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Gericht: Oberlandesgericht München
Beschluss verkündet am 01.12.2003
Aktenzeichen: W 7/03
Rechtsgebiete: BauGB
Vorschriften:
BauGB § 116 |
Oberlandesgericht München
W 8/03 Bau W 7/03 Bau
In den Baulandsachen
wegen vorzeitiger Besitzeinweisung (Antrag auf gerichtliche Entscheidung);
hier: Streitwertbeschwerden der Prozessbevollmächtigten zu 1 und 2 im eigenen Namen;
erlässt der Senat für Baulandsachen des Oberlandesgerichts München durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Spielbauer, den Richter am Oberlandesgericht Ramm und den Richter am Bayerischen Verwaltungsgerichtshof Guttenberger
ohne mündliche Verhandlung am 1. Dezember 2003
folgenden
Beschluss:
Tenor:
I. Die Verfahren werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.
II. Unter Abänderung der Beschlüsse des Landgerichts Augsburg - Kammer für Baulandsachen - vom 15. und 12. September 2003 wird der Streitwert im Verfahren des Antragstellers zu 1 auf 32.292,68 Euro und im Verfahren des Antragstellers zu 2 auf 20.715,53 Euro festgesetzt.
Gründe:
I.
Die Antragsteller zu 1 und 2 wandten sich mit Anträgen auf gerichtliche Entscheidung gegen die Besitzeinweisungsbeschlüsse des Landratsamtes ... vom 24. Oktober 2002 (zu Gunsten der Beteiligten zu 3 bzw. zu 4).
Mit notariellen Urkunden vom 17. Juli 2003 veräußerten die Antragsteller zu 1 und 2 die für Straßenbaumaßnahmen in Anspruch genommenen Teilflächen ihrer Grundstücke an die Träger der Straßenbaulast (vertreten durch die Stadt ... und erklärten in der Folgezeit die Hauptsacheverfahren für erledigt. Die übrigen Verfahrensbeteiligten stimmten den Erledigungserklärungen zu. Mit Beschluss vom 15. September 2003 setzte das Landgericht - Kammer für Baulandsachen - den Streitwert im Verfahren des Antragstellers zu 1 auf 13.298,50 Euro und im Verfahren des Antragstellers zu 2 mit Beschluss vom 12. September 2003 auf 10.521,16 Euro fest. Das Landgericht ging davon aus, dass entsprechend dem Gutachten des Straßenbauamtes ... vom 16. November 2001 der Verkehrswert der abgegebenen Flächen 66.447,49 Euro bzw. 52.605,80 Euro betrage und hieraus jeweils 20% in Ansatz zu bringen seien.
Die Bevollmächtigten der Antragsteller zu 1 und 2 erhoben hiergegen - auch im eigenen Namen - Beschwerden, denen das Landgericht nicht abgeholfen hat. Zur Begründung der Beschwerden wird vorgetragen: Für die Streitwertfestsetzung sei vom objektiven Verkehrswert auszugehen. Im Falle einer vorzeitigen Besitzeinweisung bemesse sich das Interesse an 20% des Verkehrswertes. Ausweislich der notariellen Urkunden vom 17. Juli 2003 beliefen sich die vereinbarten Entschädigungsbeträge auf 161.463,36 Euro (Antragsteller zu 1) bzw. auf 103.577,67 Euro (Antragsteller zu 2). Die Streitwerte seien daher auf 32.292,68 Euro bzw. auf 20.715,53 Euro festzusetzen.
Die Beteiligten zu 3, 4 und 5 treten den Beschwerden entgegen.
II.
Die zulässigen Beschwerden sind begründet.
Es entspricht ständiger Rechtsprechung (vgl. die Nennungen bei Battis-Krautzberger-Löhr, BauGB, 7. Aufl., Anm. 6 zu § 128; vgl. aber auch abweichende, bei Büchs, Handbuch des Entschädigungsrechts, 3. Aufl., RdNr. 2092 dargestellte Mindermeinungen) und wird von den Beteiligten zu 3 und 4 grundsätzlich auch nicht in Frage gestellt, dass in Besitzeinweisungsstreitigkeiten im Regelfall der Streitwert des Hauptsacheverfahrens 20% des Wertes des Gegenstandes beträgt, um dessen Besitz es geht. Der Senat sieht keine Veranlassung, diese Rechtsprechung in Frage zu stellen.
Die Höhe des Streitwertes eines gerichtlichen Verfahrens über eine vorzeitige Besitzeinweisung nach § 116 BauGB bemisst sich nach dem Interesse des Antragstellers (§ 3 ZPO). Die Ursache der gerichtlichen Auseinandersetzungen über die vorzeitigen Besitzeinweisungen lag im vorliegenden Fall darin, dass eine ursprüngliche, vorangegangene Einigung zwischen den Antragstellern zu 1 und 2 und der Beteiligten zu 3 (auch in Vertretung des Beteiligten zu 4) von letzterer widerrufen worden war. Das Interesse der Antragsteller an den (verschiedenen) Rechtsstreitigkeiten um die vorzeitigen Besitzeinweisungen war somit ausschließlich bestimmt durch die Höhe der (streitigen) Entschädigungsleistungen. Hinsichtlich der Streitwertfestsetzung ist dabei von Folgendem auszugehen: Ist Gegenstand eines administrativen (Enteignungs-)Verfahrens auch die Festsetzung der Entschädigung, so ist der Gegenstandswert in Höhe der "richtigen" Entschädigung festzusetzen, wobei vom Standpunkt eines objektiven Betrachters ex post auszugehen ist (BGH vom 17.12.1992, NJW 1993 1255/1258; BGHZ 61, 240/250). Um durch weit überzogene Entschädigungsforderungen die Verfahrenskosten zu Lasten des Enteignungsbegünstigten nicht in die Höhe zu treiben, wird die Kostenerstattung in gewissem Umfang auch vom Erfolgsprinzip bestimmt (Steffen, DVBI 1969, 174/176).
Vorliegend erfolgte die Streitwertfestsetzung zu den vorangegangenen vorläufigen Rechtsschutzverfahren, die mit Beschlüssen des Oberlandesgerichts vom 29. April und 12. Mai 2003 abgeschlossenen worden sind, auf der Grundlage des Gutachtens des Straßenbauamtes ... vom 16. November 2001 (Verkehrswert: 66.447,49 Euro/Antragsteller zu 1 bzw. 55.360 Euro/Antragsteller zu 2). Ein Zehntel dieser Beträge legte das Landgericht Augsburg - Kammer für Baulandsachen - den vorläufigen Rechtsschutzbeschlüssen vom 27. November 2002 und 3. Januar 2003 als Streitwert zu Grunde, die vom Oberlandesgericht im Beschwerdeverfahren übernommen wurden. Der Senat stellt für die Streitwertfestsetzung im Hauptsacheverfahren auf die Bewertungen dieses Gutachtens nicht weiter ab. Dass Wertschätzungen durch ein Straßenbauamt stets dem objektiven Verkehrswert entsprechen, wird von den Betroffenen schon oft allein deshalb in Zweifel gezogen, weil die Wertermittlungen eine Behörde des Enteignungsbegünstigten trifft. Dabei ist meist davon auszugehen, dass die jeweiligen Wertansätze des Straßenbauamtes - die im Regelfall jedenfalls nicht zum Nachteil des Enteignungsbegünstigten erfolgen - in der Praxis nur eine Verhandlungsgrundlage für das Enteignungs-/Entschädigungsfestsetzungsverfahren bilden. Da vorliegend weitere Gutachten unabhängiger Sachverständiger, die in einem gerichtlichen Verfahren bewertet werden könnten, nicht unmittelbar Verfahrensgegenstand geworden sind, ist letztlich der durch Verhandlungen zwischen Enteignungsbetroffenen und Enteignungsbegünstigten gefundene Wert als Verkehrswert der Streitwertfestsetzung zugrundezulegen und zwar entsprechend dem in diesen Verhandlungen seinen Ausdruck findenden Erfolgsprinzip.
Mit den Bevollmächtigten der Beschwerdeführer, die infolge der Kostenübernahme durch den Träger der Straßenbaulast in zulässiger Weise im eigenen Namen die Rechtsmittel führten, ist somit von den vereinbarten Entschädigungen in Höhe von 161.436,36 Euro bzw. 103.577,67 Euro auszugehen, wovon sich der Streitwert in Höhe von 20% errechnet.
Eine Kostenentscheidung ist entbehrlich, da das Beschwerdeverfahren gebührenfrei ist und Kosten nicht erstattet werden (§ 25 Abs. 4 GKG).
Ende der Entscheidung
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