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Gericht: Oberlandesgericht München
Beschluss verkündet am 27.04.2007
Aktenzeichen: W (KAPMU) 4/07
Rechtsgebiete: KapMuG
Vorschriften:
KapMuG § 4 |
2. Ist das Hauptsacheverfahren bereits erstinstanzlich entschieden und beim Berufungsgericht anhängig, so fehlt es an einem Rechtsschutzbedürfnis des Beschwerdeführers gegen einen die Musterfeststellung versagenden Beschluß, da ein Vorlagebeschluß gemäß § 4 KapMuG nur während der während der Anhängigkeit des Rechtsstreits in erster Instanz zulässig ist.
Aktenzeichen: W (KAPMU) 4/07
In dem Rechtsstreit
wegen Forderung
hier: sofortige Beschwerde gegen die Zurückweisung von Musterfeststellungsanträgen
erläßt der Senat für Kapitalanleger-Musterverfahren des Oberlandesgerichts München durch die unterzeichnenden Richter am 27. April 2007
folgenden
Beschluß:
Tenor:
I. Der Antrag des Klägers auf Aussetzung des Beschwerdeverfahrens gemäß § 148 ZPO wird zurückgewiesen.
II. Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Landgerichts München I vom 31.01.2007 wird als unzulässig verworfen.
III. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der Kosten des Nebenintervenienten.
IV. Der Beschwerdewert wird auf EUR 25.419,26 festgesetzt.
V. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe:
I.
Der Beschwerdeführer begehrt von den Beschwerdegegnern im zu Grunde liegenden Klageverfahren Schadensersatz wegen der Verbreitung falscher Ad-hoc-Mitteilungen. Mit Schriftsätzen vom 23.09.2006 und vom 18.12.2006 stellte die Klägervertreterin Musterfeststellungsanträge mit verschiedenen Feststellungszielen. Hinsichtlich des Inhalts dieser Anträge wird auf Bl. 367 ff, und Bl. 442 d.A. Bezug genommen.
Das Landgericht München I hat mit Endurteil vom 31.01.2007 die Klage abgewiesen, da der Kläger bereits eine Kenntnis der Ad-hoc-Mitteilungen vor der Kaufentscheidung nicht habe nachweisen können.
Mit Beschluss vom selben Tag, berichtigt mit Beschluß vom 29.03.2007, hat das Landgericht München I den Musterfeststellungsantrag vom 23.09.2006 als unzulässig zurückgewiesen, da der Rechtsstreit entscheidungsreif sei, ohne dass es auf die mit dem Antrag begehrten Feststellungen ankomme.
Der Kläger hat gegen den Beschluss vom 31.01.2007 mit Schriftsatz vom 12.03.2007 sofortige Beschwerde eingelegt unter anderem mit der Begründung, dass die Voraussetzungen für eine Zurückweisung der Musterfeststellungsanträge gemäß § 1 Abs. 3 Satz 1 KapMuG nicht vorliegen; insbesondere sei der Rechtsstreit nicht entscheidungsreif. Ferner beantragt der Kläger, im Hinblick auf die Vorgreiflichkeit des von ihm angestrebten Berufungsverfahrens das Beschwerdeverfahren gemäß § 148 ZPO auszusetzen.
II.
Die sofortige Beschwerde ist zu verwerfen und der Aussetzungsantrag ist zurückzuweisen.
1. Die sofortige Beschwerde gegen die Zurückweisung der Musterfeststellungsanträge ist statthaft. Zwar sieht das KapMuG nicht ausdrücklich ein Rechtsmittel gegen die Zurückweisung von Musterfeststellungsanträgen gemäß § 1 Abs. 3 Satz 2 KapMuG vor. Mangels einer spezialgesetzlichen Regelung finden jedoch gemäß § 3 Abs. 1 EGZPO die §§ 567 ff ZPO Anwendung (Vorwerk/Wolf, KapMuG, § 1 Rn. 77).
Die sofortige Beschwerde ist jedoch unzulässig. Nach dem eindeutigen Wortlaut des KapMuG ist allein das Gericht der ersten Instanz dafür zuständig, vor einer Entscheidung in der Hauptsache ein Musterverfahren durch Vorlagebeschluss gemäß § 4 KapMuG in Gang zu setzen. Dies ist im vorliegenden Fall nicht mehr möglich, da das Landgericht bereits in der Sache durch Endurteil entschieden hat. Selbst eine fehlerhafte Zurückweisung des Musterfeststellungsantrages wäre durch den Senat nicht mehr korrigierbar (Zöller/Gummer/Heßler, ZPO, 26. Auflage, Rn. 11 vor § 511 ZPO). Der sofortigen Beschwerde fehlt somit das Rechtsschutzbedürfnis (Vorwerk/Wolf a.a.O.; § 1 Rn. 56).
Hieran ändert sich auch nichts dadurch, dass im Berufungsverfahren eine Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils und eine Zurückverweisung an das Landgericht gemäß § 538 ZPO möglich ist. In einem solchen Fall steht es dem Kläger vielmehr frei, erneut Musterfeststellungsanträge zu stellen. Solange das Klageverfahren jedoch in zweiter Instanz anhängig ist, kommt wie bereits ausgeführt, ein Vorlagebeschluss gemäß § 4 KapMuG nicht in Betracht.
2. Der Antrag, das Beschwerdeverfahren im Hinblick auf das Berufungsverfahren in der Hauptsache auszusetzen, ist schon deshalb zurückzuweisen, da wegen der Verwerfung der sofortigen Beschwerde die beantragte Aussetzung des Beschwerdeverfahrens nicht mehr möglich ist.
3. Das KapMuG enthält keine eigene Kostenregelung für das Beschwerdeverfahren, so dass unter Berücksichtigung von § 3 Abs. 1 EGZPO die Kostentragungsregelung gemäß §§ 97 Abs. 1, 101 ZPO anzuwenden ist. § 17 KapMuG ist nicht einschlägig, da er seinen Wortlaut nach ein durchgeführtes Musterverfahren voraussetzt, das hier nicht gegeben ist.
4. Das KapMuG enthält keine Regelung zur Bestimmung des Werts einer sofortigen Beschwerde wegen der Zurückweisung eines Musterfeststellungsantrages, so dass unter Berücksichtigung von § 3 Abs. 1 EGZPO der Streitwert gemäß § 3 ZPO festzusetzen ist. Da der Kläger darauf abzielt, mit den Musterfeststellungsanträgen die wesentlichen Grundlagen für den geltend gemachten Schadensersatzanspruch klären zu lassen, ist sein Interesse mit dem Hauptsachebetrag gleichzusetzen.
5. Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 574 Abs. 2 ZPO zuzulassen, da die aufgeworfenen Rechtsfragen bisher noch nicht höchstrichterlich geklärt sind.
Ende der Entscheidung
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