbraucher aufgrund unvollständiger oder lückenhafter Information regelmäßig ausgeschlossen erscheint (BGH GRUR 1982, 684, 685 - Arzneimittel-Preisangaben).

Die dagegen erhobenen Einwände der Klagepartei greifen nicht durch:

a) Preis- und Mengenangaben stellen keine medizinisch-relevanten Angaben dar, auch wenn sie tatsächlich für die Verordnung oder den Erwerb des Arzneimittels eine Rolle spielen können.

Durch die Angaben gemäß § 4 Abs. 1 HWG soll der Verbraucher vollständig über bestimmte Sachaussagen wie Zusammensetzung, Indikation und Gegenindikation unterrichtet und dadurch in die Lage versetzt werden, sich über die in der Werbung angesprochene Zusammensetzung, Wirkungsweise oder sonstige Bedeutung des Arzneimittels klar zu werden, um einen sachlich fundierten Kaufentschluss treffen zu können. Angaben über Preis und Menge geben hingegen keine Auskunft über die medizinische Wirkungsweise und stellen keine Entscheidungshilfe zur Beantwortung der Frage dar, ob das Medikament für die konkrete Situation geeignet ist. Es handelt sich nicht um eine Information über die angebotene Leistung, sondern nur darüber, welche Gegenleistung dafür pro Mengeneinheit zu entrichten ist.

b) Durch die mit dem 8, Gesetz zur Änderung des AMG eingeräumte Möglichkeit, mit der Wirkstoffangabe Erinnerungswerbung zu treiben, wurde eine bis zu der kurz zuvor ergangenen Entscheidung "Monopräparate" (BGH GRUR 1998, 591) bestehende Streitfrage geklärt (Gröning, § 4 HWG, Rn. 108). Ein Missbilligung der über den Wortlaut des § 4 Abs. 6 HWG hinausgehenden Rechtsprechung des BGH durch den Gesetzgeber lässt sich dem nicht entnehmen.

c) Die Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 06.11.2001 verbietet die Erinnerungswerbung mit Preis- und Mengenangaben nicht.

Der die Werbung betreffende Titel VIII sowie die Erwägungsgründe 42 - 53 sind der Richtlinie 92/28/EWG entnommen; die Einzelheiten ergeben sich aus der Entsprechungstabelle in Anhang III zur Richtlinie 2001/83/EG. Die Umsetzung der Richtlinie, die bis zum 01.01.1993 erfolgen sollte, wurde mit dem 5. Gesetz zur Änderung des AMG vom 09.08.1994 realisiert (Gröning, a.a.O., Rn. 7).

Nach Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 92/28/EWG (entspricht Art. 89 Abs. 2 der Richtlinie 2001/83/EG) können die Mitgliedsstaaten vorsehen, dass abweichend von Abs. 1 der Vorschrift die Öffentlichkeitswerbung für ein Arzneimittel nur den Namen des Arzneimittels zu enthalten braucht, wenn ihr Zweck ausschließlich darin besteht, an diese zu erinnern. Damit können die in Abs. 1 unter dem 1. Spiegelstrich genannten Wirkstoffangabe, die unter dem 2. Spiegelstrich angeführten, für eine sinnvolle Verwendung des Arzneimittels unerlässlichen Informationen und die nach dem 3. Spiegelstrich erforderliche Aufforderung, die Hinweise auf der Packungsbeilage oder auf der äußeren Verpackung aufmerksam zu lesen, entfallen. Eine Aussage zur Zulässigkeit von Preis- und Mengenangaben trifft die Vorschrift somit nicht.

Auch unter Einbeziehung von Art. 91 der Richtlinie 2001/83/EG (entspricht Art. 6 der Richtlinie 92/28/EWG) ergibt sich kein anderes Bild: Da der europäische Gesetzgeber in Abs. 1 den Mitgliedsstaaten freigestellt hat vorzuschreiben, dass die Werbung für ein Arzneimittel bei den zu seiner Verschreibung oder Abgabe berechtigten Personen auch den Einzelhandelsverkaufspreis oder Richttarif der verschiedenen Packungen umfasst, es sich also nicht um eine zwingende Angabe handelt, kann auch Absatz 2, der für die Erinnerungswerbung eine Ausnahme von den Vorschriften des 1. Absatzes zulässt, keine Vorgabe zur Zulässigkeit von Preis- und Mengenangaben entnommen werden.

Soweit der Kläger Mengen- und Preisangaben mit der Begründung nicht für Erinnerungswerbung im Sinne von Art. 89 Abs. 2 und 91 Abs. 2 der Richtlinie 2001/83/EG hält, dass diese Angaben die Erinnerung an ein Arzneimittel nicht hervorrufen könnten, kommt es darauf nicht an, weil diese Angaben zum Namen des Arzneimittels hinzutreten. Dieser ist es jedoch, der die Erinnerung hervorruft.

Die beantragte Vorlage an den EuGH zu der Frage, ob eine nationale Rechtsanwendung durch die Gerichte, die eine Arzneimittelwerbung mit Preis- und Mengenangaben von der aus Art. 89 und 91 der vorgenannten Richtlinie folgenden Verpflichtung freistellt, die wesentlichen Informationen im Einklang mit der Zusammenfassung der Merkmale des Arzneimittels anzugeben, ist nicht veranlasst.

Eine Vorlagepflicht besteht nicht, da der Rechtsstreit durch den Senat nicht letztinstanzlich zu entscheiden ist (Art. 234 Abs. 3 EGV). Der Senat hält eine Vorlage auch nicht für erforderlich (Art. 234 Abs. 2 EGV), weil er keine Zweifel hinsichtlich der Auslegung der vorgenannten Vorschriften der Art hat, dass er zwischen zwei Auffassungen schwankt (Streinz-Ehricke, 2003, Art. 234 EGV, Rn.35).

2. Der Senat sieht die vom BGH in der Entscheidung "Gesetzeswiederholende Unterlassungsanträge" aufgestellten Kriterien für die Bestimmtheit eines gesetzeswiederholenden Unterlassungsantrags im Heilmittelwerberecht nicht als durch die späteren, vom Kläger angeführten Entscheidungen relativiert an:

In der Entscheidung "Zugabenbündel" (GRUR 2002, 1088) hatte sich der BGH mit einem Verstoß gegen die Zugabeverordnung zu befassen. Wenn er dort ausführt, dass die Frage, welche Anforderungen an die Konkretisierung des Streitgegenstandes in einem Unterlassungsantrag zu stellen sind, abhängig von den Besonderheiten des anzuwendenden Rechts sind (a.a.O., S. 1089), dann kann darin kein Abkehr von den für das Rechtsgebiet des Heilmittelwerberechts gestellten Anforderungen gesehen werden.

Die Entscheidung "Laubhefter" (GRUR 2002, 86) hat die Antragsformulierung im Bereich des ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes für technische Erzeugnisse zum Gegenstand. Eine Aussage zu gesetzeswiederholenden Unterlassungsanträgen wird darin ebenso wenig getroffen wie in der "Spiegel-CD-ROM"- Entscheidung (GRUR 2002, 248). In der danach ergangenen Entscheidung "Erbenermittler" hält der BGH vielmehr ausdrücklich an seiner Auffassung von der grundsätzlichen Unzulässigkeit gesetzeswiederholender Unterlassungsanträge fest (GRUR 2003, 886, 887). Durch die Entscheidung "Direktansprache am Arbeitsplatz" (NJW 2004, 2080) ist keine Relativierung oder Abkehr davon erfolgt, da die Entscheidung sich zu dieser Frage nicht äußert.

3. Zum Hauptantrag und den Hilfsanträgen im Einzelnen:

a) Mit dem Hauptantrag wird Werbung erfasst, die die nötigen Pflichtangaben insgesamt nicht enthält, ausgenommen die Werbung, die sich ausschließlich in den in § 4 Abs. 6 Satz 2 HWG aufgezählte Merkmalen erschöpft. Durch diese Ausnahme soll nach der Klagebegründung "derartige Erinnerungswerbung" nicht vom Antrag erfasst seien.

Da jedoch zulässige Erinnerungswerbung auch weitergehende Angaben enthalten kann, wie beispielsweise Mengen- und Preisangaben, würde die Frage, ob eine die Pflichtangaben nicht enthaltende Werbung, die zugleich über die in § 4 Abs. 6 Satz 2 HWG genannten Angaben hinausgeht, unzulässig ist, oder noch als Erinnerungswerbung qualifiziert werden kann, in das Vollstreckungsverfahren verlagert. Diese Entscheidung darf jedoch dem Vollstreckungsverfahren nicht überlassen bleiben (BGH GRUR 2000, 438, 441 - Gesetzeswiederholende Unterlassungsanträge).

Die erforderliche Bestimmtheit wird auch nicht durch den "insbesondere"-Zusatz erreicht, denn darin ist weder eine Einschränkung noch eine Erweiterung des Antrags, sondern eine Auslegungshilfe zu erblicken. Da die Beklagte bereits entsprechende Unterlassungserklärungen abgegeben hat, kann der Zusatz nicht die Funktion eines Quasi-Hilfsantrags (Hefermehl-Köhler, 25. Aufl., § 12 UWG Rn. 2.46) übernehmen dahingehend, dass jedenfalls die Unterlassung des konkret beanstandeten Verhaltens begehrt wird.

b) Auf den erforderlichen Hinweis (BGH, a.a.O., Seite 441; GRUR 2002, 86, 89 -Laubhefter) des Senats, dass der Antrag nicht hinreichend bestimmt sein kann, wenn Erinnerungswerbung nicht auf die Merkmale des § 4 Abs. 6 Satz 2 HWG beschränkt ist, hat der Kläger den Hilfsantrag sowie einen weiteren Hilfsantrag formuliert.

Der Hilfsantrag gemäß Schriftsatz vom 30.03.2007 genügt jedenfalls nicht den Bestimmtheitsanforderungen, da er als weitere Merkmale von Erinnerungswerbung lediglich die Angabe des Arzneimittelpreises oder der Packungsgröße enthält. Weil aber im Rahmen der Erinnerungswerbung auch andere Hinweise ohne medizinisch-gesundheitliche Relevanz denkbar sind, wie beispielsweise die Entscheidung "Novodigal/temagin" des BGH (WRP 1983, 393, 395) zeigt, die Werbung mit "B.-Qualität" als zulässige Erinnerungswerbung erachtet hat, ist mit dieser Antragsformulierung die Entscheidung über das Vorliegen von Erinnerungswerbung dem Vollstreckungsgericht nicht abgenommen.

c) Der weitere Hilfsantrag ist zulässig, aber unbegründet.

Er erfasst Werbung für zugelassene Arzneimittel, sofern die gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 1, 3 - 8 HWG vorgeschriebenen Pflichtangaben insgesamt fehlen, wie aus den Angaben K 2 und K 10 ersichtlich, es sei denn, es handelt sich um Erinnerungswerbung gemäß dem Hilfsantrag.

In der Entscheidung "Aktivierungskosten II" (BGH GRUR 2006, 164, 165) hat der BGH zur Frage einer solchen Antragsfassung ausgeführt, dass anders als bei einer Antragsfassung, bei der die konkrete Verletzungsform durch die Wörter "insbesondere wie" nur als Beispiel herangezogen worden ist, durch die unmittelbare Bezugnahme auf die konkrete Werbeanzeige mit dem Vergleichspartikel "wie" in der Regel deutlich gemacht wird, dass Gegenstand des Antrags allein die konkrete Werbeanzeige sein soll, wobei die abstrakt formulierten Merkmale die Funktion haben mögen, den Kreis der Varianten näher zu bestimmen, die von dem Verbot als kerngleiche Verletzungsform erfasst werden.

Von dem angestrebten Verbot wird daher Werbung für Fosamax mit dem Inhalt gemäß Anlage K 10 sowie Werbung für andere zugelassene Medikamente der Beklagten mit dem allerdings für diese Arzneimittel nicht passenden Inhalt der Anlagen K 2 und K 10 erfasst.

Würde nach antragsgemäßer Verurteilung für ein anderes Arzneimittel als Fosamax wie in Anlage K 10 geworben, wäre für das Vollstreckungsgericht klar, dass es sieh nicht um zulässige Erinnerungswerbung handelt, denn ansonsten wäre eine Verurteilung nicht erfolgt. Entsprechendes gilt für die Arcoxia-Werbung. Werbung mit weniger oder anderen Angaben als in den Anlagen K 2 und K 10 wäre nicht erfasst, so dass sich die Abgrenzungsfrage zur Erinnerungswerbung nicht stellt. Auch bei zusätzlichen Angaben würde sich diese Frage nicht stellen, denn durch weitergehende Werbung würden die identisch übernommenen Werbeaussagen nicht gegenstandslos. Wenn sie allein genügt haben, um einer Erinnerungswerbung entgegenzustehen, dann auch im Zusammenhang mit weiteren Aussagen.

Der weitere Hilfsantrag ist jedoch unbegründet. Bezüglich der konkret angegriffenen Werbung (Anlagen K 2, K 10) fehlt es wegen der abgegebenen Unterlassungserklärungen an der Wiederholungsgefahr. Für andere Medikamente kann die Werbung keine Wiederholungs- oder Begehungsgefahr begründen, weil keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich sind, dass mit dem auf die Arzneimittel Arcoxia und Fosamax zugeschnittenen Angaben für ganz andere Arzneimittel geworben werden würde.

4. Kosten: § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO,

5. Vorläufige Vollstreckbarkeit: §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

6. Die Revision wird zugelassen, weil die Frage, ob Erinnerungswerbung abschließend durch die in § 4 Abs. 6 Satz 2 HWG genannten Merkmale definiert wird, für die beteiligten Verkehrskreise wegen der Auswirkungen auf die Anforderungen, die an die Formulierung eines heilmittelwerberechtlichen Unterlassungsantrags zu stellen sind, von Gewicht ist (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO; BGH NJW 2003, 3765).

Ende der Entscheidung

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