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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht München
Urteil verkündet am 26.06.2002
Aktenzeichen: 7 U 5730/01
Rechtsgebiete: HGB, AGBG, BGB, ZPO


Vorschriften:

HGB § 87 a Abs. 2
HGB § 89 b
HGB § 90 a Abs. 1 Satz 3
AGBG § 1 Abs. 2 a.F.
AGBG § 6 Abs. 1 a.F.
AGBG § 6 Abs. 3 a.F.
AGBG § 9
AGBG § 10
AGBG § 11
AGBG § 9 Abs. 1
AGBG § 24 a.F.
BGB § 138
BGB § 138 Abs. 1
BGB § 254
BGB § 339
BGB § 812 Abs. 1 Satz 1, 1. Alt.
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 543 Abs. 1 Ziffer 1 n.F.
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 711
1. Wird in einem Formularvertrag, der ein Franchise-Verhältnis in Subordination begründet, der Franchisenehmer einseitig mit dem Amortisations-, Liquiditäts- und Delcredere-Risiko belastet und ein in entsprechender Anwendung des § 89 b HGB bestehender Ausgleichsanspruch ausgeschlossen, so stellt dies eine unangemessene Benachteiligung des Franchisenehmers im Sinne des § 9 AGBG a.F. dar.

2. Ist ein rechtlicher Aspekt schriftsätzlich eingehend thematisiert worden und erklärt der Prozeßbevollmächtigte der Gegenpartei auf entsprechenden Vorhalt des Gerichts, Schriftsätze von 35 oder 40 Seiten pflege er im vorliegenden Verfahren nicht mehr zu lesen, so besteht in aller Regel kein Raum für die Einräumung einer beantragten Schriftsatzfrist.


OBERLANDESGERICHT MÜNCHEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Aktenzeichen: 7 U 5730/01

Verkündet am 26. Juni 2002

In dem Rechtsstreit

wegen Forderung

erläßt der 7. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Goller und die Richter am Oberlandesgericht Kotschy und Dr. Barwitz aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 26.06.2002 folgendes

Endurteil:

Tenor:

I. Die Berufung der Beklagten gegen das Endurteil des Landgerichts München I vom 26.10.2001 wird zurückgewiesen.

II. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 30.000,00 Euro abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Der Wert der Beschwer der Beklagten im Berufungsverfahren übersteigt 20.000,00 Euro.

V. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger verlangt von der Beklagten Rückerstattung von Franchise-Gebühren.

Die Beklagte berühmt sich, ein EDV-unterstützes System entwickelt zu haben, mit dem für Bauwillige die nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalles "optimale" Baufinanzierung gefunden werden könne. Sie vertreibt dieses System im Wege des Franchise.

Am 27.04.1998 schlossen die Parteien einen "Franchise-Vertrag" mit Beginn am 01.05.1998 und einer festen Laufzeit von 10 Jahren (Anlage K 1). Nach § 1 des Vertrags war Gegenstand des Franchise das Recht und die Pflicht des Franchise-Nehmers, das in der Präambel bezeichnete System unter Verwendung der Bezeichnung "F M" und Einsatz des Know-how des Franchise-Gebers zu verwenden und zu nutzen.

Neben einer Aufnahmegebühr von 0,1 % der Finanzierungssumme des ersten Jahres, mindestens aber DM 35.000,00 zuzüglich Mehrwertsteuer für die "Übertragung des Know-how gemäß diesem Vertrag und Geschäftsgrundausstattung gemäß der gesondert aufgeführten Bestandsliste" (fällig bei Vertragsschluss) hatte der Kläger eine monatliche Franchise-Gebühr von DM 785,00 zuzüglich Mehrwertsteuer (gemäß § 20 des Vertrags), eine monatliche Werbepauschale von DM 400,00 zuzüglich Mehrwertsteuer (gemäß § 19 des Vertrags und dem "Anhang zum Franchise-Vertrag") sowie gemäß § 21 des Vertrags eine laufende Provision in Höhe von 0,15 % aus der Finanzierungssumme zuzüglich der jeweils gültigen Mehrwertsteuer zu bezahlen.

Insgesamt bezahlte der Kläger an die Beklagte die Eintrittsgebühr von DM 35.000,00 netto sowie laufende Franchise-Gebühren beziehungsweise Werbeumlagen in Höhe von insgesamt DM 36.735,00 netto, das sind im Ganzen DM 71.735,00. Hiervon verlangt der Kläger mit seiner Klage DM 47.824,00 zurück.

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, ihm stünden gegen die Beklagte Ansprüche aus Verschulden bei Vertragsschluss, Bereicherungsrecht und auch aus Deliktsrecht zu. Dazu hat der Kläger vorgetragen, er sei bei seinem Eintritt in das Franchise-System der Beklagten mit der bis dahin betriebenen Versicherungsagentur nicht ausgelastet gewesen und habe ein zweites berufliches "Standbein" gesucht. Er sei bei Vorstellung des Systems den Schilderungen des Zeugen E zur Ertragsfähigkeit und dem Inhalt des ihm dazu als Anlage K 3 vorgelegten Prospekts erlegen. Er sei über die Risiken einer Systemteilnahme nicht aufgeklärt worden, vielmehr sei in dem übergebenen Prospekt ein unrealistisches Einkünfteszenario aufgebaut worden, soweit darin von einem anfänglichen Monatshonorar in Höhe von DM 24.000,00 beziehungsweise einem Jahreshonorar von DM 288.000,00 die Rede sei. Die von der Beklagten als Anlage B 2 vorgelegte Aufstellung "Partnerumsätze" für das Jahr 1998 enthalte nur mögliche, nicht jedoch tatsächlich von den Partnern erzielte Umsätze.

In der Praxis sei es so gelegen, dass Bauinteressenten, die sich auf Zeitungsanzeigen gemeldet hätten, stets bereits mit einer Finanzierungsanfrage bei ihrer Hausbank gescheitert gewesen seien. Fast alle Interessenten für das von der Beklagten beworbene "Euro-Darlehen" hätten sich als "Glücksritter oder Bankrotteure" herausgestellt, im Übrigen habe ein "Euro-Darlehen" nach bestehender Praxis der Banken erst ab einem Finanzierungsvolumen von DM 5.000.000,00 durchgesetzt werden können.

Know-how habe die Beklagte nur in Ansätzen und auch insoweit mangelhaft bereitgestellt. So seien die Betriebshandbücher unvollständig gewesen, die Baufinanzierungsberechnungssoftware mangelhaft, eine tägliche Aktualisierung der Konditionenbank habe nicht stattgefunden. Im Sinne der Gruppenfreistellungsverordnung der EU habe gar kein franchisefähiges Know-how vorgelegen. Hinsichtlich des Systems habe ein Pilotbetrieb von mindestens einem Jahr gefehlt, die verwendete Software sei von geringen Variationen abgesehen identisch mit FINPLAN for Windows der Akademie für Finanzberatung K in L gewesen.

Darüber hinaus hätte keine Standortanalyse durch die Beklagte für den Bezirk des Klägers stattgefunden, die Wortmarke "F" sei erst im März 1999 eingetragen worden. Konsequent habe der Kläger bereits im ersten Jahr mit dem nicht vom Markt akzeptierten System einen Betriebsverlust erwirtschaftet.

"Vorsorglich" hat der Kläger darüber hinaus Verdienstausfall und Reisekosten hinsichtlich der Schulungsteilnahme für das Franchise-System in Höhe von DM 4.290,00 geltend gemacht. Unter Abzug eines Mitverschuldens von einem Drittel hat der Kläger erstinstanzlich beantragt:

Die Beklagte zahlt an den Kläger DM 47.824,00 nebst 7,9 % Zinsen seit dem 01.04.2001.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

Die Beklagte hat dazu vorgetragen, dass ihr Franchise-System bestens funktioniere. Aktuell seien für die Beklagte rund 100 Franchise-Nehmer tätig, die im Jahre 1999 ein Finanzierungsvolumen von circa DM 500.000.000,00 erwirtschaftet hätten. Ausweislich der als Anlage B 2 vorgelegten Übersicht der Umsätze der Partner seien zahlreiche Franchise-Nehmer der Beklagten bereits im Jahre 1 998 in der Lage gewesen, Finanzierungsumsätze in zweistelliger Millionenhöhe zu erzielen.

Die von der Firma N GmbH in München für die Beklagte erstellte Software sei hochkomplex, die Beklagte habe hierfür einen Betrag in siebenstelliger Höhe aufgewendet. Enthalten sei darin insbesondere eine Datenbank mit täglich aktualisierten, vollständigen Konditionen der Deutschen Bausparkassen, Banken und Sparkassen, Lebensversicherungen und öffentlichen Fördermöglichkeiten. Die Idee der Beklagten sei gewesen: "Bessere Konditionen bei gleicher Bonität". Die Betriebshandbücher seien auf dem neuesten Stand gewesen. Die Aufnahmegebühr sei im Vergleich mit anderen Systemen bei der Beklagten sehr günstig gelegen. Die "F Bildmarke sei bereits am 09.10.1996 ins Markenregister eingetragen worden.

Der Kläger sei aus der Versicherungs- und Anlagenbranche gekommen und habe sich daher bestens ausgekannt. Unabhängig davon sei bei den Vertragsverhandlungen von Seiten der Beklagten auf Risiken und das Erfordernis höchsten persönlichen Einsatzes ebenso wie auf eine Durststrecke in der Anlaufphase hingewiesen worden. Die Beklagte bestreite, dass der Kläger den erforderlichen persönlichen Einsatz erbracht habe.

Eine Verantwortlichkeit der Beklagten wegen Verschuldens bei Vertragsschluss bestehe nicht, da der Kläger auf eigenes Risiko gehandelt habe. Das als Anlage K 3 vorgelegte Schriftstück enthalte lediglich unverbindliche Werbeangaben. Schließlich sei der Sachvortrag des Klägers zur Schadenshöhe nicht schlüssig und werde bestritten. Vor allem müsse sich der Kläger die von ihm erzielten Umsätze abziehen lassen, die er im Übrigen vertragswidrig der Beklagten nicht gemeldet habe.

Das Landgericht hat die Beklagte in der Hauptsache antragsgemäß zur Zahlung verurteilt. Die Beklagte sei dem Kläger nach den Grundsätzen der culpa in contrahendo verantwortlich, da sie ihre Aufklärungspflichten darüber verletzt habe, was der Kläger als realistisches Einkommen aufgrund des Franchise-Verhältnisses erwarten könne. Die Beispielrechnung in der Informationsschrift (Anlage K 3, dort Seite 12) suggeriere einen Mindestumsatz, der anfänglich bereits bei monatlich DM 24.000,00 liege, jedoch von den übrigen Franchise-Nehmern der Beklagten nicht erzielt worden sei. Nach den Grundsätzen des § 254 BGB sei ein Abschlag in Höhe von einem Drittel gerechtfertigt aufgrund des Mitverschuldens des Klägers. Hinsichtlich der Schadenshöhe brauche sich der Kläger getätigte Umsätze nicht abziehen zu lassen. Zum Einen habe die Beklagte nicht näher dargelegt, welche Umsätze der Kläger getätigt habe, zum Anderen müsse sich der Kläger nur einen aufgrund der Umsätze erzielten Gewinn anrechnen lassen.

Wegen der Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des landgerichtlichen Urteils vom 26.10.2001 Bezug genommen, das dem Kläger am 09.11.2001 und der Beklagten am 12.11.2001 zugestellt wurde. Gegen das Urteil richtet sich die fristgerecht eingelegte und begründete Berufung der Beklagten.

Die Beklagte ist der Auffassung, dass das Landgericht zu Unrecht die Voraussetzungen eines Anspruchs aus culpa in contrahendo bejaht habe. Verfahrensfehlerhaft sei das Beweisangebot der Beklagten übergangen worden, nach dem der Zeuge B bestätigen könne, in einem 2 1/2 bis 3-stündigem Gespräch den Kläger über alle Risiken des Franchise-Geschäfts aufgeklärt zu haben. Darüber hinaus habe das Landgericht die Anlage K 3, die lediglich unverbindliche Werbeangaben enthalte, unzutreffend gewürdigt. Der vom Landgericht herausgegriffene Teil enthalte eine reine Beispielsrechnung, die von der Unterstellung ausgehe, dass drei bis vier Finanzierungsvorhaben monatlich abgeschlossen werden könnten. Darüber hinaus habe das Landgericht auch zu Unrecht die vom Kläger erzielten Umsätze nicht schadensmindernd berücksichtigt. Trotz des diesbezüglichen Bestreitens der Beklagten habe der Kläger nicht substanziiert dazu vorgetragen, welche konkreten Tätigkeiten für das Franchise-System er im Hinblick auf Werbemaßnahmen oder die Umsetzung des in Schulungen erworbenen Wissens entfaltet habe.

Die Beklagte beantragt unter Aufhebung des landgerichtlichen Urteils Klageabweisung.

Der Kläger beantragt, die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Ein "Aufklärungsgespräch" habe der Zeuge B mit dem Kläger nicht geführt. Als Versicherungsfachmann sei der Kläger auch nicht in Finanzierungsfragen kompetent gewesen. Die von der Beklagten berichteten Umsätze anderer Franchise-Nehmer seien als Ergebnis "kreativer Buchführung" zu werten.

Darüber hinaus verfalle der Franchise-Vertrag aufgrund seiner sittenwidrigen Regelungen der Nichtigkeit, da der Kläger darin mit dem Amortisations-Risiko, dem Liquiditäts-Risiko und dem Delcredere-Risiko belastet werde. Eine Stornogutschrift für Rückzahlungsfälle sei nicht vorgesehen.

Gleichzeitig stellten sich die Regelungen des Franchise-Vertrags als unangemessen im Sinne des § 9 AGBG dar, da im Vertrag einseitig alle üblichen Unternehmerrisiken auf den Franchise-Nehmer geschoben würden.

Für die Werthaltigkeit der von ihr erbrachten Leistungen (Know-how) und den daraus resultierenden Nutzen des Klägers sei die Beklagte darlegungs- und beweispflichtig.

Im übrigen wird auf den Tatbestand des Ersturteils, die zwischen den Parteien im Berufungsrechtszug gewechselten Schriftsätze und die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 26.06.2002 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung bleibt in der Sache erfolglos. Zu Recht hat das Landgericht dem Kläger einen Zahlungsanspruch in Höhe von DM 47,824,00 zugesprochen.

I.

Der erkennende Senat ist für die Entscheidung des Rechtsstreits nach der Geschäftsverteilung des Oberlandesgerichts München für das Jahr 2002 zuständig. Danach gehören zur Zuständigkeit des 7. Zivilsenats Handelssachen des Landgerichts München I gegen Beklagte mit den Anfangsbuchstaben "A mit C, H mit Z" mit Ausnahme der Bausachen, zur Zuständigkeit des 23. Zivilsenats Handelssachen des Landgerichts München I gegen Beklagte mit den Anfangsbuchstaben "D mit G" mit Ausnahme der Bausachen. Ergänzend ist in der Geschäftsverteilung unter "E. Verteilung nach Buchstaben" bestimmt, dass sich die Zuständigkeit nach dem Anfangsbuchstaben des Namens des Beklagten oder Antragsgegners bestimmt. Bei Gesellschaften ist der Anfangsbuchstabe des ersten in der Bezeichnung enthaltenen Familiennamens des gegenwärtigen oder früheren Inhabers bestimmend. Bei Fehlen eines Eigennamens entscheidet das erste Hauptwort der Firmenbezeichnung (Abschnitt E Ziffer 2).

In Anwendung der letztgenannten Bestimmung hat daher der für den Buchstaben "M" zuständige 7. Zivilsenat mit Verfügung des Vorsitzenden vom 10.05.2002 den Rechtsstreit vom unzuständigen 23. Zivilsenat übernommen. Das erste Hauptwort der Firma der Beklagten ist "M". Hieran vermögen auch die vom Beklagtenvertreter in der mündlichen Verhandlung vom 26.06.2002 vorgelegten Ablichtungen aus dem Großwörterbuch für die englische Sprache von Pons und "Der kleine Eichborn", Wirtschaft und Wirtschaftsrecht, Englisch-Deutsch, nichts zu ändern. Zwar geht aus diesen Ablichtungen hervor, dass in der Englischen Sprache das Wort "F" nicht nur als Adjektiv vorkommt, sondern substantivisch gebraucht die Bedeutung von "Messe, Ausstellung, Jahrmarkt" hat, dies ändert jedoch nichts daran, dass das Wort "F" im Firmennamen der Beklagten lediglich eine adjektivische Bedeutung haben kann. Gemeint ist hier ersichtlich, daß es um Geld im Sinne von Finanzierungen zu "fairen" Bedingungen für den Kapitalsuchenden geht. Darüber hinaus verkennt die Beklagte bei ihrer Zuständigkeitsrüge, daß das Hauptwort "F" auch nach den von ihr vorgelegten Ablichtungen stets hintangestellt wird (siehe z.B. World F Weltausstellung). Sollte der Name der Beklagten im Sinne von "Geldmesse" zu verstehen sein, so würde dies in der englischen Übersetzung nicht "F M", sondern vielmehr "M F" bedeuten.

Der geltend gemachte Zahlungsanspruch steht dem Kläger jedenfalls unter dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung nach § 812 Abs. 1 Satz 1, 1. Alt. BGB zu, da der zwischen den Parteien geschlossene Franchise-Vertrag in wesentlichen Teilen der Inhaltskontrolle gemäß § 9 AGBG a.F. nicht standhält und nach § 6 Abs. 3 AGBG a.F. insgesamt unwirksam ist.

1. Soweit die Beklagte durch ihren Prozeßbevollmächtigten im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 26,06.2002 die Einräumung einer Schriftsatzfrist zu den vom Vorsitzenden angesprochenen Fragen der Inhaltskontrolle nach § 9 AGBG a.F. beantragt hat, besteht nach Sachlage für eine weitere Erklärungsfrist der Beklagten kein Anlaß.

Insbesondere ergibt sich kein Anlaß für die Gewährung einer Schriftsatzfrist daraus, daß - nach dem Vortrag der Beklagtenpartei - noch keines der zahlreichen mit den Franchise-Verträgen der Beklagten befaßten Gerichte die "AGB-Problematik" als entscheidungserheblich aufgeworfen hat.

Der Gesichtspunkt einer Inhaltskontrolle der Bestimmungen des Franchise-Vertrags der Beklagten anhand § 9 AGBG a.F. liegt zum einen bereits deshalb nicht fern, da es sich bei solchen Verträgen in der Regel um Formularverträge handelt (vgl. dazu m.w.N. Emmerich, JuS 1995, Seite 761, 763 f.; Martinek, Franchising, 1987, Seite 305 f., 307; Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Gesetz, 9. Auflage 2001, Anhang zu §§ 9 bis 11 AGBG Rn. 361), zum anderen wurde in der Berufungserwiderung der Klagepartei vom 10.04.2002 (Blatt 137 ff. d.A.) nicht nur ausführlich die Frage einer Sittenwidrigkeit des abgeschlossenen Franchise-Vertrags gemäß § 138 BGB thematisiert, sondern gleichzeitig nicht nur hinweisartig, sondern auf mehreren Seiten (Blatt 161 bis 163 der Akten) die Frage einer unangemessenen Benachteiligung des Klägers durch den abgeschlossenen Formularvertrag unter Zitat der einschlägigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und der Kommentarliteratur angesprochen. Daß der Beklagtenvertreter auf entsprechenden Vorhalt in der mündlichen Verhandlung bezogen auf Rechtstreitigkeiten zwischen der Beklagten und ihren Franchise-Nehmern erklärt hat, Schriftsätze von 35 oder 40 Seiten würden von ihm nicht mehr gelesen, hat nicht nur bei den Mitgliedern des erkennenden Senats für Verwunderung gesorgt und ist gleichzeitig nicht geeignet, das Anliegen einer Schriftsatzfrist mit der Begründung eines neuen rechtlichen Aspekts zu begründen. Anlaß, dieses Vorbringen der Klagepartei bei der eigenen Prozeßführung zu berücksichtigen und in der sodann mit Schriftsatz vom 23.04.2002 vorgetragenen Replik zu verarbeiten, hätte nämlich schon von daher bestanden, als das Oberlandesgericht Dresden in seinem Urteil vom 08.08.2001 (Az.: 8 U 1198/01), betreffend einen anderen Franchise-Nehmer der Beklagten, den abgeschlossenen Franchise-Vertrag für sittenwidrig angesehen hatte und die Frage einer Sittenwidrigkeit nach § 138 Abs. 1 BGB mit der Inhaltskontrolle nach § 9 AGBG a.F. in engem Zusammenhang steht.

2. Der streitgegenständliche Vertrag vom 27.04.1998 stellt sich zumindest hinsichtlich seiner wesentlichen Bestimmungen als Formularvertrag dar, der jedenfalls einer Inhaltskontrolle nach § 9 AGBG a. F. unterliegt.

a) Wie sich aus den Verträgen der Beklagten mit den Franchise-Nehmern G S und R aus den beigezogenen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten Verfahren 23 U 3184/00, 23 U 3987/01 und 23 U 3273/02 ergibt, hat die Beklagte mit ihren Franchise-Nehmern in den zentralen Punkten (Vertragspflichten, Vergütung, Ausschluß von Ausgleichsansprüchen, Wettbewerbsverbot etc.) jeweils inhaltsgleiche, über weite Strecken wortgleiche Formularverträge verwandt.

Die Voraussetzungen einer Ausnahme gemäß § 1 Abs. 2 AGBG a.F. sind nicht erfüllt. Danach wäre Voraussetzung, daß die Beklagte als Verwenderin den Kerngehalt ihrer AGB inhaltlich ernsthaft zur Disposition gestellt und dem anderen Teil Gestaltungsfreiheit zur Wahrung eigener Interessen eingeräumt hätte. Der Kläger hätte mithin die reale Möglichkeit erhalten müssen, auf den Inhalt der Vertragsbedingungen Einfluß zu nehmen. Darüber hinaus hätte ihm diese Möglichkeit bewußt sein müssen (BGH, Urteil vom 03.04.1998, NJW 1998, Seite 2600, 2601). Für die Möglichkeit des Klägers, im Kern auf den Vertragsinhalt Einfluß nehmen zu können, hat die Beklagte weder vorgetragen, noch bestehen hierfür ansonsten Anhaltspunkte.

b) Dahingestellt bleiben kann, ob der Kläger bei Abschluß des Franchise-Vertrags mit der Beklagten bereits aufgrund seiner Tätigkeit als Betreiber einer Versicherungsagentur als Unternehmer im Sinne des § 24 AGBG a.F. anzusehen ist. Die Inhaltskontrolle nach § 9 AGBG a.F. ist nämlich auch dann eröffnet, wenn der Kläger als Unternehmer im vorgenannten Sinne anzusehen sein sollte.

3. Der Franchise-Vertrag vom 27.04.1998 enthält in zentralen Punkten Vertragsklauseln, die sich als unangemessene Benachteiligung des Klägers im Sinne des § 9 AGBG a.F. darstellen.

Der vorliegende Vertrag ist als subordinationsrechtliches Vertriebs-Franchising zu qualifizieren, mithin als Typenkombinationsvertrag, bei dem die Elemente eines auf Geschäftsbesorgung gerichteten Dienstvertrags im Vordergrund stehen (vgl. Ulmer/Brandner/Hensen, AGBG, 9. Auflage 2001, Anhang §§ 9 bis 11 AGBG, Rn. 357; Graf von Westsphalen, Vertragsrecht und AGB-Klauselwerke, Kapitel "Franchising", Rn. 7 ff.). Im daneben vorliegenden Element der Rechtspacht vermag der Senat nicht das Schwergewicht des Vertrags zu erkennen (so aber Emmerich, JUS 1995, 761, 763, der das Schwergewicht des Franchise-Vertrags bei der Rechtspacht sieht; ihm folgend Palandt-Putzo, 61. Auflage, Einf. vor § 581 BGB Rn. 22).

Die Beklagte als Franchise-Geber einseitig begünstigende Regelungen erkennt der Senat insbesondere in folgenden vertraglichen Regelungen:

a) In § 2 Ziffer 2 des Vertrags verpflichtet sich die Beklagte als Franchise-Geber zur Gewährung von Gebietsschutz. Dieser erlischt jedoch nach Satz 5 dieser Bestimmung, wenn der Umsatz des Franchise-Nehmers in einem Geschäftsjahr die im "Anhang zum Franchise-Vertrag" bestimmte Umsatzvorgabe pro Geschäftsjahr in Höhe von DM 7,5 Mio. unterschreitet. Dies hat zur Folge, daß bereits nach Ablauf des ersten Geschäftsjahres, in dem naheliegend aufgrund der gegebenen Aufbausituation das festgelegte Umsatzziel nicht erreicht wird, die Beklagte zum Einsatz eines anderen/weiteren Franchise-Nehmers im betroffenen Gebiet berechtigt ist mit der Folge, daß bereits im Folgejahr eine weitere Aufnahmegebühr in Höhe von DM 35.000,00 zzgl. Mehrwertsteuer gemäß § 20 Ziffer 1 des Vertrags vereinnahmt werden konnte.

b) Gemäß § 5 Ziffer 1 des Vertrages hat der Franchise-Nehmer die vom Franchise-Geber entwickelten Richtlinien und Grundsätze zu beachten. In Satz 2 ist dazu wörtlich bestimmt: "Diese Richtlinien und Grundsätze werden in ihrer jeweils vom Franchise-Geber als verbindlich herausgegebenen Fassung Bestandteil dieses Vertrages". Dies bedeutet nach Art einer "dynamischen Verweisung", daß die Beklagte als Franchise-Geber vergleichbar dem Direktionsrecht des Arbeitgebers berechtigt ist, das Vertragsverhältnis einseitig zu gestalten und abzuändern.

c) In § 6 Ziffer 5 des Vertrags wird dem Franchise-Nehmer die Durchführung von Werbemaßnahmen, die zum Kern unternehmerischen Handelns gehört, weitgehend aus der Hand genommen. Vielmehr werden darin "geeignete Werbemaßnahmen" grundsätzlich der Beklagten vorbehalten, die vom Kläger als Franchise-Nehmer gemäß § 19 des Vertrags i.V.m. dem "Anhang zum Franchise-Vertrag" mit monatlich DM 400,00 zzgl. gesetzlicher Mehrwertsteuer zu vergüten sind. Die Durchführung eigener Werbemaßnahmen ist dem Franchise-Nehmer nur mit ausdrücklicher Zustimmung des Franchise-Gebers gestattet (§ 6 Ziffer 5 Satz 2 des Vertrags).

d) In § 11 Ziffer 1 des Vertrags wird festgeschrieben, daß der Franchise-Nehmer die nach den Richtlinien des Franchise-Gebers "systemtypischen Objekte" nur vom Franchise-Geber oder von vom diesem benannten Unternehmen übernehmen darf. Da die "Richtlinien und Grundsätze" im Sinne des § 5 Ziff. 1 des Vertrags der einseitigen Bestimmung und Änderung durch den Franchise-Geber unterliegen, hat diese Regelung zur Folge, daß auch die Bezugsverpflichtung des Franchise-Nehmers, da abhängig von der Bestimmung der "systemtypischen Objekte", nicht berechenbar ist.

e) Das in § 14 Ziffer 1 des Vertrags statuierte Wettbewerbsverbot soll nach Ziffern 2 und 3 dieser Bestimmung auch nach Beendigung des Vertrags auf die Dauer von 1 Jahr entschädigungslos weitergelten. Da im Bereich des Subordinations-Franchise eine mit der Absatzmittlung durch Handelsvertreter vergleichbare Interessenlage mit der Folge der Schutzbedürftigkeit des Franchise-Nehmers besteht, ist dieses nachvertragliche Wettbewerbsverbot ohne Karenzentschädigung nicht nur wegen analoger Anwendbarkeit des § 90 a Abs. 1 Satz 3 HGB, sondern auch wegen Verstoßes gegen § 9 AGBG a.F. unwirksam (siehe dazu BGH, Urteil vom 12.11.1986, WM 1987, 512, 513; Wolf/Horn/Lindacher, AGBG, 4. Auflage 1999, § 9 AGBG, Rn. F 110; Graf von Westphalen, Vertragsrecht und AGB-Klauselwerke, "Franchising", Rn. 40/41; Ulmer/Brandner/Hensen, AGBG, 9. Auflage 2001, Anhang §§ 9 bis 11 AGBG Rn. 363; Emmerich JUS 1995, 761, 764; Martinek, ZIP 1988, 1362, 1378). Zurecht weist Martinek (a.a.O.) darauf hin, daß der Franchise-Nehmer hinsichtlich der Karenz-Entschädigung noch deutlich schutzwürdiger als der Handelsvertreter ist: Während der Handelsvertreter sein unternehmerisches Risiko durch Mehrfachvertretungen streuen kann, setzt der Franchise-Nehmer in mit Wettbewerbsverbot versehener Subordination "alles auf eine Karte".

f) In § 15 Ziffer 1 des Vertrags wird festgeschrieben, daß der Franchise-Nehmer für jeden Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot und die Geheimhaltungspflicht unter Ausschluß des Fortsetzungszusammenhangs eine Vertragsstrafe in Höhe von DM 5.000,00 zzgl. der jeweiligen gesetzlichen Mehrwertsteuer an den Franchise-Geber zu entrichten hat. Diese Regelung wird in Ziffer 2 dahingehend erweitert, daß der Franchise-Nehmer entsprechende Vertragsstrafenregelungen mit seinen Mitarbeitern zu treffen hat.

Auch diese Regelung hält in mehrfacher Hinsicht der Inhaltskontrolle nicht stand. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 03.04.1998, NJW 1998, 2600, 2601) sind auch Vertragsstrafenklauseln unter dem Gesichtspunkt des § 9 Abs. 1 AGBG unwirksam, wenn der Verwender der Klausel mißbräuchlich eigene Interessen auf Kosten des Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne die Interessen des Vertragspartners von vorne herein hinreichend zu berücksichtigen. Die hiernach erforderliche Billigkeitsprüfung hat in typisierender Weise zu erfolgen.

Das hier geregelte Vertragsstrafenversprechen des Franchise-Nehmers ist verschuldensunabhängig. Eine solche Regelung ist nur zulässig, wenn gewichtige Umstände vorliegen, die die Vertragsstrafenregelung trotz der Abweichung von dem Verschuldenserfordernis des § 339 BGB mit Recht und Billigkeit noch vereinbar erscheinen lassen (siehe BGH, Urteil vom 26.05.1999, NJW 1999, 2662, 2663 f.; Baumbach/Hopt, HGB, 30. Auflage, Rn. 5 zu § 348 HGB, Palandt, 61. Auflage, Rn. 33 zu § 11 AGBG). Solche gewichtigen Umstände hat die Beklagte nicht vorgetragen, sie sind auch ansonsten nicht ersichtlich.

Darüber hinaus ist in dem Vertragsstrafeversprechen ausdrücklich die Berufung des Franchisenehmers auf den Fortsetzungszusammenhang ausgeschlossen. Dieser uneingeschränkte Verzicht auf die Einrede des Fortsetzungszusammenhangs ist zwar im Rahmen einer Individualvereinbarung grundsätzlich zulässig und verbindlich, als Regelung in allgemeinen Geschäftsbedingungen jedoch mit wesentlichen Grundgedanken des Vertragsstraferechts nicht zu vereinbaren und als unangemessene Benachteiligung der Klägerin im Sinne des § 9 AGBG anzusehen (BGH, Urteil vom 10.12.1992, BGHZ 121, 13, 19). Eine unangemessene Benachteiligung im Sinne des § 9 AGBG a.F. würde nur dann ausscheiden, wenn der Verzicht auf die Einrede des Fortsetzungszusammenhangs durch bestimmte Sachgegebenheiten, besondere Interessen auf Gläubigerseite oder Gemeinschaftsinteressen zu rechtfertigen wäre (BGH a.a.O.; Palandt, 61. Auflage, Rn. 33 zu § 11 AGBG). Für ein solchermaßen schutzwürdiges Interesse der Beklagten als Verwender ist hier nichts ersichtlich.

g) Nach § 26 Ziffer 2 des Vertrags sind Ausgleichsansprüche des Franchisenehmers gleich welcher Art nach Beendigung des Vertragsverhältnisses ausgeschlossen. Auch insoweit liegt eine unangemessene Benachteiligung des Franchisenehmers vor, da die analoge Anwendung des § 89 b HGB jedenfalls in Fällen des Subordinationsfranchising soweit ersichtlich nicht in Zweifel gezogen wird (siehe Wolf/Horn/Lindacher, § 9 AGBG, Rn. F 121; Graf von Westphalen, Vertragsrecht und AGB-Klauselwerke, "Franchising" Rn. 37; Ulmer/Brandner/Hensen, Anhang §§9 bis 11 AGBG, Rn. 362; Emmerich, JUS 1995, 761, 764; Martinek, ZiP 1988, 1362, 1378; Giesler, WM 2001, 1441, 1443). Eine unangemessene Benachteiligung ergibt sich hier aufgrund der Schutzbedürftigkeit des Franchisenehmers in Folge seiner Interessenwahrungspflicht, Weisungsabhängigkeit und Eingliederung in die Absatzorganisation des Franchisegebers.

h) Die in § 24 des Formularvertrags vorgesehene Regelung, daß der Franchisevertrag (auch) mit Eintritt der dauernden Berufsunfähigkeit des Franchisenehmers endet, haben die Parteien im Anhang zum Franchisevertrag (dort: Sonstiges, Ziffer 6) gleichsam im Wege individualvertraglicher Verschärfung des Vertragswerks abbedungen, mit der Folge, daß der Kläger als Franchisenehmer für die gesamte Vertragslaufzeit von 10 Jahren jedenfalls zur Zahlung der umsatzunabhängigen Franchisegebühren verpflichtet bleibt.

i) Korrespondierend zu den empfindlichen Beschränkungen der Rechte des Franchisenehmers ist im Formularvertrag eine umsatzunabhängige einmalige Mindestvergütung in Höhe von 35.000,- DM zuzüglich Mehrwertsteuer sowie eine laufende umsatzunabhängige Belastung des Franchisenehmers mit Franchisegebühren und Werbepauschalen in Höhe von monatlich DM 1.185,- zuzüglich Mehrwertsteuer festgeschrieben.

Hinzu tritt nach § 21 des Vertrags eine vom Franchisenehmer zu zahlende laufende Provision in Höhe von 0,15 % "aus der Finanzierungssumme" zuzüglich der jeweils gültigen Mehrwertsteuer, die vom Franchisegeber "4 Wochen nach Auftragsmeldung im Lastschriftverfahren eingezogen" wird.

Auch diese Regelung stellt sich als unangemessene Benachteiligung des Franchisenehmers dar. Eine Regelung für sogenannte Stornofälle ist nicht getroffen. Mithin trägt der Franchisenehmer das Risiko, auch bei Nichtzahlung oder Rückforderung seitens seines Kunden dem Franchisegeber zur Provisionszahlung verpflichtet zu bleiben. Dies verstößt gegen den Rechtsgedanken des § 87 a Abs. 2 HGB, der auch hier - aufgrund der Vergleichbarkeit der Interessenlage - Anwendung findet.

4. Die Unwirksamkeit der vorgenannten Regelungen führt abweichend vom Grundsatz des § 6 Abs. 1 AGBG a.F. zur Unwirksamkeit des Vertrags im Ganzen. Da die Unwirksamkeit zahlreiche, den Kern der unternehmerischen Betätigung des Franchisenehmers betreffende Einschränkungen, daneben aber auch die vereinbarte Vergütungsregelung betrifft, verbleibt nach Auffassung des Senats ein der Auffüllung durch dispositives Recht oder durch ergänzende Vertragsauslegung zugänglicher Rest nicht mehr (siehe BGH, Urteil vom 30.06.1995, BGHZ 130, 150, 155 f.).

Jedenfalls müßte die unwirksame Provisionsregelung des § 21 mangels Heilungsmöglichkeit durch Abstellen auf ein übliches oder angemessenes Entgelt zur Gesamtnichtigkeit des Vertrags nach § 6 Abs. 3 AGBG a.F. führen (Palandt, 61. Auflage, Rn. 6 b, 8 zu § 6 AGBG).

5. Ob der Franchisevertrag darüberhinaus aufgrund der den Kläger belastenden Regelungen (auch) gemäß § 138 Abs. 1 BGB nichtig ist, weil er aufgrund der Vielzahl der den Franchisegeber einseitig begünstigenden und den Kläger übermäßig in seiner wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit beschränkenden Bestimmungen im Ganzen sittenwidrig ist (vgl. BGH, Urteil vom 12.11.1986, NJW 1987, 639), bedarf aufgrund der anderweitig bestehenden Unwirksamkeit keiner weiteren Betrachtung.

6. Aufgrund der Unwirksamkeit des Vertrags hat der Kläger gegen die Beklagte gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1, 1. Alt. BGB einen Anspruch auf Herausgabe der von ihm geleisteten Zahlungen. In Anwendung der vom Bundesgerichtshof zur Rückabwicklung bei Franchiseverhältnissen entwickelten Grundsätze der sogenannten Saldotheorie (vgl. Urteil vom 14.12.1994, ZIP 1995, 105, 109 = WM 1995, 284, 288) muß sich der Kläger hierbei jedenfalls keinen höheren Abzug gefallen lassen, als er ihn in seinem Klageantrag ohnehin bereits dadurch berücksichtigt hat, daß er nur 1/3 der von ihm bezahlten Gebühren zurückverlangt.

Die Beklagte hat zwar allgemein zur Werthaltigkeit des von ihr gelieferten Know-how bzw. ihres EDV-Programms vorgetragen, nicht jedoch dazu, welcher konkrete Nutzen dem Kläger hieraus (auch künftig) erwachsen ist bzw. wird. In diesem Zusammenhang teilt der Senat die Auffassung von Giesler (WM 2001, 1441, 1442; in diesem Sinne wohl auch BGH WM 1995, 284, 288), nach der das zur Verfügung gestellte Know-how dann keinen Wert darstellt, wenn es ausschließlich im Zusammenhang mit weiteren Leistungen des Franchisegebers (wie z.B. laufender Programmpflege etc.) genutzt werden kann, die nach dem Scheitern des Franchiseverhältnisses nicht mehr zur Verfügung stehen. Dafür, daß die Leistungen der Beklagten (Schulungen, geliefertes Know-how) dem Kläger unabhängig von seiner Teilnahme am "F M Franchisesystem" für sein berufliches Fortkommen von Nutzen sein könnte, hat die Beklagte nicht substantiiert vorgetragen, ein solcher Nutzen ist auch ansonsten nicht ersichtlich.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 1 Ziffer 1 ZPO n.F. liegen nicht vor, da der Rechtsstreit weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Gesichtspunkte der Rechtsfortbildung oder der Einheitlichkeit der Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern.

Ende der Entscheidung

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