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Gericht: Oberlandesgericht München
Urteil verkündet am 15.03.2001
Aktenzeichen: 6 U 5005/00
Rechtsgebiete: MPG, UWG
Vorschriften:
MPG § 3 Ziff. 1 a | |
MPG § 4 Abs. 2 | |
MPG § 14 | |
UWG § 1 | |
UWG § 3 |
Leitsatz:
1) Die Prüfung im Konformitätsverfahren berücksichtigt nicht die Regeln des § 4 MPG; so dass es im Verantwortungsbereich des Herstellers bleibt, ob seine Angaben irreführend sind oder nicht.
2) Bei der Angabe "zur Behandlung des Übergewichts und zur Gewichtskontrolle" erwartet der Verkehr, dass das so beworbene Mittel nach der Einnahme von sich aus bei jedem Übergewicht wirkt und nicht nur durch Aufquellen im Magen ein Hungergefühl unterdrückt, so dass bei reduzierter Nahrungsaufnahme sich ein Übergewicht, soweit nicht organisch bedingt, verringern kann.
OBERLANDESGERICHT MÜNCHEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
Aktenzeichen: 6 U 5005/00 7 HKO 9086/00 LG München I
Verkündet am 15. März 2001
Die Urkundsbeamtin: Justizangestellte
In dem Rechtsstreit
wegen Schadensersatz
hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht und die Richter am Oberlandesgericht und aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 16. Februar 2001
für Recht erkannt:
Tenor:
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des Landgerichts München I vom 25.08.2000 wird zurückgewiesen.
II. Die Klägerin hat auch die Kosten, des Berufungsverfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung des Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 15.000,- DM abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Dem Beklagten wird gestattet, die Sicherheitsleistung durch schriftliche, unbedingte, unbefristete, unwiderrufliche selbstschuldnerische Bürgschaft der Berliner Bank AG zu erbringen.
IV. Der Wert der Beschwer der Klägerin übersteigt 60.000,- DM.
Tatbestand:
Die Parteien streiten im Rahmen eines Anspruchs nach § 945 ZPO, ob die jetzige Klägerin ein als Medizinprodukt zertifiziertes Mittel als Mittel zur Gewichtsreduktion bewerben bzw. vertreiben durfte, ohne daß das Mittel als Arzneimittel zugelassen ist.
Die Klägerin verlangt von der Beklagten Schadensersatz nach § 945 ZPO wegen eines ihrer Auffassung nach unbegründeten Antrags der Beklagten auf Erlass einer einstweiligen Verfügung und der hierauf zu Unrecht ergangenen einstweiligen Verfügung.
Die Klägerin handelt mit einem Cellulose-Komprimat, das in eine dreidimensionale, formstabile Schwammstruktur gebracht wurde und den Namen "J" hat. Durch die Aufnahme von Wasser im Magen dehnt sich die Netzstruktur aus, wodurch nach den Vorstellungen und entsprechenden Bewerbungen der Klägerin "sich ein lang anhaltendes Sättigungsgefühl einstellt, das dem Abnahmewilligen hilft, weniger zu essen und ... dementsprechend zur Gewichtsreduktion führen kann".
Auf entsprechenden Antrag des jetzigen Beklagten hat das Landgericht am 13.10.1999 unter dem Aktenzeichen 7 HKO 17611/99 folgende auszugsweise wiedergegebene einstweilige Verfügung (Anlage K 5) erlassen:
Der Antragsgegnerin wird bei Meidung ... für jeden einzelnen Fall der Zuwiderhandlung gemäß §§ 935 ff., 890 ZPO verboten, im geschäftlichen Verkehr das Mittel "J" als Mittel zur Gewichtsreduktion ohne Zulassung als Arzneimittel (gemäß § 21 AMG) zu bewerben und/oder zu vertreiben.
Diese Entscheidung wurde mit Endurteil vom 13.10.1999 (Anlage K 10) bestätigt.
Im Berufungsverfahren vor dem 29. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München hat am 09.03.2000 die jetzige Beklagte nach Erörterung der Sach- und Rechtslage den das Verfahren einleitenden Antrag vom 05.10.1999 zurückgenommen (Anlage K 12).
Nach Erlaß der einstweiligen Verfügung und des bestätigenden Endurteils vom 10.11.1999 hat die jetzige Klägerin die Bewerbung des Mittels "J" in Anzeigen mit abgeändertem Text fortgesetzt.
Im Einzelnen hat die jetzige Klägerin im Zeitraum vom 24.10.1999 bis Ende Dezember 1999 insgesamt 10mal das Mittel "J" in der Bildzeitung beworben, wobei bezüglich der Einzelheiten dieser Anzeigen auf das Anlagenkonvolut OA2, zusammengefaßt als Anlage zu K 26 verwiesen wird. Die jetzige Klägerin hat auf, die erwähnte einstweilige Verfügung bzw. das bestätigende Endurteil auch in der Weise reagiert, daß sie neben der "Umstellung der Werbung" nach ihren Angaben kostenintensive Maßnahmen zur Umgestaltung der Packung, zur Umverpackung u.ä. vorgenommen hat (vgl. Anlagen K 30 mit K 32).
Die Klägerin hat vorgetragen, insgesamt seien ihr durch die im Ergebnis nicht gerechtfertigte einstweilige Verfügung vom 13.10.1999 Schäden in Höhe von insgesamt 162.400,09 DM entstanden.
Für die Umstellung der Werbung (nunmehr: "Zur Bekämpfung des Hungergefühls" - nicht mehr: "Schlankpille ... Gewichtsreduktion ...") seien der Klägerin gemäß Rechnungen vom 19.02.2000 und 15.03.2000 (K 15 und K 16 d.A.) Kosten in Höhe von insgesamt 50.000,00 DM netto entstanden. Die rechtliche Prüfung dieser Umstellung habe weitere DM 10.000,00 gekostet (K 17). Für die Umgestaltung der Zeitungsanzeige habe sie an den entsprechenden Verlag gemäß Rechnung vom 24.02.2000 (K 18) 3.000,00 DM bezahlen müssen.
Für die Umgestaltung der Packung, die tatsächliche Umverpackung und die entsprechenden Druckkosten, auch hinsichtlich der Beipackzettel, seien Kosten in Höhe von 3.000,00 DM, 62.967,18 DM (Anlagen K 20 und K 21) sowie von weiteren insgesamt 6.632,91 DM (K 22 und K 23) entstanden.
Zu diesen insgesamt 135.600,09 DM seien weitere Kosten zu erstatten, nämlich insgesamt 12.760,00 DM für ein Gutachten der Universität Gießen gemäß Rechnung vom 29.03.2000 (K 24) und für eine gutachtliche Stellungnahme des Professor Dr. W gemäß Rechnung vom 28.03.2000 (K 25) über 5.000,00 DM und die Heranziehung eines besonders fachkundigen Rechtsanwalts im Berufungsverfahren mit zusätzlichen Kosten in Höhe von DM 9.040,00.
Die Klägerin hat deshalb beantragt,
die Beklagte zur Zahlung von 162.400,09 DM nebst 4 % Zinsen hieraus seit Klagezustellung (20.06.2000) an sie zu verurteilen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte hat weiterhin die Auffassung vertreten; daß es sich bei dem Mittel "J" nicht um ein Medizinprodukt, sondern um ein Arzneimittel handle. Die einstweilige Verfügung vom 13.10.1999 sei deshalb zurecht ergangen.
Weiter bestünde zwischen der einstweiligen Verfügung und den hier geltend gemachten "Schäden" kein Ursachenzusammenhang, da nur unter grober Täuschung der Verbraucher der Absatz und die Werbung vorgenommen würden.
Schließlich hat die Beklagte substantiiert jede einzeln geltend gemachte Schadensposition dem Grunde und der Höhe nach bestritten.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, weil es an der haftungsausfüllenden Kausalität fehle. Schadensersatzansprüche nach § 945 ZPO setzten ferner voraus, daß die durch die einstweilige Verfügung verbotene Handlung tatsächlich rechtmäßig gewesen sei. Die Bewerbung als Mittel zur Gewichtsreduktion sei aber nach § 1, 3 UWG unzulässig und daher aus anderen Rechtsgründen zu unterlassen gewesen, denn das Mittel habe keine ursächlich gewichtsreduzierende Wirkung in dem Sinn, wie es der Werbung zu entnehmen sei, nämlich als "Schlank-Pille".
Für die "Umstellung der Werbung" und die diesbezügliche rechtliche Prüfung stehe der Klägerin nichts zu, da die Klägerin das Mittel im Ergebnis weiterhin als Schlankmittel und nicht mit der Wirkung der Bekämpfung des Hungergefühls beworben habe. Bei der Umgestaltung der Packung und Umverpackung habe die Klägerin die Verbotsverfügung nicht vollständig beachtet, sondern weiterhin mit dem unberechtigten Begriff "Medizinprodukt" gearbeitet. Die Gutachten beträfen eine unstreitige Frage, nämlich die der Unverdaulichkeit, und seien nicht durch den Erlaß der einstweiligen Verfügung verursacht worden (Anlage K 8, K 24). Anlage K 9 für 6.000,- DM sei keine gutachtliche Stellungnahme und der Heranziehung eines weiteren Fachmannes aus der Anwaltschaft habe es nicht bedurft.
Die Berufungsklägerin verfolgt ihre Ansprüche in vollem Umfang weiter und macht geltend, es handle sich bei ihrem Mittel um ein Medizinprodukt mit Wirkungsprinzip auf rein physikalischer Grundlage, und ein solches müsse nach § 3 Ziffer 1 a MPG "zum Zwecke der Behandlung oder Linderung von Krankheiten" eingesetzt werden. Die erforderliche Indikationsangabe laute daher "zur Behandlung des Übergewichts und zur Gewichtskontrolle". Diese Zertifizierung im Konformitätsbewertungsverfahren sei hinsichtlich der Indikation für die Zivilgerichte bindend, was der 29. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München bereits im einstweiligen Verfügungsverfahren bestätigt habe und was dort zur Antragsrücknahme geführt habe.
Das OLG Düsseldorf und das Kammergericht hätten bestätigt, daß es sich um ein Medizinprodukt und kein Arzneimittel handle.
Die konkrete Werbung spiele keine Rolle.
Die Klägerin habe angesichts des Verbots umgestellt auf die Zweckbestimmung "Zur Bekämpfung des Hungergefühls", was besondere Kosten bei der Umstellung des Marketingkonzepts u.a. verursacht habe. Da der Beklagte mit Stoffwechseleinwirkungen argumentiert habe, habe die Klägerin ein hiergegen gerichtetes Gutachten benötigt. Entgegen der Ansicht des Erstgerichts fehle es nicht an der haftungsausfüllenden Kausalität, denn der Beklagte habe nicht einzelne Werbeaussagen der Klägerin angegriffen, sondern es sei allein darum gegangen, ob "J" als Mittel zur Gewichtsreduktion ohne Zulassung als Arzneimittel in den Verkehr habe gebracht oder beworben werden dürfen. Das Landgericht habe es als allein maßgeblich angesehen, daß es sich um ein Arzneimittel handle.
Der ursprüngliche Vertrieb als Medzinprodukt mit dem ursprünglichen Anwendungsgebiet verstoße auch nicht gegen § 4 Abs. 2 MPG, sei also keineswegs als irreführend unzulässig gewesen. Die Wirkweise und die Angabe des Anwendungsbereichs würden im Konformitätsbewertungsverfahren zwingend überprüft; die Angabe des überprüften und zertifizierten Anwendungsbereichs könne demnach nicht irreführend sein. Die Aussage sei bei der Wirkungsweise auch nicht als irreführend zu werten. Es werde der Anwendungsbereich definiert und kein Erfolgsversprechen abgegeben. "Zur Reduzierung des Hungergefühls" erfasse die vorhergehende Ebene, also die Wirkweise des Produkts und nicht den Anwendungsbereich. Eine Verpflichtung, zugleich die Wirkungsweise anzugeben, bestehe nicht.
Die Klägerin beantragt,
unter Aufhebung des Ersturteils gemäß ihrem Klageantrag aus der ersten Instanz zu entscheiden.
Der Beklagte beantragt
Zurückweisung der Berufung.
Er verteidigt das Urteil als zutreffend und weist darauf hin, daß er das Merkmal "als Mittel zur Gewichtsreduktion" stets als tragenden Pfeiler des Streitstoffs gekennzeichnet habe. Die Klägerin habe sich auch nicht an das gerichtliche Verbot gehalten, so daß die abgeblichen Ausgaben nicht hierauf beruhen könnten.
Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf den Inhalt der eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen, die Sitzungsniederschrift und die angefochtene Entscheidung verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Klägerin ist ohne Erfolg, da die Indikationsangabe "zur Behandlung des Übergewichts, und zur Gewichtskontrolle", was in dem gerichtlichen Verbot "als Mittel zur Gewichtsreduktion" wiedergegeben wurde, irreführend im Sinne von § 4 Abs. 2 MPG, § 1 und § 3 UWG ist.
An einem Schaden und seiner Verursachung durch die ungerechtfertigte Anordnung fehlt es, weil die auf Unterlassung lautende einstweilige Verfügung zwar vollzogen und später durch Antragsrücknahme gegenstandslos wurde, die Schuldnerin (und jetzige Klägerin) aber materiellrechtlich ohnehin zu der Unterlassung verpflichtet war, vgl. Thomas/Putzo, 22. Auflage, § 945 ZPO, Rdnr. 9 a.E., BGH GRUR 92, 203 f., "Roter mit Genever", Seite 206 b) bb).
1. Der Senat geht dabei entsprechend der Darstellung der Klägerin davon aus, daß "J" ein Medizinprodukt ist, nämlich ein Stoff bzw. eine Stoffzubereitung, die der Behandlung von Übergewicht dient in der Weise, daß die komprimierten Zellulosewürfel im Magen ihre ursprüngliche Größe annehmen, aber keine metabolischen Vorgänge auslösen, sowie weder pharmakologisch noch immunologisch wirken. Lediglich durch ihr Aufquellen und einer Verweildauer über mehrere Stunden bewirken sie das Gefühl eines gefüllten, "gesättigten" Magens, bis sie unverdaut über den Darm ausgeschieden werden (vgl. Anlage K 43). Mehrere Würfel haben den gleichen Effekt wie ein stationär eingesetzter Magenballon (vgl. Anlage K 3).
2. Das Konformitätsbewertungsverfahren nach § 14 MPG sieht entsprechend der dazu erlassenen MPV vor (§ 9 Abs. 3), daß "in einem Verfahren zur Konformitätsbewertung alle einschlägigen Angaben über Merkmale und Leistungen des Medizinproduktes ..." berücksichtigt werden. § 6 MPV bezieht Anhang I der Richtlinie 93/42/EWG ein, der wiederum unter I (allgemeine Anforderungen) bei Ziffer 3 vorsieht, daß die Produkte die vom Hersteller vorgegebenen Leistungen erbringen müssen, d.h., sie müssen so ausgelegt sein, daß sie geeignet sind, eine oder mehrere der in Artikel 1 Abs. 2 a genannten Funktionen entsprechend den Angaben des Herstellers zu erfüllen. Artikel 1 Abs. 2 a definiert den Begriff "Medizinprodukt" unter anderem als Vorrichtung oder Stoff, der vom Hersteller zur Anwendung für Menschen für folgende Zwecke bestimmt ist: ... Behandlung oder Linderung von Krankheiten. .. und deren bestimmungsgemäße Hauptwirkung im oder am menschlichen Körper weder durch pharmakologische oder immunologische Mittel noch metabolisch erreicht wird. ...
3. Die Argumentation der Klägerin, bei einem solchermaßen bezüglich Wirkweise und Angabe des Anwendungsbereichs geprüften Medizinprodukt könne die Angabe des überprüften und zertifizierten Anwendungsbereichs nicht irreführend sein, trifft nicht zu:
a) Die Prüfung im Konformitätsverfahren berücksichtigt nämlich nicht die Regeln nach § 4 MPG.
Es ist nirgends festgehalten, daß bei der Prüfung auch dieser Gesichtspunkt berücksichtigt werden muß, und der Hersteller aufgefordert oder gezwungen werden kann, seine Angaben unter diesem Gesichtspunkt zu ändern.
Es ist auch nicht ersichtlich, welche Ausbildung der eingeschaltete Prüfer in dieser Hinsicht haben müßte, nach welchen Kriterien, er verfährt und wie er hier Feststellungen trifft.
Aus der Systematik des MPG, nämlich § 4 und der Regelung zum Konformitätsbewertungsverfahren, nämlich § 14 Abs. 5, wonach die Durchführung des Verfahrens die zivilrechtliche Verantwortlichkeit unberührt läßt, ergibt sich in diesem Zusammenhang, daß insoweit keine Bindungswirkung der Zivilgerichte eintritt, sondern die Klägerin als Verantwortliche für das Inverkehrbringen des Medizinprodukts hier auf eigenes Risiko handelt.
§ 4 Abs. 2 MPG wäre ebenso wie § 14 Abs. 5 MPG überflüssig, wenn die von der Klägerin bemühte Bindungswirkung bestünde.
b) Das Medizinprodukt "J" führt zwar infolge einer möglicherweise reduzierten Nahrungsaufnahme infolge des Gefühls eines gefüllten Magens zur Gewichtsreduktion, hat diese Wirkung jedoch nur mittelbar und nicht zwingend wie ein Wirkstoff, der metabolisch wirkt.
Der Verwender muß also mitmachen, d.h. seine Esslust zügeln und auch bei der Art der Nahrungsaufnahme auf den Ernährungsgehalt achten. Die Klägerin empfiehlt daher nicht ohne Grund eine gleichzeitige fett- und kalorienreduzierte Diät und legt auch als Anlage K 44 eine Vergleichsstudie jeweils mit gleichzeitig eingehaltener Diät vor. Diese Diät wurde gemäß A 8 zu Anlage K 41 ("klinische Bewertung") ebenfalls durchgeführt (Ziffer 3.1).
Bei organisch, bedingtem Übergewicht ist eine Wirkung nicht ersichtlich und nicht einmal von der Klägerin behauptet.
c) Der Senat - als Teil des angesprochenen Verkehrs - geht bei der Angabe "zur Behandlung des Übergewichts" davon aus, daß dieses Mittel nicht erst mittelbar mit aktivem Zutun des Einnehmenden wirkt, sondern unmittelbar von sich aus, und zwar bei jedem Übergewicht, also auch bei organisch bedingtem.
Für ein anderes Verständnis fehlt jeglicher Anhaltspunkt.
Im Bereich der Gesundheit ist der Verkehr nämlich an Produkte gewöhnt, die von sich aus wirken ohne besonderes Zutun des Anwenders. Dies gilt schon für äußerlich anzuwendende Hilfsmittel wie z. B. Pflaster und Stützstrümpfe, verstärkt aber vor allem für Produkte, die geschluckt werden müssen insbesondere Medikamente. Da auch "J" zur "Behandlung des Übergewichts" eingenommen werden muß, ergibt sich hier nichts abweichendes.
Es ist nicht ersichtlich, daß diese Meinung des Senats nur eine kleine irrelevante Minderheit der interessierten Bevölkerung teilt. Der bei Gesundheitsfragen auch im Hinblick auf den interessierten und informierten Verbraucher anzusetzende Anteil in der Bevölkerung wird vielmehr erheblich überschritten.
d) Der Einwand der Klägerin, in der Indikation liege kein sicheres Erfolgsversprechen, es werde nur der Anwendungsbereich definiert, geht auf diesen entscheidenden Gesichtspunkt nicht ein. Was die Klägerin hiermit anspricht, fiele unter § 4 Abs. 2 Ziffer 2 MPG, wonach es als irreführend verboten ist den fälschlichen Eindruck zu erwecken, daß ein Erfolg mit Sicherheit erwartet werden konnte.
Auch die Argumentation, die Angabe "zur Verringerung des Hungergefühls" bewege sich auf einer vorhergehenden Ebene, betreffe die Wirkungsweise des Produkts und nicht den Anwendungsbereich, führt nicht weiter. Es gibt keine Verpflichtung, die Wirkweise darzulegen, wenn die Angabe des Anwendungsbereichs nicht irreführend ist. Ist Letzteres jedoch - wie vorliegend - der Fall, kann sich der Vertreiber nicht darauf berufen, er müsse nicht die Wirkweise angeben.
Es liegt im Verantwortungsbereich der Klägerin (§ 14 Abs. 5 MPG), welche Angaben sie macht, sie darf jedoch keine irreführenden Angaben machen, in dem sie Medizinprodukten eine Leistung beilegt, die diese nicht haben, § 4 Abs. 2 Ziff. 1 MPG.
e) Auch die Berufung der Klägerin auf eine erforderliche Indikationsangabe geht fehl.
Die Klägerin zitiert hier § 3 Ziffer 1 MPG, wo lediglich der Begriff "Medizinprodukt" bestimmt wird, während die "Zweckbestimmung" in Ziffer 9 des § 3 MPG angesprochen ist.
Die Umstellung seitens der Klägerin nach dem Verbot auf die Angabe "zur Reduzierung des Hungergefühls" zeigt ferner, daß die Klägerin ihre frühere Indikationsangabe selbst nicht als bindend angesehen hat, denn sie hat - zu Recht - keine neue Zertifizierung für diese Bezeichnung durchgeführt.
4. Auf die einzelnen Schadensposten kommt es hiernach nicht mehr an, da die Klägerin das Produkt in der durch die einstweilige Verfügung verbotenen Form, nämlich "als Mittel zur Gewichtsreduktion", nicht bewerben und/oder vertreiben durfte.
Die Bewerbung (vgl. Blatt 71/72 d.A. des Landgerichts München I, 7 HKO 17611/99 = OLG München 29 U 1520/00) bzw. die Aufmachung, vgl. Anlage zum Protokoll vom 10.11.1999 (Verpackung) sprechen von "Behandlung des Übergewichts", was nicht hinter der Tenorierung zurückbleibt. Das Verbot ist also nicht zu weit gegangen.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO, die anderen Nebenentscheidungen folgen aus § 708 Nr. 10, § 711 und § 546 Abs. 2 ZPO.
Ende der Entscheidung
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