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Gericht: Oberlandesgericht München
Urteil verkündet am 08.08.2001
Aktenzeichen: 7 U 5118/00
Rechtsgebiete: HGB, BGB, AGBG, UStG, ZPO
Vorschriften:
HGB § 89 b | |
HGB § 86 a | |
HGB § 86 a Abs. 3 | |
HGB § 86 a Abs. 1 | |
HGB § 87 a Abs. 3 | |
HGB § 87 a Abs. 5 | |
HBG § 87 a Abs. 1 S. 1 | |
HGB § 87 a Abs. 1 S. 2 | |
HGB § 89 b Abs. 1 S. 2 | |
HGB § 89 b Abs. 1 Nr. 1 | |
BGB § 209 Abs. 1 | |
AGBG § 9 Abs. 2 Nr. 1 | |
UStG § 1 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 | |
ZPO § 92 | |
ZPO § 91 a | |
ZPO § 711 | |
ZPO § 543 Abs. 1 | |
ZPO § 270 Abs. 3 | |
ZPO § 97 Abs. 1 | |
ZPO § 708 Nr. 10 | |
ZPO § 546 Abs. 2 |
2. Übernimmt ein Handelsvertreter ohne Gegenleistung eine Gebietsvertretung und den vorhandenen Kundenstamm und erklärt er sich neun Monate später bereit, eine namhafte Ablösesumme (hier DM 142.500,-) für die Übernahme des Handelsvertretergebiets zu zahlen, so sind die bereits übernommen Altkunden bei der Berechnung des Ausgleichsanspruchs den gewordenen Neukunden gleichzustellen.
3. Bei der Berechnung des Handelsvertreterausgleichsanspruchs in der Textilbranche im Modeartikelbereich ist von einem Prognosezeitraum von drei Jahren und einer jährlichen Abwanderungsquote von 30% auszugehen.
OBERLANDESGERICHT MÜNCHEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
Aktenzeichen: 7 U 5118/00
Verkündet am 08.08.2001
In dem Rechtsstreit
wegen Forderung
erläßt der 7. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht und die Richter am Oberlandesgericht und aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 04.04.2001 folgendes
ENDURTEIL
Tenor:
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Endurteil des Landgerichts München I vom 22.08.2000 in Ziffer I. 5. dahingehend abgeändert, dass die Beklagte verurteilt wird, an die Klägerin DM 103.628,26 nebst 5 % Zinsen hieraus seit 09.09.1997 zu bezahlen. Hinsichtlich des weitergehenden Ausgleichsanspruchs wird die Klage abgewiesen.
II. Auf die Anschlussberufung der Klägerin wird das Endurteil des Landgerichts München I vom 22.08.2000 in Ziffer I. 4. dahingehend abgeändert, dass die Beklagte verurteilt wird, an die Klägerin DM 70.285, 19 nebst 5 % Zinsen aus DM21.053,69 seit 21.01.1997 und aus DM 49.231,50 seit 08.09.1997 zu bezahlen.
III. Im übrigen werden die Berufung der Beklagten und die Anschlussberufung der Klägerin zurückgewiesen.
IV. Die erstinstanzlichen Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.
Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin 1/4 und die Beklagte 3/4.
V. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
1. Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung von DM 250.000,-- abwenden, wenn nicht die Klägerin vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.
2. Der Klägerin wird gestattet, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung von DM 10.000,-- abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.
VI. Die Beschwer beider Parteien im Berufungsverfahren übersteigt DM 60.000,--.
Tatbestand:
Die Klägerin macht Ansprüche aus einem beendeten Handelsvertretervertrag geltend. Die Beklagte - vormals O GmbH Textilhandel - produziert und vertreibt Damenoberbekleidung. Aufgrund schriftlichen Vertrages vom 17.08.1990 (K 1) war die Klägerin seit 01.01.1991 für die Beklagte als Handelsvertreterin im Gebiet Nord-Württemberg tätig. Die vereinbarte Provision betrug 7 % vom Nettoumsatz. Dazu enthielt § 6 Nr. 1 Abs. 2 des Vertrages folgende Klausel:
"Der Anspruch auf Zahlung der Provision entsteht, sobald und soweit der Kunde das Entgelt für das provisionspflichtige Verkaufsgeschäft gezahlt hat. Nachträgliche Minderungen des Entgelts, zu denen sich die Firma veranlasst sieht, muss der Vertreter gegen sich gelten lassen. Die Firma ist nur dann zur gerichtlichen Geltendmachung ihres Erfüllungsanspruchs verpflichtet, wenn diese Maßnahme hinreichende Aussicht auf Erfolg verspricht."
Weiter bestimmt § 5 Nr. 1 des Vertrages:
"Der Vertreter erhält rechtzeitig zum Saisonbeginn eine Musterkollektion, die von ihm mit einem von der Firma gewährten Rabatt in Höhe von 60 % käuflich zu erwerben ist. Die Zahlung der Musterkollektion erfolgt durch Verrechnung mit Provisionsansprüchen des Vertreters. Eine Rückgabe gegen Gutschrift ist ausgeschlossen."
Nach der Übernahme des Vertragsgebiets bezahlte die Klägerin an die Beklagte gemäß deren Rechnung vom 9.10.1991 (K 10) eine Ablösesumme von DM 142.500,--. Dies entsprach dem Betrag, den die Beklagte ihrerseits dem Vorgänger der Klägerin als Ausgleich schuldete.
Entsprechend der in § 5 Nr. 1 des Vertrages getroffenen Regelung kaufte die Klägerin 1991 und in den folgenden Jahren die ihr von der Beklagten überlassenen Musterkollektionen für die jeweilige Frühjahr-/Sommersaison (FS) und die Herbst/Wintersaison (HW). Nachdem die Beklagte das Handelsvertreterverhältnis mit Schreiben vom 30.12.1996 (K 4) zum 30.06.1997 ordentlich gekündigt hatte, lehnte die Klägerin die Bezahlung der ihr im Januar 1997 übergebenen Musterkollektion für HW 97 ab.
Mit ihrer beim Landgericht am 30.12.1996 eingegangenen Stufenklage hat die Klägerin zunächst die Erteilung eines Buchauszuges für das Jahr 1992 und die sich daraus ergebenden Provisionsansprüche geltend gemacht. Mit rechtskräftigem Teilurteil vom 08.04.1997 (Bl. 31/37 d. A.) hat das Landgericht die Beklagte antragsgemäß zur Erteilung des Buchauszuges verurteilt.
Mit Schriftsatz vom 07.08.1997 (Bl. 46/102 d. A.) hat die Klägerin u. a. im Wege einer weiteren Stufenklage die Erteilung eines Buchauszuges für die Zeit vom 01.01.1993 bis zum 30.06.1997 und die sich daraus ergebenden Provisionsansprüche geltend gemacht. Das Landgericht hat die Beklagte auch insoweit mit Teilanerkenntnisurteil vom 10.02.1998 (Bl. 170/171) zur Erteilung dieses weiteren Buchauszuges verurteilt.
Darüber hinaus hat die Klägerin mit ihrer mehrfach erweiterten Klage folgende Ansprüche geltend gemacht und dazu im einzelnen vorgetragen:
(1) Die Beklagte sei zur Rücknahme der Musterkollektion HW 97 verpflichtet. Die entgegenstehende Klausel in § 5 Nr. 1 des Vertrages sei unwirksam (§ 9 AGBG, § 86 Abs. 3 HGB), weil sie gegen das gesetzliche Leitbild verstoße, wonach der Unternehmer eine Musterkollekton dem Handelsvertreter unentgeltlich zu überlassen habe.
(2) Die Beklagte schulde gemäß ihrer Abrechnung für September 1997 (K 9 zu Bl. 146/155 d. A.) noch die - als solche unstreitige - Provision von DM 9.502,86. Die demgegenüber von der Beklagten zur Aufrechnung gestellte Kaufpreisforderung für die Musterkollektion HW 97 bestehe aus den vorgenannten Gründen nicht.
(3) Weiter hat die Klägerin Provisionszahlung für von ihr vermittelte Aufträge geltend gemacht, welche die Beklagte auch ausgeführt habe, später aber auf Verlangen der Kunden die gelieferte Ware teilweise zurückgenommen und insoweit den Kunden entsprechende Gutschriften erteilt habe. Die Summe dieser durch Gutschriften stornierten Umsätze, für welche die Klägerin unstreitig keine Provision erhalten hat, ist von der Klägerin für den Zeitraum HW 92 auf DM 138.304,30 netto beziffert worden und für FS 93 auf DM 123.232,32 netto. Dafür hat die Klägerin eine Provision von zunächst DM 21.058,37 geltend gemacht (Schriftsatz vom 05.03.1998, Bl. 192/1 94 d. A.), zuletzt in Höhe von DM 21.241,48 (Schriftsatz vom 10.12.1998, Bl. 263 d. A.).
Für den Zeitraum HW 93 bis HW 97 hat die Klägerin die wegen derartiger Gutschriften unstreitig nicht verprovisionierten Umsätze auf insgesamt DM 603.986,61 netto beziffert (Schriftsatz vom 10.12.1998, Bl. 261/262 d. A.) und insoweit eine weitere Provisionszahlung von DM 49.043,71 geltend gemacht. Soweit von der Beklagten für diesen Zeitraum zur Höhe der erteilten Gutschriften abweichende Zahlen vorgetragen sind, hat sich die Klägerin diese hilfsweise zu eigen gemacht.
Weiter hat sie vorgetragen, diese zahlreichen von der Beklagten erteilten Gutschriften für zurückgegebene Ware seien jedenfalls nicht von der Klägerin zu vertreten und ließen deren Provisionsanspruch unberührt. Das gelte unabhängig davon, ob die Ware wegen berechtigter Mängelrügen von den Kunden zurückgegeben worden sei oder ob die Beklagte lediglich aus Kulanz die Ware zurückgegeben habe. Die Beklagte habe dabei regelmäßig auch ohne Zustimmung der Klägerin gehandelt; lediglich in Einzelfällen habe auch die Klägerin eine Rücknahme der Ware mit entsprechender Gutschrift befürwortet, wenn Kunden tatsächlich mangelhafte Lieferungen erhalten hätten.
(4) Weiter hat die Klägerin einen Ausgleichsanspruch in Höhe von DM 202.604,70 geltend gemacht. Den Umsatz im letzten Vertragsjahr (FS 97 und HW 97) mit von ihr geworbenen neuen Kunden, die als Stammkunden anzusehen seien, hat die Klägerin auf DM 553.600,-beziffert (Bl. 183 d. A. mit K 14). Bei einem Teil der übernommenen Altkunden habe die Klägerin den Umsatz wesentlich gesteigert; auf diese Kunden sei im letzten Vertragsjahr ein Umsatzanteil von DM 523.000,-- entfallen (Bl. 182 d. A. mit K 12). Mit den übrigen Altkunden habe die Klägerin im letzten Vertragsjahr einen Umsatz von DM 293.481,-- vermittelt. Sämtliche Altkunden seien aufgrund der geleisteten Einstandszahlung von DM 142.500,-- Neukunden gleichzustellen, auch wenn dies nicht ausdrücklich zwischen den Parteien vereinbart worden sei.
Selbst wenn man nur den Letztjahresumsatz mit Neukunden und den intensivierten Altkunden von insgesamt DM 1.076.600,-zugrundelege, ergebe sich daraus eine Letztjahresprovision von DM 75.320,-- und bei 4jähriger Prognosedauer sowie einer Abwanderungsquote von 20 % ein Rohausgleich von DM 158.086,87 zuzüglich Mehrwertsteuer (Bl. 184 d. A.). Die durchschnittliche Jahresprovision der letzten 5 Jahre habe DM 140.477,- netto zuzüglich Mehrwertsteuer betragen; jedenfalls in dieser Höhe sei der Ausgleichsanspruch begründet.
(5) Schließlich hat die Klägerin die Rückzahlung der von ihr unstreitig geleisteten Einstandszahlung (Ablöse) von DM 142.500,-- geltend gemacht. Sie hat die Auffassung vertreten, dass die insoweit getroffene Vereinbarung unwirksam sei, wenn dabei nicht die Gleichstellung der übernommenen Altkunden mit von der Klägerin geworbenen neuen Kunden bei der Berechnung des künftigen Ausgleichsanspruchs vereinbart worden sei, zumal die Beklagte sich auch jetzt weigere, eine solche Gleichstellung zu akzeptieren.
Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen,
1. die HW-Kollektion 1997 der Marke O Set auf eigene Kosten bei der Klägerin abzuholen und festzustellen, dass die Beklagte insoweit in Annahmeverzug ist,
2. an die Klägerin DM 9.502,86 (Provision 9/97) zu bezahlen,
3. an die Klägerin weitere DM 70.285, 19 (Provisionen auf Gutschriften) zu bezahlen,
4. an die Klägerin weitere DM 202.604,70 (Ausgleich) zu bezahlen und
5. an die Klägerin weitere DM 142.500,-- (Einstandszahlung) zu bezahlen, jeweils nebst 9 % Zinsen seit Rechtshängigkeit.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.
(1) Zur Rücknahme der Musterkollektion sei sie nicht verpflichtet. Vielmehr habe sich die Klägerin gemäß § 5 Nr. 1 des Handelsvertretervertrages zum Kauf der Kollektion verpflichtet. Diese Vereinbarung sei auch wirksam. Insbesondere ergebe sich aus § 86 a HGB nicht, dass die Beklagte ihre Musterkollektion kostenlos zur Verfügung stellen müsse.
(2) Gegenüber dem Provisionsanspruch der Klägerin für September 1997 von DM 9.502,86 hat die Beklagte Aufrechnung erklärt mit der nach ihrer Meinung begründeten Kaufpreisforderung von DM 11.416,92 für die Musterkollektion HW 97.
(3) Die von der Beklagten erteilten Gutschriften seien zum weit überwiegenden Teil aus Kulanz erfolgt. Die von den Kunden beanstandeten Fehler der gelieferten Ware seien in den meisten Fällen entweder nicht vorhanden gewesen oder jedenfalls nicht rechtzeitig innerhalb der Frist von 8 Tagen ab Lieferung gerügt worden, wie nach den von der Klägerin stets verwendeten AGB (B 29) vereinbart gewesen sei. Gleichwohl sei die Beklagte zur Aufrechterhaltung der Kundenbeziehung zu weitgehender Kulanz gezwungen gewesen, was im übrigen auch dem Interesse der Klägerin entsprochen habe. Diese habe in vielen Fällen selbst eine großzügige Handhabung der Kulanz befürtwortet und insoweit der Auftragsstornierung zugestimmt. Ein Teil der Gutschriften betreffe sogenannte Auswahlsendungen, die von Kunden unmittelbar bei einem Auslieferungslager der Beklagten zur Ansicht bestellt worden seien mit dem Recht, die Ware nach einem bestimmten Zeitraum zurückzugeben. Teilweise seien Gutschriften auch an Kunden nach Einstellung von deren Geschäftsbetrieb erteilt worden, weil diesen gegenüber Zahlungsansprüche erfahrungsgemäß nur schwer durchsetzbar seien.
Die Höhe der von der Beklagten von HW 93 bis HW 97 erteilten Gutschriften belaufe sich auf insgesamt DM 622.268,45 netto, wie sich im einzelnen aus den Anlagen B 20 bis B 28 ergebe, in denen jeweils auch der Grund der Stornierung und Gutschrift vermerkt sei. Von diesen Stornierungen seien lediglich DM 100.635,57 von der Beklagten zu vertreten, so dass der Klägerin daraus ein Provisionsanspruch von DM 7.044,49 netto zustehe (Seite 25/27 des Schriftsatzes vom 15.03.1999, Bl. 298/300 d. A.).
(4) Der geltend gemachte Ausgleichsanspruch sei weit überhöht. Dazu hat die Beklagte vorgetragen, der von der Klägerin vermittelte Umsatz im letzten Vertragsjahr habe lediglich DM 1.002.718,-- betragen (B 11). Davon entfalle ein Anteil von DM 633.600,-- auf Altkunden. Diese könnten nicht schon wegen der von der Klägerin geleisteten Einstandszahlung als Neukunden behandelt werden, weil eine diesbezügliche Vereinbarung zwischen den Parteien nicht getroffen worden sei. Von den Altkunden könne nur der Kunde "N s" in Bruchsal mit einem Letztjahresumsatz von DM 126.678,-- berücksichtigt werden. Bei den übrigen von der Klägerin in Anlage K 12 genannten Altkunden fehle es entweder an einer wesentlichen Umsatzsteigerung, wie sich aus der Anlage B 12 ergebe, oder die Geschäftsbeziehung zu diesen Altkunden sei noch vor dem Ausscheiden der Klägerin abgerissen. Dies gelte insbesondere für den Kunden B , der noch vor dem 30.06.1997 sein Einkaufskonzept mit der Eröffnung einer "Exquisitabteilung" geändert habe und aufgrund dessen die Geschäftsbeziehung zur Beklagten abgebrochen habe.
Von den Neukunden seien "A-Mode" und "L'A " mit einem Umsatzanteil von DM 43.092,-- nicht zu berücksichtigen. Gegenüber diesen Kunden habe die Beklagte nämlich ihre Kaufpreisforderung mit anwaltlicher bzw. gerichtlicher Hilfe durchsetzen müssen. Es sei deshalb nicht zu erwarten, dass diese auch künftig bei der Beklagten noch Ware bestellen werden.
Die Abwanderungsquote betrage 30 bis 35 %. Eine Prognose könne nur für einen Zeitraum von 2 Jahren vorgenommen werden. Im Rahmen der Billigkeit sei außerdem zu berücksichtigen, dass die Beklagte zwischen 1992 und 1997 insgesamt DM 82,5 Mio. in Werbung und Marketing investiert habe, was auch der Klägerin zugute gekommen sei. Auch sei insoweit zu berücksichtigen, dass die Klägerin nach Vertragsbeendigung die Vertretung anderer Kollektionen übernommen und auch ehemalige Kunden der Beklagten abgeworben habe. Der Umsatz der Beklagten sei seitdem deutlich zurückgegangen. Die durchschnittliche Jahresprovision der letzten 5 Vertragsjahre hat die Beklagte zuletzt auf DM 129.138,-- beziffert (Bl. 206 d. A.).
(5) Die Einstandszahlung von DM 142.500,-- könne die Klägerin nicht zurückfordern. Diese sei auch ohne Altkundenanrechnung wirksam vereinbart worden. Die Klägerin habe während der Vertragslaufzeit Provisionseinnahmen von insgesamt DM 1.132.500,-- erzielt.
Das Landgericht hat mit Endurteil vom 22.08.2000 die Beklagte zur Rücknahme der Musterkollektion verurteilt und insoweit auch dem Feststellungsantrag stattgegeben. Weiter hat das Landgericht die Beklagte zur Zahlung von DM 184.650,54 nebst Zinsen verurteilt und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:
(1) Die Beklagte sei verpflichtet gewesen, die Musterkollektion dem Kläger unentgeltlich zur Verfügung zu stellen und anschließend wieder zurückzunehmen. Eine Verpflichtung der Klägerin zum Ankauf der Musterkollektion sei nicht wirksam begründet worden, weil eine solche Vereinbarung gegen § 86 a Abs. 3 HGB verstoße. Die Beklagte sei auch in Verzug mit der Rücknahme der Kollektion.
(2) Die Beklagte schulde auch die unbestrittene Provision für September 1997 in Höhe von DM 9.502,86. Die Aufrechnung der Beklagten greife demgegenüber nicht durch, weil die insoweit geltend gemachte Kaufpreisforderung von DM 11.416,92 für den Erwerb der Musterkollektion mangels wirksamer Vereinbarung nicht entstanden sei.
(3) Die Klägerin habe auch Anspruch auf Provision für die Gutschriften, welche die Beklagte ihren Kunden erteilt hat. Nach dem eigenen Vortrag der Beklagten habe sie diese Gutschriften überwiegend aus Kulanz erteilt, was indessen nicht zu Lasten der Klägerin gehe. Deren Provisionsanspruch sei nur entfallen, soweit die Beklagte die Stornierung von Verträgen nicht zu vertreten habe. Diese Voraussetzungen seien indessen von der Beklagten nicht hinreichend dargelegt worden. Auch soweit die Beklagte behauptet habe, die Rücknahme der Ware sei teilweise mit Zustimmung der Klägerin erfolgt, fehle es an einem konkreten Vortrag, bei welchen Geschäften dies der Fall gewesen sein soll.
Die Höhe der von der Klägerin für HW 92 und FS 93 behaupteten Gutschriften habe die Beklagte nicht bestritten. Für den Zeitraum HW 93 bis HW 97, für den von den Parteien Gutschriften in unterschiedlicher Höhe vorgetragen worden sind, sei für jede Verkaufssaison von dem jeweils niedrigeren Betrag auszugehen; die Klägerin könne sich insoweit nicht die Zahlen der Beklagten hilfsweise zu eigen machen. Danach ergebe sich für die von der Beklagten ihren Kunden erteilten Gutschriften eine Provisionsnachforderung der Klägerin von insgesamt DM 67.209.34 einschließlich 15 % Mehrwertsteuer.
(4) Außerdem hat das Landgericht der Klägerin einen Ausgleichsanspruch in Höhe von DM 107.938,34 zuerkannt. Wegen der Begründung wird Bezug genommen auf Ziffer 4. der Entscheidungsgründe des landgerichtlichen Urteils. Im übrigen ist die Klage abgewiesen worden, auch hinsichtlich der geltend gemachten Einstandszahlung.
Gegen dieses Urteil hat die Beklagte Berufung eingelegt. Sie wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Weiterhin vertritt sie die Auffassung, dass die Klägerin sich wirksam zum Kauf der Musterkollektion auch für HW 97 verpflichtet habe und deshalb die Provisionsforderung der Klägerin für September 1997 von DM 9.502,88 durch Aufrechnung erloschen sei.
Die Klägerin habe auch keinen Anspruch auf Provision für die von der Beklagten ihren Kunden erteilten Gutschriften. Dem stehe schon § 6 Nr. 1 Abs. 2 des Handelsvertretervertrages entgegen. Ein Provisionsanspruch sei auch nicht entstanden, soweit die Gutschriften sogenannte Auswahlsendungen beträfen. Da der Kunde in diesen Fällen die gelieferte Ware nach Belieben habe zurückgeben könne, sei mit der Auslieferung allenfalls ein bedingter Kaufvertrag mit dem Kunden zustandegekommen, so dass auch der Provisionsanspruch bedingt und spätestens mit der Rückgabe der Ware entfallen sei. Die Summe dieser auf Rückgabe von Auswahlsendungen beruhenden Gutschriften betrage DM 89.046,14 (B 38), wie sich bereits aus den Anlagen B 20 bis B 28 ergebe; der darauf entfallende Provisionsanteil belaufe sich auf DM 6.233,23.
Auch die aus Kulanz erteilten Gutschriften müsse sich die Klägerin provisionsmindernd anrechnen lassen. Die Beklagte habe bei der notgedrungen großzügigen Handhabung der Kulanz im Einvernehmen mit der Klägerin gehandelt, welche dies teilweise selbst verlangt habe. Die Klägerin habe auch über Jahre die Provisionsabrechnungen, in denen die Abzüge für erteilte Gutschriften mit anderweitigen Provisionsforderungen verrechnet worden seien, widerspruchslos hingenommen. Wenn sie nunmehr gleichwohl auch für diese Gutschriften Provision nachfordere, sei das treuwidrig. Die Beklagte habe die Gründe für die Gutschriften auch hinreichend dargelegt, weil sich diese aus den Anlagen B 20 bis B 28 ergäben. Weiterer Vortrag zu den Hintergründen der einzelnen Gutschriften sei der Beklagten im Hinblick auf den Zeitablauf nicht zumutbar. Das Landgericht hätte jedenfalls den Anteil der Gutschriften schätzen können und müssen, die zwischen den Parteien abgestimmt worden seien. Die Beklagte schätze diesen Anteil auf mindestens 40 %. Im übrigen werde vorsorglich die Einrede der Verjährung erhoben.
Ein Ausgleichsanspruch stehe der Klägerin allenfalls in Höhe von DM 9.764,49 zu. Von den von der Klägerin geworbenen neuen Kunden seien jedenfalls zehn Kunden, auf die ein Umsatzanteil im letzten Vertragsjahr von DM 74.765,-- entfalle, keine Stammkunden der Beklagten. Dasselbe gelte für die sogenannten Rechtsanwaltskunden mit einem Umsatzanteil von DM 43.092,--. Von den Altkunden seien lediglich drei - nämlich "N it" "Trend " und "Coll " - mit einem Umsatzanteil von DM 215.713,-Neukunden gleichzustellen. Der vom Landgericht angenommene Progonosezeitraum von 4 Jahren sei zu lang und die Abwanderungsquote mit 20 % zu niedrig bemessen. Auch einen Abzug aus Billigkeitsgründen habe das Landgericht zu Unrecht abgelehnt; gerechtfertigt sei insoweit ein Abzug von 40 %.
Den Rücknahme- und den Feststellungsantrag (Ziffer I. 1. und 2. des landgerichtlichen Urteils) haben die Parteien übereinstimmend für erledigt erklärt (Bl. 471 d. A.).
Die Beklagte beantragt:
Das Urteil des Landgerichts München I vom 22.08.2000 wird abgeändert, soweit die Beklagte verurteilt wird, mehr als DM 9.764.49 zuzüglich 5 % Zinsen an die Klägerin zu bezahlen. Im Umfang der Aufhebung wird die Klage abgewiesen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Im Wege der Anschlussberufung beantragt die Klägerin;
das Urteil des Landgerichts München I vom 22.08.2000 in Ziffer I. 3 bis 5 dahingehend abzuändern, dass die Beklagte verurteilt wird,
(3.) an die Klägerin DM 9.602,86 nebst 9 % Zinsen hieraus seit dem 22.01.1998 zu bezahlen,
(4.) an die Klägerin DM 70.285,19 nebst 9% Zinsen hieraus seit Rechtshängigkeit zu bezahlen (Provision/Gutschriften),
(5.) der Klägerin einen Ausgleich gemäß § 89 b HGB in Höhe von DM 167.597,31 nebst 9 % Zinsen hieraus seit 09.09.1997 zu bezahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Anschlussberufung zurückzuweisen.
Die Klägerin verteidigt das landgerichtliche Urteil, soweit der Klage stattgegeben worden ist.
Sie vertritt weiterhin die Auffassung, dass ihr Provisionsanspruch durch die nachträglich von der Beklagten erteilten Gutschriften nicht berührt werde. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus § 6 Nr. 1 Abs. 2 des Vertrages. Soweit dieser bestimme, dass die Klägerin nachträgliche Minderungen des Entgelts durch die Beklagte gegen sich gelten lassen müsse, sei diese Klausel unwirksam, da sie gegen die zwingende Regelung des § 87 a Abs. 3 und 5 HGB verstoße. Die Klägerin habe sich auch nicht mit einer Minderung ihrer Privisonsansprüche durch Gutschriften einverstanden erklärt, auch nicht durch Entgegennahme von Abrechnungen.
Zur Höhe der erteilten Gutschriften für den Zeitraum HW 93 bis HW 97 macht sich die Klägerin nunmehr den Vortrag der Beklagten zu eigen. Insgesamt stehe daher der Klägerin aus den von HW 92 bis HW 97 erteilten Gutschriften sogar ein Provisionsanspruch von 71.769,68 DM zu (Bl. 448 d. A.). Das Landgericht habe deshalb zu Unrecht die Klage insoweit in Höhe von 3.075,85 DM abgewiesen. Dieser Betrag werde mit der Anschlussberufung geltend gemacht.
Ein Ausgleichsanspruch stehe der Klägerin nicht nur in Höhe des vom Landgericht zuerkannten Betrages von 107.938,34 DM zu, sondern in Höhe von 167.597,31 DM. Die Berufung der Beklagten sei deshalb unbegründet. Der Differenzbetrag von 59.658,97 DM werde mit der Anschlussberufung geltend gemacht.
Schon der ausgleichsfähige Umsatz, den die Klägerin im letzten Vertragsjahr mit Neukunden und wesentlich gesteigerten Altkunden vermittelt habe, belaufe sich auf 1.076.600 DM. Dies habe die Klägerin entgegen der Meinung des Landgerichts bereits erstinstanzlich mit den Anlagen K 12 und K 16 hinreichend dargetan. Im übrigen seien sämtliche Neukunden als Stammkunden anzusehen, auch soweit diese - weil erst im letzten Vertragsjahr geworben - nur einmal bei der Beklagten bestellt haben.
Den Rohausgleich beziffert die Klägerin nunmehr auf 189.828,96 DM brutto (Bl. 455 d. A.). Billigkeitsabzüge habe das Landgericht zu Recht nicht vorgenommen. Der von der Beklagten behauptete Werbeaufwand werde bestritten. Ein etwaiger Umsatzrückgang nach Vertragsbeendigung, der ebenfalls bestritten werde, beruhe auf der unzureichenden Präsentation der Kollektion durch den Nachfolger der Klägerin und nicht auf einer nachvertraglichen Konkurrenztätigkeit der Klägerin.
Die Durchschnittsprovision der letzten fünf Jahre betrage nach dem Vortrag der Beklagten, von dem nunmehr auch die Klägerin ausgehe, jährlich 129.138,-- DM. Hinzuzurechnen seien die erstinstanzlich zugesprochenen weiteren Provsionen von 9.502,86 DM und 67.209,34 DM, so dass sich ein Höchstbetrag von 167.597,31 DM ergebe (Bl. 456 d. A.).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen und den Akteninhalt insgesamt Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
A.
Die Berufung der Beklagten ist teilweise begründet, soweit sie sich gegen die Höhe des vom Landgericht der Klägerin zuerkannten Ausgleichsanspruchs richtet. Im übrigen ist sie unbegründet.
I. Die Beklagte schuldet die Provision gemäß ihrer Abrechnung für September 1997 von 9.502,86 DM. Die zur Aufrechnung gestellte Kaufpreisforderung für die Musterkollektion HW 97 steht der Beklagten nicht zu. Zwar hat nach § 5 Nr. 1 des Vertrages vom 17.08.90 die Klägerin die Verpflichtung übernommen, die ihr jeweils überlassene Musterkollektion käuflich zu erwerben. Diese Vertragsklausel ist indessen unwirksam.
1. Der Senat hat bereits mit Urteil vom 03.03.99 (NJW-RR 99, 1194) entschieden, dass eine Vereinbarung unwirksam ist, die den Handelsvertreter zum Kauf der ihm vom Unternehmer überlassenen Musterkollektion verpflichtet. Nach h. M. muss nämlich der Unternehmer dem Handelsvertreter die zur Ausübung seiner Tätigkeit erforderliche Musterkollektion als Nebenpflicht des Handelsvertretervertrages überlassen (§ 86 a Abs. 1 HGB), und zwar grundsätzlich kostenlos (OLG Düsseldorf OLGR 95, 21; Koller/Roth/Morck, HGB, § 86 a RdNr. 611, 613; Thume in BB 95, 1913). Eine entgegenstehende Vereinbarung ist gemäß § 86 a Abs. 3 HGB unwirksam, der am 01.01.90 in Kraft getreten ist. Danach dürfen die in § 86 a Abs. 1 HGB geregelten Pflichten des Unternehmers vertraglich weder eingeschränkt noch erweitert werden. Der Unternehmer darf deshalb die Erfüllung seiner gesetzlichen Verpflichtung zur Überlassung von Musterkollektionen nicht davon abhängig machen, dass er für die Kollektionen eine Bezahlung erhält. Dies gebietet auch der Schutzzweck der Norm, die verhindern soll, dass der in der Regel schwächere Handelsvertreter sich auf nachteilige Abreden einlässt, die ihn zum Abnehmer der Ware des Unternehmers machen und damit vom Leitbild des Handelsvertreters als Vermittler von Geschäften abweicht. An dieser Auffassung hält der Senat fest.
An der Unwirksamkeit der vereinbarten Kaufverpflichtung ändert auch nichts, dass die Klägerin in der Vergangenheit die Kollektion regelmäßig gekauft hat. Wollte man ihr deshalb die Berufung auf die Unwirksamkeit versagen, so würde dies dem Schutzzweck des § 86 a Abs. 3 HGB zuwiderlaufen.
2. Die Klausel gemäß § 5 Nr. 1 des Vertrages vom 17.08.1990, welche die Klägerin zum Kauf der Musterkollektion verpflichtet, ist im übrigen auch nach § 9 Abs. 2 Nr. 1 AGBG unwirksam. Nach ihrem eigenen Vortrag (im SS vom 15.03.99 unter Ziff. 5.1, Bl. 305/306 d. A.) hat die Beklagte gleichartige Vereinbarungen nämlich auch mit ihren anderen Handelsvertretern getroffen. Es handelt sich somit um eine von der Beklagten mehrfach verwendete Vertragsbedingung (§ 1 Abs. 1 AGBG), die - wie bereits ausgeführt - wesentlichen Grundgedanken des Handelsvertretervertrages zuwiderläuft und die Klägerin unangemessen benachteiligt (§ 9 Abs. 2 Nr. 1 ABGB), indem diese zum Kauf der jeweiligen Musterkollektion verpflichtet wird und damit auch das Absatzrisiko trägt (so auch OLG Düsseldorf aaO.; Baumbach/Hopt, HGB, 30. Aufl., § 86 a RdNr. 6).
II. Unbegründet ist die Berufung der Beklagten auch, soweit sie sich gegen die Verurteilung zur Zahlung weiterer Provisionen 67.209,34 DM wegen der von ihr erteilten Gutschriften richtet.
1. Unstreitig hat die Beklagte seit HW 92 in erheblichem Umfang von Kläger vermittelte und von der Beklagten ausgeführt Aufträge storniert, indem sie auf Verlangen der jeweiligen Kunden die gelieferte Ware zurückgenommen und den Kunden eine Gutschrift erteilt hat. Der Klägerin steht für diese Gutschriften nach § 87 a Abs. 1 und 3 HGB die vereinbarte Provision zu. Der Provisionsanspruch entfällt nur, wenn und soweit die Stornierung von der Beklagten nicht zu vertreten ist (§ 87 a Abs. 3 HGB), was von ihr darzulegen und zu beweisen ist (BGH WM 89, 885).
a) Danach bleibt die Beklagte in allen Fällen zur Provisonszahlung verpflichtet, in denen der Kunde wegen eines rechtzeitig gerügten Mangels die Wandelung des Vertrages verlangt hat. Denn die ordnungsgemäße Lieferung mangelfreier Ware fällt in den Verantwortungsbereich der Beklagten. Das wird von ihr auch nicht in Zweifel gezogen.
b) Nach dem eigenen Vortrag der Beklagten hat sie sich allerdings in der weit überwiegenden Zahl der Fälle aus reiner Kulanz zur Rücknahme der Ware gegenüber den Kunden bereit erklärt, indessen berührt auch dies grundsätzlich nicht den Provisionanspruch der Klägerin (vgl. BGH NJW-RR 91, 155; Küstner/Thume aaO. RdNr. 1189), auch dann nicht, wenn die Beklagte - wie sie behauptet - dem Stornierungswunsch häufig nachgekommen sei, um die Kundenbeziehung aufrecht zu erhalten (BGH MDR 61, 312). Im übrigen wird auf die zutreffenden Ausführungen auf Seite 57 des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen (§ 543 Abs. 1 ZPO).
c) Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus § 6 Nr. 1 Abs. 2 des Vertrages vom 17.08.90. Zwar ist die Vereinbarung zulässig, dass der Provisionsanspruch abweichend von § 87 a Abs. 1 S. 1 HBG erst mit der Zahlung durch den Kunden entsteht, wie sich aus § 87 a Abs. 1 S. 2 HGB ergibt. Diese vertragliche Regelung betrifft aber nicht den Fall, dass die Zahlungsverpflichtung des Kunden wegen Stornierung des Auftrags entfallen ist; diesen Fall regelt vielmehr ausschließlich § 87 a Abs. 3 HGB, der auch nicht abdingbar ist (§ 87 Abs. 5 HGB).
Ebensowenig kann sich die Beklagte auf die weitere Vertragsklausel berufen, dass die Klägerin nachträgliche Minderungen des Entgelts gegen sich geltend lassen muss. Soweit damit auch Auftragsstornierungen gemeint sein sollten, wäre nämlich die Klausel als Abweichung von § 87 a Abs. 3 HGB ebenfalls unwirksam (§ 87 Abs. 5 HGB).
d) Die Beklagte kann sich auch nicht darauf berufen, die Klägerin habe sich durch jahrelange widerspruchslose Hinnähme der Provisionsabrechnungen mit den Auftragsstornierungen der Beklagten gegenüber Kunden und einem entsprechenden Provisionsverlust verstanden erklärt. Denn in der Entgegennahme der Abrechnungen liegt weder ein negatives Schuldanerkenntnis der Klägerin noch ein Verzicht auf weitere Provisionsforderungen (BGH NJW 96, 588).
e) Soweit die Beklagte behauptet, die Rücknahme der Ware sei in vielen Fällen mit der Klägerin abgestimmt oder sogar von dieser veranlasst worden, fehlt es an einem hinreichend konkreten Sachvortrag, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat. Die Beklagte hat nicht substantiiert vorgetragen, in welchen konkreten Fällen eine Kulanz-Stornierung auf einer Absprache mit dem Geschäftsführer der Klägerin beruht hat.
Lediglich die von der Beklagten als Anlage B 32 vorgelegten Schreiben lassen sich konkreten Kunden zuordnen. Die Kunden haben mit diesen Schreiben jeweils Fehler der Ware gerügt und um Gutschrift gebeten, und zwar unter Bezugnahme auf den Geschäftsführer der Klägerin. Dem Vortrag der Beklagten lässt sich aber nicht entnehmen, dass die Mängelrügen unberechtigt oder verspätet waren. Sollten die Mängelrügen berechtigt und rechtzeitig gewesen sein, dann hat die Beklagte eine darauf beruhende Stornierung allein zu vertreten. Der Klägerin kann es auch nicht als treuwidriges provisionsschädliches Verhalten vorgeworfen werden, wenn sie berechtigte Mängelrügen von Kunden unterstützt hat.
2. Auch für die sogenannten Auswahlsendungen steht der Klägerin Provision zu (§§ 87 Abs. 2, 87 a Abs. 3 HGB). Dabei handelt es sich nach dem Vortrag der Beklagten um Ware, die von Kunden unmittelbar bei einem Auslieferungslager der Beklagten - also ohne Mitwirkung der Klägerin - zur Ansicht bestellt worden ist mit dem Recht, die Ware nach einem bestimmten Zeitraum zurückzugeben. Ein solcher Kaufvertrag steht entweder unter der auflösenden Bedingung der rechtzeitigen Rückgabe der Ware (§ 158 Abs. 2 BGB) oder unter der aufschiebenden Bedingung (§ 158 Abs. 1 BGB), dass die Ware nicht innerhalb der vereinbarten Frist zurückgegeben wird. In beiden Fällen kommt ein unbedingter Kaufvertrag erst zustande, wenn die vereinbarte Frist abgelaufen ist, ohne dass die Ware vom Kunden zurückgegeben wurde.
Nach Behauptung der Beklagten entfallen auf solche zurückgegebenen Auswahlsendungen Gutschriften von insgesamt 89.046,14 DM (B 38). Indessen fehlt ein konkreter Vortrag der Beklagten über die jeweils mit den Kunden vereinbarte Rückgabefrist und den Rückgabetermin. Dabei verkennt der Senat nicht, dass der Handelsvertreter das Zustandekommen des Kaufvertrages zu beweisen hat. Da die Klägerin an der Vermittlung dieser Geschäfte aber nicht beteiligt war, ist es zunächst Sache der Beklagten, zumindest die mit dem Kunden getroffene Vereinbarung über die Dauer der Rückgabefrist vorzutragen. Der Klägerin obliegt es dann, die Nichteinhaltung der Frist darzutun und gegebenenfalls zu beweisen.
3. Die Höhe der von der Beklagten erteilten Gutschriften für den Zeitraum HW 92/FS 93 beläuft sich nach dem unbestrittenen Vortrag der Klägerin auf insgesamt 261.536,62 DM. Daraus ergibt sich ein Provisionsanspruch der Klägerin von 18.307,56 DM und zzgl. 15 % Mehrwertsteuer von 21.053,69 DM.
Der Anspruch ist auch nicht verjährt. Die Verjährungsfrist von vier Jahren (§ 88 HGB) ist durch die am 30.12.96 beim Landgericht eingegangene Stufenklage, die der Beklagten am 21.01.97 zugestellt worden ist, gemäß § 209 Abs. 1 BGB, § 270 Abs. 3 ZPO rechtzeitig unterbrochen worden (BGH NJW 99, 1101).
4. Für den Zeitraum HW 93 bis HW 97 beläuft sich die Summe der von der Beklagten erteilten Gutschriften nach ihrem eigenen Vortrag (unter Ziff. II. 2 des Schriftsatzes vom 15.03.99, Bl. 285/289 d. A. mit B 20 bis B 28) auf insgesamt 622.268,45 DM netto.
a) Soweit das Landgericht für diesen Zeitraum auf der Grundlage des Klagevortrags teilweise von geringeren Gutschriften ausgegangen ist und insgesamt Gutschriften von 573.362 DM netto zugrunde gelegt hat, ist die Beklagte dadurch jedenfalls nicht beschwert. Auf dieser Grundlage ergibt sich der vom Landgericht zugesprochene weitere Provisionsanspruch der Klägerin von 40.135,34 DM (7 % von 573.362,-- DM) und zzgl. 15 % Mehrwertsteuer von 46.155,65 DM.
b) Auch insoweit ist keine Verjährung eingetreten. Da nämlich die Verjährung von vier Jahren auch für die ältesten insoweit geltend gemachten Provisionsansprüche nicht vor dem 31.12.1993 begonnen hat (§ 88 HGB), ist sie durch die am 08.09.1997 erhobene Stufenklage auf Erteilung des weiteren Buchauszuges für den Zeitraum ab HW 93 unterbrochen worden.
III. Teilweise begründet ist die Berufung der Beklagten, soweit sie zu einer Ausgleichszahlung von 107.938,34 DM verurteilt worden ist. Der Ausgleichsanspruch der Klägerin nach § 89 b HGB beträgt nämlich nur 103.628,26 DM. Dabei geht der Senat von folgenden Erwägungen aus:
1. Maßgebend für die Ermittlung der der Beklagten nach Beendigung des Handelsvertreterverhältnisses verbleibenden Vorteile aus der Geschäftsverbindung mit den von der Klägerin geworbenen neuen Kunden (§ 89 b Abs. 1 Nr. 1 HGB) und diesen gleichgestellten Altkunden ist der Provisionspflichtige Umsatz der Beklagten mit diesen Kunden im letzten Vertragsjahr, also für FS 97 und HW 97, soweit es sich um Stammkunden handelt.
a) Nach dem eigenen Vortrag der Beklagten beläuft sich der Umsatz dieses letzten Vertragsjahres auf insgesamt 1.130.962,90 DM.
aa. Aus der von der Beklagten vorgelegten Aufstellung gemäß Anlage B 11 ergibt sich für das letzte Vertragsjahr ein verprovisionierter Umsatz von 1.002.718,--DM netto, davon 633.500 DM mit Altkunden und 369.218 DM mit Neukunden.
bb. Hinzuzurechnen ist der mit dem Altkunden St vermittelte Umsatz, den die Beklagte für das letzte Vertragsjahr auf 12.628,-- DM beziffert hat (B 12), gleichwohl in der Aufstellung B 11 aber nicht berücksichtigt hat.
cc. Außerdem sind hinzuzurechnen die von der Beklagten stornierten Umsätze (Gutschriften), die in der Aufstellung B 11 unstreitig nicht berücksichtigt sind und sich für das letzte Vertragsjahr nach dem eigenen Vortrag der Beklagten (Bl. 289 d. A. mit B 27 und B 28), den sich die Klägerin nunmehr in zulässiger Weise zu eigen macht (Bl. 448 d. A.) auf insgesamt 115.616,90 DM belaufen, nämlich für FS 97 auf 50.320,80 DM und für HW 97 auf 65.296,10 DM.
b) Im übrigen kommt es nicht darauf an, ob und in welchem Umfang die Klägerin den Umsatz mit übernommenen Altkunden während der Vertragszeit gesteigert hat. Zwar steht die Geschäftsverbindung mit einem bei Vertragsbeginn übernommenen Kunden der Werbung eines neuen Kunden nur dann gleich, wenn der Handelsvertreter die Geschäftsverbindung mit dem Altkunden wesentlich erweitert hat (§ 89 b Abs. 1 S. 2 HGB). Diese Gleichstellung erachtet der Senat indessen unter den hier vorliegenden Umständen schon im Hinblick auf die von der Klägerin im Oktober 1991 gezahlte Ablösesumme von 142.500,- DM als geboten, wie die Klägerin mit Recht geltend macht, die im übrigen die Teilabweisung ihrer Klage hinsichtlich der Rückzahlung dieses Betrages hingenommen hat.
Allerdings hat der BGH mit Urteil vom 10.05.1984 (NJW 85, 58) entschieden, dass die vom Vorgänger des Handelsvertreters geworbenen Kunden bei der Bemessung des Ausgleichsanspruchs nicht schon deshalb als Neukunden im Sinne des § 89 b Abs. 1 Nr. 1 HGB anzusehen seien, weil der Handelsvertreter an seinen Vorgänger für die Übernahme des Bezirks eine Abfindung bezahlt hat, auch wenn diese Zahlung in Einverständnis mit dem Unternehmer erfolgt sei. Zur Begründung hat der BGH dort ausgeführt, eine entsprechende Anwendung des § 89 b Abs. 1 Nr. 1 HGB scheide aus. Der Handelsvertreter habe durch die an seinen Vorgänger geleistete Zahlung nämlich keinen ausgleichspflichtigen Vorteil für den Unternehmer geschaffen, sondern sich mit der Zahlung lediglich selbst die - nicht ohne weiteres gegebene - Möglichkeit eröffnet, den vorhandenen Kundenstamm weiter zu bearbeiten und die Geschäftsverbindung i. S. d. § 89 b Abs. 1 S. 2 HGB zu erweitern. Auch sei es nicht gesetzlich ausgeschlossen, dass der Unternehmer den Ausgleichsanspruch des Vorgängers wirtschaftlich und rechtlich auf den nachfolgenden Handelsvertreter abwälze.
Der vorliegende Streitfall liegt indessen anders. Zwar hat die Klägerin während der Vertragsdauer von sechseinhalb Jahren erhebliche Provisionen verdient, nach Behauptung der Beklagten insgesamt 1.132.500,-- DM (Bl. 177 d. A.). Gleichwohl hat sie - anders als in dem vom BGH aaO. entschiedenen Fall - die Ablösesumme nicht als Gegenleistung für die Übernahme der Bezirksvertretung und des vorhandenen Kundenstamms bezahlt. Der von den Parteien im August 1990 geschlossene Vertrag sah nämlich eine derartige Einstandszahlung nicht vor, wohl aber die - an keine weitere Gegenleistung geknüpfte - Verpflichtung der Beklagten, der Klägerin eine Liste der im Vertragsgebiet bereits vorhandenen Kunden zu übergeben (§ 1 Nr. 3 des Vertrages). Auch mündliche Nebenabreden wurden ausweislich der Vertragsurkunde (§ 8 Nr. 1) bei Abschluss dieses Handelsvertretervertrages nicht getroffen. Erst mehr als neun Monate nach Vertragsbeginn stellte die Beklagte unter dem 09.10.91 die "Ablösesumme für Übernahme Handelsvertretergebiet" mit 142.500,-- DM in Rechnung (K 10), die unstreitig dem von der Beklagten an den Vorgänger der Klägerin gezahlen Ausgleich entsprach. Indem die Klägerin diesem Zahlungsverlangen der Beklagten nachgekommen ist, haben die Parteien stillschweigend und konkludent vereinbart, dass damit die von der Klägerin bereits übernommenen Altkunden bei der Berechnung des künftigen Ausgleichsanspruchs den von der Klägerin geworbenen neuen Kunden gleichgestellt werden. Ein anderer Rechtsgrund für diese Zahlung ist nicht ersichtlich. Dass die Zahlung als Gegenleistung für die bloße Übernahme des Vertragsgebiets und des vorhandenen Kundenstamms erfolgt ist, wie das Landgericht angenommen hat (Ziff. 5 der Entscheidungsgründe), findet in denn Wortlaut der Vertragsurkunde keine Stütze, deren Richtigkeit und Vollständigkeit vermutet wird (Palandt-Heinrichs, 60. Auflage, § 125 BGB, RdNr. 15 m.w.N.). Dass die Parteien bei Abschluss dieses Vertrages im August 1990 bereits eine Vereinbarung über die Zahlung einer Ablösesumme getroffen haben, ist auch von der Beklagten nicht substantiiert behauptet worden. Vielmehr beruht diese Zahlung der Klägerin auf dem Verlangen der Beklagten gemäß deren Schreiben vom 09.10.91, dass die Klägerin den ihrem Vorgänger von der Beklagten geschuldeten Ausgleich übernehme. Da eine solche Verpflichtung der Klägerin durch den zwischen den Parteien geschlossenen und bereits in Vollzug gesetzten Handelsvertretervertrag nicht begründet worden war, konnte dieses nachträgliche Zahlungsverlangen der Beklagten aus Sicht der Klägerin nach Treu und Glauben und mit Rücksicht auf die Verkehrssitte nur dahingehend verstanden werden (§§ 133, 157 BGB), dass im Fall der Zahlung dieses Ablösungsbetrages durch die Klägerin die von dieser übernommenen Altkunden bei der Berechnung des künftigen Ausgleichsanspruchs den Neukunden gleichgestellt werden. Dieses Angebot hat die Klägerin mit der unstreitig erfolgten Zahlung des Betrages von 142.500,-- DM angenommen.
Dieser Auslegung - die der Senat in der Berufungsverhandlung mit den Parteien erörtert hat - steht auch nicht die Rechtskraft des landgerichtlichen Urteils entgegen, die insoweit eingetreten ist, als das Landgericht die Klage auf Rückerstattung der von der Klägerin gezahlten Ablösesumme abgewiesen hat. Denn damit ist lediglich rechtskräftig festgestellt (§ 322 Abs. 1 ZPO), dass der Klägerin insoweit ein Rückzahlungsanspruch - insbesondere aus ungerechtfertigter Bereicherung - nicht zusteht und die Zahlung nicht ohne Rechtsgrund erfolgt ist. Davon geht auch der Senat aus. Soweit allerdings das Landgericht angenommen hat, dass die Zahlung als Gegenleistung für die bloße Übernahme der Bezirksvertretung und des vorhandenen Kundenstamms von der Klägern geleistet worden ist, handelt es sich um eine Vorfrage, auf die sich die materielle Rechtskraft nicht erstreckt (BGHZ 123, 137; Zöller-Vollkommer, ZPO, 21. Auflage, § 322 RdNr. 34).
2. Von dem Gesamtumsatz in Höhe von 1.130.962,90 DM ist allerdings nur der auf Stammkunden entfallende Anteil zu berücksichtigen. Das sind diejenigen Kunden, die in einem überschaubaren Zeitraum, in dem üblicherweise mit Nachbestellungen zu rechnen ist, mehr als nur einmal ein Geschäft mit der Klägerin abgeschlossen haben oder voraussichtlich abschließen werden (BGH NJW 98, 66, 71), wobei die Höhe des auf solche Stammkunden entfallenden künftigen Umsatzes aufgrund einer Prognose nach den Verhältnissen während der Vertragszeit zu schätzen ist (BGH aaO.).
a) Nach diesen Grundsätzen muss der auf folgende Kunden entfallende Umsatz unberücksichtigt bleiben:
aa. Der Kunde Br (Nr. 20108) hat zwar in der Vertragszeit regelmäßig in erheblichem Umfang Ware bei der Beklagten bestellt. Nach dem unbestrittenen Vortrag der Beklagten hat dieser Kunde aber bereits vor Beendigung des Handelsvertretervertrages zum 30.06.1997 seine Geschäftsbeziehung zur Klägerin aufgrund einer geänderten Konzeption und Einkaufspolitik abgebrochen. Bezüglich dieses Kunden sind nach Vertragsbeendigung weder der Beklagten Vorteile geblieben noch der Klägerin Provisionen entgangen, da die Geschäftsbeziehung zur Beklagten schon vorher beendet war, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat (S. 64 des Urteils), worauf der Senat ausdrücklich Bezug nimmt (§ 543 Abs. 1 ZPO). Die Klägerin hat diese Ausführungen des Landgerichts auch im Berufungsverfahren nicht konkret angegriffen.
Der auf den Kunden Br entfallende Umsatzanteil im letzten Vertragsjahr betrug nach Behauptung der Beklagten 211.782,-- DM (B 11), wobei dieser Umsatz allein auf den Zeitraum FS 97 entfiel, weil Br schon für HW 97 keine Ware mehr bei der Beklagten geordert hat. Von den stornierten Umsätzen für FS 97 entfiel auf den Kunden Br ein Anteil von 410,40 DM, wie sich aus der Aufstellung der Beklagten gemäß Anlage B 27 ergibt. Insgesamt beläuft sich damit der auf Br im letzten Vertragsjahr entfallende Umsatzanteil auf 212.192,40 DM.
bb. Unstreitig haben die von der Klägerin geworbenen Kunden "Wä " (Nr. 20296) und Ri (Nr. 20297) nur einmal bei der Beklagten bestellt, nämlich aus der Kollektion FS 97. Eine nachhaltige Geschäftsbeziehung mit der Beklagten ist damit noch nicht begründet worden. Auch rechtfertigt die einmalige Bestellung der Kollektion noch nicht die Prognose, dass diese Kunden auch künftig innerhalb eines überschaubaren Zeitraums erneut bei der Beklagten kaufen werden. Zwar kommt es nicht darauf an, ob diese Kunden - wie die Beklagte behauptet - nach dem 30.06.97 tatsächlich nicht mehr bei der Beklagten bestellt haben; denn bei der Prognose ist auf den Zeitpunkt der Beendigung des Handelsvertretervertrages abzustellen (BGH NJW 98, 71). Die einmalige Bestellung vor Vertragsbeendigung kann die Prognose künftiger Nachbestellungen aber nur bei langlebigen Wirtschaftsgütern rechtfertigen (BGH NJW 97, 1503 für Pkw-Vertragshändler), nicht aber bei Saisonware der Modebranche, wie sie von der Beklagten hergestellt und vertrieben wird.
Auf die beiden vorgenannten Kunden entfallen nach dem Vortrag der Beklagten (B 11) Umsätze von 8.510,-DM (Wä ) und 5.229,- DM (F ), ausserdem stornierte Umsätze beim Kunden Wä (Nr. 10-20296) von 148,80 DM (B 27), insgesamt also ein Umsatz von 13.887,80 DM.
b) Die übrigen acht Kunden, welche die Beklagte als "unsicher" bezeichnet (S. 10 der Berufungsbegründung, Bl. 431 d. A. mit B 11), haben dagegen unstreitig seit 1996 und früher wiederholt bei der Beklagten bestellt. Sie sind deshalb Mehrfachkunden, von denen auch nach Beendigung des Handelsvertretervertrages weitere Bestellungen zu erwarten waren. Das gilt auch für den Kunden Pa (Nr. 20289), der die Kollektionen HW 96 und HW 97 bestellt hatte. Entgegen der Meinung der Beklagten ist Stammkunde nicht nur derjenige, der jede Kollektion - also zweimal jährlich - bei der Beklagten bestellt. Ebensowenig ist Stammkunde nur derjenige, der Waren einer bestimmten Art ausschließlich aus einer einzigen Quelle bezieht (BGH NJW 98, 70). Wie bereits ausgeführt, kommt es auch nicht darauf an, ob diese Kunden nach Beendigung des Handelsvertretervertrages tatsächlich erneut bei der Beklagten bestellt haben; denn für die anzustellende Prognose ist allein auf den Zeitpunkt der Beendigung des Handelsvertretervertrages abzustellen (BGH NJW 98, 71).
c) Auch bei den von der Klägerin schon 1993 und 1994 geworbenen Kunden "A -Mode" und "Ll " handelt es sich um Stammkunden, die unstreitig wiederholt bei der Beklagten Ware bestellt haben. Es mag zwar sein, dass die Beklagte ihre Kaufpreisforderungen für die von diesen Kunden im letzten Vertragsjahr georderte Ware mit anwaltlicher oder sogar gerichtlicher Hilfe beitreiben musste. Dies rechtfertigt aber entgegen der Meinung der Beklagten nicht die - auf den Zeitpunkt der Vertragsbeendigung bezogene - Prognose, dass diese Kunden deswegen künftig nicht mehr bei der Beklagten bestellen würden. Wie dem ständig mit Handelssachen befaßten Senat nämlich aus eigener Erfahrung bekannt ist, werden Rechtsstreitigkeiten unter Kaufleuten häufig auch bei fortbestehender Geschäftsbeziehung geführt. Derartige Streitigkeiten über die Abwicklung geschlossener Verträge führen unter Kaufleuten durchaus, nicht regelmäßig zum Abruch der Geschäftsbeziehung.
Ergänzend ist anzumerken, dass nach dem eigenen Vorbringen der Beklagten diese sogenannten "Rechtsanwaltskunden" für HW 98 erneut bei der Beklagten Ware bestellt haben, wie sich aus der Anlage B 13 ergibt.
d) Der der Berechnung des Ausgleichsanspruchs (§ 89 b Abs. 1 Nr. 1 und 2 HGB) zugrunde zu legende Stammkundenumsatzanteil des letzten Vertragsjahres beläuft sich demnach auf 904.882,70 DM (1.130.962,90 DM abzügl. 226.080,20 DM).
Für die Prognose legt der Senat im Hinblick auf die überdurchschnittlich hohe Kundenfluktuation in der Modebranche einen Zeitraum von nur drei Jahren und eine jährliche Abwanderungsquote der Stammkunden von jeweils 30 % zugrunde. Das entspricht nach dem eigenen Vortrag der Beklagten (S. 15 der Berufungsbegründung, Bl. 436 d. A.), dem die Klägerin nicht substantiiert widersprochen hat, auch der Abwanderung im letzten Vertragsjahr 1996/1997. Anhaltspunkte für eine höhere Abwanderungsquote sind dagegen auch von der Beklagten nicht konkret dargetan. Insbesondere kommt es auch insoweit nicht darauf an, in welchem Umfang die Stammkunden tatsächlich in der Zeit nach Beendigung des Handelsvertretervertrages noch bei der Beklagten bestellt haben, weil für die Prognose allein auf die zur Zeit der Vertragsbeendigung bekannten Umstände abzustellen ist.
4. Aufgrund der vorstehend dargelegten Umstände ergibt sich folgende Berechnung des Ausgleichsanspruchs (§ 89 b Abs. 1 Nr. 1 und 2 HGB):
(1) Stammkundenumsatzanteil im letzten Vertragsjahr: 904.882,70 DM
(2) davon 7% Provision: 63.341,79 DM
(3) Prognose für 3 Jahre bei 30 % Abwanderung:
1. Jahr: 44.339,25 DM 2. Jahr: 31.037,47 DM 3. Jahr: 21.726,23 DM
(4) Provisionsverlust netto: 97.102,95 DM
(5) abzgl. 8 % Abzinsung: 89.334,71 DM
(6) zzgl. 16 % MWSt: 103.628,26 DM
Ergänzend ist dazu anzumerken, dass der Senat im Hinblick auf den Prognosezeitraum von lediglich drei Jahren eine Abzinsung von 8 % als ausreichend erachtet. Mehrwertsteuer fällt in Höhe von 16 % an (§ 12 Abs. 1 UStG). Zwar ist diese Erhöhung der Umsatzsteuer von 15 auf 16 % erst zum 01.04.1998 in Kraft getreten, während das Handelsvertreterverhältnis zwischen den Parteien bereits zum 30.06.1997 beendet worden war. Bereits zu diesem Zeitpunkt ist der Ausgleichsanspruch auch fällig geworden. Die Umsatzsteuerpflicht entsteht angesichts der Ungewissheit, ob und in welcher Höhe ein Ausgleichsanspruch - und damit ein Entgelt i. S. d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 UStG - überhaupt besteht, erst mit der Einigung der Parteien über die Höhe des zu zahlenden Ausgleichs (Küstner, Handbuch des gesamten Aussendienstrechts, Band 2, 6. Auflage, RdNr. 1769). Bei einer gesetzlichen Änderung des Umsatzsteuersatzes ist der zum Zeitpunkt der Eingung geltende Steuersatz maßgebend (§ 27 Abs. 1 UStG; Küstner aaO. RdNr. 1771). Kommt es nicht zu einer Einigung, sondern wird - wie hier - der Ausgleichsanspruch vom Handelsvertreter gerichtlich geltend gemacht, dann ist dementsprechend der im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung geltende Umsatzsteuersatz maßgebend.
5. Die Höhe des Ausgleichsanspruchs von 89.334,71 DM zzgl. Mehrwertsteuer entspricht auch der Billigkeit (§ 89 b Abs. 1 Nr. 3 HGB). Weitere Abzüge sind nicht gerechtfertigt.
a) Der von der Beklagten behauptete Umsatzrückgang nach dem 30.06.1997 muss insoweit ausser Betracht bleiben. Abgesehen davon, dass es insoweit an einem konkreten Vortrag der Beklagten zum Rückgang ihres Gesamtumsatzes fehlt, kann die tatsächliche Entwicklung während des Prognosezeitraums grundsätzlich nur insoweit berücksichtigt werden, als sie im Zeitpunkt der Vertragsbeendigung bereits abzusehen war (BGH NJW 98, 71). Mit dieser Entscheidung hat der BGH auch seine frühere abweichende Rechtsprechung aufgegeben, auf die sich die Beklagte bezieht.
Zwar hat die Klägerin nach Beendigung des Vertrages mit der Beklagten, der ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot nicht enthält, unstreitig die Vertretung der Kollektion "Da " für die P GmbH übernommen, die der von der Beklagten vertriebenen Kollektion vergleichbar ist. Auch ist anerkannt, dass die Übernahme der Vertretung eines Konkurrenzprodukts durch den ausgeschiedenen Handelsvertreter ausgleichsmindernd berücksichtigt werden kann (BGH NJW 96, 2302/2304). Gleichwohl hält der Senat auch aus diesem Grund einen Billigkeitsabzug nicht für gerechtfertigt. Zwar konnte die Klägerin für die später übernommene Vertretung den ihr bekannten Kundenstamm der Beklagten nutzen. Das muss aber nicht zwangsläufig zu entsprechenden Umsatzeinbußen bei der Beklagten führen. Denn im Einzelhandel mit Damenoberbekleidung werden überwiegend Erzeugnisse verschiedener Hersteller für den gleichen Zeitraum geordert und vertrieben. Soweit die Beklagte ihren durch die nachvertragliche Konkurrenztätigkeit der Klägerin erlittenen Umsatzverlust auf 25 % schätzt, sind die tatsächlichen Grundlagen für diese Schätzung nicht dargetan. Mit der hohen Abwanderungsquote von 30 % und dem Prognosezeitraum von nur drei Jahren hat der Senat dem behaupteten Umsatzrückgang - auch soweit er auf die nachvertragliche Konkurrenztätigkeit der Klägerin zurückzuführen ist - bereits hinreichend Rechnung getragen.
b) Auch der von der Beklagten behauptete Aufwand von 32,8 Millionen DM für Werbung und Marketing in den Jahren 1992 bis 1997 rechtfertigt keinen Abzug aus Billigkeitsgründen. Solche umsatzfördernde Aufwendungen des Unternehmers mindern regelmäßig den Ausgleichsanspruch nicht (BGHZ 73, 99). Besondere Umstände, die eine andere Beruteilung rechtfertigen würden, hat die Beklagte nicht dargetan. Dass die Marke "O " durch diesen Werbeaufwand im Markt gut eingeführt und bekannt ist, mag sein. Das reicht aber nicht aus für eine Sogwirkung dieser Marke, die einen Billigkeitsabzug rechtfertigen könnte. Eine solche Sogwirkung kommt nur den großen Marken der Branche zu wie etwa B oder E . Eine vergleichbare Marktstellung kommt der Marke "O " nicht zu.
6. Der Ausgleichsanspruch von 89.334,71 DM zzgl. Mehrwertsteuer liegt auch deutlich unter der durchschnittlichen Jahresprovision der Klägerin in den letzten fünf Vertragsjahren (§ 89 b Abs. 2 HGB). Diese Durchschnittsprovision belief sich - selbst ohne Berücksichtigung der streitgegenständlichen Provisionsnachforderungen (oben Ziff. I und II) - auf 129.138,-- DM netto, wie die Beklagte selbst vorgetragen hat und von der Klägerin nunmehr unstreitig gestellt worden ist (Bl. 456 d. A.).
7. Die Beklagte schuldet auch die vom Landgericht zugesprochenen Zinsen von 5 % Zinsen ab Rechtshängigkeit (§ 284 Abs. 1 BGB, § 352 Abs. 1 HGB), die hinsichtlich des Ausgleichsanspruchs am 08.09.1997 eingetreten ist.
B.
Die zulässige Anschlussberufung der Klägerin ist teilweise begründet.
I. Erfolg hat die Anschlussberufung, soweit die Klägerin Provisionsnachforderungen für stornierte Umsätze (Gutschriften) in Höhe weiterer 3.075,85 DM geltend macht.
1. Die Beklagte hat die von ihr erteilten Gutschriften für den Zeitraum HW 93 bis HW 97 auf insgesamt 622.268,45 DM beziffert (Bl. 289 d. A. mit B 20 bis B 28), wovon 45.790,20 DM auf HW 94 entfallen (B 22). Diesen Vortrag hat sich die Klägerin im Berufungsverfahren zu eigen gemacht.
Ob darüberhinaus für HW 94 noch weitere Gutschriften in Höhe von 33.343,-- DM zugunsten des Kunden Kr erteilt worden sind, wie die Klägerin behauptet, kann offen bleiben. Auch wenn man für HW 94 nur Gutschriften von 45.790,20 DM unterstellt, ist die Anschlussberufung begründet.
Die Klägerin ist im übrigen aus prozessualen Gründen nicht gehindert, sich nunmehr im Berufungsverfahren - wie hilfsweise schon in erster Instanz - zur Höhe der von der Beklagten erteilten Gutschriften sich deren Vortrag zu eigen zu machen, zumal die Beklagte die Aufstellungen gemäß Anlagen B 20 bis B 28 erst im Laufe dieses Rechtsstreits vorgelegt hat, während der Klägerin vorher nur die von der Beklagten erteilten Buchauszüge zur Verfügung standen.
2. Dass die Klägerin auch Anspruch auf Provision aus diesen Gutschriften hat, ist bereits oben (unter A. II) ausgeführt worden. Auf diese Ausführungen wird Bezug genommen.
3. Für den Zeitraum HW 93 bis HW 97 errechnet sich danach eine Provisionsforderung von 43.558,80 DM (7 % aus 622.268,45 DM) und zzgl. 15 % Mehrwertsteuer von 50.092,62 DM.
a) Für diese Provisionsnachforderung gilt noch der alte Umsatzsteuersatz von 15 %. Denn insoweit ist der Zeitpunkt der Lieferungen durch die Beklagte maßgebend (Küstner/Thume, Band 1, 3. Auflage, RdNrn. 1036/1038), die in allen Fällen vor dem 31.03.1998 erfolgt sind.
b) Hinzuzurechnen ist die Provisionsnachforderung für den Zeitraum HW 92 und FS 93 von 21.053,69 DM (vgl. oben unter A. II. 3), so dass der Klägerin insgesamt eine Nachforderung von 71.146,31 DM zusteht. Die Anschlussberufung, mit welcher die Klägerin eine Nachforderung von insgesamt 70.285,19 DM geltend macht, ist somit begründet. Die geringfügige Differenz beruht auf dem von der Klägerin in Rechnung gestellten überhöhten Mehrwertsteuersatz von 16 %.
4. Die Beklagte schuldet auch Verzugszinsen aus dem Betrag von 70.285,19 DM seit Rechtshängigkeit. Diese ist - anders als vom Landgericht angenommen - bereits mit Erhebung der Stufenklage eingetreten (BGH NJW-RR 95, 513), also am 21.01.1997 in Höhe des Teilbetrages von 21.053,69 DM und am 08.09.97 in Höhe des Restbetrages von 49.231,50 DM.
Die Klägerin kann aber nur die gesetzlichen Zinsen von 5 % beanspruchen (§ 352 Abs. 1 BGB). Einen höheren Verzugsschaden hat sie nicht hinreichend dargetan. Es mag zwar sein, dass die Klägerin laufend Bankkredit in Anspruch nimmt. Sie hat aber nicht behauptet und unter Beweis gestellt, dass sie bei pünktlicher Zahlung der Beklagten die Beträge zur Tilgung des Bankkredits verwendet hätte (vgl. Baumbach/Hopt, HGB, 30. Auflage, § 352 RdNr. 5).
II. Unbegründet ist die Anschlußberufung der Klägerin, soweit sie sich gegen die Höhe des zuerkannten Ausgleichsanspruchs und der Zinsen richtet.
1. Der Klägerin steht lediglich ein Ausgleichsanspruch in Höhe von DM 103.628,26 zu. Insoweit wird auf die vorstehenden Ausführugen unter A. III. Bezug genommen.
Zwar hat die Klägerin erstinstanzlich einen Gesamtumsatz im letzten Vertragsjahr von insgesamt DM 1.370.081,-- behauptet, nämlich DM 553.600,-- mit Neukunden, DM 523.000,-- mit intensivierten Altkunden und weitere DM 293.481,-- mit sonstigen Altkunden. Den behaupteten Umsatzanteil von DM 293.481,-- hat sie aber weder näher dargelegt noch unter Beweis gestellt. Die von der Klägerin vorgelegte Aufstellung gemäß Anlage K 9 ist schon deshalb nicht verwertbar, weil sie nicht die Umsätze im letzten Vertragsjahr betrifft, sondern die Umsätze für HW 96 und FS 97. Soweit die Klägerin unter Bezugnahme auf K 14 einen Umsatz mit Neukunden von DM 553.600,-- behauptet, reicht diese handschriftliche Aufstellung nicht aus. Die dort genannten Umsätze für das letzte Vertragsjahr sind nicht durch Buchauszug belegt; soweit die Klägerin dafür die Zeugin Meyer anbietet, ist dieser Beweisantrag auf unzulässige Ausforschung gerichtet. Dass die Klägerin im letzten Vertragsjahr einen höheren Umsatz als DM 1.130.962,90 vermittelt hat (vgl. oben A. III. 1.), kann nicht festgestellt werden. Im übrigen wird zur Ermittlung des Stammkundenumsatzanteils und der weiteren Berechnung des Ausgleichsanspruchs auf die Ausführungen unter A. III. Bezug genommen.
2. Verzugszinsen stehen der Klägerin für sämtliche geltend gemachten Ansprüche nur in Höhe von 5 % zu. Einen weitergehenden Verzugsschaden hat sie nicht dargetan, wie bereits oben unter B. I. 4. ausgeführt worden ist.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 a, 92, 97 Abs. 1 ZPO. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte auch insoweit zu tragen, als die Parteien den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt haben. Den auch insoweit wäre die Berufung der Beklagten erfolglos geblieben. Sie war nämlich - wie das Landgericht zutreffend entschieden hat - zur Rücknahme der Musterkollektion verpflichtet, weil eine wirksame Verpflichtung der Klägerin zum Kauf der Musterkollektion nicht wirksam vereinbart worden war, wie oben unter A. I. ausgeführt worden ist.
Bezüglich der erstinstanzlichen Kosten des Rechtsstreits bleibt es bei der vom Landgericht angeordneten Kostenaufhebung. Dabei hat das Landgericht zutreffend auch zu Lasten der Beklagten berücksichtigt, dass gegen diese zwei Teilurteile ergangen sind, mit denen die Beklagte jeweils zur Erteilung von Buchauszügen verurteilt worden ist.
Die weiteren prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf § 708 Nr. 10, 711, 546 Abs. 2 ZPO.
Ende der Entscheidung
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