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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht München
Urteil verkündet am 23.05.2001
Aktenzeichen: 7 U 5676/00
Rechtsgebiete: HGB, ZPO


Vorschriften:

HGB § 89 b
HGB § 92 Abs. 2
HGB § 89 a Abs. 1
HGB § 89 a Abs. 1 Satz 1
ZPO § 97
ZPO § 711
ZPO § 256 Abs. 1
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 546 Abs. 2
Die Versicherung ist zur außerordentlichen Kündigung eines Versicherungsvertretervertrages berechtigt, wenn der Versicherungsvertreter erhebliche Provisionen (hier ca. DM 46.000,-) aus dem Abschluss von Lebensversicherungsverträgen für sich beansprucht und erhalten hat, obwohl nicht er, sondern der Bezirksdirektor die Vermittlung des Vertrages bewirkt und insbesondere alle Verhandlungen mit den Versicherungsnehmern geführt hat.
OBERLANDESGERICHT MÜNCHEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Aktenzeichen: 7 U 5676/00

Verkündet am 23. Mai 2001

In dem Rechtsstreit

wegen Feststellung

erläßt der 7. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München durch die Richter am Oberlandesgericht und aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 23. Mai 2001 folgendes

ENDURTEIL:

Tenor:

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des Landgerichts München I vom 19.09.2000 wird zurückgewiesen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

III. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von DM 9.000,-- abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Der Wert der Beschwer der Klägerin im Berufungsverfahren übersteigt DM 60.000,--.

Tatbestand:

Die Klägerin war für die Beklagte seit 1993 als Versicherungsvertreterin tätig. Grundlage der Zusammenarbeit war das Schreiben der Beklagten vom 27.02.1993 an die Klägerin, daß den Betreff "Provisionszusage" und unter anderem folgende Angaben enthielt:

"Grundlage der Zusammenarbeit bildet diese Provisionszusage. Im übrigen gelten die gesetzlichen Bestimmungen für Versicherungsvertreter (§§ 84 ff; 92 HGB).

Sie werden betreut von unserer Bezirksdirektion Regensburg.

Für alle Versicherungsabschlüsse, die durch ihre Vermittlung zustande kommen, erhalten sie Provision gemäß Anlage 1, die wir auf das von Ihnen angegebene Konto überweisen .......

Gesetzliche Bestimmungen und Wettbewerbsrichtlinien.

Erlauben Sie uns den Hinweis, daß Sie für die Beachtung aller einschlägigen gesetzlichen Vorschriften und sonstigen Bestimmungen selbst verantwortlich sind ...............

Schlußbestimmungen

Erfüllungsort für diese Provisionszusage ist München.

Durch die tatsächliche Vermittlung von Versicherungen aufgrund dieser Zusage erklären Sie sich mit deren Inhalt einverstanden.

Mündliche Nebenabreden haben nur nach schriftlicher Bestätigung der Schweizerischen Rentenanstalt, Niederlassung für Deutschland, Gültigkeit."

Die Klägerin vermittelte seit dem 27.02.1993 im Bereich der Bezirksdirektion R für die Beklagte in erheblichem Umfang Versicherungsabschlüsse. Das jährliche Provisionsaufkommen belief sich im Durchschnitt auf etwa 100.000 DM.

Der Direktor der R Filiale der Beklagten, erhielt Kenntnis davon, daß die Firma I. Service für mehrere Angestellte Lebensversicherungen im Zusammenhang mit arbeitnehmerfinanzierten Pensionszusagen abschließen wollte. Für die Firma eingeschaltet. Die Verhandlungen mit den Mitarbeitern der Kanzlei Str führte für die Beklagte ausschließlich der Filialdirektor H. Die Klägerin war dabei nicht zugegen. Ihr Name ist im Rahmen dieser Verhandlungen nicht genannt worden. Die Anträge auf Abschluß einer Lebensversicherung der Firma I. Service für die zu versichernden H R und G M (Anlagen B 5 bis B 7) mit den Versicherungs-Nrn. 6712251, 6712252 und 6712256 tragen den Eingangsstempel der FD R vom 05. Mai 1998. Auf Seite 1 des Antragsformulars ist jeweils oben rechts in Druckbuchstaben der Name "Sch " aufgeführt. Auf jeweils der Seite 2 der Anträge ist unten rechts handschriftlich der Namenszug "Sch " aufgeführt unter dem formularmäßigen Hinweis "Ich bestätige die Richtigkeit der Angaben zum Geldwäschegesetz" ... "Der Antrag ist in meiner Gegenwart unterschrieben worden". Tatsächlich war die Klägerin bei der Vertragsunterzeichnung nicht zugegen gewesen.

Die Anträge wurden an die Beklagte im Frühjahr 98 weitergeleitet, die an die Klägerin jeweils die vertraglich vereinbarte Provision bezahlte, welche bei den drei oben genannten Versicherungsverträgen insgesamt 46.535,50 DM betrug. Zusätzlich erhielt Herr H als Direktor der Filialdirektion Regensburg, über die die Versicherungsanträge eingereicht worden waren, eine Provision in Höhe von 794,40 DM. Hätte Herr H die streitgegenständlichen Versicherungsverträge als Eigengeschäft abgerechnet, hätte er aufgrund der zwischen ihm und der Beklagten bestehenden Vereinbarungen eine Provision in Höhe von insgesamt 19.295,10 DM erhalten. Dies entspricht nach Nr. 8.2.2. des Dienstvertrages (Anl. B 1) 15 %, wobei zusätzlich 39 % als "Budget" gutgeschrieben werden.

Die Beklagte hat die streitgegenständlichen Versicherungsverträge auf Wunsch der Versicherungsnehmerin 1999 von einer Mehrfachzahlung auf eine Einmalzahlung umgestellt, um eine Vertragskündigung zu vermeiden. Diese Vertragsumstellung bewirkte eine erhebliche Reduzierung des Provisionsanspruchs. Die Beklagte verlangte die Rückerstattung der auf die Verträge mit der I Service bezahlten Provision. Die Klägerin lehnte die Rückzahlung ab mit der Begründung, daß die Provisionen zu diesen Verträgen verdient seien. Daraufhin nahm die Beklagte Anfang Januar 2000 nochmals Kontakt mit Steuerberater Str auf und erfuhr von diesem, das die Versicherungsnehmerin ausschließlich mit Herrn H über den Abschluß der Versicherungsverträge verhandelt hatte. Der Name der Klägerin sei bei diesen Verhandlungen nie genannt worden. Daraufhin kündigte die Beklagte der Klägerin mit Schreiben vom 14.01.2000 (Anlage K 2) außerordentlich und mit sofortiger Wirkung.

Die Klägerin hat in erster Instanz vorgetragen, der Filialdirektor H habe, nachdem er vom Versicherungswunsch der I. Service Kenntnis erlangt habe, sofort die Klägerin informiert, welche sich dann mit der Sache befaßt habe. Die Klägerin habe nach Informationen von Herrn H. verschiedene Vertragsalternativen ausgearbeitet. Sofern Herrn H. in seiner Funktion als Filialdirektor die Anbahnung des Abschlusses von Versicherungsverträgen möglich erschienen sei, habe er diese ausschließlich mit den ihm zugeordneten Geschäftspartnern, den Versicherungsvertretern, abgewickelt und nur ein Eigengeschäft in 25 Jahren abgewickelt. Die Tätigkeit der Klägerin sei für den Abschluß der streitgegenständlichen Versicherungsverträge ursächlich gewesen. Daher stünde der Klägerin ein Provisionsanspruch zu. Die außerordentliche Kündigung sei mangels Kündigungsgrundes unbegründet.

Die Klägerin hat beantragt,

festzustellen, daß das zwischen den Parteien bestehende Versicherungsvertreterverhältnis durch die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 14.01.2000 nicht mit sofortiger Wirkung aufgelöst wurde, sondern fortbesteht.

Die Beklagte hat

Klageabweisung beantragt.

Die Beklagte hat die örtliche Unzuständigkeit des Landgerichts R gerügt und behauptet, die Klägerin habe die Beklagte in kollusivem Zusammenwirken mit dem Filialdirektor H arglistig getäuscht, in dem sie sich in die streitgegenständlichen Versicherungsanträge als Vermittlerin eingetragen und die Versicherungsanträge auf S. 2 unten rechts als angebliche Vermittlerin unterzeichnet habe; dies noch unter dem formularmäßigen Hinweis, daß der Vertrag in Anwesenheit der Vermittlerin unterzeichnet worden sei.

Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, die Klägerin sei nicht als Vermittlerin tätig geworden und hätte daher keine Vermittlungsprovision beanspruchen dürfen. Die fristlose Kündigung sei zu Recht erfolgt.

Die ursprünglich zum Landgericht R - Kammer für Handelssachen - erhobene Klage wurde durch Beschluß des Landgerichts R vom 05.08.2000 an das örtlich zuständige Landgericht München I - Kammer für Handelssachen - verwiesen.

Das Landgericht München I hat mit Urteil vom 19.9.2000 die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, daß das zwischen den Parteien bestehende Versicherungsvertretervertragsverhältnis aus wichtigem Grund wirksam fristlos gekündigt worden sei gemäß den §§ 92 Abs. 2, 89 a Abs. 1 HGB. Das Landgericht hat es für erwiesen angesehen, daß die Klägerin die Beklagte in zweifacher Weise getäuscht habe. Zum einen habe die Klägerin die drei streitgegenständlichen Lebensversicherungsverträge als von ihr vermittelt gegenüber der Beklagten abgerechnet, obwohl sie keine Vermittlungstätigkeit ausgeübt und somit keinen eigenen Provisionsanspruch erworben hatte. Die zweite Täuschungshandlung hat das Landgericht in der Unterschriftsleistung durch die Klägerin unter die Versicherungsanträge gesehen, mit der unter anderem bestätigt worden ist, daß die Versicherungsantrage in Gegenwart der Klägerin unterzeichnet worden seien, während die Klägerin in Wirklichkeit bei der Vertragsunterzeichnung durch die Versicherungsnehmerin gar nicht zugegen gewesen sei. Aufgrund dieser Täuschungen sei es der Beklagten nicht zumutbar, bis zu einer ordentlichen Kündigung zum 31.07.2000 zuzuwarten.

Die Klägerin hat gegen das ihr am 23.10.2000 zugestellte Urteil des Landgerichts München I vom 19.09.2000 Berufung eingelegt - eingegangen beim Oberlandesgericht München am 23.11.2000 - und diese am letzten Tag der bis zum 29.01.2001 verlängerten Berufungsbegründungsfrist begründet.

Die Berufungsklägerin bringt vor, der Filialdirektor der Beklagten, H, habe die Klägerin im Spätherbst 97 angerufen und gefragt, ob sie Interesse an einer Beratung und einem eventuellen Abschluß von Lebensversicherungsverträgen mit der Firma I. Service habe. Die Klägerin habe Interesse bekundet, woraufhin Herr H dem Ehemann der Klägerin die bereits ausgefüllten Erfassungsbögen mit den persönlichen Daten der Versicherungsberechtigten übergeben habe mit dem Auftrag, Modelle für geeignete Versicherungsverträge für die Mitarbeiter der I. Service, G M und H Ri auszuarbeiten. Daraufhin habe die Klägerin mehrere Modelle von Angeboten für die Lebensversicherungsverträge erarbeitet, die mit Herrn H in der Filialdirektion in R besprochen und überarbeitet worden seien. Die Kunden hätten dann um einen Besprechungstermin in ihrer Firma in N gebeten. Da die Klägerin wegen Terminsüberschneidungen an der Besprechung nicht habe teilnehmen können, habe sie Herrn H gebeten, die Besprechung in Nürnberg durchzuführen, was dann auch geschehen sei. Die Unterschriften unter die Anträge seien von den Kunden in der Filialdirektion der Beklagten in R geleistet worden. Die Klägerin selbst sei bei dieser Unterschriftsleistung nicht zugegen gewesen. Diese zunächst unter der Nr. 6699620 policierten Verträge seien storniert worden, weil die Firma I. Sevice die Beitragszahlungsdauer als zu lang empfunden habe. Sie habe dann auf Bitten des Herrn H neue Angebote mit einer kürzeren Beitragszahlungsdauer erstellt, die in die Anträge, die in den Anlagen B 5 bis B 7 enthalten sind, aufgenommen worden seien. Die Filialdirektion Regensburg habe Kopien der Anträge der Klägerin zugeleitet, auf denen weder der zweite Stempel mit 6.5.1998 noch die Unterschrift "Sch " am Ende der Lebensversicherung aufgeführt gewesen seien. Diese Unterschrift rühre nicht von der Klägerin her. Ihr seien auch die Vereinbarungen zwischen Herrn H und der Beklagten nicht bekannt gewesen. Der Filialdirektor H sei für die Klägerin eine Respektsperson gewesen. Sie habe keinerlei Veranlassung gehabt, die von Herrn H vorgeschlagene Vorgehensweise als vertragswidrig oder nicht rechtmäßig anzusehen. Im übrigen sei der Beklagten im Hinblick auf die streitgegenständlichen Versicherungsverträge auch kein Schaden dadurch entstanden, daß H die Verträge nicht als Eigengeschäft abgerechnet habe.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 23.05.2001 hat die Klägerin erstmals vorgetragen, daß Ihr Verhalten - selbst wenn es aus rechtlichen Gründen keinen Provisionsanspruch ausgelöst haben sollte - keinen Grund zur fristlosen Kündigung darstelle.

Die Berufungsklägerin beantragt,

das Endurteil des Landgerichts München I vom 19.09.2000 dahin abzuändern, daß festgestellt wird, daß das zwischen den Parteien bestehende Versicherungsverhältnis durch die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 14.01.2000 nicht mit sofortiger Wirkung aufgelöst wurde.

Die Berufungsbeklagte beantragt

Zurückweisung der Berufung.

Die Berufungsbeklagte trägt vor, die Klägerin habe die Beklagte weder über einen Versicherungswunsch der Firma I. Sevice informiert, noch habe sie mit dem Kunden irgendeinen Kontakt gehabt, um diesen zum Vertragsabschluß zu veranlassen. Sie habe keinerlei relevante Vermittlungstätigkeit ausgeübt. Zu den behaupteten ausgearbeiteten Angeboten sei kein substantiierter Sachvortrag angeboten worden. Die Anträge seien zunächst am 06.05.1998 ohne Unterschrift der Klägerin bei der Beklagten eingereicht worden, die die Kopien der Seite 2 der Anträge mit Schreiben vom 08.05.1998 an die Filialdirektion R zurückgeschickt habe mit der Bitte, die noch fehlende Unterschrift des Vermittlers auf dem Antrag nachholen zu lassen. Herr H habe die Kopien jeweils mit der Unterschrift "Sch ", an die Beklagte mit Schreiben vom 11.05.1998 zurückgesandt. Herr H. sei aufgrund der Ziffer 8.2.2 Abs. 2 seines Dienstvertrages mit der Beklagten verpflichtet gewesen, selbstgeworbenes Geschäft als Eigengeschäft abzurechnen. Verstöße gegen die Verpfichtung der Klägerin, nur selbst vermittelte Verträge abzurechnen, stellen einen wichtigen Grund zur Beendigung des Vertrages dar.

Zu den Einzelheiten wird auf die Berufungsbegründung vom 29.01.2001 und die Berufungserwiderung vom 06.04.2001 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet.

Die Klage ist zulässig.

Das notwendige Feststellungsinteresse nach § 256 Abs. 1 ZPO liegt vor, da die fristlose Kündigung der Klägerin u.a. für den Handelsvertreterausgleich nach § 89 b HGB rechtlich von Bedeutung ist.

Die Klage ist jedoch nicht begründet, da das Vertragsverhältnis aus wichtigem Grund wirksam fristlos gekündigt wurde (§§ 92 Abs. 2, 89 a Abs. 1 HGB). Ein wichtiger Grund war gegeben. Der Senat geht zugunsten der Klägerin davon aus, daß die Unterschrift "Sch " jeweils auf der letzten Seite der drei Versicherungsanträge nicht von der Klägerin herrührt, so daß der Klägerin nicht der Vorwurf gemacht werden kann, sie habe gegenüber der Beklagten wahrheitswidrig angegeben, die Unterschriftsleistung der Antragstellerin sei in ihrer Gegenwart erfolgt.

Die Klägerin hat der Beklagten jedoch vorgespiegelt, sie habe die drei Lebensversicherungsverträge betreffend die Versicherungsnehmerin I.M.S. Imprint Media Service vermittelt, indem sie Provisionen für die Verträge mit den Nrn. 6712251, 6712252 und 6712256 in Rechnung stellte und damit gegenüber der Beklagten vorgab, sie habe diese Verträge vermittelt, um die Beklagte zu der entsprechenden Provisionsgutschrift, die sich zunächst auf insgesamt 46.535,50 DM belief, zu veranlassen. Die Auffassung, sie sei bei den streitgegenständlichen Lebensversicherungsverträgen als Vermittlerin tätig gewesen, hat sie auch in der Folgezeit - insbesondere bis zu dem hier entscheidenden Zeitpunkt der fristlosen Kündigung vom 14.01.2000 - und auch noch in der Berufungsbegründung vom 29.01.01. vertreten. Dementsprechend hat sie sich gegen den Abzug dieser ihr gutgeschriebenen Provision verwahrt.

Der Senat ist davon überzeugt, daß die Klägerin die Beklagte im vorliegenden Fall bewußt darüber hat täuschen wollen, daß eine Vermittlungsleistung, die tatsächlich der Filialdirektor H erbracht hat, von der Beklagten geleistet worden sei. Diese Überzeugung ergibt sich aus folgenden Erwägungen: Die Klägerin ist langjährige Versicherungsvertreterin. Sie hatte nach ihren eigenen Angaben jährlich circa 100.000 DM Provisioneinnahmen. Sie arbeitete seit 1993 auf der Basis der Provisionszusage der Beklagten vom 27.02.1993, in der ausdrücklich die Geltung der gesetzlichen Bestimmungen für Versicherungsvertreter (§§ 84 ff., 92 HGB) vereinbart war. Nachdem die Firma I. Service der Beklagten bereits als Interessent bekannt war, kam für die Klägerin nur ein Vermittlungsgeschäft in Betracht. Hierfür ist erforderlich, daß sie den Abschluß des Versicherungsvertrages durch Einwirkung auf den Dritten fördert. Angesichts der langjährigen Versicherungsvertretertätigkeit der Klägerin ist der Senat davon überzeugt, daß der Klägerin dieser wesentliche Inhalt einer Vermittlungstätigkeit auch bewußt war. Die von der Klägerin behauptete Ausarbeitung von verschiedenen alternativen Versicherungsmodellen, die im übrigen nicht substantiiert dargetan sind, reicht für die Annahme einer Vermittlungstätigkeit nicht aus. Die Klägerin kann sich auch nicht darauf berufen, der Filialdirektor H. als Respektsperson habe ihr diese Vorgehensweise vorgeschlagen. Denn H. war nicht befugt, die Beklagte wirksam zu vertreten. Angesichts der hohen zu erwartenden Provisionen, die sich nach den ursprünglichen Versicherungsanträgen auf insgesamt 46.535,50 DM beliefen, und dem Zweck der Vermittlungstätigkeit, neue Kunden im Außengeschäft zu akquirieren und für diese mühsame und vielfach erfolglose Tätigkeit eine erhebliche Provision für den Erfolgsfall des Vertragsschlusses zu bekommen, war es nach Überzeugung des Senats der Klägerin klar, daß im Rahmen der vertraglichen Abrede mit der Beklagten ein Provisionananspruch für Vertragsvermittlungen nicht durch die als reine Innendiensttätigkeit zu bezeichnende Erstellung von alternativen Versicherungsmodellen erlangt werden konnte.

Ein Indiz für die Annahme, daß die Klägerin nicht nur gutgläubig den Angaben H.s vertraute, ergibt sich zudem auch aus ihrem Verhalten nach dem Rückforderungsverlangen seitens der Beklagten, als die Klägerin gegenüber der Beklagten darauf beharrte, sie habe die Verträge vermittelt und deshalb stünden ihr die Provisionen allein zu. Somit steht fest, daß die Klägerin bewußt darüber getäuscht hat, sie habe die drei streitgegenständlichen Versicherungsverträge selbst vermittelt, in dem sie die entsprechende Provisionsgutschrift geltend machte und später darauf beharrte, diese zu behalten. Dies stellt einen wichtigen Grund zur Vertragskündigung gemäß § 89 a Abs. 1 Satz 1 HGB dar.

Ein Kündigungsgrund ist wichtig genug zur außerordentlichen Kündigung, wenn er dem Kündigenden das Abwarten des Vertragsablaufs oder der Frist zur ordentlichen Kündigung unzumutbar macht. Dafür ist die Gesamtheit der Umstände des Einzelfalls zu würdigen (vgl. Baumbach-Duden-Hopt, HGB, 30. Aufl., § 89 a, Rn. 6). Im vorliegenden Fall hat das Fehlverhalten der Klägerin dazu geführt, daß die Beklagte der Klägerin eine Gutschrift von 46.535,50 DM zu Unrecht erteilte. Wenn auch bei Abrechnung der Verträge als Eigengeschäft des Herrn H die Beklagte eine Provision für diesen hätte aufwenden müssen, so verbleibt es zunächst bei der Auszahlung an die Klägerin, die in vollem Umfang nicht berechtigt war. Die Beklagte hat - anders als gegenüber in einem Geschäftsbetrieb eingegliederten Arbeitnehmern - gegenüber ihren Handelsvertreter nur eine eingeschränkte Überwachungsmöglichkeit. Andererseits erwachsen dem Handelsvertreter aus seiner Vermittlungstätigkeit erhebliche Provisionen. Angesichts der geringen Kontrollmöglichkeiten ist das Bestehen eines Vertrauensverhältnisses zwischen den Parteien von besonderer Bedeutung. Dieses ist empfindlich gestört, nachdem sich die Klägerin eine Gutschrift in Höhe von mehr als 46.000 DM erschlichen hat. Angesichts dieser Umstände ist es für die Beklagte nicht zumutbar, weitere sechs Monate bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist am Vertrag festzuhalten mit der Verpflichtung, etwaige Vermittlungsanträge der Klägerin zu verprovisionieren, nachdem die Klägerin in der Vergangenheit sich erhebliche Provisionsbeträge zu Unrecht erschlichen hat.

Da die außerordentliche Kündigung vom 14.01.2000 zu Recht erfolgt ist, hat sie das Handelsvertretervertragsverhältnis wirksam beendet. Die Berufung war daher als unbegründet zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar nach den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Entscheidung zur Beschwer folgt aus § 546 Abs. 2 ZPO.

Ende der Entscheidung

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