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Gericht: Oberlandesgericht München
Urteil verkündet am 21.12.2005
Aktenzeichen: 7 U 2941/05
Rechtsgebiete: HGB


Vorschriften:

HGB § 89 b
I. § 89 b Abs. 4 S. 1 HGB steht der Berechnung des Ausgleichsanspruchs eines Versicherungsvertreters anhand der zwischen den Spitzenverbänden der Versicherungswirtschaft und des Versicherungsaußendienstes vereinbarten "Grundsätze zur Errechnung der Höhe des Ausgleichsanspruchs" nicht entgegen, wenn die Parteien die Berechnung auf dieser Basis bestätigt und einvernehmlich akzeptiert haben.

II. Sind zwischen dem hauptberuflichen Versicherungsvertreter und der Versicherung für die Berechnung der Höhe des Ausgleichsanspruchs die Regelungen der o.g. Grundsätze einvernehmlich zu Grunde gelegt worden und haben die Parteien zu erkennen gegeben, dass sie die Grundsätze als angemessenen und der Billigkeit entsprechenden Ausgleich der unterschiedlichen Interessen akzeptieren, ist es dem Versicherungsvertreter verwehrt bei der Berechnung des Ausgleichsanspruchs lediglich die für ihn günstigen Regelungen der Grundsätze heranzuziehen.

III. Eine vom Versicherungsunternehmen finanzierte Altersversorgung kann ungeachtet der Unwirksamkeit einer Regelung in den VVW und den sog. Grundsätzen (vgl. BGH NJW 2003, 290) auf den Ausgleichsanspruch angerechnet werden, wenn und soweit die ungekürzte Zuerkennung des Ausgleichsanspruchs nach den Vorstellungen der Parteien sowie ihrem Verhalten während und nach Beendigung des Vertreterverhältnisses und unter Abwägung aller Umstände des Einzelfalls unbillig wäre. In die Billigkeitserwägungen sind insbesondere die Dauer der Tätigkeit des Versicherungvertreters, die eingeräumte Wahlmöglichkeit, die Finanzierung der Alterversorgung durch das Versicherungsunternehmen, die Zeitdifferenz zwischen Ausscheiden und Fälligkeit des Versorgungsanspruchs, die Doppelbelastung der Versicherung bei etwaigen Steuervorteilen, die langjährige Betriebstreue sowie die Ersparnis eigener Aufwendungen für die Altersvorsorge einzubeziehen.


IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Aktenzeichen: 7 U 2941/05

Verkündet am 21.12.2005

In dem Rechtsstreit

wegen Forderung

erlässt der 7. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht...., den Richter am Oberlandesgericht .....und die Richterin am Oberlandesgericht ...aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 21.12.2005 folgendes

Endurteil:

Tenor:

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des Landgerichts München I vom 11.03.2005 wird zurückgewiesen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Klägerin begehrt aus abgetretenem Recht weiteren Versicherungsvertreterausgleich in Höhe von nunmehr 240.299,10 Euro von der Beklagten.

Der Ehemann der Klägerin war vom 01.04.1973 bis zumindest 31.12.1999 als selbständiger hauptberuflicher Versicherungsvertreter für die Beklagte tätig. Mit Schreiben vom 13.03.2000 kündigte der Ehemann das Versicherungsverhältnis fristlos. Zuvor, am 26.12.1999, hatten die Parteien bereits einvernehmlich das Vertragsverhältnis zum 31.12.1999 aufgelöst, seine diesbezügliche Erklärung hat der Ehemann der Klägerin angefochten. Mit Schreiben vom 18.01.2000 erklärte die Beklagte ihrerseits die Kündigung.

R..., der Ehemann der Klägerin hat seinen Anspruch auf Versicherungsvertreterausgleich gemäß § 89 b HGB gegenüber der Beklagten an die Klägerin abgetreten.

Auf Ersuchen des Ehemanns der Klägerin hatte der Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute e.V. am 27.06.2000 (Anlage K 6) - aufgrund der Angaben des Ehemanns der Klägerin - einen Ausgleichsanspruch in Höhe von 432.159,29 DM (220.959,54 Euro) mittels Computer errechnet.

Daraufhin hat der Ehemann der Klägerin einen Ausgleichsanspruch gegenüber der Beklagten in dieser Höhe geltend gemacht. Die Beklagte übersandte dem Ehemann der Klägerin mit Schreiben vom 05.12.2000 (Anlage K 10) ihre Berechnung des Ausgleichsanspruchs gemäß § 89 b HGB, der sich auf eine Höhe von 323.226,57 DM (165.263,12 Euro) belief. Die Beklagte hat hiervon den Barwert der unverfallbaren Versorgungsanwartschaft des Versicherungsvertreters in Höhe von 183.952,00 DM (94.053,16 Euro) abgezogen. Des Weiteren reduzierte die Beklagte den Ausgleichsanspruch um eine ihr unstreitig gegen den Ehemann der Klägerin in Höhe von 48.574,95 DM (24.835,98 Euro) zustehende Gegenforderung. Der Berechnung der Beklagten lagen die so genannten Grundsätze zur Errechnung der Höhe des Ausgleichsanspruchs nach § 89 b HGB, die von den Spitzenverbänden der Versicherungswirtschaft und des Versicherungsaußendienstes vereinbart waren, zu Grunde.

Auf den Handelsvertreterausgleich leistet die Beklagte nachfolgend Zahlung in Höhe von 90.699,62 DM (46.373,98 Euro), basierend auf der oben dargelegten Berechnung.

Mit Schreiben vom 04.10.2001 (Anlage K 11) rügte die Klägerin den Abzug des Barwerts der unverfallbaren Versorgungsanwartschaft und forderte mit Schreiben vom 03.12.2001 (Anlage K 12) die Beklagte auf, die hierfür in Abzug gebrachten 94.315,16 Euro bis spätestens 10.12.2001 auszukehren. Mit Schreiben vom 18.12.2001 (Anlage K 13) beharrte die Beklagte auf der Anrechnung des Barwerts der Altersvorsorgung und verweigerte die Zahlung.

Die Klägerin hat mit der Klage zunächst Ansprüche auf weiteren Versicherungsvertreterausgleich geltend gemacht, bei deren Berechnung sie sich auf die von der Beklagten errechnete Höhe von 323.226,57 DM (165.263,12 Euro) stützte und lediglich den Abzug des Barwerts der Versorgungsanwartschaft nicht akzeptierte.

Die Klägerin trägt nunmehr vor, der Handelsvertreterausgleichsanspruch ihres Ehemanns beliefe sich auf insgesamt 609.258,75 DM (311.509,05 Euro), nach Abzug der unstreitigen Gegenforderung der Beklagten in Höhe von 48.574,95 DM (24.835,98 Euro) und der bereits gezahlten 90.699,62 DM (46.373,98 Euro) stünde ihr noch eine Restforderung in Höhe der geltend gemachten Klageforderung von 469.984,18 DM (240.299,10 Euro) zu.

Die von der Beklagten bei der Berechnung des Ausgleichsanspruchs zu Grunde gelegten Grundsätze, die von den Spitzenverbänden der Versicherungswirtschaft und des Versicherungsaußendienstes vereinbart worden waren, seien keine geeignete Berechnungsgrundlage, da diese weder Handelsbrauch noch verbindlich und auch zwischen den Parteien nicht vereinbart worden seien. Insbesondere könne aus der ursprünglichen Klageschrift, in der sie sich auf den auf dieser Basis errechneten Ausgleichsanspruch gestützt habe, nicht auf eine konkludente Vereinbarung zwischen den Parteien geschlossen werden.

Die Klägerin stützt ihre Berechnung des Ausgleichsanspruchs auf folgende Erwägungen:

Ausgehend von dem Basisjahr 1999 errechnet die Klägerin aus dem Volumen der Sachversicherungen von 647.704,00 DM, der Kfz-Versicherungen von 483.413,00 DM und der Lebensversicherungen von 30.876,00 DM, Provisionsansprüche in Höhe von 75.540,00 DM für Sachversicherungen, 47.662,00 DM für Kfz-Versicherungen und 4.365,00 DM für Lebensversicherungen. Sie bezieht sich hierbei auf die von der Beklagten erstellten Anlagen K 16 und K 17. Basierend auf den allgemeinen Vertragsbestimmungen der hauptamtlichen Vertreter aus den Jahr 1991 berechnet die Klägerin eine Abwanderungsquote bei Sachversicherungen von 9,42 %, bei Kfz-Versicherungen von 19,67 % und bei Lebensversicherungen von 7,85 %. Des Weiteren legt die Klägerin für die verschiedenen Versicherungsarten unterschiedliche Prognosezeiträume zu Grunde, so für Sachversicherungen 10,62 Jahre, für Kfz-Versicherungen 5,08 Jahre und für Lebensversicherungen 12,74 Jahre. Die Klägerin errechnet deshalb einen Provisionsverlust in Höhe von 609.258,75 DM. Eine Abzinsung von 5 % nach versicherungsmathematischen Grundsätzen (Gillardon) kommt nach den Vorstellungen der Klägerin nicht in Betracht, da der Ehemann der Klägerin über 26 Jahre lang für die Beklagte gearbeitet habe. Die Klägerin ist der Ansicht, sie könne sich zu Recht auf die Angaben in den Anlagen K16 und K 17 stützen.

Wenn die Beklagte sich gegen die aus der Anlage K 16 bzw. K 17 ergebenden Zahlen, die die Klägerin als Berechnungsgrundlage heranziehe, wende und vortrage, darin seien auch von ihr übertragene Bestände enthalten, die nicht zu berücksichtigen seien, da die hierauf entfallenden Folgeprovisionen die Pflege des Bestands und Mitwirkung beim Inkasso beträfen, so sei dies nicht maßgeblich, weil die Beklagte nicht selbst substantiiert dargelegt habe, welcher Teil hierauf entfalle. Die Klägerin trägt des Weiteren vor, dass, selbst wenn man davon ausgehe, zwischen den Parteien sei die Berechnung des Ausgleichsanspruchs nach den so genannten Grundsätzen vereinbart worden, diese gegen den Unabdingbarkeitsgrundsatz des § 89 b Abs. 4 Satz 1 HGB verstießen.

Der Ausgleichsanspruch in von ihr errechnetem Umfang des hochgerechneten Provisionsentgangs ihres Ehemanns stehe ihr ungekürzt in voller Höhe zu und entspräche der Billigkeit des § 89 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 HGB. Insbesondere seien Leistungen der Beklagten für die Altersversorgung des Ehemanns nicht anspruchsmindernd zu berücksichtigen. Eine Vereinbarung über die Anrechnung der Altersversorgung auf den Ausgleichsanspruchs lasse sich weder aus dem Agenturvertrag noch den dort beigefügten Anlagen entnehmen. Sie könne allenfalls aus dem Vertreterversorgungswerk (VVW) hergeleitet werden. Die dort verzeichnete Anrechnungsklausel sei jedoch wegen Verstoßes gegen § 89 b Abs. 4 Satz 1 HGB i.V.m. § 9 AGB-Gesetz a.F. unwirksam. Deshalb komme eine Anspruchsminderung im Hinblick auf die der Beklagten aufgewendeten Mittel für die Altersversorgung nach der Rechtsprechung nicht in Betracht. Zu berücksichtigen sei, dass ihr Ehemann zum Aufbau einer weiteren beruflichen Existenz auf die volle Höhe des Ausgleichsanspruchs angewiesen sei. Auch aus weiteren Billigkeitserwägungen sei eine Anrechnung nicht vorzunehmen. So sei ihr Ehemann bei Beendigung des Vertragsverhältnisses erst 50 Jahre alt gewesen. Da die Leistungen aus dem Vertretungswerk erst im Jahr 2012 mit Erreichen des 63. Lebensjahres fließen, klaffe eine erhebliche Fälligkeitsdifferenz von ca. 12 Jahren. Die Versorgungsleistungen seien durch die geleistete Betriebstreue erdient, ihr Ehemann habe die besten 26 Jahre seiner Arbeitskraft der Tätigkeit für die Beklagte gewidmet.

Nachdem die Klägerin ursprünglich mit der Klage 94.035,16 Euro begehrte, hat sie nach Klageerweiterung beantragt:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 240.299,10 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz nach § 1 DÜG seit 01.01.2001 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte trägt vor, sie habe basierend auf den so genannten Grundsätzen den Ausgleichsanspruch des Ehemanns der Klägerin richtig berechnet. Die Grundsätze seien seit langem als Handelsbrauch anerkannt. Da das Gesetz die Höhe des angemessenen Ausgleichs im Sinne von § 89 b HGB gerade für Versicherungsvertreter nicht regle, könne es auch keinen Verstoß gegen § 89 b Abs. 4 HGB im vorliegenden Fall dadurch geben, dass man den Ausgleichsanspruch nach diesen Grundsätzen berechne. Der nach den so genannten Grundsätzen ermittelte Betrag sei angemessen, weil er aus einer Abstimmung der gegensätzlichen Interessen der Versicherungswirtschaft einerseits und der Handelsvertreter andererseits beruhe. Seit vielen Jahren und in über 50.000 Fällen werde diese Berechnung einvernehmlich durchgeführt.

Die von der Klägerin vorgelegte Berechnung sei unzutreffend. Zum einen stütze sich die Klägerin zu Unrecht auf die in der Anlage K 16 aufgeführten Provisionen, da diese gerade nach den von der Klägerin abgelehnten Grundsätzen "Sach" erstellt worden seien und Provisionen auch für übertragene Versicherungsbestände aufwiesen. Außerhalb einer Berechnung nach den so genannten Grundsätzen dürften Provisionen, die aus übertragenen, nicht vom Vermittler selbst vermittelten Versicherungen stammten, gemäß § 89 b Abs. 5 HGB nicht berücksichtigt werden. Die Klägerin könne nicht einerseits die Berechnung nach den Grundsätzen ablehnen, andererseits - wenn es für sie vorteilhaft sei - einzelne der Berechnung zu Grunde gelegte Positionen übernehmen.

Die Beklagte habe ausreichend dargelegt, dass in erheblichem Umfang Bestände an den Ehemann der Klägerin übertragen worden seien (Anlagen B 20 bis B 32 sowie B 33 bis 37). Die hierauf entfallenden Provisionen seien keine Vermittlungsprovisionen, sondern Entgelte für die Pflege des Bestands und etwaige Mitwirkung beim Inkasso. Damit könne sich die Klägerin nicht auf den Anscheinsbeweis berufen, dass die bei Vertragsende bestehenden Kunden vom Ehemann geworbene seien.

Im Rahmen der Billigkeitsprüfung sei auch die außergewöhnliche Sogwirkung der Marke "A.................." zu berücksichtigen. Schließlich seien die Leistungen für die Altersvorsorge des Ehemanns Anspruchs mindernd zu berücksichtigen. Der Ehemann der Klägerin habe das Angebot der Beklagten, dem Versorgungswerk beizutreten, am 21.03.1979 angenommen, ebenso das modifizierte Angebot vom 09.01.1999 (Anlage B 12). Die Unwirksamkeit der Klausel in den VVW-Bestimmungen bezüglich der Anrechnung des Barwerts der Altersversorgung auf den Ausgleichsanspruch stünde der Anrechnung im vorliegenden Fall aus Billigkeitsgründen nicht entgegen. Die Behauptung der Klägerin, die Beklagte habe die Altersversorgung dadurch finanziert, dass sie an Alleinvertreter geringere Provisionen auszahlte als an Makler und Makleragenten, sei unzutreffend und unsubstantiiert.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und dies im Wesentlichen damit begründet, dass die Klägerin nicht hinreichend schlüssig und substaniiert dargelegt habe, in wieweit ihr ein weiterer Versicherungsvertreterausgleich zustehe. Die Klägerin habe die Darlegungs- und Beweislast für die anspruchsbegründenden Tatsachen, auf die sie ihre Forderung stütze. Sie hätte insbesondere substantiiert darlegen müssen, welche Verträge ihr Ehemann neu abgeschlossen habe bzw. welche bestehenden Verträge er so erweitert habe, dass sie wirtschaftlich als neue zu bewerten seien. Sie könne insbesondere, nachdem die Beklagte dies substantiiert bestritten habe, die Anlage K 16 nicht ihren Ansprüchen zu Grunde legen, da sich diese auch auf übertragene Versicherungsbestände bezögen, die dem Ehemann nach 10 und mehr Jahren im Rahmen der Berechnung des Versicherungsvertreterausgleichsanspruchs gemäß den so genanten "Grundsätzen" gutgeschrieben wurden, obwohl sie nicht vom Ehemann vermittelt bzw. maßgeblich erweitert worden seien. Eine auf statistische Wahrscheinlichkeiten beruhende Berechnung aufgrund der Abwanderungsquote reiche nicht aus.

Der Klägerin stünde ein weiterer Versicherungsvertreterausgleich von 94.053,16 Euro, nämlich in Höhe des Barwerts der Versorgungsanwartschaft, nicht zu. Ein Abzug des Barwerts der Altersversorgung vom Versicherungsvertreterausgleich sei zum einen nach den so genannten Grundsätzen vorzunehmen. Die Grundsätze hätten Kompromisscharakter und seien als einheitlich Ganzes aufzufassen. Des Weiteren entspreche ein Abschlag der Versorgungsanwartschaft auch der Billigkeit. In die erforderliche Abwägung sei einzubeziehen zum einen, dass der Ehemann fast 27 Jahre für die Beklagte tätig gewesen sei und die Fälligkeit des Versorgungsanspruchs erst in ca. 12 Jahre eintrete, zum anderen, dass die Ablehnung einer Anrechnung im Ergebnis zu einer unangemessenen Doppelbelastung des Unternehmens führen würde. Der Ehemann der Klägerin habe zudem das Angebot der Beklagten zur Versorgungsanwartschaft (Anlage B 11 a) angenommen. Aus den dort beigefügten Bestimmungen habe sich ergeben, dass der Wert der Versorgungsanwartschaft auf den Ausgleichsanspruch angerechnet würde. Die Parteien hätten dadurch zum Ausdruck gebracht, dass sie die Anrechnung für die Billigkeit entsprechend erachteten.

Hiergegen wendet sich die Berufung der Klägerin. Sie trägt insbesondere vor, das Landgericht habe zu Unrecht den Vortrag der Klägerin als nicht hinreichend substantiiert bewertet und die Beweislast fehlerhaft auf Seiten der Klägerin gesehen. Die in der Anlage K 16 ausgewiesenen Beträge seien als Bestandteil einer Urkunde zu sehen. Die Beklagte hätte substantiiert und konkret darlegen müssen, in wie weit darin zugewachsene bzw. nicht zugewachsene Bestände enthalten seinen. Die Klägerin habe darüber hinaus die in der Anlage K 16 als übertragen ausgewiesene Bestände bei ihrer Berechnung mindernd berücksichtigt. Sie habe hierzu die Anlage K 17 herangezogen. Von den von der Beklagten übertragenen Beständen aus den Jahren 1973 bis 1983 sei bei einer Abwanderungsquote von 9,42 Jahren kein Bestand mehr vorhanden. Deshalb hätte die Beklagte konkret darlegen müssen, welcher Bestand bei Vertragsende noch vorhanden gewesen sei. Die Berechnung der Klägerin der Höhe der Ausgleichsansprüche sei zutreffend, sie habe insbesondere auf Durchschnitts- und Erfahrungswerte zurückgreifen dürfen. Eine Anrechnung des Barwerts der Altersversorgung sei nicht vorzunehmen. Ergänzend zum bisherigen Vorbringen verweist die Klägerin insbesondere darauf, dass eine Doppelbelastung des Unternehmens nicht vorliege, da die steuerlich wirksamen Provisionsrückstellungen die Aufwendungen zu 100 % aufwiegen würden. Die Altersversorgung sei darüber hinaus durch eigene Leistung des Versicherungsvertreters erworben. Es sei unbillig, die Höhe des Kapitalwerts, die im Übrigen zu hoch angesetzt sei, in vollem Umfang zu berücksichtigen.

Die Klägerin beantragt:

1. Unter Aufhebung des angefochtenen Urteils den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht München I zurückzuverweisen.

2. Im Falle einer eigenen Sachentscheidung des Berufungsgerichts, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 240.299,10 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz nach § 1 DÜG seit dem 01.01.2001 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt:

Die Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des Landgerichts München I vom 11.03.2005 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Sie meint, dass die Entscheidung des Landgerichts zutreffend sei. Die Klägerin habe einen weiteren Ausgleichsanspruch nicht schlüssig und substaniiert dargelegt. Sie trage jedoch die Darlegungs- und Beweislast für die tatsächlichen Voraussetzungen eines Ausgleichsanspruch nach §§ 89 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 2, Abs. 5 Satz 1 HGB. Ein Rückgriff auf statistisches Material zur Berechnung des Ausgleichsanspruchs sei zwar zulässig, dies müsse jedoch gesichert sein und insbesondere die Schlussfolgerungen tragen. Dem werde die Berechnung der Klägerin nicht gerecht. Die Klägerin habe für ihre Berechnung die Aufstellung in der Anlage K 16 herangezogen, dies sei jedoch nicht konsequent, da die Aufstellung übertragenen und zugewachsenen Bestand enthalte, der zwar bei der Berechnung des Ausgleichsanspruchs nach den so genannten Grundsätzen berücksichtigt werde, da die Klägerin jedoch eine Berechnung nach den Grundsätzen ablehne, hätte sie ihrer Rechnung nur die vom Ehemann tatsächlich neu vermittelten bzw. erweiterten Verträge zu Grund legen dürfen. Die Klägerin könne nicht nur aus den Grundsätzen das für sie Positive herausgreifen. Sie habe - wie sich aus der Klageschrift ergebe - die Ausgleichsberechnung durch die Beklagte zunächst auch akzeptiert. Eine Anrechnung der Altersversorgung sei rechtmäßig und entspreche auch der Billigkeit.

Der Senat hat im Termin zur mündlichen Verhandlung am 21.12.2005 mit den Parteien die Sach- und Rechtslage umfassend erörtert, auf das Protokoll der Sitzung wird Bezug genommen (Bl. 344 bis 347 d.A.). Ergänzend wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätzen nebst Anlagen, auf die Sitzungsprotokolle und Beschlüsse sowie auf den Tatbestand und die Entscheidungsgründe des Ersturteils verwiesen.

II.

Die Berufung der Klägerin ist zulässig, erweist sich in der Sache jedoch als unbegründet. Der Klägerin stehen weitere Versicherungsvertreterausgleichsansprüche aus abgetretenem Recht nicht zu.

Auf die zutreffenden Entscheidungsgründe des landgerichtlichen Urteils kann Bezug genommen werden, ergänzend insbesondere zum Berufungsvorbringen der Parteien ist folgendes anzumerken:

1. Die Berechnung des Ausgleichsanspruchs nach § 89 b HGB auf der Basis der so genannten Grundsätze ist nicht zu beanstanden, da von einer Einigung der Parteien, beziehungsweise der Beklagten und dem Ehemann der Klägerin, auf die Anwendung der Grundsätze in Bezug auf die rechnerische Ermittlung des Ausgleichsanspruchs auszugehen ist.

a) Zwischen den Parteien wurden für die Berechnung des Ausgleichsanspruchs einvernehmlich die so genannten Grundsätze zu Grunde gelegt. Auf dieser Basis hat die Beklagte - rechnerisch zutreffend und von der Klägerin nicht beanstandet - die Höhe des Ausgleichsanspruchs berechnet. Dass die Parteien davon ausgingen, dass maßgeblich diese Grundsätze auch für die Berechnung des Ausgleichsanspruchs des Ehemanns der Klägerin herangezogen werden sollten, ergibt sich insbesondere aus folgenden Umständen:

Mit Schreiben vom 14.03.1979 (Anlage B 11 a) hat die Beklagte dem Ehemann der Klägerin eine Versorgungszusage auf der Basis seiner (damals) 6-jährigen Tätigkeit für die Beklagte angeboten. Ausweislich des Schreibens, das der Ehemann der Klägerin gegenzeichnete und an die Beklagte zurücksandte, erfolgte dabei eine ausdrückliche Bezugnahme auf die dem Schreiben "beiliegenden `Grundsätze zur Errechnung des Ausgleichsanspruchs nach § 89 b HGB`". Des Weiteren wird auch aus den dem Ehemann der Klägerin in den Folgejahren übersandten Schreiben (Anlagen B 20 bis B 32 und B33 bis B37), die Aufstellungen über die im dort näher bestimmten Zeitraum zur Betreuung und zum Ausbau übertragenen Bestände enthielten, deutlich, dass bei der künftigen Berechnung der Höhe des Ausgleichsanspruchs der so übertragene Bestand - entgegen der gesetzlichen Regelung - zu Gunsten des Versicherungsvertreters berücksichtigt werden sollte. Diese Zusage ist nur im Zusammenhang mit der Berechnung des Ausgleichsanspruchs entsprechend den so genannten Grundsätzen zu verstehen. Die oben genannten Schreiben hat der Ehemann der Klägerin ebenfalls jeweils unterzeichnet und hierdurch sein Einverständnis auch mit der Berechnung eines künftigen Ausgleichsanspruchs nach den so genannten Grundsätzen erklärt.

Nach dem Ausscheiden des Ehemanns der Klägerin und damit nach Vertragsende haben weder dieser noch die Klägerin selbst Einwände gegen die von der Beklagten nach den Grundsätzen berechneten Ausgleichsansprüche in Höhe von 323.226,75 DM am 05.12.2000 erhoben, sondern die Berechnung ausdrücklich akzeptiert, obwohl eine auf den Angaben des Ehemanns der Klägerin beruhende Berechnung des Bundesverbands Deutscher Versicherungskaufleute e.V. am 27.06.2000 einen höheren Ausgleichsanspruch ergeben hatte. Dass weder die Klägerin noch ihr Ehemann die Berechnung anhand der Grundsätze in Frage stellten, wird insbesondere auch aus Schreiben vom 04.10.2001 (Anlage K 11) deutlich. Darin spricht der vormalige Prozessbevollmächtigte der Klägerin vom "unstreitigen Ausgleichsanspruch nach § 89 b HGB in Höhe von 323.226,57 DM". Die in diesem Schreiben erhobenen Einwände der Klägerin bzw. ihres Ehemannes richteten sich lediglich und wesentlich gegen die Anrechnung des Barwerts der unverfallbaren Versorgungsanwartschaft. Letztlich zeigt auch die von der Klägerin mit Schriftsatz vom 22.04.2002 zunächst erhobene Klage, dass die Berechnung der Höhe des Ausgleichsanspruchs gemäß den Grundsätzen nicht beanstandet, sondern lediglich der Abzug des Barwerts der Altersversorgung nicht akzeptiert werde. Die Klägerin hat erstmals mit Schriftsatz vom 24.10.2003, d.h. ca. 3 Jahre nach Mitteilung der Höhe des von der Beklagten errechneten Ausgleichsanspruchs, dessen Berechnung auf der Basis der so genannten Grundsätze angegriffen und eine eigene Neuberechnung vorgenommen.

Der Senat geht damit davon aus, dass zwischen den Parteien bei der Berechnung der Höhe des Ausgleichsanspruchs die Regelungen der so genannten Grundsätze einvernehmlich zu Grunde gelegt wurden. Die Parteien haben zu erkennen gegeben, dass sie die Grundsätze als angemessen und der Billigkeit entsprechenden Ausgleich der unterschiedlichen Interessenlagen ansehen und die ihnen zu Grunde liegenden Erfahrungswerte als für sich gültig akzeptieren. Dabei stehen die Einzelbestimmungen in so engem Zusammenhang, dass die Höhe des Ausgleichsanspruchs nur unter Abwägung sämtlicher in Betracht kommender Einzelbestimmungen errechnet werden darf (vgl. Küstner/Thume Handbuch des gesamten Außendienstrechts, Band 2, 7. Auflage, Rdnr. 1850). So ist es der Klägerin deshalb verwehrt, lediglich die für sie günstigen Regelungen zu akzeptieren und auf deren Basis eine eigene, dann im Weiteren von den Grundsätzen abweichende Berechnung vorzunehmen. Dies gilt insbesondere für die Berücksichtigung von "Provisionen" übertragener Bestände, die bei der Berechnung ohne Rückgriff auf die Grundsätze nicht herangezogen werden dürfen.

Ein Verstoß gegen die Regelungen des § 89 b Abs. 4 Satz 1 HGB ist - entgegen der Ansicht der Klägerin - in der Vereinbarung der Anwendung der so genannten Grundsätze bei der Berechnung des Ausgleichsanspruchs nicht zu sehen, insbesondere da die Parteien auch nach Vertragsende die Berechnung auf dieser Basis ausdrücklich bestätigt haben und einvernehmlich von dieser Art und Weise der Berechnung ausgingen. § 89 b HGB schreibt nur vor, wann ein Ausgleichsanspruch zur Entstehung gelangt, enthält aber keine Richtlinien, wie die Höhe des Ausgleichsanspruchs im Einzelfall festgestellt werden soll.

Ob die so genannten Grundsätze "Handelsbrauch" und ob sie verbindlich sind, da grundsätzlich nicht vorher und generell bestimmt werden kann, was angemessener Ausgleich ist (vgl. Baumbach/Hopt HGB, 32. Auflage § 89 b HGB Rdnr. 96), kann vorliegend dahinstehen. Ohne weiteres können die Grundsätze nämlich nach Vertragsende vereinbart werden. Dies ist hier geschehen (vgl. BGH WM 1975, 856; NJW 2003, 1245). Ebenso ist deshalb nicht entscheidungserheblich, ob die Verwendung der so genannten Grundsätze gegen § 9 Abs. 2 Nr. 1 AGBG a.F. (§ 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB n.F.) i.V.m. § 89 b Abs. 4 HGB verstoßen, da die Vertragsparteien sich nach Vertragsbeendigung individuell auf die Grundsätze für die Berechnung des Ausgleichsanspruchs geeinigt hatten.

b) Selbst wenn man vorliegend davon ausginge, dass die Berechnung des Versicherungsvertreterausgleichs - mangels entsprechender Vereinbarung - nicht nach den so genannten Grundsätzen erfolgen könne und dürfe, führt dies nicht zum Erfolg der Berufung. Die Klägerin hat nämlich einen weiteren über den von der Beklagten errechneten hinausgehenden Anspruch nicht hinreichend schlüssig und substantiiert vorgetragen. Zutreffend hat das Landgericht gesehen, dass die Klägerin für die klagebegründenden Tatsachen bezüglich des von ihr geltend gemachten Anspruchs auf Zahlung von weiterem Versicherungsvertreterausgleich die Darlegungs- und Beweislast trägt. Nach § 89 b Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 HGB ist der Versicherungsvertreterausgleich lediglich aus solchen Verträgen zu berechnen, die der Ehemann der Klägerin neu vermittelt hat. Dabei können Verträge aus übernommenem oder übertragenem Bestand nur insofern berücksichtigt werden, als der Versicherungsvertreter sie so wesentlich erweitert hat, dass dies wirtschaftlich der Vermittlung eines neuen Versicherungsvertrags entspricht (vgl. Baumbach/Hopt HGB, 32. Auflage § 89 d Rdnr. 89). Die Ermittlung dieses Bestands an neu vermittelten Verträgen im so genannten Basisjahr ist Grundlage für die Berechnung der Provisionsverluste des Vertreters in den Folgejahren nach Beendigung des Vertragsverhältnisses.

Die Klägerin hat hier zunächst die in der von der Beklagten erstellten Anlage K 16 dargelegten Provisionsansprüche, die allerdings auch übertragene Bestände enthalten, zu Grunde gelegt. Soweit sie vorträgt, sie habe die als übertragen ausgewiesenen Bestände mindernd berücksichtigt und die Beklagte trage die Beweislast dafür, inwieweit in der Anlage K 16 auch nicht ausgewiesene - weil zugewachsene Übertragungen - enthalten seien, ist dem nicht zu folgen. Entgegen der Auffassung der Klagepartei trägt sie auch dafür die Darlegungs- und Beweislast. Nicht die Beklagte hat darzulegen und vorzutragen, welche der in der Anlage K 16 aufgelisteten Beträge auf übertragenen Beständen beruhen und welche nicht, sondern die Klägerin. Dies gilt umso mehr als die Beklagte substantiiert vorgetragen hat, dass in den zurückliegenden Jahren Bestände übertragen wurden und diese als zugewachsenen Bestände in der Anlage K 16 - entsprechend den von dem Ehemann der Klägerin zunächst auch akzeptierten Grundsätzen - nicht gesondert aufgeführt werden.

Zu einer anderen rechtlichen Beurteilung gibt auch der Vortrag der Klägerin, ein übertragener Bestand könne wegen der Abwanderungsquote nicht mehr vorhanden sein, da die Übertragungen von Versicherungsverträgen zum Teil aus dem Jahr 1973 stammten, keinen Anlass. Es ist viel mehr gerade bei Ende des Vertragsverhältnisses für die dann nach statistischen Erfahrungen und Erhebungen zu berechnenden Ausgleichsansprüchen zunächst darzulegen, welche Versicherungsverträge durch den Vertreter bis zur Beendigung des Vertragsverhältnisses konkret vermittelt bzw. erheblich erweitert worden waren. Hierbei reicht ein Berufen auf Erfahrungswerte oder statistisches Material nicht aus. Die Klägerin kann sich - wie das Landgericht zutreffend festgestellt hat - nicht auf statistische Aussagen durchschnittlicher Verläufe und Abwanderungen für den übertragenen Bestand stützen. Dies gilt auch für die von ihr für die Berechnungen der Abwanderungsquote herangezogenen Leistungsberichte in der Anlage K 17, die für die zurückliegenden 4 Jahre lediglich Bestandsbewegungen auf den Konten des Ehemanns der Klägerin wiedergeben. Einen ausreichenden Beleg für den tatsächlichen Bestand zum Vertragsende bezogen auf die vom Kläger neu vermittelten bzw. erheblich erweiterten Verträge enthält weder die Anlage K 16 noch die Anlage K 17. Die Klägerin hätte vielmehr konkret darlegen müssen, welche Verträge zur Zeit der Vertragsbeendigung von ihrem Ehemann vermittelt bzw. wesentlich erweitert worden sind. Die in den Anlage K 16 und K 17 aufgeführten Beträge sind nämlich für eine Ausgleichsberechnung außerhalb der Grundsätze nicht tragfähig.

Dass es der Klägerin - wie sie vorträgt - nicht möglich sei, jeden Versicherungsvertrag danach auszuwerten, ob ihn der Versicherungsvertreter selbst vermittelt habe und ob der Vertrag bei Vertragsbeendigung überhaupt noch im Bestand vorhanden gewesen sei, rechtfertigt eine Berechnung auf der Basis der Anlage K 16 mittels durchschnittlicher Abwanderungsquote hinsichtlich der dort ausgewiesenen übertragenen Bestände, nicht. Der Klägerin, die vortragen lässt, nur die Beklagte hätte Zugang zu den jeweiligen Versicherungsverträgen, so dass nur sie feststellen könne, welche Verträge vom einzelnen Vermittler vermittelt worden seien und welche bei Vertragsbeendigung überhaupt noch existierten, ist entgegen zu halten, dass sie die erforderliche Auskunft hierüber durch Vorlage eines Buchauszugs von der Beklagten hätte erhalten können. Diesen hat sie - wohl auch, weil sie zunächst selbst die Berechnung der Ausgleichsansprüche durch die Beklagte akzeptiert hatte - nie verlangt.

Dem Erstgericht ist auch insoweit zuzustimmen, als es feststellte, dass die Klägerin sich auch nicht bezüglich ihrer Darlegungs- und Beweislast auf die Prinzipien des Anscheinsbeweis berufen kann. Hier kann auf die Ausführungen des Erstgerichts verwiesen werden.

Auf die Frage, ob der von der Klägerin errechnete Ausgleichsanspruch soweit ein Prognosezeitraum von bis zu 12 Jahren zu Grunde gelegt und eine Abzinsung nicht vorgenommen wurde, richtig berechnet ist, wogegen erhebliche Bedenken bestehen, war deshalb nicht näher einzugehen.

Der Klägerin steht somit auch unter diesem Gesichtspunkt ein über ein von der Beklagten errechneten Ausgleichsanspruch hinausgehender Anspruch nicht zu.

2. Vergeblich wendet sich die Berufung auch dagegen, dass das Erstgericht von dem zu Grunde gelegten Ausgleichsanspruch in Höhe von 323.266,57 DM (165.263,12 Euro) einen Abzug in Höhe von 183.952,00 DM (94.053,16 Euro) in Höhe des Anwaltschaftsbarwerts der Altersversorgung im Rahmen der Billigkeitsprüfung gemäß § 89 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 HGB für angemessen erachtet hat.

Zwar liegt keine bindende Vereinbarung darüber vor, dass der Barwert der von der Beklagten zu gewährenden Versorgungsleistungen auf den Ausgleichsanspruch des Ehemann der Klägerin anzurechnen sei. Die diesbezüglichen Regelungen in den VVW und den so genannten Grundsätzen verstoßen nämlich gegen § 89 b Abs. 1 Nr. 3 Abs. 4 HGB i.V.m. § 9 Abs. 1 AGBG (jetzt: § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB) und sind daher unwirksam (vgl. BGH NJW 2003, 290; NJW 2003, 1244), da eine automatische Herabsetzung mit der gesetzlich vorgeschriebenen Abwägung nach § 89 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 HGB nicht vereinbar ist.

Der Senat folgt der Rechtsprechung des BGH, dass eine vom Versicherungsunternehmen finanzierte Altersversorgung auf den Ausgleichsanspruch jedoch angerechnet werden kann, wenn und soweit die ungekürzte Zuerkennung des Ausgleichsanspruchs unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls unbillig wäre (BGHZ 45, 268; BGH NJW 2003, 1244). Dies beruht auf dem Gedanke, der "funktionellen Verwandtschaft" (vgl. BGH NJW 1996, 381; NJW 1966, 1962) zwischen Ausgleichsanspruch und Altersversorgung sowie darauf, dass die Altersversorgung den praktischen Zweck einer Ausgleichszahlung übernimmt. Denn der Ausgleichsanspruch hat nicht nur Vergütungscharakter, sondern enthält auch Elemente der Versorgung (OLG München, OLG Report 2001, 186).

Bei Würdigung aller im Rahmen der Billigkeit in Betracht kommenden Umstände ist vorliegend mit dem Erstgericht die Anrechnung des Barwerts der Altersversorgung als angemessen anzusehen. Für den Senat waren hierbei folgende Erwägungen entscheidend:

Die Parteien haben zunächst durch ihr Einverständnis mit den Regelungen, die eine Anrechnung vorsahen, zum Ausdruck gebracht, was sie für der Billigkeit entsprechend erachten. Dabei kommt es auf die rechtliche Wirksamkeit der Vereinbarung selbst nicht an. Der Ehemann der Klägerin hat mehrfach sein Einverständnis mit der Anrechnungsregelung erklärt und war bei der ihm eröffneten Wahlmöglichkeit mit der Regelung ausdrücklich einverstanden. Er hat sie zum damaligen Zeitpunkt und auch in den Folgejahren nicht als unbillig angesehen. Auch wenn diesen Einigungen und Erklärungen keine vertragliche Bindung zukommt, können die Vorstellungen der Parteien bei der zu treffenden Billigkeitsabwägung berücksichtigt werden. Der Senat verkennt dabei nicht, dass im vorliegenden Fall der Ehemann der Klägerin ca. 27 Jahre für die Beklagte tätig war und Fälligkeit des Versorgungsanspruchs erst in ca. 12 Jahren eintritt. Der BGH hat zwar (WM 1994, 1118) die Anrechnung der Altersversorgung bei einer Fälligkeitsdifferenz von 21 Jahren beanstandet, vorliegend ist die zeitliche Differenz mit 12 Jahren jedoch wesentlich geringer. Anzumerken ist auch, dass mit Ansteigen der Fälligkeitsdifferenz der jeweils zu berücksichtigende Barwert sich verringert und damit der Ausgleichsbetrag entsprechend weniger gekürzt wird. Im vorliegenden Fall führt die Anrechnung des Barwerts jedoch nicht zu einer unverhältnismäßigen Reduzierung des Ausgleichsanspruchs. Dem Kläger steht auch bei Anrechnung des Barwerts der Altersversorgung noch ca. die Hälfte des rechnerisch ermittelten Ausgleichsanspruchs zu (vgl. OLG Celle 11 U 171/04 vom 13.01.2005).

Ohne Anrechnung müsste die Beklagte bei Beendigung des Versicherungsvertreterverhältnisses tatsächlich doppelt zahlen, nämlich sowohl den erworbenen Ausgleichsanspruch als auch - bei Fälligkeit - die von ihr zugesagte Alterversorgung. Zu dieser Altersversorgung hat der Ehemann der Klägerin in Höhe des verrechneten Barwerts keine eigenen Beiträge geleistet. Die künftigen Rentenzahlungen bleiben auch dann von der Beklagten finanzierte, wenn diese in der Vergangenheit steuerliche Vorteile aus der Finanzierung der Altersversorgung bezogen haben sollte. Entgegen der Ansicht der Klägerin kommt es im Rahmen der Billigkeitsprüfung nach § 89 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 HGB auf steuerliche Vorteile, die die Beklagte aus der Finanzierung der Versorgungszusage möglicherweise gezogen hat, nicht entscheidend an (vgl. BGH VersR 1984, 186). Für das Element der Doppelbelastung ist vielmehr auf das uneingeschränkte Nebeneinander von Ausgleichsverpflichtung der Beklagten und Erfüllung der übernommenen Versorgungsverpflichtung abzustellen. Dabei kann dahinstehen, auf welchem Weg die Beklagte die Erbringung der Versorgungsleistung finanziert, ob unmittelbar aus den Unternehmenserträgen oder aus Provisionsrückstellungen gemäß § 6 a EStG oder auf anderem Weg. Steuerliche Vorteile des Unternehmers sind in diesem Zusammenhang nicht zu dessen Lasten zu berücksichtigen und insofern nicht entscheidungserheblich (BGH Z 43, 154; 45, 268, 278). Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Rechte des Vertreters unberührt bleiben, er also in den uneingeschränkten Genuss der versprochenen Versorgungsbezüge kommt (BGH VersR 1984, 186), woran auch die Klägerin im vorliegenden Fall keine Zweifel geäußert hat. Der Umfang der dem Ehemann der Klägerin zustehenden Vorteile, die auf der Alterversorgung beruhen, werden durch die Steuervergünstigungen der Beklagten nicht berührt, weshalb diesen in der Billigkeitsprüfung keine entscheidende Bedenken zukommt (vgl. OLG Celle VersR 2002, 980).

Auch der vorgebrachte Einwand, die Altersversorgung werde vom Vertreter finanziert, geht fehl. Hierbei wird übersehen, dass bei einer Finanzierung der Altersversorgung durch den Unternehmer dieser eine dem Versicherungsvertreter obliegende Aufgabe übernimmt, der andernfalls die dafür erforderlichen Aufwendungen aus seinem eigenen laufenden Einkommen bestreiten müsste.

Die Behauptung, der Ehemann der Klägerin habe dadurch, dass er niedrigere Provisionen für die Vermittlung von Verträgen erhalten habe als ein Versicherungsmakler, die Altersversorgung selbst bezahlt, überzeugt nicht. Zum einen sind, worauf die Beklagte zutreffend hinweist, Versicherungsmakler und Versicherungsvertreter nicht vergleichbar. Zum anderen waren die Provisionen zwischen den Parteien in der dann auch jeweils geleisteten Höhe vertraglich vereinbart. Der Kläger hat zudem als hauptberuflicher Versicherungsvertreter für die Beklagte Vorteile aus diesem Rechtsverhältnis gezogen, die dann ebenfalls zu berücksichtigen wären. Hinzukommt kommt, dass allein der Vortrag der Klägerin hierzu nicht ausreichend substantiiert ist. Sie hätte insbesondere darlegen müssen, dass und inwieweit die niedrigeren Provisionen gerade, auch nach den Vorstellungen ihres Ehemanns, der Finanzierung der Altersversorgung, auf die er unstreitig bei Abschuss des Versicherungsvertretervertrags keinen Anspruch hatte, gedient haben.

Auch der Verweis darauf, die Alterversorgung habe der Ehemann der Klägerin durch seine langjährige Betriebstreue erdient, rechtfertigt eine andere Beurteilung nicht. Bei den von der Beklagten geleisteten Zahlungen für die Alterversorgung handelt es sich unstreitig um freiwillige Leistungen, die - auch wenn man davon ausgeht, dass bei langjähriger Betriebstreue die Altersversorgung steigt - eine Anrechnung auf den Ausgleichsanspruch nicht ausschließen.

Soweit die Klägerin nunmehr erstmals mit Schriftsatz vom 09.12.2005 (vgl. Bl. 334 d.A.) den von der Beklagten errechneten Barwert der unverfallbaren Versorgungsanwartschaft bestreitet, ist dies angesichts der Tatsache, dass die Klägerin ausweisliche ihres Klageantrags selbst von diesem errechneten Barwert ausging und auch in der Berufungsbegründungsschrift die Höhe des Barwerts nicht angegriffen hat, als verspätet zurückzuweisen, §§ 530, 296 ZPO (vgl. Thomas/Putzo ZPO 27. Aufl., 530 RdNr. 1, 146 RdNr. 2).

3. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97, 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nach § 543 Abs. 2 ZPO nicht vor. Soweit verallgemeinerungsfähige Rechtsfragen betroffen sind, folgt der Senat der gefestigten Rechtsprechung des BGH. Im Übrigen handelt es sich um tatrichterliche Einzelabwägungen, im Rahmen der Billigkeitsprüfung.

Ende der Entscheidung

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