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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht München
Beschluss verkündet am 12.07.2004
Aktenzeichen: 7 W 1797/04
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 930 Abs. 1 Satz 3
Wird der Antrag auf Erlass eines Arrestbefehls mit dem Antrag auf Pfändung einer Forderung verbunden, kann auch das Rechtsmittelgericht gleichzeitig den Arrest anordnen und den Pfändungsbeschluss erlassen.
Aktenzeichen: 7 W 1797/04

In dem Rechtsstreit

wegen Arrest und Arrestpfändung

erlässt der 7. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München durch die unterzeichnenden Richter ohne mündliche Verhandlung am 12. Juli 2004 folgenden

Beschluss:

Tenor:

I. Auf sofortige Beschwerde der Gläubiger wird der Beschluss des Landgerichts München I vom 07. Juni 2004 aufgehoben und der dingliche Arrest in das Vermögen des Schuldners zur Sicherung der Zwangsvollstreckung wegen eines Anspruchs der Gläubiger von EUR 34.068,14 zuzüglich 9 % Zinsen hieraus seit dem 10. Oktober 2002 und einer Kostenpauschale von EUR 3.000,00 angeordnet.

II. In Vollzug dieses Arrests wird der angebliche Anteil des Schuldners zu einem Drittel am Nachlass der am 15. Mai 2000 verstorbenen P. R., geb. W., gemäß gemeinschaftlichem Erbschein des Amtsgerichts München vom 13. Oktober 2000 zu Geschäfts-Nr. gepfändet. Der Schuldner und Frau H. und J. R. als weitere Mitglieder der Erbengemeinschaft nach P. R. und Drittschuldner dürfen an den Schuldner nicht mehr leisten. Der Schuldner hat sich jeder Verfügung über den Miterbenanteil zu enthalten.

III. Durch Hinterlegung von EUR 40.000,00 wird die Vollziehung dieses Arrestes gehemmt und der Schuldner berechtigt, die Aufhebung des vollzogenen Arrestes zu beantragen.

IV. Der Schuldner hat die Kosten des Arrestverfahrens zu tragen.

V. Der Streitwert des Arrestverfahrens und der sofortigen Beschwerde wird auf EUR 17.034,07 festgesetzt.

Gründe:

Die sofortige Beschwerde der Gläubiger hat Erfolg. Der beantragte Arrest war unter Aufhebung der landgerichtlichen Entscheidung zu erlassen, da er nach den §§ 916 ff. ZPO gerechtfertigt ist. Darüber hinaus war auf den mit dem Arrestantrag verbundenen Antrag der Gläubiger der Drittelanteil des Schuldners am Nachlass der P. R. zu pfänden.

1. Die Gläubiger haben durch Vorlage des "selbständigen Schuldanerkenntnisses" des Beklagten vom 01.02.2000 (Anl. AST 4), eines HR-Auszuges betreffend die I. GmbH (Anl. AST 9), des Schriftsatzes des anwaltschaftlichen Vertreters des Schuldners vom 01.09.2003 (Anl. AST 6), in dem die Abweisung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der M. GmbH bestätigt wird, der eidesstattlichen Versicherung der Gläubigerin J. W. vom 26.05.2004 (Anl. AST 8) und des gemeinschaftlichen Erbscheins des Amtsgerichts München vom 13.10.2000 zu Geschäfts-Nr. (Anl. AST 10) glaubhaft gemacht, dass ihnen gegen den Schuldner persönlich nach dessen Schuldübernahme ein fälliger Anspruch auf Rückzahlung der stillen Einlage von DM 50.000,00 in die vom Schuldner geführte I. GmbH samt 9 % Zinsen vom 01.01.1999 bis 11.09.2002 sowie Verzugszinsen von 9 % hieraus seit dem 10.10.2002 zusteht. Auch das Landgericht geht in seinem den Erlass des beantragten Arrestes ablehnenden Beschluss vom 07.06.2004 vom Vorliegen eines Arrestanspruchs, wenn auch möglicherweise nur bedingten gemäß § 916 Abs. 2 ZPO, aus.

2. Die Gläubiger haben den zum Erlass des beantragten dinglichen Arrestes nach § 917 Abs. 1 ZPO erforderlichen Arrestgrund glaubhaft gemacht. Allein schon der Zeitablauf seit Erteilung des gemeinschaftlichen Erbscheins durch das Amtsgericht München am 13.10.2000 spricht dafür, dass ohne Verhängung des Arrestes zu besorgen ist, dass die Vollstreckung eines von den Gläubigern erwirkten Urteils hinsichtlich des Arrestanspruchs vereitelt oder wesentlich erschwert werden würde. Erst recht ist das der Fall, nachdem der Schuldner, wie das Landgericht in seinem Beschluss vom 07.06.2004 festgestellt hat, vom Amtsgericht München rechtskräftig wegen eines vorsätzlich unterlassenen rechtzeitigen Antrages auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der I. GmbH zu einer Geldstrafe verurteilt worden ist. Gerade das Hinausziehen des gebotenen Insolvenzantrages durch den Schuldner, Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung sollen bei der I. GmbH spätestens im Januar 2000 vorgelegen haben, einerseits und die Bedingung für seine persönliche Inanspruchnahme im "Schuldanerkenntnis" vom 01. Februar 2000, zuerst diese I. GmbH in Anspruch zu nehmen, andererseits zeigen augenfällig, dass der Schuldner in arglistiger Weise die Erfüllung des von ihm ersichtlich als berechtigt angesehenen Zahlungsverlangens der Gläubiger zumindest zeitlich, wenn nicht gar dauerhaft hinausschieben wollte. Hierzu passt, dass er in dem von den Gläubigern gegen ihn angestrengten Hauptsacheverfahren vor dem Landgericht München I gemäß seiner Erklärung vom 01.02.2000 auf eine Abtretung einer Forderung der M GmbH an die Gläubiger zur vorrangigen Befriedigung pocht und bestreiten lässt, die Abweisung des Insolvenzantrages über das Vermögen dieser Gesellschaft mangels Masse spreche gegen eine Werthaltigkeit der abzutretenden Forderung.

3. Die Pfändung des Miterbenanteils war antragsgemäß nach § 859 Abs. 1 und 2, § 857 Abs. 1 und § 829 Abs. 1 ZPO auszusprechen.

Für den Erlass einer solchen Anordnung ist der Senat auch zuständig, wenn er als Beschwerdegericht den Arrestbefehl erlässt. Insoweit ist er das im Instanzenzug nach § 919 ZPO zuständige Arrestgericht und wird in dieser Eigenschaft abweichend vom Grundsatz des § 828 ZPO gemäß § 930 Abs. 1 Satz 3 ZPO darüber hinaus als Vollstreckungsgericht tätig. Die hiergegen gerichtete Ansicht (Grunsky in Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl., Rn. 2 zu § 930; Thümmel in Wieczorek/Schütze, ZPO und Nebengesetze, Großkommentar, 3. Aufl., Rn. 8 zu § 930 ZPO; Zöller/Vollkommer, ZPO, 24. Aufl., Rn. 3 zu § 930; Stöber, Forderungspfändung, 13. Aufl., Rn. 441; LAG Frankfurt a.M., DB 1965, 188) die sonst anerkannte Möglichkeit der Verbindung von Arrestbefehl mit Pfändungsbeschluss sei dann nicht möglich, wenn erst das Beschwerdegericht den Arrestbefehl erlässt, vermag nicht zu überzeugen. Soweit sie darauf gestützt wird, das untere Gericht sei entsprechend der Zuständigkeit nach Widerspruch gegen einen zweitinstanzlichen Arrestbefehl als das zuständige anzusehen (Grunsky a.a.O. unter weiteren Verweis auf Rn. 18 zu § 924 und Rn. 5 zu § 926 und im Anschluss an ihn ohne eigene Begründung Vollkommer a.a.O.), wird übersehen, dass es für den Rückfall der Zuständigkeit an das Erstgericht zunächst des Widerspruchs des Schuldners als eigenständigen Rechtsbehelfs zu einer neuen und nunmehr umfassenden Prüfung der Arrestanordnung auf Grund mündlicher Verhandlung bedarf, während vorliegend dieses neue Verfahrensstadium noch gar nicht erreicht ist. Zudem gibt § 572 Abs. 3 ZPO dem Beschwerdegericht lediglich als Möglichkeit an die Hand, statt selbst in der Sache zu entscheiden, die erforderliche Anordnung dem Erstgericht zu übertragen. Soweit Thümmel (a.a.O.; im Anschluss an ihn ferner Stöber und LAG Frankfurt a. M. jeweils a.a.O.) meint, durch eine Entscheidung des Beschwerdegerichts auch über den verbundenen Antrag auf Pfändung werde dem Schuldner unnötigerweise eine Beschwerdeinstanz genommen, nachdem das Erstgericht gar nicht über die Pfändung entschieden habe, setzt er sich in Widerspruch zu Sinn und Zweck des Arrestverfahrens allgemein und der Vorschrift des § 930 Abs. 1 Satz 3 ZPO im Besonderen. Das gesetzliche Arrestverfahren muss, um seiner Funktion gerecht zu werden, effektiven Rechtsschutz auch in Eilfällen gewähren zu können, nicht nur eine rasche Anordnung des Arrestes vorsehen, sondern auch einen raschen Vollzug eines solchen Arrestes ermöglichen. Das wird bei Pfändungen von Forderungen und vergleichbaren Vermögensrechten dadurch erreicht, dass das Arrestgericht gemäß § 930 Abs. 1 Satz 3 ZPO die sonst gegebene Zuständigkeit des Vollstreckungsgerichtes hierfür übernimmt. Diese für den Eilrechtsschutz notwendige Konzentration von Anordnung des Arrestes und dessen Vollzug auf ein Gericht würde durch die Aufteilung auf das Beschwerdegericht und das Gericht des ersten Rechtszuges indes faktisch wieder aufgehoben werden. Hinzu kommt, dass der Zweck des Arrestes, nämlich nach § 916 Abs. 1 ZPO die Sicherung der Zwangsvollstreckung oftmals, wie im Übrigen auch hier, nur durch Pfändung einer ganz bestimmten Forderung oder eines ganz bestimmten Vermögensrechtes erreicht werden kann. Dieser Zusammenhang würde durch eine unterschiedliche Zuständigkeit für die Anordnung des Arrestes und die Pfändung sach- und sinnwidrig zerstört werden.

Allerdings war die Pfändung des Auseinandersetzungsguthabens aus der Erbengemeinschaft nicht wie beantragt zusätzlich anzuordnen. Solange noch gemeinschaftliches Vermögen der Erbengemeinschaft wie hier vorhanden ist, kann der Anspruch auf ein Auseinandersetzungsguthaben vom Anteil am Nachlass nicht abgetrennt werden (vgl. Palandt/Edenhofer, 63. Aufl., Rn. 5 zu § 2033 BGB).

Anordnung der Abwendungsbefugnis: § 923 ZPO.

Kosten: § 91 Abs. 1 ZPO.

Streitwert: § 20 Abs. 1 Satz 1 GKG, § 3 ZPO; der Senat schätzt den Wert des Arrestverfahrens auf die Hälfte der zu sichernden Forderung.



Ende der Entscheidung

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