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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht München
Urteil verkündet am 07.02.2007
Aktenzeichen: 7 U 4952/06
Rechtsgebiete: ZPO, BGB, AktG


Vorschriften:

ZPO §§ 592 ff.
BGB § 626
AktG § 93 Abs. 2 Satz 2
1. Die Niederschriften der in einem Strafverfahren protokollierten Zeugenaussagen und Beschuldigtenvernehmungen sind als öffentliche Urkunden im Urkundenprozeß nach §§ 592 ff. ZPO statthafte Beweismittel.

2. Der Umstand, dass damit nur Beweis für den Inhalt der Bekundungen des Zeugen/Beschuldigten und nicht auch für deren sachliche Richtigkeit geführt werden kann, steht der Zulässigkeit des Beweismittels nicht entgegen, sondern ist im Rahmen der Beweiswürdigung nach § 286 ZPO zu berücksichtigen.

3. Wird der Urkundenbeweis in zulässiger Weise (§ 593 Abs. 2 ZPO) durch Vorlage einer Abschrift der Urkunde angetreten und deren inhaltliche Richtigkeit vom Gegner nicht bestritten, bedarf es einer Beweisführung durch Vorlage der Originalurkunde im Termin zur mündlichen Verhandlung nicht.

4. Beruft sich die Aktiengesellschaft zur Begründung ihrer außerordentlichen Kündigung des Vorstandsdienstvertrags auf schuldhafte Pflichtverletzungen des Dienstverpflichteten, so trägt sie nach den allgemeinen Grundsätzen die Beweislast für ein Verschulden des anderen Teils. § 93 Abs. 2 Satz 2 AktG findet keine Anwendung.


IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Aktenzeichen: 7 U 4952/06

Verkündet am 07.02.2007

In dem Rechtsstreit

wegen Forderung

erlässt der 7. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Goller und die Richter am Oberlandesgericht Fiebig und Dr. Barwitz aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 07.02.2007 folgendes

Endurteil:

Tenor:

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Vorbehaltsurteil des Landgerichts München I vom 07.09.2006 aufgehoben.

II. Die Klage wird als im Urkundenprozess unstatthaft abgewiesen.

III. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

V. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Der Kläger verlangt von der Beklagten im Urkundenprozess Zahlung von 2.625.000,-- EUR brutto aufgrund einer mit der Beklagten geschlossenen Aufhebungsvereinbarung.

Der Kläger war Vorstandsvorsitzender der Beklagten, einer börsennotierten Aktiengesellschaft, deren Vorstand aus fünf Mitgliedern bestand. Darüber hinaus hielt der Kläger auch Aktien der Beklagten. Am 25.03.2004 legte der Kläger sein Amt als Vorstandsvorsitzender der Beklagten nieder. Mit Vereinbarung der Parteien vom 22.12.2004 wurde der bestehende, bis 30.09.2007 befristete Vorstandsdienstvertrag mit Wirkung zum Ablauf des 31. Dezember 2004 aufgehoben. In dieser Vereinbarung ist unter anderem geregelt:

3. "Die Gesellschaft zahlt Herrn Dr. S. als Ersatz für alle weiteren Einnahmen, die er bei Fortbestand des Anstellungsvertrags erhalten würde, eine Abfindung in Höhe von 5.250.000,-- EUR brutto. Die Abfindung ist in zwei gleichen Raten ohne Berechnung von Zinsen am 31. März 2005 und 31. Oktober 2005 zur Zahlung fällig und wird nach Maßgabe der steuer- und sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften ausgezahlt."

Nach vereinbarungsgemäßer Zahlung der ersten Rate verweigerte die Beklagte der zweiten Rate und erklärte mit Schreiben ihres Aufsichtsratsvorsitzenden vom 30.01.2006 den Rücktritt vom Aufhebungsvertrag und vorsorglich aus wichtigem Grund die fristlose Kündigung des Vorstandsdienstvertrags. Grund hierfür waren von der Beklagten angenommene Pflichtverletzungen des Klägers, sowie ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren gegen den Kläger.

Wegen des Sachverhalts im Einzelnen und des ausführlichen Parteivortrags zu behaupteten Pflichtverletzungen des Klägers wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Beklagte mit Vorbehaltsurteil vom 07.09.2006 antragsgemäß zur Zahlung verurteilt.

Die Klage sei im Urkundenprozess statthaft. Dem stehe weder entgegen, dass eine Bruttovergütung verlangt werde, noch sei die gewählte Verfahrensart aufgrund des strengen aktienrechtlichen Haftungsregimes ausgeschlossen.

Die Klage sei auch begründet, da der durch die Aufhebungsvereinbarung vom 22.12.2004 entstandene fällige Anspruch nicht durch den wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage erklärten Rücktritt entfallen sei. Die Voraussetzungen für einen Rücktritt nach § 313 Abs. 1 und 3 BGB seien nicht gegeben. Die gegen den Kläger erhobenen Vorwürfe pflichtwidrigen Verhaltens seien teils nicht mit urkundlichen Beweismitteln belegt, im übrigen wegen bestehender Kenntnisse in den Risikobereich der Beklagten gefallen.

Soweit dem Kläger hinsichtlich zahlreicher Learjet-Flüge eine Verquickung privater und geschäftlicher Termine bei den Abrechnungen zur Last gelegt werde, falle dies angesichts des Informationsstandes des Aufsichtsrats bei Abschluss der Vereinbarung in den Risikobereich der Beklagten. So habe der Aufsichtsrat bereits aufgrund der E-Mail der ehemaligen Sekretärin des Klägers vom 21.05.2004 (K 12) davon erfahren, dass der Kläger private Reisen mit Geschäftsterminen verbunden habe und zum Nachteil der Beklagten abgerechnet habe. Auch sei in einem Schreiben von Vorstandskollegen an den Vorsitzenden des Aufsichtsrats der Beklagten vom 17.03.2004 (Anlage K 1) darauf verwiesen worden, dass der Kläger durch sein Verhalten finanzielle Schäden für das Unternehmen verursache.

Soweit dem Kläger zur Last gelegt werde, er haben wegen Kostenüberschreitungen bei einem Autorennen auf dem A 1-Ring in Österreich den Zeugen G. W. angewiesen, aus seinen Aufzeichnungen den Namen S. herauszuhalten bzw. zu löschen, sei dies nicht mit im Urkundenprozess statthaften Beweismitteln erwiesen: Nichtrichterliche polizeiliche Vernehmungsprotokolle seien im Urkundenprozess nicht verwertbar, da sie zum einen in nicht statthafter Weise den unzulässigen Zeugenbeweis ersetzen würden und zum anderen gegenüber der Zeugenaussage selbst einen geringeren Beweiswert hätten.

Gleiches gelte hinsichtlich des Vorwurfs der Beklagten, der Kläger habe den Zeugen W. zur Vorbereitung eines - sachlich nicht gerechtfertigten - Vertrags über die Zahlung einer Provision an den Unternehmer Sch. über 300.000,-- EUR für das 24-Stunden-Rennen in Le Mans angewiesen. Ebenso liege es hinsichtlich des Vortrags, Renneinsätze des Klägers und seiner Vorstandskollegen seien indirekt von der Beklagten bezahlt worden.

Der Rücktritt vom Aufhebungsvertrag könne auch nicht auf die Eröffnung eines Büros der Beklagten in New York und den Abschluss eines Anstellungsvertrags mit Frau G. R. gestützt werden. Zum einen liege insoweit ein einstimmiger Vorstandsbeschluss vor, zum anderen sei die unternehmerische Entscheidung über eine Repräsentanz in New York angesichts der Bedeutung des US-amerikanischen Marktes durchaus nachvollziehbar. Es könne daher nicht davon ausgegangen werden, dass rein private Gründe den Kläger motiviert hätten.

Schließlich sei auch der Vorwurf, der Kläger habe sich vertragswidrig einen zweiten Dienstwagen (Mercedes Van V 280) bestellt, nicht erwiesen. Die Beklagte habe nämlich nicht nachgewiesen, dass das Fahrzeug ausschließlich zur privaten Nutzung durch den Kläger beschafft worden sei. Insbesondere sei der Vorwurf, die Ehefrau des Klägers habe einen zweiten Schlüssel für das Fahrzeug besessen, nicht urkundlich belegt.

Da die Abfindungsregelung nicht an die Aktionärsstellung des Klägers anknüpfe, stehe § 57 Abs. 1 AktG dem Anspruch nicht entgegen.

Gegen das landgerichtliche Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten mit dem Antrag auf Klageabweisung.

Als Novum führt die Beklagte dazu an, dass der Schweizer Unternehmer U. Sch., Vertragspartner der Beklagten im Bereich Sport-Sponsoring, bei seiner Beschuldigtenvernehmung am 15.09.2006 durch die Staatsanwaltschaft München I eingeräumt habe, dass er nicht nur den Mitvorstand des Klägers, Dr. von Z., sondern auch den Kläger selbst jahrelang mit hohen Summen "geschmiert" habe. Urkundlicher Beweis werde insofern durch die Vorlage des Vernehmungsprotokolls der Staatsanwaltschaft München I sowie den Pressebericht der Süddeutschen Zeitung vom 28. September 2006 über die Hauptverhandlung im Strafverfahren gegen U. Sch. geführt. Auch habe der Mitvorstand des Klägers, Dr. von Z., eingeräumt, von Sch. geschmiert worden zu sein.

Der Präsidialausschuss des Aufsichtsrats der Beklagten habe daraufhin erneut den Rücktritt vom Aufhebungsvertrag und die außerordentliche Kündigung des Dienstvertrags des Klägers beschlossen. Der Vorsitzende des Aufsichtsrats der Beklagten habe Rücktritt und Kündigung dem Kläger mit Schreiben vom 16.10.2006 (Anlage B 76) erklärt.

Wegen des weiteren, ausführlichen Vortrags der Parteien im Berufungsverfahren wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 07. Februar 2007 Bezug genommen.

II.

Die Berufung der Beklagten hat dahingehend Erfolg, dass die Klage unter Aufhebung des landgerichtlichen Urteils gemäß § 597 Abs. 2 ZPO als im Urkundenprozess unstatthaft abzuweisen ist. Die Beklagte hat mit urkundlichen Mitteln Umstände belegt, aufgrund derer sie einerseits zum Rücktritt von der Aufhebungsvereinbarung und andererseits zur außerordentlichen Kündigung des Vorstandsdienstvertrags mit dem Kläger berechtigt war.

I. Erfolglos bleiben die Berufungsangriffe der Beklagten insoweit, als sie die Statthaftigkeit der Klage im Urkundenprozess bereits dem Grunde nach bestreitet. Weder der Umstand, dass der Kläger eine Brutto-Vergütung verlangt, noch die Besonderheiten der aktienrechtlichen Haftung des Vorstands stehen dieser Klageart entgegen. Hierzu kann umfassend auf die Entscheidungsgründe des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen werden. In diesem Zusammenhang ist einerseits maßgeblich, dass der Kläger seinen Anspruch aus einer Vereinbarung ableitet, die ausschließlich auf seinem Vorstandsdienstverhältnis zur Beklagten gründet und nicht im Zusammenhang mit dem Aktienbesitz des Klägers steht. Soweit die Beklagte andererseits beklagt, dass ihr im Falle der Zulässigkeit des Urkundenprozesses Gegenrechte vorenthalten würden, erscheint dies nicht stichhaltig: Zwar ist nach § 595 Abs. 1 ZPO im Urkundenprozess die Widerklage nicht statthaft, jedoch können - soweit urkundlich beweisbar - Schadensersatzansprüche im Wege der Aufrechnung verwirklicht werden.

II. Geschäftsgrundlage (§ 313 Abs. 1 BGB) der Aufhebungsvereinbarung war im Hinblick auf die Abgeltung der Dienstvergütung die ansonsten bestehende Fortdauer des Dienstverhältnisses des Klägers bis zum Ablauf der Befristung und damit das Nichtbestehen von Umständen, die eine außerordentliche (fristlose) Kündigung seitens der Beklagten rechtfertigten.

Mit der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind (subjektive) Geschäftsgrundlage die bei Vertragsschluss bestehenden gemeinsamen Vorstellungen beider Parteien oder die dem Geschäftsgegner erkennbaren und von ihm nicht beanstandeten Vorstellungen der einen Vertragspartei von dem Vorhandensein oder dem künftigen Eintritt gewisser Umstände, sofern der Geschäftswille der Parteien auf dieser Vorstellung aufbaut (BGH NJW 1993, 259, NJW 2001, 1204; zuletzt NJW-RR 2006, 1037, 1038). Dass die Unangreifbarkeit des Anstellungsvertrags des Klägers bis zu seinem ordentlichen Ablauf Geschäftsgrundlage der Abgeltungsvereinbarung war, ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des Aufhebungsvertrags, soweit es dort unter Ziff. 3 heißt: "Die Gesellschaft zahlt Herrn Dr. S. als Ersatz für alle weiteren Einnahmen, die er bei Fortbestand des Anstellungsvertrags erhalten würde, eine Abfindung in Höhe von 5.250.000,-- EUR brutto." Bereits daraus ergibt sich, dass jedenfalls die Beklagte vom unangreifbaren Fortbestand des Vorstandsdienstvertrags des Klägers ausgegangen ist und dies für den Kläger erkennbar war.

Bestätigt wird dies durch das von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vorgetragene Argument, dem seinerzeitigen Mitvorstand des Klägers, Dr. von Z., sei nach Bekanntwerden des Schmiergeldempfangs keineswegs ein Aufhebungsvertrag angeboten worden, sondern sofort die fristlose Kündigung seines Dienstvertrags erklärt worden.

III. Entgegen der Auffassung des Landgerichts hat die Beklagte unter Urkundenvorlage Pflichtverletzungen des Klägers belegt, die in ihrer Gesamtschau einen wichtigen Grund zur außerordentlichen, fristlosen Kündigung des Anstellungsvertrags darstellen. Da eine Anpassung des Vertrags nicht möglich ist, war die Beklagte daher berechtigt, nach § 313 Abs. 3 Satz 1 BGB den Rücktritt vom Aufhebungsvertrag zu erklären.

1. Der Rechtsansicht des Erstgerichts, dass die von der Beklagten zum Zwecke des Urkundenbeweises vorgelegten polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Vernehmungsprotokolle im Urkundenprozess unstatthafte Beweismittel seien, folgt der Senat nicht. Zwar hat der Bundesgerichtshof - worauf auch das Landgericht im Ansatz zutreffend hinweist - bereits im Urteil vom 26. Februar 1951 (BGHZ 1, 218, 220) festgehalten, dass Augenschein, Zeugen und Sachverständige in einem Verfahren besonderer Art wie zum Beispiel im Urkundenprozess, in dem sie als Beweismittel nicht zugelassen sind, auf dem Weg über eine Urkunde, in der außergerichtlich das Ergebnis des Augenscheins, die Zeugenaussage oder die gutachtliche Äußerung eines Sachverständigen niedergelegt ist, nicht doch in den Prozess eingeführt werden dürfen.

Dieser Grundsatz kann jedoch nicht auf die hier vorliegenden Protokolle über Zeugen- und Beschuldigtenvernehmungen in einem Strafverfahren, die öffentliche Urkunden im Sinne des § 435 ZPO darstellen, übertragen werden. Zweck der zitierten Entscheidung des Bundesgerichtshof ist es ersichtlich, mit Blick auf den anhängigen oder beabsichtigten Urkundenprozess entstandene privatschriftliche Zeugenerklärungen, Sachverständigengutachten oder eidesstattliche Versicherungen als selbstgefertigten Ersatz für die nicht zugelassenen Beweismittel auszuschließen. Alle privatschriftlichen Urkunden, die ihrem Inhalt nach auf einen derartigen "Ersatzbeweis" für Zeugenaussagen, Sachverständigengutachten oder Augenscheinsergebnisse hinausliefen, scheiden daher im Urkundenprozess als Beweismittel aus (Zöller-Greger, 26. Aufl., Rdnr. 16 zu § 592 /ZPO).

Die Niederschrift der in einem Strafverfahren protokollierten Zeugenaussagen kann daher im Wege des Urkundenbeweises in den Zivilprozess eingeführt werden (BGH NJW-RR 1992, 1214, 1215). Eine unzulässige Umgehung des Ausschlusses des Zeugenbeweises ist hier auch deshalb nicht zu befürchten, da die strafprozessualen Vernehmungsprotokolle ersichtlich nicht mit Bezug zum hier vorliegenden Urkundenprozess entstanden sind.

Zu einer anderen Betrachtung nötigt auch nicht der Umstand, dass dem Vernehmungsprotokoll Beweiswert nur insoweit zukommt, als die dort enthaltenen Angaben vom Zeugen bzw. Beschuldigten so gemacht wurden. Soweit das Landgericht und die Berufungserwiderung dazu die Auffassung vertreten, es würde einen Widerspruch darstellen, wenn der höherwertige (direkte) Zeugenbeweis ausgeschlossen wäre, hingegen die mit geringerem Beweiswert versehene protokollierte Aussage im Strafverfahren zu berücksichtigen wäre, steht dies der Statthaftigkeit des Beweismittels an sich nicht entgegen, sondern betrifft die Frage der Beweiswürdigung nach § 286 ZPO. Auch im Urkundenprozess kann unter Geltung des Grundsatzes der freien Beweiswürdigung ein mittelbarer Beweis anhand von Indiztatsachen geführt werden (BGH WM 1983, 22; Zöller-Greger, 26. Aufl., Rdnr. 13 zu § 592 ZPO).

2. Die Beklagte war auch nicht gehalten, die von ihr zu Beweiszwecken eingereichten Vernehmungsprotokolle im Original bzw. in beglaubigter Ablichtung in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vorzulegen. Für den Beweisantritt war nach § 593 Abs. 2 ZPO die Vorlage der Vernehmungsprotokolle "in Abschrift" ausreichend. Dem hat die Beklagte entsprochen, indem sie ihren Schriftsätzen Ablichtungen der Vernehmungsprotokolle beigefügt hat.

Zur Beweisführung über den Inhalt der Vernehmungsprotokolle durch Vorlage des Originals oder einer beglaubigten Abschrift war die Beklagte schon deshalb nicht verpflichtet, da der Inhalt der Urkunden nicht bestritten und daher nicht beweisbedürftig war (vgl. BGH NJW 1974, 1199; Senat MDR 2004, 531, 532 Musielak-Voit Rdnr. 11, 12 zu § 592 ZPO; Zöller-Greger, Rdnr. 11 zu § 592 ZPO). Auf die Feststellung des Beklagtenvertreters in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat, dass Echtheit und inhaltliche Richtigkeit der vorgelegten Vernehmungsprotokolle von der Gegenseite bislang nicht bestritten seien, hat die Prozessbevollmächtigte des Klägers ausdrücklich erklärt, dass die Richtigkeit der Vernehmungsniederschriften nicht bestritten werde.

3. Hinsichtlich der Beweislast für die zur Rechtfertigung der außerordentlichen Kündigung angeführten Umstände ist von den gefestigten Grundsätzen, wie sie die Rechtsprechung insbesondere des Bundesarbeitsgerichts entwickelt hat und die in der Literatur herrschen, auszugehen. Danach ist der kündigende Teil darlegungs- und beweispflichtig für sämtliche Tatsachen, aus denen er sein Recht zur außerordentlichen Kündigung ableitet. Dies gilt nicht nur für den eigentlichen Kündigungsgrund, sondern auch für die Umstände, aus denen sich im Rahmen der Interessenabwägung die Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses ergeben soll. Im Gegenzug hat der Gekündigte sodann eventuelle Rechtfertigungsgründe substantiiert vorzutragen und gegebenenfalls zu beweisen. Sodann ist es wiederum Sache des Dienstberechtigten, substantiiert vorgetragene Rechtfertigungsgründe des Dienstverpflichteten seinerseits zu widerlegen und hierfür Beweis anzutreten (vgl. Staudinger-Preis Rn. 313 - 315 zu § 626 BGB; Henssler in MüKo BGB, 4. Aufl., Rn. 339/340 zu § 626 BGB).

Soweit sich der Kläger darauf beruft, er habe - bei unstreitigem äußeren Sachverhalt - die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters angewandt (in diesem Sinne versteht der Senat die Ausführungen des Klägers zum Abschluss eines Anstellungsvertrags mit der Zeugin R. unter gleichzeitiger Eröffnung eines Büros in New York), kommt der Beklagten allerdings nicht die Beweislastumkehr des § 93 Abs. 2 Satz 2 AktG zugute (so auch Wiesner, Münchener Handbuch zum Gesellschaftsrecht Band 4, 2. Aufl., § 21 Rdnr. 74). Dies ergibt sich aus dem Umstand, dass das Vorliegen eines wichtigen Grundes der Interessenabwägung zwischen beiden Vertragsparteien anhand aller Umstände des Einzelfalls bedarf, wobei insbesondere auch zu berücksichtigen ist, ob den Dienstverpflichteten an der Pflichtverletzung ein Verschulden trifft (Palandt-Weidenkaff, 66. Aufl., Rn. 39 zu § 626 BGB). Beruft sich mithin der Dienstherr darauf, dass eine schuldhafte Pflichtverletzung vorliege, so trägt er nach den allgemeinen Grundsätzen die Beweislast hinsichtlich eines Verschuldens des anderen Teils. Für eine entsprechende Anwendung der Ausnahmevorschrift des § 93 Abs. 2 Satz 2 AktG sieht der Senat keine sachliche Rechtfertigung.

4. In der Gesamtschau der nachfolgend dargestellten, von der Beklagten urkundlich belegten und schuldhaften Pflichtverstöße des Klägers ergibt sich, dass der Beklagten die Fortsetzung des Vorstandsdienstverhältnisses mit dem Kläger bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses am 30.09.2007 nicht zumutbar war.

a) Erhebliche Pflichtverletzungen des Klägers ergeben sich aus der Vernehmung des Zeugen G. W. durch das Landeskriminalamt München am 05.10.2005 (Anlag B 9). Der Zeuge W. war bis 30.09.2002 als Leiter des Bereichs Unternehmenskommunikation dem Kläger direkt unterstellt und mit den Sport-Sponsoring-Aktivitäten der Beklagten und damit insbesondere auch mit dem mittlerweile verurteilten "externen Berater" der Beklagten, U. Sch. befasst.

Der Zeuge W. hat berichtet, I. habe sich im Jahre 1999 bereit erklärt, als Hauptsponsor bei den Rennen in Le Mans mit 2 Mio. EUR einzusteigen. Herr Sch. sei daraufhin zu ihm (dem Zeugen W.) gekommen und habe eine Vertragsprovision in Höhe von 15 % der Sponsoring-Summe, mithin 300.000,-- EUR, verlangt. Er (der Zeuge) habe dafür keine Veranlassung gesehen. Sch. habe nämlich lediglich wertlose "Kundeninformationsunterlagen" erstellt. Daraufhin habe sich Sch. beim Vorstand, Herrn S., die Zusage für diese Provision geholt. erstellt. Er (der Zeuge) habe sodann einen "Vertrag für begleitende Maßnahmen eines Kunden-Events in Le Mans", soweit erinnerlich, im Auftrag von Herrn M. erstellt.

Darüber hinaus hat der Zeuge davon berichtet, dass sich die Kosten bei einem Sport-Event am A 1-Ring in Österreich Mitte 2000 - das Budget sprengend - nahezu verdoppelt hätten. Mit einer von ihm (dem Zeugen) beauftragten Kostenaufstellung sei er zu Herrn S. gegangen. Für diesen sei das größte Problem gewesen, dass zweimal der Name S. auf der Kostenaufstellung gestanden habe: einmal für den Transport "Privatauto S.", zum anderen hinsichtlich der Kosten für die Anmietung der Sportautos vom Unternehmen des Bruders des Klägers. Er (der Zeuge) habe daraufhin die Anweisung erhalten, aus seinen Aufzeichnungen den Namen S. rauszuhalten bzw. zu löschen.

Die vom Zeugen W. bestätigten Pflichtverletzungen des Klägers (Schaffung der Voraussetzungen einer Schmiergeldzahlung an Sch. und Manipulation der Buchhaltungsunterlagen zu Gunsten des Klägers) sind urkundlich belegt. Der Kläger wendet sich nicht mit substantiellem Vortrag gegen die inhaltliche Richtigkeit der darin erhobenen Vorwürfe. Soweit der Kläger mutmaßt, der Zeuge W. sei persönlich gegen ihn eingenommen gewesen, wird kein plausibler Grund aufgezeigt, weshalb der Zeuge, über die Strafbarkeit einer falschen Verdächtigung belehrt, den Kläger zu Unrecht hätte belasten sollen. Auch ergibt sich aus der Vernehmung des Zeugen W. mit Deutlichkeit, dass der Zeuge streng zwischen persönlichen Wahrnehmungen einerseits und Stimmungen/Gerüchten im Unternehmen andererseits unterschieden hat.

Soweit der Kläger argumentiert, dass nach Angaben des Zeugen W. der damalige Vorstandskollege Dr. M. die konkrete Anweisung zum Entwurf des Vertrags erteilt habe, steht dies einem Pflichtenverstoß des Klägers nicht entgegen. Entscheidend ist vielmehr, von wem die grundlegende Entscheidung, Sch. eine solche Schmiergeldzahlung zukommen zu lassen, getroffen wurde. Dies war nach den Angaben des Zeugen unzweifelhaft der Kläger.

Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 01.02.2007 (Seite 39) eingeräumt, die Angaben des Zeugen W. mit urkundlichen Mitteln nicht widerlegen zu können.

b) Die Beklagte hat darüber hinaus mit urkundlichen Mitteln belegt, dass der Kläger vom mittlerweile verurteilten Berater Sch. über Jahre hinweg in erheblichem Umfang Schmiergelder in Form sogenannter Kick-Backs, darunter allein im Jahre 2003 in Höhe von insgesamt 300.000 US-$ erhalten und durch die Entgegennahme dieser Zahlungen grob gegen seine Pflichten verstoßen hat. Hintergrund dieser Zahlungen war der Ausgleich aller Kosten, die dem Kläger bei der privaten Teilnahme an Autorennen entstanden waren.

Die inhaltliche Richtigkeit der den Kläger betreffenden Angaben in der Beschuldigtenvernehmung des U. Sch. durch die Staatsanwaltschaft München I vom 18.09.2006 (Anlage B 73) ergibt sich zum einen aus der in hohem Maße detailgenauen Einlassung selbst, im übrigen aus weiteren Urkunden und vor allem aus unstreitigem Sachverhalt.

In seiner Beschuldigtenvernehmung hat Sch. die Praxis von Rückvergütungen dahingehend erklärt, dass aufgrund von Zeitungsberichten Ende 2000/Anfang 2001 mit der Quintessenz, dass I.-Vorstände auf Kosten des Unternehmens private Rennen führen würden, der Vorstandsvorsitzende S. auf eine Änderung der Praxis gedrungen habe. Im Jahr 2001 sei dann so verfahren worden, dass die privaten Rennen von den Vorstandsmitgliedern S. und von Z. direkt an das Rennteam bezahlt worden seien und er (Sch.) die entstandenen Kosten in bar durch Übergabe von Geldumschlägen zurückbezahlt habe. Er (Sch.) habe das Geld als privates Darlehen aus seiner Firma B.-Consulting entnommen.

Der Beschuldigte Sch. hat dabei von Details berichtet, die bereits für sich in hohem Maße die Glaubhaftigkeit seiner Angaben nahelegen. So konnte er sich erinnern, dass es mit Herrn von Z. des Öfteren Probleme gegeben habe, da dieser die Kosten für Motorschäden, die durch zu hohes Drehen des Motors entstanden waren, zunächst nicht an den Rennstallbetreiber bezahlen habe wollen. Er (Sch.) habe gegenüber von Z. dann immer gesagt, er solle doch zahlen, er bekomme das Geld ja von ihm (Sch.) wieder. Der Vorstand Dr. S. habe sich immer wieder erkundigt, ob das sicher sei, wie er es verbuche. Beim Rennen in Spa im Jahr 2002 habe sich S. ihm gegenüber verwundert gezeigt, dass von Z. mitfahre, wo es doch so teuer sei. Er habe ihn (Sch.) in diesem Zusammenhang gefragt, "oder gibst du ihm auch etwas?". Ferner hat Sch. angegeben, dass sich der Kläger alle Zahlungen, die er erhalten habe, penibel notiert habe. Er wisse, dass S. die Zahlungen als "Rückzahlung Papa" in seinen Laptop eingegeben habe.

Entscheidend für die Richtigkeit der Angaben des Beschuldigten Sch. streitet der Umstand, dass der ehemalige Mitvorstand des Klägers, Dr. von Z., in dem gegen ihn geführten Strafverfahren eingeräumt hat, Kick-Backs der geschilderten Art von Sch. erhalten zu haben. Nach der Lebenserfahrung und dem Persönlichkeitsbild des Klägers, wie es sich aus den vorgelegten urkundlichen Unterlagen ergibt (dazu sei nur auf das Schreiben der Vorstandskollegen des Klägers Anlage K 1 verwiesen) ist schwerlich vorzustellen, dass es der Kläger hingenommen hätte, wenn allein der Mitvorstand Dr. von Z. in den Genuss von Rückvergütungen kommen sollte, nicht aber der Kläger als Vorstandsvorsitzender.

Auch der Umstand, dass Sch. zunächst nur den Mitvorstand Dr. von Z. belastet hat und erst in seiner staatsanwaltschaftlichen Vernehmung vom 18.09.2006 auch entsprechende Rückzahlungen an den Kläger geschildert hat, lässt sich durch - unstreitigen - Beklagtenvortrag unschwer erklären. So hat die Beklagte im Schriftsatz vom 06. Februar 2007 (Seite 5) unter Bezugnahme auf den als Anlage B 74 vorgelegten Zeitungsbericht über die Hauptverhandlung vor der Strafkammer vom 25. September 2006 vorgetragen, dass der Kläger (während der Inhaftierung des Beschuldigten Sch.) gemeinsam mit seinem Bruder die Lebensgefährtin von Sch. aufgesucht und unter Druck gesetzt habe. Bei diesem Besuch habe der Kläger Sch.s Lebensgefährtin angeboten, die kurz vor der Zwangsversteigerung stehende, Sch. gehörende Wohnung zu einem 300.000 Franken unter Herstellungspreis liegenden Kaufpreis zu erwerben, sofern sich Sch. verpflichte, keine Aussage über Schmiergeldzahlungen des Klägers zu machen. Der Kläger hat diesen Vortrag nicht bestritten. Ersichtlich werden daraus Bestrebungen des Klägers, auf Sch. dahingehend einzuwirken, dass Rückflüsse an ihn (den Kläger) unerwähnt bleiben.

Der Kläger hat zwar versucht, einzelne Geldübergabetermine durch umfangreiches Angebot von Zeugenbeweis und Parteieinvernahme auszuschließen, hat darüber hinaus zum Fehlen "passender" Privatdarlehen im Hinblick auf die genannten Geldübergabetermine die Beiziehung der Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft München I beantragt, zusammenfassend aber festgestellt, dass er (der Kläger) das "Lügengerüst" des Beschuldigten Sch. nicht umfassend mit urkundlichen Mitteln widerlegen könne (Seite 32 des Schriftsatzes vom 01.02.2007).

c) Auch hinsichtlich der Eröffnung des Büros der Beklagten in New York und des Abschlusses eines Anstellungsvertrags mit Frau R. ist ein Pflichtenverstoß des Klägers urkundlich belegt.

Der auch vom Landgericht berücksichtigte E-Mail-Verkehr des Klägers (Anlagen B 27 - B 29) ist verwertbar. Er wurde vom Kläger über die von der Beklagten zur Verfügung gestellte dienstliche EDV-Anlage abgewickelt. Darüber hinaus ist nicht nachgewiesen, dass der Kläger von seiner ehemaligen Sekretärin, Frau K. ausspioniert wurde. Der Vortrag der Beklagten, die E-Mail-Korrespondenz des Klägers mit Frau R. sei erst im Rahmen der Prüfung durch die interne Revision im Anschluss an die Verhaftung des mittlerweile verurteilten Unternehmers Sch. bekannt geworden, ist nicht widerlegt. Überdies betreffen die E-Mails auch dienstliche Belange, soweit der Kläger Frau R. eine Anstellung im Unternehmen der Beklagten in Aussicht gestellt hat.

Dass in den Entschluss des Klägers zugunsten eines Büros in New York maßgeblich Gründe der privaten Wertschätzung der Zeugin R. durch den Kläger eingeflossen sind, ist urkundlich belegt. Insbesondere zeigt die als Anlage B 28 vorgelegte E-Mail vom 12.12.2002, dass das Kennenlernen der Zeugin R. gleichsam die Initialzündung des Entschlusses des Klägers war, der gleichzeitig für sich entschieden hatte, künftig den Büros in New York und Boston wenigstens einmal monatlich Besuch abzustatten. Dass der Gesamtvorstand der Beklagten in seiner Sitzung vom 13.01.2003 (Niederschrift vorgelegt als Anlage B 68) der Eröffnung eines CPC Relationship Office in New York zugestimmt hat, vermag die pflichtwidrige Motivation des Klägers nicht zu heilen. Zu Recht weist die Beklagte in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die Mitvorstände der Beklagten über die sachfremden Motive des Klägers nicht informiert worden seien und verweist im übrigen auf die bestehende Ressortzuständigkeit des Klägers für den Bereich dieser Maßnahme.

Soweit der Kläger - überwiegend mit nicht urkundenbeweislichen Mitteln - dem entgegenhält, dass bei der Beklagten bereits zuvor Erörterungen über eine (weitere) Repräsentanz in den USA bestanden hätten, die Initiative zur Anstellung von Frau R. vom Zeugen P. ausgegangen sei und Frau R. überdies nicht als Investor Relations Director, sondern als Public Relations Director eingestellt worden sei, erschüttert dies die urkundliche Lage nicht. Insbesondere dürfte eine Einstellung der Frau R. als Public Relations Director nicht in die Zuständigkeit des Zeugen P. gefallen sein, der ausweislich des Organigramms der Beklagten (Anlage B 14) für den Bereich Investor Relations - Financial Communications zuständig war. Im Übrigen ergibt sich auch aus der vom Kläger vorgelegten Vorstandsvorlage des Zeugen P. vom 13.01.2002, dass im New Yorker Büro neben Pressemeetings auch Investorenmeetings vorgesehen waren. Eine besondere Qualifikation für Aufgaben der Investor Relations ergibt sich indes aus dem als Anlage B 30 vorgelegten Tätigkeits- und Ausbildungsprofil der Frau R. nicht.

d) In Abweichung vom Ersturteil ist auch ein Pflichtenverstoß des Klägers im Zusammenhang mit der Bestellung des Mercedes Van V 280 urkundlich belegt. Auf den Umstand, ob die Ehefrau des Klägers für das Fahrzeug einen zweiten Schlüssel besessen hat oder nicht, kommt es nicht entscheidend an.

Urkundlich belegt und überdies auch unstreitig ist zum einen, dass dem Kläger nach seinem Vorstandsdienstvertrag lediglich ein Dienstfahrzeug zustand und zum anderen, dass der Mercedes V 280 vom Kläger persönlich unter Bestimmung der Ausstattungsmerkmale bestellt wurde.

Zum Vortrag des Klägers, es habe sich um ein allgemein bekanntes Bereitschaftsfahrzeug des Fuhrparks gehandelt, hat die Beklagte im Schriftsatz vom 13.11.2006 (Seite 18) ausgeführt, einen Fuhrpark im eigentlichen Sinne habe es bei der Beklagten zum fraglichen Zeitraum nicht gegeben. Die Beklagte habe alle Dienstwagen der Vorstände und sonstige vereinzelt benötigte Fahrzeuge ausschließlich über die S. AG, damals noch Muttergesellschaft der Beklagten, bestellt. Weder Dienstwagen noch sonstige Fahrzeuge seien bei der Beklagten von Vorstandsmitgliedern persönlich bestellt worden. Natürlich hätten Vorstände für ihr persönliches Dienstfahrzeug Ausstattungswünsche anmelden können. Anschließend sei ein solches Fahrzeug jedoch über die Firma S. beschafft worden.

Angesichts dieser Umstände hätte es am Kläger gelegen, mit urkundlichen Mitteln nachzuweisen, dass der von ihm persönlich bestellte und nach seinen persönlichen Wünschen ausgestattete Mercedes V 280 für die Fahrbereitschaft der Beklagten und nicht für ihn persönlich bestimmt gewesen sei. Insoweit hat der Kläger allerdings nur Zeugenbeweis angeboten. Von daher können die weiteren Fragen, ob nicht das durch den E-Mail-Verkehr Anlage B 51 belegte Wunschkennzeichen "M-VV 2000" auf die Zuordnung des Fahrzeugs zum Kläger als Vorstandsvorsitzenden drängt und ob nicht ein Fahrzeug der Van-Klasse eher für den Freizeitbereich denn für die Fahrbereitschaft eines börsennotierten Unternehmens geeignet erscheint, dahingestellt bleiben.

5. Angesichts des Gewichts der Pflichtenverstöße des Klägers ist einsichtig, dass das Vertrauen der Beklagten in eine pflichtgemäße Amtsführung durch den Kläger zutiefst erschüttert war. Dies führt dazu, dass der Beklagten eine Fortsetzung des Vorstandsdienstverhältnisses bis zur ordentlichen Beendigung am 30.09.2007 nicht zumutbar war.

IV. Dem steht das Rechtsargument des Klägers, die Beklagte habe aufgrund der Vorinformationen des Aufsichtsrats das Risiko von Schäden aufgrund der Vermischung privater und dienstlicher Belange durch den Kläger übernommen, nicht entgegen.

In dem Schreiben der Mitvorstände an den Vorsitzenden des Aufsichtsrats der Beklagten vom 17.03.2004 (Anlage K 1) ist zwar abschließend davon die Rede, dass die "negative Persönlichkeitsentwicklung" dazu geführt habe, dass der Kläger für die Führungsmannschaft "untragbar geworden" sei und dringender Änderungsbedarf gegeben sei, da "bereits jetzt Schaden entstehe". Daraus wird bereits nicht klar, ob dieser Schaden auch materieller Art ist, insbesondere aber ergibt sich daraus kein hinreichend konkreter Hinweis auf Verfehlungen der unter III.4.a) - d) erörterten Art.

Konkreter sind die Hinweise der Vorstandssekretärin K. in der E-Mail vom 24.05.2004 (Anlage K 12) dahingehend, dass der Kläger dazu neige, private Auslandsreisen durch die Vereinbarung von Terminen mit Politikern oder Wirtschaftsführern zu "garnieren", um die Reisekosten der Beklagten belasten zu können.

Die oben angeführten Pflichtenverstöße gehen indes über das "großzügige" Abrechnen von Spesen und Reisekosten weit hinaus. Manipulationen der Buchführung und die Gewährung bzw. Inempfangnahme von Schmiergeldern erreichen vielmehr eine Qualität, die tief in das Vertrauensverhältnis zwischen Vorstand und Gesellschaft eingreift. Mit solchen Verfehlungen musste der Aufsichtsrat der Beklagten bei dem Abschluss der Aufhebungsvereinbarung mithin nicht rechnen, so dass der Gedanke der Risikoübernahme nicht zum Tragen kommen kann.

V. In der gewählten Prozessart ist daher von einem wirksamen Rücktritt der Beklagten von der Aufhebungsvereinbarung auszugehen mit der Folge, dass der geltend gemachte Anspruch nicht besteht. Soweit der Kläger mit im Urkundenprozeß nicht statthaften Mitteln umfangreich Gegenbeweis angetreten hat, steht ihm die Geltendmachung seines Anspruchs im ordentlichen Verfahren offen.

VI. Angesichts des Rücktrittsrechts der Beklagten kann dahingestellt bleiben, ob daneben die Beklagte zur Anfechtung des Aufhebungsvertrags wegen arglistiger Täuschung oder zum Schadensersatz wegen Verschuldens bei Vertragsschluss (wegen unterbliebener Offenbarung von Pflichtverletzungen) berechtigt wäre. Von daher bedarf es auch keiner Entscheidung, ob die Aufhebungsvereinbarung (oder Teile davon) wegen bestehender Hauptversammlungskompetenz gemäß § 120 AktG oder nach den Grundsätzen, wie sie der Bundesgerichtshof im Urteil vom 08.12.1997 NJW 1998, 1315) für den Abschluß einer "Generalbereinigung" mit dem ausscheidenden Geschäftsführer einer GmbH aufgestellt hat, unwirksam ist.

Die Kostentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 4 und 711 ZPO.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nach § 543 Abs. 2 ZPO nicht vor. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtssprechung erfordern eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

Ende der Entscheidung

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