Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht München
Urteil verkündet am 22.01.2004
Aktenzeichen: U (K) 3329/03
Rechtsgebiete: BGB, GWB, HGB, ZPO, AGBG, EGBGB


Vorschriften:

BGB § 133
BGB § 157
BGB § 280 Abs. 1
BGB §§ 305 ff.
BGB § 307
BGB § 307 Abs. 3
BGB § 313
BGB § 315
BGB § 315 Abs. 1
BGB § 315 Abs. 3
BGB § 612 Abs. 2
BGB § 675
BGB § 812 Abs. 1 Satz 1
GWB § 19
GWB § 19 Abs. 4
GWB § 20
GWB § 20 Abs. 1
GWB § 20 Abs. 2
GWB § 20 Abs. 4
GWB § 23 Abs. 1 Nr. 2
GWB § 33
GWB § 33 Satz 1
HGB § 87b
ZPO § 533
AGBG § 11 Nr. 1
EGBGB Art. 229 § 5
1. Behält sich ein Kfz-Hersteller in seinem Vertragshändlervertrag uneingeschränkt vor, die Preise zu ändern, und enthält der Vertrag keine Angaben zum Verhältnis zwischen den für die Vertragshändler geltenden Werksabgabepreisen und den vom Hersteller ausgesprochenen unverbindlichen Preisempfehlungen, so unterliegen weder die Änderungsklausel der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle noch eine Änderung der Werksabgabepreise der Billigkeitskontrolle gemäß § 315 Abs. 3 BGB.

2. Der Hersteller ist jedoch durch seine sich aus dem Vertragshändlervertrag ergebende Treuepflicht seinen Händlern gegenüber gehalten, bei der Preisänderung auf deren schutzwürdige Belange angemessen Rücksicht zu nehmen.

3. Entsprechen die unverbindlichen Preisempfehlungen des Herstellers nicht den Marktpreisen, weil die Händler regelmäßig etwa 7 % Nachlass auf den Empfehlungsbetrag gewähren, so liegt in einer Erhöhung der Werksabgabepreise um 2 % des Empfehlungsbetrags wegen der Möglichkeit der Händler, die Erhöhung durch die Verringerung der Nachlässe aufzufangen, nicht ohne Weiteres eine Verletzung der Treuepflicht.

4. Aus dem gleichen Grund stellt sich die Erhöhung nicht als unbillige Behinderung i. S. d. § 20 Abs. 1, 2 GWB dar.


OBERLANDESGERICHT MÜNCHEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Aktenzeichen: U (K) 3329/03

In dem Rechtsstreit

hat der Kartellsenat des Oberlandesgerichts München durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Wörle sowie die Richter am Oberlandesgericht Dr. Kartzke und Cassardt auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 22. 01. 2004

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Die Berufungen der Kläger werden zurückgewiesen.

II. Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen

9 % der Kläger zu 1.,

4 % der Kläger zu 2.,

7 % die Klägerin zu 3.,

8 % die Klägerin zu 4.,

10 % die Klägerin zu 5.,

5 % die Klägerin zu 6.,

2 % die Klägerin zu 7.,

5 % die Klägerin zu 8.,

3 % die Klägerin zu 9.,

6 % die Klägerin zu 10.,

5 % die Klägerin zu 11.,

5 % die Klägerin zu 12.,

14 % die Klägerin zu 13. und

17 % die Klägerin zu 14.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des jeweils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 115 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Gründe:

Die Parteien streiten um die Zulässigkeit der einseitig durch den Hersteller vorgenommenen Veränderung des Verhältnisses von Werksabgabepreis (im Folgenden: WAP) zu unverbindlicher Preisempfehlung (im Folgenden: UPE ) im Rahmen von Kfz-Vertragshändlerbeziehungen.

I.

Die Beklagte stellt unter der Marke BMW Neufahrzeuge, Ersatzteile und Zubehör her, für deren Vertrieb sie sich konzerneigener Niederlassungen und eines Vertragshändlersystems bedient.

Der Kläger zu 1. ist die Dachorganisation des gesamten Kraftfahrzeuggewerbes in Deutschland. Er wurde von der Vertragshändlerin der Beklagten Autohaus K. KG mit der Wahrnehmung deren Interessen im Rahmen einer Prozessstandschaft hinsichtlich der geltendgemachten Feststellungsanträge beauftragt.

Der Kläger zu 2. ist ein Zusammenschluss von Vertragshändlern der Beklagten in Deutschland. Er wurde von der Vertragshändlerin der Beklagten Autohaus Fu. GmbH mit der Wahrnehmung deren Interessen im Rahmen einer Prozessstandschaft hinsichtlich der geltendgemachten Feststellungsanträge beauftragt.

Für die den Rechtsstreit betreffende Zeit waren die Beziehungen der Beklagten zu ihren Vertragshändlern durch einen mit allen Händlern 1996 abgeschlossenen, einheitlichen, von der Beklagten gestellten Händlervertrag geregelt, der unter anderem folgende Klauseln enthielt:

6. Verkauf an den Händler

6.1 Lieferverpflichtungen von BMW

BMW wird dem Händler die Vertragsware im Rahmen der BMW Verkaufs- und Lieferbedingungen in ihrer jeweils gültigen Fassung liefern.

...

6.2 Bezug der Vertragsware

Der Händler wird die Vertragsware nach den entsprechenden Richtlinien beziehen und dabei das BMW Bestellsystem einhalten.

Die "Verkaufs- und Lieferbedingungen für BMW Fahrzeuge" enthielten unter anderem folgende Klauseln:

4 Preise und Zahlungen

4.1 Preise

... Maßgebend ist der am Ausstellungsdatum der Rechnung gültige Preis. ...

4.2 Preisänderungen

BMW ist berechtigt, die Preise jederzeit zu ändern.

Im Falle einer Preiserhöhung erhält der Händler von BMW einen Ausgleich in Höhe des Unterschieds zwischen dem alten und neuen, dem Händler von BMW berechneten Preis, (ohne MwSt.) für dieses Fahrzeug zuzüglich MwSt. Voraussetzung ist, dass der Händler im Rahmen seiner Lieferquote aufgrund eines vor der Preiserhöhung zustande gekommenen, schriftlichen Kaufvertrags mit einem vereinbarten Liefertermin innerhalb von vier Monaten seit Vertragsschluss einem Kunden den auf der Grundlage des zur Zeit des Vertragsabschlusses gültigen BMW Preises vereinbarten Preis berechnet hat. Das gilt auch dann, wenn die Lieferung des Händlers an den Kunden unabhängig von dem vereinbarten Liefertermin innerhalb von vier Monaten nach Vertragsschluss erfolgt.

...

Bis 1996 hatte die Beklagte den Preis, den ihre Händler für Neufahrzeuge zu zahlen hatten, durch ein System von Rabatten, die auf der Basis der jeweiligen UPE bemessen wurden, bestimmt. Gleichzeitig mit dem neuen Händlervertrag führte sie unter der Bezeichnung "BMW Preissystem 1996 - Neue Automobile" ein Regelwerk dazu ein, zu welchen Preisen ihre Händler Neufahrzeuge beziehen konnten. Dieses System sah vor, dass der Händler seine Neufahrzeuge zu dem jeweiligen von der Beklagten festgelegten WAP abzüglich diverser Boni bezog. Die Höhe der Boni wurde jeweils in Prozentanteilen sowohl des WAP als auch der UPE angegeben. Dazu hieß es in dem Regelwerk:

Dieser WAP wird nicht mehr in % von der unverbindlichen Preisempfehlung (UPE) errechnet, sondern nur noch als fester DM Betrag bekannt gegeben. Dementsprechend stellt nicht mehr die UPE die Wertbasis für sämtliche Bonuszahlungen dar, sondern der WAP.

Im Vorfeld der Einführung des neuen Händlervertrags und des Preissystems 1996 hatte der Kläger zu 2. von der Beklagten verlangt, dass das von ihr so genannte Margensystem Vertragsbestandteil sein müsse. Das hatte die Beklagte abgelehnt. Am 05. 09. 1996 trafen die Beklagte und der Kläger zu 2. aber eine Vereinbarung, dass während der Laufzeit der Vereinbarung die Differenz zwischen WAP und UPE 14 %, bezogen auf die UPE, betrage. Die Beklagte kündigte diese Vereinbarung zum 31. 12. 1999. Am 23. 08. 1999 kamen die Beklagte und der Kläger zu 2. überein, dass die Differenz zwischen WAP und UPE für mehrere Modellreihen, darunter die 7er-Reihe, in der Zeit vom 01. 01. 2000 bis zum 31. 12. 2001 13 % der UPE betrage.

Im Jahr 2000 löste die Beklagte das Preissystem 1996 durch ein "BMW Preissystem 2000 - Neue Automobile" genanntes Regelwerk ab, das ebenfalls vorsah, dass der Händler seine Neufahrzeuge zu dem jeweiligen von der Beklagten festgelegten WAP abzüglich diverser Boni bezog. Die Höhe der Boni wurde nur noch in Prozentanteilen des WAP dargestellt; der Begriff der UPE erschien in diesem System nicht mehr. Der WAP galt auch für die konzerneigenen Niederlassungen.

Im Herbst 2001 führte die Beklagte eine 7er-Nachfolgemodellreihe mit der werksinternen Bezeichnung E 65 ein und gab für jedes Modell der Reihe eine UPE bekannt. Gleichzeitig kündigte sie den Händlern an, zum 01. 01. 2002 für diese Modellreihe den Abstand zwischen UPE und WAP durch Anhebung des jeweiligen WAP jeweils um 2 %-Punkte zu verringern.

Seit dem 01. 01. 2002 berechnet die Beklagte den Händlern Neufahrzeuge des Typs E 65 jeweils zum angehobenen WAP. Die jeweilige UPE blieb demgegenüber unverändert.

Nach einer Modellrechnung der Kläger betragen die durchschnittliche UPE für die 7er-Modellreihe 66.183,- € und der durchschnittliche Endverkaufspreis 62.028,- €.

Die Kläger haben vorgetragen, dass ihnen zahlreiche, im Einzelnen dargestellte Fahrzeuge zu einem WAP geliefert worden seien, der jeweils nur 11 % unter der entsprechenden UPE gelegen sei.

Sie haben beantragt,

festzustellen, hinsichtlich des Klägers zu 1. gegenüber der Autohaus K. KG und hinsichtlich des Klägers zu 2. gegenüber der Autohaus Fu. GmbH, dass die Beklagte bis 30. 09. 2003 verpflichtet ist, an die Kläger zu 3. - 14. über den 31. Dezember 2001 hinaus bei der Belieferung mit Neufahrzeugen des Typs E 65 eine Händlergrundmarge auf der Grundlage eines Abstandes zwischen unverbindlicher Preisempfehlung und Werksabgabepreis von 13 % (bezogen auf die jeweilige unverbindliche Preisempfehlung) zu berechnen,

hilfsweise,

festzustellen, hinsichtlich des Klägers zu 1. gegenüber der Autohaus K. KG und hinsichtlich des Klägers zu 2. gegenüber der Autohaus Fu. GmbH, dass die mit Rundschreiben der Beklagten vom 10. 09. 2001 (Anlage K 1) mitgeteilte Reduzierung des Abstandes zwischen UPE und Werksabgabepreis um 2 % Punkte ab dem 01. 01. 2002 für das Modell E 65 (7er Reihe) bis 30. 09. 2003 keine verbindliche Grundlage zur Bemessung der Händlergrundmarge für die Fahrzeuge des Typs E 65 darstellt und die Beklagte verpflichtet ist, ab dem 01. 01. 2002 die Lieferung dieser Fahrzeuge an die Kläger zu Ziff. 3. - 14. sowie an die von den Klägern zu 1. und 2. vertretenen Händler unter Zugrundelegung eines Abstandes zwischen unverbindlicher Preisempfehlung und Werksabgabepreis von 13 % (bezogen auf die jeweilige unverbindliche Preisempfehlung) vorzunehmen und zu berechnen,

äußerst hilfsweise,

die Beklagte zu verurteilen, ab dem 01. 01. 2002 bis zum 30. 09. 2003 die Kläger zu 3. - 14. und die von den Klägern zu 1. und 2. vertretenen Händler mit Neufahrzeugen des Typs E 65 auf der Grundlage einer Händlermarge mit einem Abstand zwischen unverbindlicher Preisempfehlung und Werksabgabepreis von 13 % (bezogen auf die jeweilige unverbindliche Preisempfehlung) zu beliefern,

überdies äußerst hilfsweise,

die Beklagte zu Zahlungen an die Kläger zu verurteilen, wegen deren Höhen in Hauptsache und Nebenforderungen auf die Seiten 13 bis 20 der Urteilsabschrift des landgerichtlichen Urteils (Bl. 203 bis 210 d. A.) verwiesen wird.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 13. 03. 2003 hat das Landgericht der Beklagten eine Frist zur Erwiderung auf zwei Schriftsätze der Kläger vom 10.und 12. 03. 2003 gewährt, die die Beklagte mit Schriftsatz vom 17. 04. 2003 genutzt hat.

Mit Urteil vom 08. 05. 2003, auf dessen tatsächliche Feststellungen in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 10. 07. 2003 Bezug genommen wird, hat das Landgericht die Klage abgewiesen und das im Wesentlichen wie folgt begründet:

Ein vertraglicher Anspruch auf Einhaltung einer Gewinnmarge für die Modellreihe E 65 bestehe nicht. Ungeachtet der Rechtsnatur der früheren Vereinbarungen hierzu gebe es ab dem 01. 01. 2002 als vertragliche Grundlage nur noch den Händlervertrag und die Verkaufs- und Lieferbedingungen. Der Händlervertrag enthalte selbst keine Regelung der Preisgestaltung, sondern verweise in seiner Ziffer 6 auf die Verkaufs- und Lieferbedingungen, in denen unter Ziffer 4.2 geregelt sei, dass die Beklagte berechtigt sei, die Preise jederzeit zu ändern. Damit hätten sich die Parteien nicht auf einen bei Vertragsschluss gültigen Preis geeinigt, sondern die Festsetzung des Preises von vornherein der Beklagten überlassen. Eine bestimmte Händlermarge sei zum Zeitpunkt des Abschlusses des Händlervertrags zwischen den Parteien nicht vereinbart gewesen, vielmehr hätten unterschiedliche Auffassungen über das neue Preissystem 1996 bestanden: die Beklagte habe eine Umstellung auf die vom WAP ausgehende Preisbemessung gewollt, die Händler die Festschreibung einer bestimmten Händlermarge als Kalkulationsgrundlage.

Der Händlervertrag enthalte in den dargestellten Regelungen ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht für die Beklagte, das diese durch die Preissysteme 1996 und 2000 ausgefüllt habe. Nach Wegfall der Vereinbarungen bzw. Selbstverpflichtungen zum 31. 12. 2001 sei die Beklagte nur verpflichtet, die Preise gemäß § 315 Abs. 3 BGB nach billigem Ermessen festzusetzen. Ferner müsse sie sich eventuell an den Grenzen der §§ 20 Abs. 4, § 19 Abs. 4 GWB messen lassen. Eine ergänzende Vertragsauslegung gemäß §§ 133, 157 BGB komme nicht in Betracht, da der Händlervertrag keine Lücke aufweise, sondern eindeutig ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht vorsehe. Wegen der unterschiedlichen Ansichten der Parteien könne auch kein übereinstimmender hypothetischer Parteiwille festgestellt werden. Auch eine Anpassung des Händlervertrags nach den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 BGB dahingehend, dass eine Händlermarge von 13 % verpflichtend sein solle, komme nicht in Betracht, da es bei Vertragsschluss keine gemeinsame bzw. geduldete Vorstellung über eine bestimmte prozentuale Händlermarge als Bestandteil des Vertrags gegeben habe. der entsprechenden Vorstellung der Händler habe die Beklagte mehrfach widersprochen. Die Hoffnung der Händler, trotz des Vertragsinhalts längerfristig einen Grundrabatt eingeräumt zu bekommen, möge zwar Motiv für den Vertragsschluss gewesen sein, sei aber keine übereinstimmende Vorstellung beider Parteien gewesen.

Die Vereinbarung eines einseitigen Leistungsbestimmungsrechts unterliege nicht der Inhaltskontrolle des § 307 BGB. Sie enthalte eine unmittelbare Regelung über die Preisgestaltung im Rahmen einer der Hauptleistungspflichten, nämlich der Belieferung mit Neufahrzeugen. Sie sei deshalb gemäß § 307 Abs. 3 BGB der Inhaltskontrolle entzogen.

Die neue Leistungsfestsetzung durch die Beklagte unterliege nur der Billigkeitskontrolle gemäß § 315 Abs. 1, 3 BGB; erst wenn sie nicht der Billigkeit entspreche, könne sie durch ein Urteil ersetzt werden. Im vorliegenden Fall entspreche die Neufestsetzung jedoch billigem Ermessen. Die Beklagte sei die ihr als derjenigen, die sich auf ihr Recht zur Leistungsbestimmung berufe, obliegenden Darlegungs- und Beweislast in der Klageerwiderung und insbesondere in ihrem nachgelassenen Schriftsatz vom 17. 04. 2003 nachgekommen. Als wichtigstes Argument zähle aber, dass die Musterrechnung der Kläger von einem durchschnittlichen Kundenrabatt von knapp 7 % der UPE ausgehe. wenn der Händler diesen Rabatt reduziere, sei noch erheblicher Spielraum für ein positives Betriebsergebnis vorhanden. Wenn ein Modell wie der neue E 65 schwer verkäuflich sei, so liege das sicher nicht am Kundenrabatt, sondern an einer falschen Modellpolitik der Beklagten; das Risiko, ein schwer verkäufliches Modell zu erhalten, bestehe für den jeweiligen BMW-Händler aber immer und könne nicht dadurch abgefedert werden, dass die Beklagte eine höhere Grundmarge einräumen müsse. Dem Hauptinteresse der Kläger an einer festen Kalkulationsgrundlage könne nicht nur durch eine Grundmarge wie bisher, sondern auch durch einen festen WAP Rechnung getragen werden. Die Umstellung des Preissystems von einer Grundmarge auf einen festen WAP entspreche damit genauso dem Bedürfnis der Kläger. Da die Beklagte diese Umstellung nur schrittweise vornehme, sei sie nicht zu beanstanden. Wenn die Händler bei der Preisgestaltung weniger Spielraum gegenüber dem Kunden hätten, würden oder sollten sich die Kunden daran gewöhnen, dass die UPE auch annähernd der tatsächlich zu zahlende Kaufpreis sei.

Auch aus § 19 Abs. 4 oder § 20 Abs. 4 GWB ergebe sich kein Anspruch auf Bestimmung einer bestimmten Grundmarge. Da die Festsetzung billigem Ermessen entspreche, könne in ihr auch nicht der Missbrauch von Marktmacht oder eine Ausbeutung gesehen werden.

Dagegen wenden sich die Kläger mit ihren Berufungen.

Sie rügen zunächst eine Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör, weil der Vortrag der Beklagten in deren Schriftsatz vom 17. 04. 2003 zur Angemessenheit der Erhöhung des WAP nicht durch die klägerischen Schriftsätze vom 10. und 12. 03. 2003 veranlasst gewesen und deshalb zurückzuweisen gewesen sei. Zumindest hätte ihnen Gelegenheit zur Erwiderung gewährt werden müssen.

Sie tragen vor, die Niederlassungen der Beklagten und deren konzerneigenen Töchter gewährten Nachlässe im zweistelligen Bereich, und berufen sich auf zwei von ihnen vorgelegte Leasing-Kalkulationen einer Konzerntochter der Beklagten, in denen Nachlässe von 13,17 % und 15,48 % auf die UPE ausgewiesen sind. Die Niederlassungen machten allesamt Verluste, was für die Beklagte nicht so wesentlich sei, weil sie die Niederlassungen als "Zulassungsregulativ" - ein Begriff, den die Kläger nicht näher erläutern - ansehe.

Die Kläger rügen des Weiteren, dass das Landgericht zu Unrecht davon ausgegangen sei, die Klausel 4.2 Abs. 1 der Verkaufs- und Lieferbedingungen sei nicht der Inhaltskontrolle nach dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen unterworfen. Die UPE sei unausgesprochener Vertragsbestandteil, weil sie den Höchstpreis für das Fahrzeug markiere; damit beinhalte die Klausel im Kern eine einseitige Entgeltänderungsregelung, ohne dass die hierfür erforderlichen Kriterien - insbesondere schwerwiegende Änderungsgründe - angeführt seien. Es spiele auch keine Rolle, ob es sich bei ihr um eine Regelung der Hauptleistungspflicht handele, weil sie nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in jedem Fall der Inhaltskontrolle unterliege. Dieser Kontrolle halte sie nicht stand, insbesondere weil sie weder die Änderungsgründe nenne noch die Interessen des Vertragspartners angemessen berücksichtige. Die damit auftretende Lücke sei im Wege ergänzender Vertragsauslegung zu füllen. Hierfür sei es nahe liegend, dass eine "übliche" Vergütung, wie sie in § 87b HGB sowie in § 675 und in § 612 Abs. 2 BGB zum Ausdruck komme, im Interesse beider Parteien gelegen hätte. Dabei sei zu beachten, dass bei vergleichbaren Konkurrenzprodukten ebenfalls Nachlässe von mindestens 7 % gewährt würden. Auch hätten sich die sachlichen Umstände gegenüber der Zeit, in der die Marge 13 % betragen habe, nicht geändert.

Selbst wenn die Klausel nicht an AGB-rechtlichen Grundsätzen zu messen sei, habe die Beklagte ihr Leistungsbestimmungsrecht nicht nach billigem Ermessen im Sinne des § 315 Abs. 3 BGB ausgeübt. Die Ansicht des Landgerichts, die Händler könnten durch eine Verringerung der den Endkunden gewährten Nachlässe Spielraum für ein positives Betriebsergebnis gewinnen, sei absolut realitätsfern. Geringere Nachlässe als die in den klägerischen Berechnungen veranschlagten 7 % seien nicht zuletzt wegen des nahezu ruinösen Wettbewerbs der Händler mit den Niederlassungen nicht durchsetzbar. Auch habe die Beklagte den Händlern durch die Margenverringerung die Kalkulationsgrundlage für die mit dem Abschluss eines Händlervertrags verbundene Investitionsentscheidung entzogen.

Der Anspruch auf Beibehaltung einer Marge von 13 % folge auch aus § 20 Abs. 2 i. V. m. § 33 GWB. Insbesondere sei die in der Erhöhung des WAP liegende Behinderung unbillig. Eine zu geringe Spanne zwischen WAP und UPE führe dazu, dass dem Händler so gut wie kein Spielraum für die Festlegung eigener Preise, einem wesentlichen normativen Ziel der einschlägigen Gruppenfreistellungsverordnung, bleibe. Diese Nachlässe der Niederlassungen schafften eine Wettbewerbssituation, in der die Händler unangemessen benachteiligt würden.

Die Kläger haben zunächst angekündigt, die Aufhebung des landgerichtlichen Urteils und die Verurteilung der Beklagten entsprechend ihren Anträgen erster Instanz zu beantragen. Nach Ablauf des 30. 09. 2003, zu dem die Beklagte die in den Jahren 1995 und 1996 geschlossenen Händlerverträge wegen der neuen Gruppenfreistellungsverordnung (EG) Nr. 1400/2002 gekündigt hatte, beantragen sie, gestützt auf - teilweise bestrittenen - Vortrag zu weiteren Fahrzeuglieferungen, nunmehr,

die Beklagte zu verurteilen,

a) an den Kläger zu 1. € 64.012,11 nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 01. 10. 2003 zu zahlen,

b) an den Kläger zu 2. € 26.395,74 nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 01. 10. 2003 zu zahlen,

c) an die Klägerin zu 3. € 44.773,32 nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 01. 10. 2003 zu zahlen,

d) an die Klägerin zu 4. € 51.626,62 nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 01. 10. 2003 zu zahlen,

e) an die Klägerin zu 5. € 71.304,03 nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 01. 10. 2003 zu zahlen,

f) an die Klägerin zu 6. € 32.440,66 nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 01. 10. 2003 zu zahlen,

g) an die Klägerin zu 7. € 16.567,41 nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 01. 10. 2003 zu zahlen,

h) an die Klägerin zu 8. € 30.856,38 nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 01. 10. 2003 zu zahlen,

j) an die Klägerin zu 9. € 22.163,92 nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 01. 10. 2003 zu zahlen,

k) an die Klägerin zu 10. € 44.039,31 nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 01. 10. 2003 zu zahlen,

l) an die Klägerin zu 11. € 36.303,39 nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 01. 10. 2003 zu zahlen,

m) an die Klägerin zu 12. € 36.948,43 nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 01. 10. 2003 zu zahlen,

n) an die Klägerin zu 13. € 93.542,23 nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 01. 10. 2003 zu zahlen,

o) an die Klägerin zu 14. € 112.209,01 nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 01. 10. 2003 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angegriffene Urteil. Außerdem trägt sie trägt vor, dass die Berechnung der Höhe der geltendgemachten Ansprüche nicht schlüssig sei. So seien auch Lieferungen, die nicht an einen der Kläger, sondern an Großkunden erbracht worden seien, einbezogen, zum Teil Transportkosten als Teil des WAP angesetzt und Lieferungen zum alten, 13 % unter der UPE gelegenen WAP herangezogen worden. Auch könne die Differenz zwischen altem und neuem WAP nicht als Schaden geltend gemacht werden, weil davon auszugehen sei, dass die Händler bei geringerem WAP entsprechend günstiger abgegeben hätten.

Im Übrigen wird auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und das Protokoll des Termins vom 22. 01. 2004 Bezug genommen.

II.

1. Die Umstellung der Anträge im Berufungsverfahren stellt eine Klageänderung dar. Sie ist sachdienlich, weil dadurch dem Einfluss des Zeitablaufs auf den Streit der Parteien Rechnung getragen wird, ohne dass der bisherige Streitstoff an Bedeutung verlöre, und deshalb gemäß § 533 ZPO zulässig.

2. Die Berufungen sind unbegründet, weil den Klägern die geltend gemachten Zahlungsansprüche nicht zustehen.

a) Den Klägern stehen keine Ansprüche aus § 812 Abs. 1 Satz BGB zu.

Insbesondere hatten die Zahlungen, die die Kläger nunmehr teilweise zurückfordern, ihren Rechtsgrund jeweils in den einzelnen Kaufverträgen, die die Kläger - oder in den Fällen der Kläger zu 1. und zu 2. deren Zedenten - mit der Beklagten über die Lieferung bestimmter Neufahrzeuge geschlossen hatten. Die Kaufverträge kamen mit dem Inhalt, dass die von der Beklagten in ihren jeweils aktuellen Listen aufgeführten Preise zu zahlen waren, zu Stande.

aa) Vereinbarungen über die Höhe der Fahrzeugpreise fanden sich weder im Händlervertrag noch in den "Verkaufs- und Lieferbedingungen" genannten Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten. Jedenfalls hinsichtlich der 2001 auf den Markt gebrachten Modellreihe E 65 kann auch nicht angenommen werden, dass die bei Abschluss des Händlervertrags mit den einzelnen Händlern jeweils gültigen Preislisten Bestandteil dieses Rahmenvertrags geworden seien, weil es diese Modellreihe noch gar nicht gegeben hatte, als die jeweiligen Händlerverträge im Jahr 1996 geschlossen wurden. Die Preise ergaben sich vielmehr lediglich aus den einseitig von der Beklagten bereits vor Abschluss der einzelnen Kaufverträge festgelegten Preislisten. Diese waren damit lediglich als Aufforderung zur Abgabe eines Kaufangebots (invitatio ad offerendum) an die Händler zu verstehen. Beim Abschluss jedes Einzelvertrags bot dann der Händler der Beklagten an, ihr Fahrzeuge zu den ihm durch die aktuellen Listen bekannten Preisen abzukaufen, und die Beklagte nahm dieses Angebot an.

Zur Änderung dieser Preislisten war die Beklagte - vorbehaltlich der Verpflichtung zur Rücksichtnahme, die ihr gegenüber ihren Händlern aus dem Rahmenregelungen enthaltenden Händlervertrag erwuchs (dazu unten Ziff. b] aa] [1]) - als Ausfluss ihrer Privatautonomie ohne weiteres befugt, weil sich eine derartige Änderung im Grundsatz nicht auf bereits geschlossene Kaufverträge auswirkte, sondern lediglich die Grundlage für neu zu schließende Kaufverträge änderte. Der erste Absatz der Ziff. 4.2 der Verkaufs- und Lieferbedingungen gibt deshalb nur die Rechtslage wieder: Wer Ware bislang zu einem bestimmten Preis verkauft hat, ist nicht gebunden, auch weiterhin nur zu diesem Preis zu verkaufen, sondern kann bei künftigen Geschäften andere Preise verlangen.

Dem zweiten Absatz der Ziff. 4.2 der Verkaufs- und Lieferbedingungen kann nichts anderes entnommen werden. Schon ihrem Wortlaut nach betraf diese Regelung nicht die Höhe des Kaufpreises, sondern gab dem Händler einen Ausgleichsanspruch in Fällen, in denen er selbst den neuen, höheren Preis an die Beklagte zahlen musste, bei dem Geschäft mit dem Endkunden aber noch den alten, niedrigeren Preis zu Grunde gelegt hatte. Damit wurde dem Umstand Rechnung getragen, dass der Händler wegen des Klauselverbots des § 11 Nr. 1 AGBG (nunmehr § 309 Nr. 1 BGB) kurzfristige Preiserhöhungen regelmäßig nicht an den Endkunden weitergeben kann. Diese Regelung war Ausdruck der Pflichten, die die Beklagte den Händlern als ihren Vertragspartnern gegenüber treffen, ließ aber die Befugnis der Beklagten, die Preise bei jedem neuen Geschäft neu zu bestimmen, unberührt.

bb) Diese Befugnis der Beklagten wurde durch das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht berührt. Ziff. 4.2 Abs. 1 der Verkaufs- und Lieferbedingungen unterlag nicht der Inhaltskontrolle, deren Umfang und Maßstäbe sich - in der Sache übereinstimmend - für vor dem 01. 01. 2002 geschlossene Kaufverträge aus dem AGBG und für danach geschlossene aus den §§ 305 ff. BGB ergeben (vgl. Art. 229 § 5 EGBGB).

Der Inhaltkontrolle sind nur solche Klauseln unterworfen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden (vgl. § 8 AGBG, § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB). Daran fehlte es aber bei der genannten Klausel, weil es keine Rechtsvorschriften gibt, die regeln würden, zu welchen Preisen eine Ware anzubieten ist. Aus dem Zusammenhang der Verkaufs- und Lieferbedingungen mit dem auf langfristige Zusammenarbeit angelegten Händlervertrag ergibt sich unzweideutig der Klauselinhalt, dass die Beklagte nicht auf Dauer an ein bestimmtes Preisangebot gebunden sein, sondern für neue Kaufverträge neue Preise verlangen können sollte; ihr kann nicht die der Inhaltskontrolle zugängliche*1 Bedeutung beigemessen werden - und auch die Kläger tun das nicht -, dass die Beklagte befugt sein sollte, einen zunächst bereits in einem konkreten Kaufvertrag vereinbarten Preis über die Neufestsetzung des Listenpreises nachträglich zu ändern. Dass die Klausel in Ziff. 4.1 der Verkaufs- und Lieferbedingungen, der zufolge nicht der bei Abschluss des Kaufvertrags gültige Preis, sondern der bei Rechnungsstellung gültige maßgebend sein sollte, eine solche Befugnis der Beklagten zum Ausdruck gebracht haben könnte, ist für den vorliegenden Rechtsstreit ohne Bedeutung.

Der Klausel im ersten Absatz der Ziff. 4.2 kommt aber auch nicht die ihr von den Klägern beigemessene Bedeutung zu, der Beklagten im Zusammenwirken mit der UPE zu gestatten, die Handelsspannen ihrer Vertragspartner beliebig zu verringern und diese dadurch unangemessen zu benachteiligen. Anders als in dem Fall, der der von den Klägern angeführten Daihatsu-Entscheidung des Bundesgerichtshofs*2 zu Grunde lag, findet sich im vorliegenden Fall im Händlervertrag keinerlei Fixierung der Handelsspanne der Händler, die durch eine Änderung des WAP nachträglich wieder gelöst worden wäre. Anders als es der Bundesgerichtshof in jenem Fall getan hat, kann man vorliegend nicht davon ausgehen, dass die tatsächlich erzielbare Handelsspanne durch die Differenz zwischen der UPE (vom Bundesgerichtshof empfohlener Endverkaufspreis genannt*3) und dem Einkaufspreis der Händler bestimmt worden sei, weil die UPE wegen der mittlerweile allgemein üblichen Nachlässe nicht mehr den tatsächlich erzielbaren Endverkaufspreis darstellte. Deswegen, wegen des Fehlens einer Verpflichtung der Beklagten im Händlervertrag, überhaupt eine UPE abzugeben, und der ausdrücklichen Abkehr der Beklagten von der UPE als Element der Preisbestimmung bereits in ihrem Preissystem 1996 kann auch nicht angenommen werden, die UPE sei ein "unausgesprochener Vertragsbestandteil" geworden.

cc) Die Klausel unterliegt auch nicht der Billigkeitskontrolle des § 315 Abs. 3 BGB, da in ihr ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht der Beklagten weder hinsichtlich der einzelnen Kaufverträge noch hinsichtlich des Händlervertrags insgesamt vereinbart wurde.

Die einzelnen Kaufverträge enthielten - jeweils unter Bezugnahme auf die Preislisten der Beklagten - ziffernmäßig bestimmte Preise. Die Verträge kamen also nicht in der von § 315 BGB vorausgesetzten Weise zu Stande, dass zunächst die Abnahme der Ware fest vereinbart und der Beklagten das Recht zur Bestimmung deren Preises eingeräumt worden wäre, das diese im Anschluss daran ausgeübt hätte.

Auch hinsichtlich des Händlervertrags kann nicht von einem Leistungsbestimmungsrecht der Beklagten ausgegangen werden. Die Verdienstmöglichkeiten des Händlers sind zwar aus dessen Sicht wirtschaftlicher Zweck des Vertrags, was die Beklagte im Rahmen ihrer Rücksichtnahmepflichten zu beachten hat, stellen aber keine konkrete, durch die Beklagte bestimmbare Leistung dar, weil sie von zahlreichen, durch die Beklagte nicht beeinflussbaren Umständen wie dem Marktverhalten von Konkurrenten oder dem Konsumverhalten der potentiellen Kunden geprägt werden. Der bloße Umstand, dass Handlungen der Beklagten Auswirkungen auf die Verdienstmöglichkeiten haben können, macht eine Vertragsbestimmung, nach der die Beklagte solche Handlungen vornehmen kann, noch nicht zur Einräumung eines einseitigen Leistungsbestimmungsrechts.

Im Übrigen wären die Kläger bei der Geltendmachung der Unbilligkeit im Rahmen eines Rückforderungsanspruchs gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB für die Unbilligkeit der Leistungsbestimmung darlegungs- und beweispflichtig*4. Dieser Obliegenheit sind sie schon deshalb nicht nachgekommen, weil ihrem Vortrag nicht entnommen werden kann, welche Auswirkungen gerade die Erhöhung der WAP für das Modell E 65 auf ihre Verdienstmöglichkeiten hatte (dazu sogleich).

dd) Die einzelnen Kaufverträge sind auch nicht aus kartellrechtlichen Gründen ganz oder teilweise nichtig.

(1) Die Heraufsetzung des WAP für die Modellreihe E 65 stellt keine unbillige Behinderung im Sinne des § 20 Abs. 1, 2 GWB dar.

Ob ein Verhalten unbillig im Sinne des § 20 Abs. 1 GWB ist, muss auf Grund einer umfassenden Abwägung der beteiligten Interessen unter Berücksichtigung der auf die Freiheit des Wettbewerbs gerichteten Zielsetzung des GWB beantwortet werden, bei der die konkreten Auswirkungen von Marktmacht und Abhängigkeit zu ermitteln und in die Abwägung einzubeziehen sind*5. Dabei obliegt den Klägern die Darlegungs- und Beweislast, weil sie sich auf die Unbilligkeit der von ihnen in der Erhöhung des WAP gesehenen Behinderung berufen*6.

Dieser Obliegenheit sind sie nicht nachgekommen. Ihr Vortrag lässt nicht erkennen, dass die Erhöhung des WAP unbillig wäre. Insbesondere haben sie nicht hinreichend dargetan, inwieweit diese Erhöhung sie - etwa hinsichtlich ihrer Verdienstmöglichkeiten - ernstlich beeinträchtigen würde, so dass es auf die sodann in die Abwägung einzubringenden gegenläufigen Interessen der Beklagten, etwa daran, dass die UPE den tatsächlich durchgesetzten Endpreisen entspricht, nicht ankommt.

Denn die Erhöhung hat nicht zwangsläufig zur Folge, dass ein Händler weniger verdienen würde. Das wäre nur dann der Fall, wenn er seine Ware im Wesentlichen zu der jeweiligen UPE entsprechenden Preisen verkaufen würde. Vorliegend ist aber unstreitig, dass die UPE lediglich die Obergrenze dessen darstellt, was vom Endkunden verlangt werden kann, und die tatsächlich erzielten Endverkaufspreise regelmäßig etwa 7 % darunter liegen. Bei dieser Sachlage kann ein Händler - wie das Landgericht zu Recht ausgeführt hat - auch nach Anhebung des WAP bei unveränderter UPE im Grundsatz denselben Überschuss wie vorher erzielen, wenn er die Erhöhung in der Weise an seine Kunden weitergibt, dass er sich diesen gegenüber auf einen geringeren Nachlass von der UPE einlässt.

Der klägerische Vortrag dazu, dass ein derartiges Vorgehen in der Praxis nicht durchsetzbar sei, vermag nicht durchzugreifen. Die Kläger berufen sich zwar auf einen nahezu ruinösen Wettbewerb mit den Niederlassungen, haben aber schon ihre - von der Beklagten bestrittene - Behauptung dazu, welche Nachlässe die Niederlassungen gewährten, nicht näher dargelegt. Alleine die Vorlage zweier Berechnungsbeispiele (Anlage K 28) für Leasing-Geschäfte ist schon wegen der wesentlichen Kalkulationsunterschiede zwischen Leasing und Kauf nicht geeignet, die Behauptung zu belegen, die Niederlassungen gewährten beim Verkauf von Neufahrzeugen höhere Nachlässe als die Händler. Weiteren detaillierten Vortrag unter Beweisantritt dazu, welche Nachlässe die Niederlassungen ihren Kunden einräumten, haben die Kläger nicht gemacht.

Darüber hinaus sind sie der Behauptung der Beklagten, der WAP gelte auch für die Niederlassungen, nicht entgegengetreten. Damit wäre selbst für den Fall, dass ein ruinöser Wettbewerb der Händler mit den Niederlassungen festgestellt werden könnte, die Ursache dafür nicht in der Höhe des WAP zu suchen, sondern allenfalls in anderen Stützungsmaßnahmen der Beklagten zu Gunsten der Niederlassungen, wie dem von den Klägern wenig substantiiert vorgetragenen und von der Beklagten bestrittenen Umstand, dass die Niederlassungen allgemein keine Gewinne erwirtschaften müssten. Derartige Maßnahmen wären aber nicht geeignet, die Erhöhung des WAP unbillig erscheinen zu lassen, und könnten die auf ganz bestimmte Fahrzeuglieferungen bezogenen Klageansprüche nicht begründen.

Auch die allgemeine Berufung auf eine Verschlechterung der Ertragslage der Händler ist nicht geeignet, die Unbilligkeit der Erhöhung des WAP zu begründen, da der ursächliche Zusammenhang zwischen beiden, zumal in Zeiten allgemein - also auch bei den potentiellen Endkunden - zurückhaltenden Kaufverhaltens, nicht gesichert ist.

(2) Schon aus den gleichen Gründen kann bei der Erhöhung des WAP nicht von der missbräuchlichen Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung im Sinne des § 19 GWB ausgegangen werden.

b) Die Kläger können die Klageansprüche auch nicht auf eine Schadensersatzverpflichtung der Beklagten stützen.

aa) Ihnen stehen keine Ansprüche aus § 280 Abs. 1 BGB oder nach den Grundsätzen zur positiven Vertragsverletzung, jeweils i. V. m. Art. 229 § 5 EGBGB, zu, weil eine Verletzung von Vertragspflichten durch die Beklagte nicht dargetan ist.

(1) Zwar traf die Beklagte - was sie im Grundsatz auch anerkennt - eine gesteigerte Treuepflicht ihren Händlern gegenüber. Der Umstand, dass der Vertragshändler nicht nur seine Tätigkeit, sondern auch seinen Geschäftsbetrieb und das von ihm investierte Kapital weitgehend den Interessen des Herstellers unterordnet, verpflichtet diesen, den schutzwürdigen Belangen des Vertragshändlers angemessen Rechnung zu tragen und dessen Interessen nicht ohne begründeten Anlass zuwiderzuhandeln*7. Das schließt auch ein, dass der Hersteller bei der Gestaltung der Preise, die er von seinen Vertragshändlern fordert, nicht frei ist. Insbesondere wenn er auf die durch die Vertragshändler erzielbaren Endverkaufspreise durch Abgabe einer echten unverbindlichen Preisempfehlung im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 2 GWB Einfluss nimmt, darf er die Preise, zu denen er die Vertragshändler beliefert, nicht so festsetzen, dass diesen keine angemessene Gewinnspanne mehr verbleibt, sondern muss den Abgabepreis an die Vertragshändler und die UPE entsprechend harmonisieren.

(2) Von einer unverbindlichen Preisempfehlung im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 2 GWB kann indes im Streitfall nicht die Rede sein. Die von der Beklagten abgegebene UPE wird nämlich nicht in der Erwartung ausgesprochen, dass der empfohlene Preis dem von der Mehrheit der Empfehlungsempfänger voraussichtlich geforderten Preis entspricht, wie diese Vorschrift voraussetzt. Die eigene Modellrechnung der Kläger belegt, dass die Endverkaufspreise regelmäßig etwa 7 % unter der UPE der Beklagten liegen und diese daher zu einem bloßen Orientierungspreis denaturiert ist, der dem üblicherweise geforderten Marktpreis lediglich als Orientierung dient. Eine Erhöhung des WAP um zwei Prozentpunkte hat daher keine Auswirkungen auf die Gewinnspanne der Händler, sondern nur auf die Kalkulationsgrundlage für den Endverkaufspreis.

bb) Die Kläger können die Klageansprüche auch nicht auf § 33 Satz 1 i. V. m. §§ 20 Abs. 1, 2 oder 19 GWB stützen. stützen, da die Voraussetzungen der §§ 19, 20 GWB nicht dargetan sind (s. o. Ziff. a] dd]).

c) Da bei den Händlern keine Ansprüche entstanden sind, spielt es keine Rolle, dass die Klage des Klägers zu 1. schon deshalb unschlüssig ist, soweit er eine den Betrag von 17.884,54 € übersteigende, bei der Autohaus K. KG entstandene Forderung geltend macht, weil lediglich eine Abtretung über eine - dem in der ersten Instanz gestellten Hilfszahlungsantrag entsprechende - Forderung in der genannten Höhe dargetan ist. Gleiches gilt für die Berufung des Klägers zu 2. hinsichtlich einer den Betrag von 39.476,81 € übersteigenden, bei der Autohaus Fu. GmbH entstandenen Forderung.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf den §§ 97 Abs. 1, 100 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) und auch die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO nicht vorliegen*8.

*1 Vgl. BGHZ 93, 252 (255). *2 Vgl. BGHZ 124, 351 ff. *3 Vgl. BGH a. a. O., S. 362. *4 Vgl. BGHZ 154, 5 (8 f.). *5 Vgl. BGH NJW 1996, 2656 (2658) - Pay-TV-Durchleitung; Bechtold, GWB, 3. Aufl. 2002, § 20 Rz. 38 m. w. N. *6 Vgl. BGHZ 116, 47 [56] - Amtsanzeiger. *7 Vgl. BGH NJW-RR 1993, 678 (681) m. w. N. *8 Vgl. dazu BGH, NJW 2003, 65 ff.

Ende der Entscheidung

Zurück