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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht München
Urteil verkündet am 08.09.2005
Aktenzeichen: 1 U 1812/05
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 139 Abs. 1
ZPO § 531 Abs. 2
BGB § 823 Abs. 1
BGB § 847 Abs. 1 a. F.
Die perkutane Lasertherapie der Bandscheibe (PLLD) stellte 1998 keine Neulandmethode mehr dar.
Aktenzeichen: 1 U 1812/05

Verkündet am 08.09.2005

IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

In dem Rechtsstreit

wegen Schadensersatzes

erlässt der 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München durch die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht K. und die Richter am Oberlandesgericht R. und N. aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 21.07.2005 folgendes

Endurteil:

Tenor:

I.

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 22.12.2004 wird zurückgewiesen.

II.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch den Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, falls der Beklagte nicht zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin fordert vom Beklagten, einem Orthopäden und Chirurg, Schmerzensgeld und Schadenersatz wegen behaupteter Komplikationen der Laserbehandlung eines Bandscheibenleidens.

Die Klägerin litt neben anderen Krankheiten unter Bandscheibenvorfällen. Sie war deshalb schon von verschiedenen Ärzten operiert worden.

Anlässlich eines Aufenthalts in der R.-Klinik in München zwischen dem 16.06 und 28.07.1998 lernte sie den Beklagten kennen, der sie wegen eines bei einem Sturz erlittenen Bänderrisses behandelte. Der Beklagte bot der Klägerin an, ihr Bandscheibenleiden mittels eines Lasers zu behandeln. Durch die Wärmewirkung des Laserstrahls sollten die Bandscheibenvorfälle zum Schrumpfen gebracht werden. Darüber fanden mehrere Gespräche zwischen den Parteien statt, in denen auch eine Aufklärung der Klägerin erfolgte.

Am 24.08.1998 nahm der Beklagte als Belegarzt in der R.-Klinik bei der Klägerin eine perkutane Lasertherapie (PLLD) der Bandscheibensegmente BWK 12/LWK 1, LWK 1/LWK 2, LWK 2/LWK 3 und LWK 5/Sakrum vor. Vorher hatte die Klägerin eine mehrseitige vom Beklagten formulierte "Einverständniserklärung" unerschrieben.

Im Anästhesieprotokoll (Anlage K 21) ist als Anästhesiemethode "Insuffl." angekreuzt. Im Operationsbericht des Beklagten ist "LA" vermerkt.

Nach dem Protokoll der postoperativen Überwachung (Anlage K 22) sollte die Klägerin erst ab 12.30 Uhr trinken "wenn ausreichend wach".

In einem Schreiben vom 19.09.1998 (Anlage K 20) bat der Beklagte Prof. Dr. L. um ein Konsil. Dabei berichtete er unter anderem über postoperative Beschwerden der Klägerin: " In den folgenden Tagen klagte die Pat. jedoch über nicht bekannte heftige Schmerzen und vor allem Taubheit im Bereich des Unterbauches, wobei die Grenze der Hypästhesie genau median zwischen Nabel und Symphyse verlief."

Die Klägerin hat behauptet, unmittelbar nach dem Eingriff habe sie unter Taubheitsgefühlen sowie Blasen- und Stuhlinkontinenz gelitten. Als Folge der Behandlung sei ein inkomplettes Konus-Kauda-Syndrom rechts eingetreten, welches sich nur unvollständig zurückgebildet habe. Ursache der neurologischen Ausfälle sei eine Schädigung der Nervenstrukturen durch übermäßige Hitzeeinwirkung anlässlich des Eingriffs.

In die Behandlung der Bandscheiben LWK 1/2 und LWK 2/3 habe sie nicht eingewilligt. Insoweit sei der Eingriff nicht indiziert gewesen.

Bedingt durch die Laserbehandlung leide sie an Dauerschmerzen und sei morphiumsüchtig geworden. Deshalb habe sich ihr Ehemann scheiden lassen.

Ein Schmerzensgeld von 50.000,-- DM und eine Schmerzensgeldrente seien angemessen.

Für den Privatgutachter Prof. Dr. M. und außergerichtliche Anwaltskosten habe sie 6.818,41 DM aufgewandt.

Die Klägerin hat beantragt:

I. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin ein angemessenes Schmerzensgeld nebst 9,26 % Zinsen hieraus seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.

II. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin eine monatliche Schmerzensgeldrente in Höhe von DM 300,-- ab 01.01.2002 vierteljährlich im voraus jeweils zum 01.01., 01.04., 01.07. und 01.10. eines jeden Jahres zu bezahlen.

III. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin DM 6.818,41 nebst 9,26 % Zinsen hieraus seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.

Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

Der Beklagte hat vorgebracht, die Klägerin habe neurologische Ausfälle und Schmerzen nicht unmittelbar nach der Operation, sondern erst etliche Zeit danach beklagt.

Die Klägerin sei über den Eingriff umfangreich an mehreren Tagen aufgeklärt worden. Nur an der Halswirbelsäule habe sie einen Eingriff abgelehnt.

Das Landgericht München I wies die Klage mit Endurteil vom 22.12.2004 nach Erholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens des Neurochirurgen Prof. Dr. U. ab. Der Senat nimmt auf die Urteilsgründe Bezug.

Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter.

Die Klägerin ist der Auffassung, das Landgericht habe gegen seine Hinweis- und Aufklärungspflicht gemäß § 139 Abs. 1 ZPO verstoßen, da es in der mündlichen Verhandlung vom 20.10.2004 nicht darauf hingewiesen habe, dass es die Einwendungen im klägerischen Schriftsatz vom 27.09.2004 als verspätet ansehe.

Der erstinstanzliche Prozessbevollmächtigte Rechtsanwalt Weiß sei aufgrund der nicht eindeutig lesbaren Stempel des Landgerichts von einer Frist bis zum 01.10.2004 ausgegangen.

Eine objektive Verzögerung des Verfahrens sei nicht eingetreten, da das Landgericht bereits am 29.09.2004 Verfügungen hätte treffen können.

Das Landgericht habe das Parteigutachten von Prof. Dr. M. vom 05.08.2001 (Anlage K4) sowie die Berichte von Dr. H. über die prä- und postoperative Kernspintomographie (Anlagen K 5 und K 6), die Berichte des Neurologen Dr. M. (Anlagen K 7 und K 8) sowie das Schreiben von Prof. Dr. L. an den Beklagten vom 24.09.1998 (Anlage K 2) und vor allem das Schreiben des Beklagten an Prof. Dr. L. vom 19.09.1998 nicht zur Kenntnis genommen.

Es treffe nicht zu, dass der Schriftsatz vom 27.09.2004 bestrittene Behauptungen als wahr unterstelle.

Eine Indikation für eine PLDD-Therapie für die Höhen LWK 1/2 und LWK 2/3 habe nicht bestanden, wie sich aus dem Gutachten von Prof. Dr. M. ergebe.

Der Eingriff sei nicht in Lokalanästhesie durchgeführt worden. Sie habe eine Vollnarkose erhalten. Das werde durch das Anästhesie- und Überwachungsprotokoll vom 24.08.1998 bewiesen.

Der Beklagte habe entgegen der üblichen Technik die Nadel statt zentral im dorsalen Quadranten gesetzt. Hierbei handele es sich um eine Außenseitermethode, die weder geeignet noch fehlerfrei durchgeführt worden sei.

Die von der Klägerin angegebenen Schmerzen und die postoperative starke Schmerzmittelgabe (Voltaren und Dipidolor) seien von den Sachverständigen bei ihrer Wertung, das Hemikaudasyndrom sei erst später aufgetreten, nicht berücksichtigt worden. Die Feststellung von ungewohnt heftigen Rückenbeschwerden, einem Pelzigkeitsgefühl im Unterleib und an den Zehen II mit V sowie einem imperativen Harndrang durch den Neurologen Dr. M. am 11.09.1998 werde durch die Sachverständigen nicht gewürdigt.

Das Schreiben des Beklagten an Prof. Dr. L. vom 19.09.1998 beweise das postoperative Auftreten eines Kaudasyndroms.

Das Kaudasyndrom sei durch eine hitzebedingte Läsion der Grundplatte von BWK 12 mit einem umgebenden Ödem verursacht worden.

Hinsichtlich der Frage, ob überhaupt ein Kaudasyndrom vorliege, hätten sich die Sachverständigen widersprüchlich geäußert.

Dass die Beschwerden durch ein hitzebedingtes Ödem entgegen der Aussage von Prof. Dr. U. nicht innerhalb weniger Wochen abklängen, bewiesen die andauernden Schmerzen der Klägerin, die weiterhin mit Morphium behandelt werden müssten.

Wie sich aus dem Bericht von Prof. Dr. L. ergebe, sei die Pan-Myelographie gerade nicht unauffällig, sondern weise auf eine direkte Beeinträchtigung der nervalen Strukturen im Bereich der Laserdiscusvaporisation hin.

Der Beklagte habe die Klägerin nicht über die von ihm angewandte Neulandmethode aufgeklärt. Er hätte darlegen müssen, dass seine Methode von den üblichen Verfahrensweisen abweiche.

Es frage sich, wann die Abwägung des Für und Wider erfolgt sei, da sie die Einverständniserklärung erst am Tag des Eingriffs unterschrieben habe, sie aber ab 08.20 Uhr anästhesiert gewesen sei.

Die Erholung eines Obergutachtens sei erforderlich.

Die Klägerin beantragt:

I. Das Urteil des LG München I vom 22.12.04 (Az. 9 O 21625/01) wird aufgehoben.

II. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin ein angemessenes Schmerzensgeld nebst 9,26 % Zinsen hieraus seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.

III. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin eine monatliche Schmerzensgeldrente in Höhe von € 153,38 (DM 300,--) ab 01.01.02 vierteljährlich im voraus, jeweils zum 01.01., 01.04., 01.07. und 01.10. eines jeden Jahres zu bezahlen.

IV. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin € 3.486,19 (DM 6.818,41) nebst 9,26 % Zinsen hieraus seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.

Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Die Stellungnahme von Rechtsanwalt W. vom 27.09.2004 sei schuldhaft verspätet erfolgt.

Das Narkoseprotokoll beweise nicht, dass die Klägerin narkotisiert gewesen sei. Es zeige eine Analgosedierung, die eine Kommunikation mit der Klägerin zur Prüfung der Nervenfunktion jederzeit ermöglicht habe. Dies habe mit einer Vollnarkose nichts zu tun.

Die Punktionsnadel sei korrekt positioniert worden. Es handele sich um keine unübliche oder nicht geläufige Technik.

Eine thermische Beeinträchtigung nervaler Strukturen, die nicht bewiesen sei, stelle eine Komplikation dar, beweise aber keinen Behandlungsfehler.

Aufgrund der Folgeeingriffe sei der Nachweis einer hitzebedingten nervalen Schädigung nicht mehr möglich.

Das keinesfalls gesicherte Kaudasyndrom sei jedenfalls nicht auf den streitgegenständlichen Eingriff zurückzuführen. Der Privatgutachter stütze sich ausschließlich auf die eigenanamnestischen Angaben der Klägerin und lasse außer Acht, dass die Krankenunterlagen nach dem Eingriff keine Hinweise auf eine Blasen- und Stuhlinkontinenz enthielten. Der Privatgutachter sehe eine hitzebedingte Schädigung als Ursache aber nicht als nachgewiesen an.

Die Beschreibung der Sensibilitätsstörung im Schreiben an Prof. Dr. L. vom 19.09.1998 stelle einen Hinweis auf eine psychogene Störung dar.

Die vagen Überlegungen in den beiden Arztbriefen von Prof. Dr. L. könnten nicht mit einem ausführlichen und wissenschaftlich fundierten Gutachten verglichen werden. Gegen eine thermische Schädigung sprächen eine ganze Reihe von durch die Sachverständigen aufgeführten Gründen.

Die Beschwerden der Klägerin seien auf die vorwärts schreitende Grunderkrankung zurückzuführen.

Die Klägerin sei darüber aufgeklärt worden, dass die Anwendung des Neodym-YAG-Lasers mit einer Wellenlänge von 1064 mm eine Neulandmethode darstelle.

Es handele sich insoweit um neues Vorbringen, dass nach § 531 Abs. 2 ZPO nicht zugelassen werden dürfe. Die Klägerin führe in der Berufungsbegründung nicht aus, weshalb dieses Angriffsmittel in der Berufung eingeführt werden könne. Auf die Unterschriftsleistung erst am Operationstag komme es nicht an. Dass ein Abwägen des Für und Wider nicht möglich gewesen sei, habe die Klägerin in erster Instanz nicht behauptet.

Er habe die Klägerin in mehreren Gesprächen lange vor dem Eingriff ausführlich und detailliert aufgeklärt. Sein erstinstanzliches Vorbringen sei von der Klägerin nur unsubstantiiert bestritten worden.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien im Berufungsverfahren nimmt der Senat Bezug auf die Schriftsätze der Klägerin vom 01.04.2005 (Bl. 123/142 d. A.) sowie des Beklagten vom 20.05.2005 (Bl. 157/160 d. A.).

Der Senat hat ein schriftliches Ergänzungsgutachten der Sachverständigen Prof. Dr. U. und Oberarzt Dr. von T. vom 12.07.2005 (Bl. 164/165 d. A.) erholt und den Sachverständigen Dr. von T. im Termin vom 21.07.2005 (Bl. 168/173 d. A.) angehört. Dr. von T. stellte dabei die Eingriffsmethode des Beklagten zeichnerisch dar (Anlage zum Protokoll vom 21.07.2005 Bl. 166/175 d. A.)

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Ihr stehen gegen den Beklagten weder nach den §§ 823 Abs. 1, 847 Abs. 1 a. F. BGB noch wegen positiver Verletzung des Behandlungsvertrages Schadenersatz- und Schmerzengeldansprüche zu.

Die Sachverständigen Prof. Dr. U. und Dr. von T. haben die vorliegenden Arztbriefe und das Privatgutachten von Prof. Dr. M. bei der Erstellung des Gutachtens vom 29.03.2004 verwertet und sich mit ihnen auseinandergesetzt, wie sich bei einer Lektüre des Gutachtens leicht feststellen lässt. Der Vorwurf, diese Unterlagen seien in erster Instanz nicht zur Kenntnis genommen worden, trifft daher nicht zu.

Im Übrigen lässt sich dem Gutachten von Prof. Dr. M. bis auf die Verneinung der Indikation für eine Behandlung der Segmente LWK 1/2 und LWK 2/3 kein Fehlervorwurf entnehmen. Hinsichtlich der Kausalität sind die Ausführungen des Privatgutachters widersprüchlich (vgl. S. 11 des Gutachtens vom 05.08.2001).

Die Einwände der Klägerin gegen die formelle Behandlung des Schriftsatzes vom 27.09.2004 durch das Landgericht sind zwar berechtigt, da die Mitteilung der Fristverlängerung durch Rücksendung des mit verschiedenen übereinander gedruckten Stempeln und handschriftlichen Eintragungen versehenen Antrags tatsächlich den Eindruck vermitteln kann, die Frist sei bis zum 01.10.2004 verlängert worden. Die Sachverständigen hätten schriftlich oder mündlich zu den im Schriftsatz vom 27.09.2004 aufgeworfenen Fragen gehört werden müssen. Die Hilfsbegründung, mit der das Landgericht eine Fortsetzung der Beweisaufnahme abgelehnt hat, es handele sich um bestrittene, unbewiesene Behauptungen, ist nicht tragfähig. Die Klägerin beruft sich im Schriftsatz vom 27.09.2004 weitgehend auf vorhandene Behandlungsunterlagen. Diese zu interpretieren ist ureigenste Aufgabe des medizinischen Sachverständigen.

Das Ergänzungsgutachten vom 12.07.2005 und die Anhörung des Sachverständigen Dr. von T. durch den Senat haben jedoch gezeigt, dass die Klageabweisung zu Recht erfolgt ist.

Im Einzelnen ist - ergänzend zu den Urteilsgründen des Landgerichts - auf folgende Punkte hinzuweisen:

1) Ein Behandlungsfehler des Beklagten ist nicht nachgewiesen.

a) Eine Indikation für eine PLDD-Therapie der Segmente LWK 1/2 und LWK 2/3 bestand, wie der Sachverständige Dr. von T. bei seiner Anhörung unter Berufung auf die präoperativen Feststellungen des Neurologen Dr. M. erläuterte, entgegen der Stellungnahme von Prof. Dr. M.. Er gab an, dass in seiner Klinik mit Laser eher die Bandscheibensegmente behandelt würden, die noch nicht schwer geschädigt seien, im vorliegenden Fall also gerade LWK 1/2 und LWK 2/3. Das Vorgehen des Beklagten stelle jedoch keinen Fehler dar, sondern sei zum Beispiel in orthopädischen Kliniken üblich. Letzterer Meinung ist auch der Privatgutachter der Klägerin, Prof. Dr. M..

b) Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass die Anästhesie unsachgemäß zu einer zu starken Betäubung der Klägerin führte, die es ihr unmöglich gemacht hätte, intraoperativ über Schmerzen zu berichten.

Die Behauptung der Klägerin, sie habe eine Vollnarkose erhalten, wird durch das Anästhesieprotokoll nicht bestätigt, wie Dr. von T. erläuterte. Insufflation bedeute die Zuführung von Gasen über eine Sonde (dokumentiert ist Sauerstoff), die mit einer Intubationsnarkose nichts zu tun habe. Das Trinkverbot solle ein Verschlucken und Aspirieren durch den Patienten vermeiden; bei einer Vollnarkose hätte seine Dauer sechs Stunden betragen. Der Sachverständige gab zudem an, die Abkürzung LA stehe für Lokalanästhesie.

c) Die Nadelführung des Beklagten war korrekt, wie der Sachverständige Dr. von T. bei seiner Anhörung bestätigte. Er erläuterte dies anhand der in den Behandlungsunterlagen befindlichen Thermoausdrucken der intraoperativen Röntgenkontrolle. Auf eine exakt mittige Lage der Nadel kommt es nicht an.

d) Das nach dem Eingriff beobachtete Hitzeödem des Knochenkörpers BWK 12, das mit einer Verletzung der Nervenwurzel nichts zu tun hat, ist nicht auf einen Behandlungsfehler zurückzuführen. Es handelt sich um eine nicht selten auftretende Komplikation, die lokale Rückenschmerzen auslöst, welche nach einigen Wochen abklingen. Eine übermäßige Wärmeabgabe erfolgte, legt man die Werte im Operationsbericht zu Grunde, nicht, wie Prof. Dr. U. und Dr. von T. bereits im Gutachten vom 29.03.2004 darlegten. Irgendwelche substanziellen Einwendungen gegen die ausführliche schriftliche Darstellung durch die beiden Sachverständigen hat die Klägerin nicht vorgebracht.

2) Dass die von der Klägerin geschilderten andauernden Schmerzen und Beschwerden auf den Eingriff des Beklagten zurückzuführen sind, ist nicht bewiesen.

a) Wie Dr. von T. erläuterte, ist die Gefahr einer Nervschädigung bei der vom Beklagten angewandten Methode gering. Wenn es dazu komme, dann beim Einführen der spitzen Hohlnadel. Dies werde aber vom Patienten mit Sicherheit bemerkt. Der Patient springe praktisch unwillkürlich auf.

Ein derartiger Vorfall ist nicht dokumentiert und wird von der Klägerin nicht behauptet.

b) Wie Dr. von T. angab, treten die mit der Schädigung einer Nervenwurzel durch Hitze oder mechanische Einwirkung verbundenen neurologischen Beschwerden sofort nach der Verletzung auf. Dies entspricht den Aussagen zahlreicher vom Senat in anderen Fällen gehörten Sachverständigen. Damit könnte das von der Klägerin angenommene Hemikaudasyndrom nur auf den Eingriff des Beklagten zurückzuführen sein, wenn seine klinischen Anzeichen unmittelbar nach der Laserbehandlung aufgetreten sind. Dies ist nicht der Fall.

Die im Schreiben des Beklagten vom 19.09.1998, auf das die Berufung schwerpunktmäßig abstellt, enthaltenen Befunde belegen entgegen der Meinung der Klägerin kein postoperatives Auftreten eines Kaudasyndroms. Im Ergänzungsgutachten vom 12.07.2005 führen die Sachverständigen Prof. Dr. U. und Dr. von T. hierzu aus, dass eine Lendenstrecksteife eine unspezifische und allgemeine Erscheinung bei lumbalen Wurzelreizsyndromen darstelle. Beim Kaudasyndrom handele es sich um einen neurologisch/neurochirurgischen Notfall mit hochgradiger Parese oder Plegie der Beine sowie einer Blasen- und Mastdarmlähmung, begleitet von einer so genannten "Reithosenanästhesie" im Bereich der Innenseite der Oberschenkel sowie des Gesäßes und des Anus. Die nach der Operation erhobenen Befunde stimmten damit nicht überein. Die dokumentierten neurologischen Beschwerden sind, wie Dr. von T. bei seiner Anhörung darlegte, auf persistierende radikuläre Teilschädigungen der Nervenwurzeln zurückzuführen, die vor der Laserung zumindest in ähnlicher Form schon vorhanden gewesen seien.

Die Pflegeberichte der R.-Klinik geben keinen Hinweis auf die vom Sachverständigen beschriebenen Symptome des Kaudasyndroms. Ebensowenig ergeben sich solche aus dem Arztbrief des Neurologen Dr. M. vom 11.09.1998, wie Dr. von T. erläuterte.

Prof. Dr. M. hat bei seiner Bewertung die Angaben der Klägerin schlicht unterstellt (vgl. S. 4 seines Gutachtens), so dass seine sowieso vagen beziehungsweise vorsichtigen Ausführungen zur Kausalitätsfrage die Darstellung der Gerichtsgutachter nicht zu entkräften vermögen.

3) Eine Verletzung der Aufklärungspflicht des Beklagten liegt nicht vor.

Selbst wenn man aber davon ausgeht, dass die Behandlung der Segmente LWK 1/2 und LWK 2/3 ohne Zustimmung der Klägerin erfolgte, begründet dies keinen Schadenersatzanspruch.

a) Hinsichtlich der Frage der Zustimmung zur Laserbehandlung der Segmente LWK 1/2 und LWK 2/3 liegt eine Vermengung der Aufklärungsfrage mit der Indikation des Eingriffs vor. Eine invasive Behandlung ohne Indikation würde einen Behandlungsfehler darstellen.

Letztlich kommt es darauf aber nicht an.

Das Hitzeödem bei BWK 12 kann nicht durch die Behandlung der beiden tieferliegenden Segmente LWK 1/2 und LWK 2/3 entstanden sein. Dass durch sie irgendwelche weiteren Beschwerden hervorgerufen wurden, ist, wie Prof. Dr. U. und Dr. von T. im Gutachten vom 29.03.2004 ausführlich darlegten, noch unwahrscheinlicher als bei einer Behandlung schwer geschädigter Bandscheiben.

Die beiden zusätzlichen Einstiche allein rechtfertigen kein Schmerzensgeld. Die Klägerin hat niemals behauptet, diese seien (besonders) schmerzhaft gewesen. Vielmehr will sie überhaupt nichts verspürt haben.

b) Eine Aufklärung über eine vom Standard abweichende Neulandmethode des Beklagten musste nicht erfolgen. Wie der Sachverständige Dr. von T. erläuterte, handelte es sich nach dem Stand von 1998 bei der Laserung um keine Neuland- oder gar Außenseitermethode. Die Nadelführung des Beklagten entsprach dem üblichen Vorgehen, wobei eine gewisse Bandbreite für ein korrektes Vorgehen besteht, wie der Sachverständige im Termin anhand seiner Zeichnung und der Thermoausdrucke darlegte (insoweit nicht protokolliert).

Dass vor der der Unterzeichnung des Aufklärungsformulars mehrere mündliche Aufklärungsgespräche stattgefunden haben, ist unstreitig. Es kommt daher nicht darauf an, ob die Klägerin das Aufklärungsformular erst am Tag des Eingriffs unterzeichnet hat.

Die Regelung der vorläufigen Vollstreckbarkeit der Entscheidung ergibt sich aus den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts, § 543 Abs. 2 S. 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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