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Gericht: Oberlandesgericht München
Urteil verkündet am 01.03.2001
Aktenzeichen: 1 U 2965/00
Rechtsgebiete: BBauG
Vorschriften:
BBauG § 142 | |
BBauG § 143 m | |
BBauG § 143 a |
Hierunter fallen jedoch grundsätzlich nicht die Nutzungsmöglichkeit und das Maß der zukünftig zu erwartenden Bebauung eines Grundstücks, wie sie von den Parteien bei der Preisbildung berücksichtigt wurden.
Die Annahme eines in diesem Zusammenhang beachtlichen sogenannten Liebhaberpreises aufgrund eines außergewöhnlichen Interesses des Käufers am Erwerb des Grundstücks setzt besondere subjektive, objektiv-wirtschaftlich nicht messbare Vorstellungen voraus.
Von solchen kann in der Regel auch nicht ausgegangen werden, wenn Käufer eine öffentlich-rechtliche Körperschaft ist, die das Grundstück für ein öffentliches Bauvorhaben benötigt und erforderlichenfalls auch im Wege der Enteignung darauf zugreifen könnte.
OBERLANDESGERICHT MÜNCHEN URTEIL
Aktenzeichen 1 U 2965/00
Verkündet am 1. März 2001
In dem Rechtsstreit
wegen Forderung
erlässt der 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München durch die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht die Richterin am Oberlandesgericht und den Richter am Oberlandesgericht auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 18.01.2001
folgendes
Endurteil:
Tenor:
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 15.3.2000 wird zurückgewiesen.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, sofern nicht die Beklagte nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
V. Der Wert der Beschwer der Klägerin übersteigt 60.000,-- DM.
Tatbestand:
1. Die Klägerin verlangt Schadensersatz unter dem Gesichtspunkt der Amtshaftung. Gegen die Beklagte erhebt sie den Vorwurf, diese sei als Trägerin des Bewertungsamts bzw. der Geschäftsstelle des Gutachterausschusses bei der Stadt dafür verantwortlich, dass in die Kaufpreissammlung des Gutachterausschusses bei einem zur Bewertung ihres eigenen, enteigneten Grundstücks herangezogenen Vergleichsgrundstück eine falsche, überhöhte Geschossflächenzahl aufgenommen worden sei und hinsichtlich der Eintragung auch sonst Versäumnisse vorlägen. Dies habe zur Folge gehabt, dass im April 1977 für das Grundstück der Klägerin falsche Werte errechnet worden seien und letztlich die der Klägerin zustehende Enteignungsentschädigung zu niedrig festgesetzt worden sei.
a) Die Klägerin war bis 1978 Eigentümerin des Grundstücks A Strasse 27 in M, Flurstück Nr. mit einer Größe von ca. 1.110 qm und einer Geschossflächenzahl von 2,2. In dem seit 1.8.1965 rechtsverbindlichen Bebauungsplan Nr. 91 der Stadt M war es als Fläche "für den Gemeinbedarf (Hochschulzwecke) "ausgewiesen. Dieses Grundstück benötigte der Freistaat zum Ausbau der Universität. Nach fehlgeschlagenen Einigungsbemühungen wurde die Klägerin schließlich mit Beschluss der Regierung von O vom 16.3.1978 enteignet. Als Enteignungsentschädigung wurden 1,4 Mio. DM festgesetzt.
b) Hiergegen suchte die Klägerin um gerichtliche Entscheidung nach mit dem Hauptantrag, den Enteignungsbeschluss aufzuheben, und dem Hilfsantrag, die Enteignungsentschädigung auf mindestens 2,035 Mio. DM festzusetzen (Gz.: Bauland O 8678/78 Landgericht München I).
Die Baulandkammer des Landgerichts München I setzte die Enteignungsentschädigung mit Endurteil vom 21.1.1980 auf 1.670.652,-- DM fest, der Baulandsenat des Oberlandesgerichts München reduzierte sie mit Endurteil vom 2.10.1980 (Gz.: U 3/80 Bau) auf 1,41 Mio. DM. Kammer und Senat stützten sich hierbei auf das Gutachten des Sachverständigen N vom 29.6.1979, der für verschiedene Zeitpunkte Vergleichsbewertungen anhand aus der Kaufpreissammlung des Gutachterausschusses bei der Stadt M entnommener Verkaufsfälle vorgenommen hatte. Für den relevanten Zeitraum April 1977 hatte der Sachverständige N Verkaufsfälle des Jahres 1977 herangezogen, hierbei unter anderem einen Verkauf vom Februar 1977, Lage G-/L Straße über 435 qm zu 1.100,-- DM/qm bei einer Geschossflächenzahl von 2,77 (vgl. die Auszüge aus der Kaufpreissammlung, Anl. K 3 und K 4). Der Verkauf dieses Grundstücks war seinerzeit an den Freistaat erfolgt, dem bereits das Nachbargrundstück G Straße 45 gehörte und der den Hinzuerwerb zum Ausbau der Mensa der Universität benötigte.
Der Bundesgerichtshof nahm die Revision der Klägerin nicht an. Ebenso erfolglos blieb eine Restitutionsklage der Klägerin, zu deren Begründung sie ausführte, der Gutachter habe falsche Angaben gemacht. Für ihr Grundstück hatte die Klägerin dabei einen Wert von 1.850.000,-- DM angenommen.
c) Daraufhin verklagte die Klägerin den Sachverständigen N auf Zahlung des Differenzbetrages von 625.000,-- DM zwischen der ihr zuerkannten Entschädigung von 1,41 Mio. DM und der von ihr nun für richtig gehaltenen Enteignungsentschädigung von 2,035 Mio. DM (Gz.: 30 O 6773/84 Landgericht München I).
Dem Sachverständigen N machte die Klägerin zum Vorwurf, dieser habe bei der Erstellung seines Gutachtens, auf das sich sämtliche gerichtlichen Instanzen bei ihren Entscheidungen gestützt haben, zumindest mit bedingtem Schädigungsvorsatz, jedenfalls aber grob leichtfertig gehandelt. Der Sachverständige habe entweder die Kaufpreissammlung, die Richtwerte und die Entwicklung auf dem Grundstücksmarkt überhaupt nicht herangezogen oder die Werte leichtfertig nicht berücksichtigt. Das Gutachten N sei ein abgekartetes Spiel mit der Enteignungsbehörde gewesen.
Das Landgericht München I wies mit Urteil vom 14.1.1988 die Klage ab, das Oberlandesgericht mit Endurteil vom 27.8.1992 (Gz.: 19 U 2180/88) die Berufung der Klägerin zurück, nachdem es ein weiteres Gutachten des Sachverständigen W vom Oktober 1989 erholt hatte.
Dieser Sachverständige hatte von den durch den Sachverständigen N herangezogenen acht Verkaufsfällen unter Betonung des Stichtagsprinzips die nach April 1977 liegenden Verkäufe ausgeschieden und hatte damit für diesen Zeitraum letztlich noch drei Vergleichsfälle, unter anderem das Objekt G Straße 47 (vgl. den Übersichtsplan, Anlage 1 zum Gutachten W Ergänzung vom 31.10.1991, Bl. 616 d.A. 19 U 2180/88 OLG München). Im Ergebnis stellte der Sachverständige W unter anderem fest, dass die im Gutachten des Sachverständigen N aufgeführten Kaufpreise aus der Kaufpreissammlung zur Wertermittlung geeignet gewesen seien und der Sachverständige N überdies alle maßgeblichen Gesichtspunkte für eine objektive und sachgemäße Ermittlung des Verkehrswerts für das Grundstück A Straße 27 berücksichtigt habe. Das Grundstück G Straße 47 sei mit dem Bewertungsobjekt A Straße 27, dem Grundstück der Klägerin, vergleichbar. Der (subjektive) Wert, für den es der Voreigentümer verkauft habe, entspreche zweifellos dem Marktwert.
Das Oberlandesgericht München ist dem gefolgt und hat es für nachgewiesen erachtet, dass die vom dortigen Beklagten N angewandte Vergleichswertmethode die richtige war und die von ihm herangezogenen Verkaufsfälle für April 1977 auch vergleichbar waren. Der Bundesgerichtshof nahm die Revision der Klägerin in dem Verfahren gegen den Sachverständigen N nicht an.
d) Sodann verklagte die Klägerin mit der Behauptung, es liege ein Komplott zu ihren Lasten vor, den Sachverständigen W. Diesem warf sie ein bedingt vorsätzliches, mindestens jedoch grob leichtfertiges falsches gerichtliches Obergutachten über den Wert ihres enteigneten Grundstücks und eine uneidliche Falschaussage vor. Unzutreffenderweise habe auch dieser Sachverständige die vom Sachverständigen N zur Ermittlung des Werts des klägerischen Grundstücks herangezogenen Vergleichsobjekte, unter anderem das Objekt G Straße 47, für vergleichbar gehalten.
Das Landgericht wies die Klage mit Endurteil vom 20.1.1994 ab (Gz.: 26 O 11192/93 Landgericht München I). Die Berufung, mit der sie ihren Klageantrag auf 642.938,90 DM erweiterte, nahm die Klägerin zurück.
e) Mit Klage vom 17. März 1998 begehrte die Klägerin schließlich vom Freistaat Schadensersatz in Höhe von 625.000,-- DM.
Ihre Forderung begründete sie damit, dass hinsichtlich des den Sachverständigen N und W für deren Bewertung vom Gutachterausschuss genannten Vergleichsgrundstückes G Straße 47 in der Kaufpreissammlung eine falsche Geschossflächenzahl eingetragen worden sei. Anstelle der angegebenen Zahl von 2,77 sei allenfalls eine solche von 1,15 angemessen. Bei Aufnahme und Bekanntgabe der richtigen GFZ hätte den Sachverständigen auffallen müssen, dass sie zu unrichtigen Ergebnissen gekommen seien. Bei Aufnahme der richtigen GFZ hätte erkannt werden müssen, dass die G Straße 47 aufgrund Nähe und gleichwertiger Lage als alleiniges Vergleichsgrundstück in Frage komme. Dann wäre ein Entschädigungsbetrag von mindestens 2.025.000,-- DM festgesetzt worden.
Das Landgericht hat diese Klage mit Urteil vom 19.8.1998 wegen Verjährung abgewiesen (Gz.: 9 O 5187/98). Der Senat hat mit Urteil vom 22.4.1999 (Gz.: 1 U 5696/98 OLG München) die Berufung der Klägerin mit der Begründung zurückgewiesen, dass jedenfalls ein schuldhaftes Verhalten des Gutachterausschusses nicht ausreichend begründet sei. Dieser dürfe sich auf die Sorgfalt der Geschäftsstelle verlassen. Auch ein pflichtwidriges Verhalten der Geschäftsstelle des Gutachterausschusses sei nicht dargetan oder ersichtlich (vgl. Seite 7 des Senatsurteils vom 22.4.1999).
2. Im vorliegenden Prozess nimmt die Klägerin nunmehr die Stadt M auf Schadensersatz in Höhe der Differenz zwischen der von ihr für richtig gehaltenen und der ihr tatsächlich zuerkannten Enteignungsentschädigung in Anspruch.
Im einzelnen hat die Klägerin in erster Instanz zur Klagebegründung ausgeführt:
a) Die Eintragung des Vergleichsgrundstückes G Straße 47 in die Kaufpreissammlung hätte nicht ohne den Vermerk des Umstands erfolgen dürfen, dass der Freistaat als Erwerber bereits Eigentümer des Nachbargrundstücks war, auf dem heute das Mensagebäude steht. Dass dieser deshalb infolge eines möglichen Wegfalls der Abstandsfläche zu dem Mensagrundstück eine höhere GFZ-Nutzung hatte, sei eine Besonderheit, die gemäß § 143 a BBauG unbedingt in die Kaufpreissammlung aufgenommen werden hätte müssen. Dies sei ein so gravierender Umstand, der das Grundstück entweder als Vergleichsgrundstück untauglich mache, da es aufgrund dieser Besonderheit eben nicht mit Verkaufsfällen gegenüber jedem "Dritten" vergleichbar sei, oder es hätte eine entsprechende Kennzeichnung des Grundstücks mit dieser Besonderheit erfolgen müssen.
b) Die Geschäftsstelle des Gutachterausschusses habe die Verkaufsurkunde über das Vergleichsgrundstück G Straße 47 bei Übernahme in die Kaufpreissammlung unrichtig ausgewertet. Der Sachbearbeiter hätte erkennen müssen, dass eine GFZ von 2,77 nicht stimmen könne. Es sei allenfalls eine GFZ von 1,15 angemessen gewesen. Die GFZ-Nutzung sei in der Kaufpreissammlung für jedes Grundstück so darzustellen, wie sie jeder Käufer erreichen könne. In diesem Fälle hätte ohne Darstellung der Besonderheiten 1,15 aufgenommen werden müssen.
c) Bei richtig eingetragener GFZ von 1,15 hätte der Sachverständige N erkannt, dass das Grundstück G Straße 47 als alleiniges Vergleichsgrundstück in Frage komme, was wiederum zur Folge gehabt hätte, dass der Entschädigungsbetrag für das klägerische Grundstück auf mindestens 2,035 Mio. DM festgesetzt worden wäre. Dies hält die Klägerin aufgrund einer durch den Privatgutachter B vorgenommenen Umrechnung (vgl. Anl. K 11) für erwiesen, bei der sich sogar ein Wert des klägerischen Grundstücks in Höhe von 2.335.817,-- DM ergeben habe. Die Differenz zur tatsächlich festgesetzten Enteignungsentschädigung verlangt die Klägerin als Schadensersatz.
Sie hat in erster Instanz beantragt:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin DM 625.000,-- nebst 4 % Zinsen hieraus seit Klagezustellung zu bezahlen.
3. Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und hierzu ausgeführt:
a) Eine Amtspflichtverletzung liege nicht vor. Bestritten werde, dass die angegebene GFZ von 2,77 hinsichtlich des Vergleichsgrundstückes falsch sei. Diese GFZ habe sich auf das Gesamtgrundstück bezogen, zu dem die verkaufte Teilfläche hinzugemessen worden sei. Eine besondere Kennzeichnungspflicht des Vergleichsgrundstücks wegen des Umstandes, dass der Freistaat Eigentümer des Nachbargrundstückes war, habe nicht bestanden.
b) Im übrigen sei auch die Auffassung der Klägerin, dass die Angabe der angeblich unrichtigen GFZ von 2,77 bei einem Vergleichsgrundstück für eine falsche Verkehrswertfindung durch Gericht und Sachverständige ursächlich gewesen sei, falsch. Selbst wenn die GFZ von 2,77 nicht zugetroffen hätte, hätte dies keinen Einfluß auf die Verkehrswertschätzung gehabt. Die Klägerin habe - rechtskräftig festgestellt - die Enteignungsentschädigung erhalten, die ihr zugestanden habe, nämlich 1.410.000,-- DM.
c) Der behauptete Anspruch sei darüber hinaus auch verjährt, da die Klägerin, wie es sich aus den Akten des Verfahrens gegen den Sachverständigen W ergebe, bereits seit Ende 1991, spätestens aber seit 29.12.1993 Kenntnis nicht nur von der behaupteten Amtspflichtverletzung sondern auch von ihrem angeblichen Schaden gehabt habe.
4. Das Landgericht hat die Akten der genannten Vorprozesse zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht und die Amtshaftungsklage sodann ohne Beweisaufnahme mit der Begründung abgewiesen, dass ein pflichtwidriges Verhalten der Geschäftsstelle des Gutachterausschusses nicht zu erkennen sei.
a) Eine Verpflichtung der Beklagten, in die Kaufpreissammlung aufzunehmen, dass der Eigentümer des Nachbargrundstückes zum Vergleichsgrundstück G Straße 47 ebenfalls der Freistaat war, hat das Landgericht verneint. Die Möglichkeit der aufgrund dieser Tatsache problemlosen Durchführung des Erweiterungsbaus der U-Mensa stelle als Nutzungsmöglichkeit einen für den Verkehrswert und die Kaufpreisfindung maßgeblichen, durch vernünftige, wirtschaftlich messbare Überlegungen geprägten wertbeeinflussenden Umstand dar, nicht aber kennzeichnungspflichtige ungewöhnliche öder persönliche Verhältnisse nach § 143 a des seinerzeit geltenden Bundesbaugesetzes in Verbindung mit § 11 Abs. 5 der Bayerischen Gutachterausschussverordnung vom 5.3.1980. Tatsächlich habe auch ausweislich des Schreibens der Beklagten vom 2.5.1996 die Nutzungsmöglichkeit der Erweiterung der U-Mensa eine Rolle gespielt und habe dieser Gesichtspunkt auch dazu geführt, dass bei der Preisfindung eine G FZ von 2,77 zugrundegelegt worden sei. Für die Geschäftsstelle des Gutachterausschusses hätten sich, auch unter Berücksichtigung des konkret gezahlten Kaufpreises, keinerlei Anhaltspunkte ergeben, die für die Annahme von ungewöhnlichen Verhältnissen bei der Festsetzung des Kaufpreises gesprochen hätten.
b) Das Landgericht vermochte dem Vortrag der Klägerin, dem Sachbearbeiter bei der Geschäftsstelle hätte auffallen müssen, dass bei dem Vergleichsgrundstück eine falsche GFZ eingetragen sei, nicht zu folgen. Aus dem Schreiben der Beklagten vom 2.5.1996 ergebe sich vielmehr, dass die GFZ dem entsprechenden Kaufvertrag entnommen worden sei, wobei die Vertragsparteien damit nicht die bereits vorhandene Bebaubarkeit bezeichnet hätten, sondern das Maß der zukünftig zu erwartenden Bebauung.
5. Mit ihrer Berufung verfolgt die Klägerin ihren Klageanspruch in vollem Umfang weiter.
Das landgerichtliche Urteil greift sie im wesentlichen mit der bereits in der Klageschrift vorgetragenen Begründung an.
a) Es hätte danach aufgeführt werden müssen, dass der Freistaat Eigentümer des Nachbargrundstücks zum Vergleichgrundstück war. Das außergewöhnliche Interesse des Käufers gerade an einem bestimmten Grundstück stelle sich als kennzeichnungspflichtiges, ungewöhnliches oder persönliches Verhältnis dar. Die Argumente des Landgerichts würden der Wertung des § 143 a BBauG widersprechen. Die vom Landgericht abgehandelte Gutachterausschussverordnung vom 5.3.1980 könne auf die streitgegenständlichen Vorfälle zum Bewertungsstichtag April 1977 noch keine Anwendung finden.
Bestritten werde, dass, wie die Beklagte im Schreiben vom 2.5.1996 vorgetragen hat, sich aus der Befragung des Käufers bzw. aus konkreten Planungen ergebe, dass bei der Preisfindung eine GFZ von 2,77 zugrundegelegt worden sei.
b) Dass die falsche GFZ eingetragen gewesen sei, hätte dem Sachbearbeiter der Geschäftsstelle des Gutachterausschusses auch auffallen müssen.
c) Im Schriftsatz vom 12.10.2000 behauptet die Klägerin schließlich, dass das Grundstück G Straße 47 gar nicht in die Kaufpreissammlung hätte aufgenommen werden dürfen, da es sich um eine Grünfläche gehandelt habe.
Die Fehler der Beklagten seien nach wie vor kausal für den Schaden.
6. Die Beklagte beantragt die Berufung zurückzuweisen.
Sie vertieft hierzu ihren bisherigen Vortrag, wonach in keinerlei Hinsicht ungewöhnliche, kennzeichnungspflichtige Verhältnisse vorgelegen hätten und im übrigen lediglich das Ergebnis der Auswertung des Kaufvertrags in die Kaufpreissammlung zu übernehmen sei. Dies sei mit der GFZ von 2,77 ordnungsgemäß geschehen. Aus der zum Zeitpunkt der Aufnahme in die Kaufpreissammlung geltenden Gutachterausschußverordnung vom 18.1.1961 würde sich nichts anderes ergeben.
Auch die Kausalität der behaupteten Fehler für den Schaden der Klägerin werde weiterhin bestritten.
7. Der Senat hat gemäß Beschluss vom 26.10.2000 das Auswertungsformblatt zum seinerzeitigen Kaufvertrag über das Vergleichsgrundstück erholt (Bl. 119/120, zu Bl. 121/122 d.A.) und im übrigen Beweis erhoben gemäß Beschluss vom 30.11.2000 (Bl. 134/136 d.A.) durch Vernehmung des Zeugen S. Hinsichtlich dessen Aussage wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 18.1.2001 (Bl. 143/144 d.A.) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist nicht begründet.
Ein Verstoß der Beklagten bzw. deren Mitarbeiter gegen Amtspflichten liegt nicht vor.
Vorausschickend sei - über die erforderliche Urteilsbegründung hinaus - folgendes bemerkt.
Es ehrt die Klägerin, wenn sie - in jeder Hinsicht glaubhaft - darlegt, mit der Klage keine eigenen finanziellen Interessen mehr zu verfolgen sondern die Klagesumme im Fall des Obsiegens hilfs- und pflegebedürftigen Bürgern zur Verfügung zu stellen. Dass das Engagement, mit der die heute 98-jährige Klägerin sich seit nunmehr über 20 Jahren bemüht, eine ihr positive gerichtliche Entscheidung zu erreichen, auf einem als drückend empfundenen Gefühl beruht, dass ihr in der seinerzeitigen Enteignungsangelegenheit grobes Unrecht widerfahren sei, hat die Klägerin dem Senat ebenfalls nachvollziehbar vermittelt.
Andererseits darf sich die Klägerin aber auch nicht der Tatsache verschließen, dass die von ihr vielfach erhobenen, hier wiederholten und in den strafrechtlichen Bereich zielenden Vorwürfe gegen Dritte nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens sind und sein können. Hiermit haben sich die Zivilgerichte bereits in verschiedenen Verfahren abschließend, wenn auch nicht in einer die Klägerin zufriedenstellenden Weise, befasst. Vorliegend ist ausschließlich die Frage zu prüfen, ob sich Bedienstete der Geschäftsstelle des Gutachterausschusses einer Pflichtverletzung schuldig gemacht haben.
Diese Frage ist in Übereinstimmung mit dem Landgericht und dessen weitestgehend zutreffender Urteilsbegründung zu verneinen.
Die Klägerin hat nicht nachgewiesen, dass die Geschäftsstelle des Gutachterausschusses der Stadt M die Kaufpreissammlung falsch geführt habe. Diese wurde vielmehr entsprechend den gesetzlichen Vorschriften angelegt.
1. § 142 Abs. 1 Satz 1 BBauG (in der zum Zeitpunkt der Anlegung der streitgegenständlichen Kaufpreissammlung gültigen Fassung) bestimmte, dass der Gutachterausschuss den gemeinen Wert (Verkehrswert) der Grundstücke zu ermitteln hatte. Schon damals baute die Wertermittlung wesentlich auf Vergleichspreisen auf. Dass der Gutachterausschuss eine möglichst lückenlose Übersicht über die Grundstückspreise erhielt, wurde über die Jahre hinweg durch die Kaufpreissammlung sichergestellt. Sie einzurichten und zu führen war gemäß § 143 a Abs. 2 Satz 1 BBauG Aufgabe der Geschäftsstelle des Gutachterausschusses.
Gemäß § 143 a Abs. 2 Satz 2 BBauG waren hierzu die Kaufverträge auszuwerten. § 143 a Abs. 2 Satz 3 BBauG bestimmte, dass dabei auch die Eigenschaften, die sonstige Beschaffenheit und die Lage des Grundstücks zu erfassen und in Beziehung zum bezahlten Kaufpreis zu ersetzen war. Gemäß § 143 a Abs. 2 Satz 4 BBauG war sodann das Ergebnis der Auswertung in die Kaufpreissammlung zu übernehmen. Soweit anzunehmen war, dass ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse die Höhe des vereinbarten Kaufpreises beeinflusst haben, waren gemäß § 143 a Abs. 2 Satz 5 BBauG die Kaufpreise in den Sammlungen unter Hinweis auf diese Umstände zu kennzeichnen.
Einzelheiten über die Errichtung und Durchführung der Sammlungen haben die Landesregierungen durch Rechtsverordnungen nach §§ 144 Abs. 2 Nr. 1 geregelt. Zum für den vorliegenden Fall maßgeblichen Zeitpunkt galt in Bayern die Verordnung über die Gutachterausschüsse und die Kaufpreissammlungen nach dem Bundesbaugesetz vom 18.1.1961 (Anl. zu Bl. 107/112 d. A.). Deren § 10 bestimmte in Absatz 1: "In der Kaufpreissammlung sind die Grundstücke nach Lage, Größe (Breite und Tiefe) und Erschließungszustand, nach Art und Maß ihrer Nutzung und nach sonstigen wertbeeinflussenden Merkmalen zu erfassen. Umstände, die für die Preisbemessung von Bedeutung waren, sind dabei besonders aufzuführen". § 11 Abs. 1 der genannten Verordnung sah, wenn die Höhe des vereinbarten Kaufpreises durch ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse beeinflusst worden ist, eine Berichtigung dieses Kaufpreises auf den sich wahrscheinlich ergebenden Wert dar, wenn diese Verhältnisse nicht vorgelegen hatten. Für den Fall der Unmöglichkeit oder Untunlichkeit der Berichtigung war der Kaufpreis gemäß § 11 Abs. 2 der genannten Verordnung nicht aufzunehmen. In Abs. 3 des § 11 zählte die Verordnung in den Ziffern 1 bis 8 ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse im Sinne des Abs. 1 auf und nannte hierbei als solches Verhältnis in Ziffer 8 "ein außergewöhnliches Interesse des Käufers gerade an diesem Grundstück (Liebhaberpreis)".
2. Gegen die Bestimmungen dieser Verordnung wie auch der entsprechenden Bestimmungen des Bundesbaugesetzes hat die Geschäftsstelle des Gutachterausschusses der Stadt M im Fall der Aufnahme des Verkaufsfalls G Straße 47 in die Kaufpreissammlung nicht verstoßen.
Dass ein Verstoß gegen bestehende Amtspflichten vorliegen sollte, vermochte im übrigen bereits die Klageseite nicht einmal schlüssig darzulegen. Der Vortrag der Klageseite hierzu ist in sich widersprüchlich.
Zum einen geht er nämlich dahin, dass das Grundstück G Straße 47 bei Aufnahme der von der Klageseite als relevant und kennzeichnungspflichtig erachteten Umstände unter Zugrundelegung einer GFZ von 1,15 das einzig vergleichbare und bei der Wertberechnung für das Grundstück der Klägerin einzig heranzuziehende Grundstück gewesen sei. Hieraus solle sich die von der Klageseite errechnete höhere Entschädigungszahlung ergeben. Zum anderen behauptet die Klageseite innerhalb desselben Verfahrens das Gegenteil, dass nämlich das Grundstück G Straße 47 angesichts der Besonderheiten dieses Verkaufs als Vergleichsgrundstück gänzlich außer Betracht zu bleiben gehabt hätte. Auch in diesem Falle solle sich die von der Klägerin errechnete Enteignungsentschädigung ergeben.
Als erste Frage stellt sich damit: War der Verkaufsfall G Straße 47 wie geschehen in die Kaufpreissammlung aufzunehmen? Daran schließt sich die Frage an: Ist die Aufnahme korrekt erfolgt? Beide Fragen sind zu bejahen.
Hier nicht zur Klärung anstehende Frage ist indessen, ob die Gutachter in den Vorprozessen einen Fehler dadurch begangen haben, dieses Grundstück als Vergleichsgrundstück heranzuziehen. Dass sie dies konnten, ist bereits rechtskräftig entschieden.
a) Der Verpflichtung, gemeldete Verkaufsfälle in die Kaufpreissammlung aufzunehmen, war die Geschäftsstelle des Gutachterausschusses nur in den Fällen des § 11 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung über die Gutachterausschüsse i.d.F. vom 18.1.1961 enthoben. Nur dann, wenn die Höhe des vereinbarten Kaufpreises durch ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse beeinflusst und die Bestimmung eines unter Berücksichtigung dieser Umstände (nach oben oder unten) korrigierten Kaufpreises unmöglich oder untunlich war, war der Kaufpreis nicht in die Kaufpreissammlung aufzunehmen. Diese Voraussetzungen bestanden im Verkaufsfall G Straße 47 jedoch nicht.
Mangels ungewöhnlicher oder persönlicher Verhältnisse wurde der Verkaufsfall mit dem tatsächlich bezahlten Kaufpreis von 478.500,-- DM in die Kaufpreissammlung eingetragen und ist auch nicht die ansonsten nötige Berichtigung gemäß § 11 der genannten Verordnung erfolgt.
Die Klageseite meint, es sei darin ein die Höhe des vereinbarten Kaufpreises beeinflussendes ungewöhnliches oder persönliches Verhältnis zu erkennen, dass der Grundstückserwerber der Freistaat war, dem auch das Nachbargrundstück gehörte, und der durch damit gesteigerte Nutzungsmöglichkeiten ein gesteigertes Interesse an dem Zukauf gehabt habe. Der Fall sei vergleichbar mit dem in der Kommentarliteratur zum Bundesbaugesetz als Beispiel für ungewöhnliche persönliche Verhältnisse genannten Fall des Unternehmers, der, wenn er seinen Betrieb erweitern muß, für ein Nachbargrundstück mehr bietet als jeder andere.
Dieser Fall liegt indessen hier nicht vor.
Der Verordnungsgeber konkretisiert in § 11 Abs. 3 Nr. 8 das dergestalt gegebene außergewöhnliche Interesse des Käufers mit dem in Klammern gesetzten Zusatz "Liebhaberpreis". Er macht auf diese Weise deutlich, dass damit besondere subjektive, objektiv-wirtschaftlich nicht messbare, möglicherweise sogar unvernünftige Vorstellungen gemeint sind. Dass der Freistaat in Erfüllung seiner Verpflichtungen für die Allgemeinheit sich von solchen Überlegungen leiten lassen würde und bereit wäre, unter dem Gesichtspunkt des "Liebhaberpreises" einen in objektiver Hinsicht überhöhten Kaufpreis für ein von ihm zu erwerbendes Grundstück zu zahlen, ist, worauf die Beklagte zu Recht hingewiesen hat, jedoch ausgeschlossen. Abgesehen davon, dass dem bereits haushaltsrechtliche Gesichtspunkte entgegenstehen dürften, hätte im übrigen, zumal das Grundstück G Straße 47 zum Bau der U-Mensa, mithin zum Zweck des Gemeinwohls benötigt wurde, auch an eine Enteignung gedacht werden können. Beim Ankauf von Grundstücken zur Erfüllung hoheitlicher Aufgaben ist der Freistaat nicht in der Position des Privatunternehmers, dem, wenn er ein Grundstück unbedingt erwerben will, nichts anderes übrig bliebe und der auch dazu bereit wäre, gegebenenfalls einen weit überhöhten Kaufpreis zu zahlen.
Auch ein Vergleich mit den übrigen in § 11 Abs. 3 der Gutachterausschussverordnung genannten Fallbeispielen für ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse zeigt, dass der vorliegende Fall darunter gerade nicht zu subsumieren ist.
Unter Berücksichtigung des konkret gezahlten Kaufpreises kann ebenfalls nicht von ungewöhnlichen Verhältnissen ausgegangen werden. Dies hat auch der Zeuge S, als derzeitiger Vorsitzender des Gutachterausschusses der Stadt M besonders sachkundig, bestätigt, indem er aussagte, wie dies auch in dem Vertragsauszug (Rückseite, rechts unten, zu Bl. 121/122 d.A.) vermerkt ist, dass im konkreten Fall der Kaufpreis lediglich um 15 % über dem Richtwert gelegen habe. Diese Abweichung ist in keiner Weise ungewöhnlich (vgl. auch die Fallbeispiele bei Ernst-Zinkahn-Bielenberg, BBauG, Stand 1.8.1986, RdNr. 43 zu § 142 BBauG).
Auch der Umstand, dass das Grundstück, wie von der Klägerin zuletzt vorgetragen, eine Grünfläche gewesen sei, hinderte in keiner Weise, den Verkauf in der Kaufpreissammlung darzustellen. Das Grundstück wurde im übrigen als Baugrundstück verkauft.
Die Aufnahme des Verkaufs des Vergleichsgrundstücks G Straße 47 in die Kaufpreissammlung ohne eine Anpassung des Verkaufspreises entsprach deshalb den für die Geschäftsstelle des Gutachterausschusses seinerzeit geltenden Vorschriften.
b) Auch die übrigen in der Kaufpreissammlung enthaltenen konkreten Angaben zu dem Verkauf G Straße 47 sind nicht zu beanstanden. Weder liegt eine unterlassene Kennzeichnung vor noch ist eine falsche G FZ vermerkt.
aa) Soweit die Klägerin der Auffassung ist, es hätte aufgenommen werden müssen, dass Erwerber des Grundstücks G Straße 47 der Freistaat als Eigentümer des Nachbargrundstückes war, findet dieses Begehren weder eine rechtliche Stütze, noch vermochte die Klageseite hinreichend verständlich zu machen, welche ihr günstigen Konsequenzen gegebenenfalls daraus gezogen werden hätten sollen. Auch der Klägerin, die in dem vorgenannten Fakt einen gesondert aufzunehmenden besonderen Umstand sieht, sollte sich erschließen, dass die Aufnahme dieser Tatsache in die Kaufpreissammlung doch lediglich dazu führen könnte, den bezahlten Kaufpreis zur Herstellung vergleichbar objektiver Verhältnisse zu reduzieren. Dies müsste sich aber zwangsläufig auf die für das klägerische Grundstück zu erzielende Enteignungsentschädigung negativ auswirken.
Der dem Verfahren zugrundeliegende Denkfehler der Klageseite besteht darin, dass diese meint, aus dem konkreten Verkaufsfall G Straße 47 sei einerseits die dem damaligen Käufer (Freistaat) sich eröffnende besondere Nutzungsmöglichkeit mit einer höheren GFZ als 1,15 (- 2,77, wie die Beklagte vorträgt -) zu subtrahieren bzw. unberücksichtigt zu lassen, wobei andererseits jedoch gleichzeitig von dem damals konkret bezahlten Kaufpreis keine Abstriche zu machen seien. Zur Reduktion auf eine für alle potentiellen Erwerber des Vergleichsgrundstücks sich ergebende Nutzungsmöglichkeit von 1,15 gelange man dadurch, daß man die Nachbareigenschaft des seinerzeitigen Grundstückserwerbers in der Kaufpreissammlung offenbare. Die Klageseite verkennt hierbei bereits den Sinn und Zweck einer Kennzeichnungspflicht für ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse. Eine Kennzeichnung soll ja gerade dazu dienen, auch den gezahlten Kaufpreis gegebenenfalls entsprechend anzupassen bzw. objektiv vergleichbare Verhältnisse zu schaffen. Dies kommt in der schon zitierten Bestimmung des § 11 Abs. 1 Satz 1 der Bayerischen Gutachterausschussverordnung vom 18.1.1961 auch verständlich zum Ausdruck. Dass bei einer den Erwerbern nur möglichen GFZ von 1,15 derselbe Kaufpreis von 478.500,-- DM bezahlt worden wäre, ist zwar die Vorstellung der Klageseite; diese hat jedoch mit den realen wirtschaftlichen Gegebenheiten nichts gemein.
bb) Daß der Erwerber des Vergleichsgrundstücks zugleich Eigentümer des Nachbargrundstücks war, ist indessen ein Umstand, der unter Beachtung der rechtlichen Vorschriften gleichwohl bei Anlegung der Kaufpreissammlung in gebotener Weise Berücksichtigung finden musste, aber auch fand.
Es handelt sich um die Frage der Nutzungsmöglichkeit eines Grundstücks. Die Nutzungsmöglichkeit, die sich unter anderem aus der Beschaffenheit des Grundstücks, seiner Lage und Anbindung an Nachbargrundstücke ergibt, ist, wie z. B. auch der Entwicklungszustand und die Größe sowie die Art und das Maß der bestehenden Nutzung, ein dem Grundstück immanenter, wesentlicher Faktor, der für den Verkehrswert des Grundstücks maßgeblich und im einzelnen im gewöhnlichen Geschäftsverkehr mit Grundstücken zu berücksichtigen ist. Zur Unterscheidung von den ungewöhnlichen oder persönlichen Verhältnissen wurden diese Umstände schließlich auch in der neuen Fassung der Bayerischen Gutachterausschussverordnung vom 5.3.1980 (GVBl., S. 153), dort in § 11 Abs. 6 (im Unterschied zu den besonderen Verhältnissen in § 11 Abs. 5) konkretisiert.
Als wertbeeinflussender Umstand ist die Nutzungsmöglichkeit bei der gemäß § 143 a Abs. 2 Satz 2 BBauG vorgeschriebenen Auswertung des Kaufvertrags bei der Geschäftsstelle des Gutachterausschusses zu berücksichtigen. Diese Auswertung wird durch das Bundesbaugesetz in der für den vorliegenden Fall geltenden Fassung von 1976 besonders herausgestellt. Gleichwohl ergab sich diese Pflicht zur Auswertung auch schon vorher aus dem materiellen Gehalt der Verkehrswertdefinition. Um nämlich bei der Ermittlung des Verkehrswertes den jeweils maßgeblichen tatsächlichen Zustandsmerkmalen und rechtlichen Gegebenheiten des zu bewertenden Grundstücks so Rechnung zu tragen, wie es der gesetzlichen Normierung des Verkehrswertes entspricht, bedurfte es einer gewissenhaften Aufbereitung und Analyse der heranzuziehenden grundstücksbezogenen Angaben der Kaufpreissammlung. Die Notwendigkeit zur Auswertung der Kaufverträge folgte demnach bereits aus § 142 BBauG (vgl. Ernst-Zinkahn-Bielenberg, a.a.O. RdNr. 29 zu § 143 a BBauG).
§ 142 Abs. 2 BBauG definierte, dass der Verkehrswert durch den Preis bestimmt wird, der in dem Zeitpunkt, auf den sich die Ermittlung bezieht, im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach den rechtlichen Gegebenheiten und tatsächlichen Eigenschaften, der sonstigen Beschaffenheit und der Lage des Grundstücks ohne Rücksicht auf ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse zu erzielen wäre.
Dem normalen Geschäftsverkehr ist es immanent, dass bestimmte Umstände bei der Preisbildung zu berücksichtigen sind. Diese Umstände sind gegebenenfalls von der Geschäftsstelle des Gutachterausschusses zu ermitteln. Dies ergibt sich auch aus § 140 Abs. 1 Satz 1 BBauG. Darin wird dem Gutachterausschuß die Verpflichtung auferlegt, erforderlichenfalls Auskünfte von Personen einzuholen, die unter anderem Angaben über ein Grundstück machen können, das zum Vergleich herangezogen werden soll.
Bei der Auswertung hat die Geschäftsstelle des Gutachterausschusses ihrem gesetzlichen Auftrag entsprechend auch die Eigenschaften, die sonstige Beschaffenheit und die Lage des Grundstücks zu erfassen und in Beziehung zum bezahlten Kaufpreis zu setzen. Sie hat mithin zu prüfen, ob bei der Kaufpreisfindung vernünftige, Wirtschaftlich direkt messbare, marktübliche und gewöhnliche Überlegungen angestellt wurden. Nichts anderes hat die Geschäftsstelle vorliegend auch getan. Wie es ihre Pflicht war, hat sie sodann das Ergebnis der Auswertung in die Kaufpreissammlung übernommen (vgl. § 143 a Abs. 2 Satz 4 BBauG).
Zum Auswertungsvorgang hat sich die Beklagte auf das seinerzeit gefertigte Auswertungsblatt bezogen, das sie nach Aufforderung durch den Senat im Original vorgelegt hat (in Ablichtung zu Bl. 121/122 d. A.). In diesem ist auf der Rückseite oben vermerkt: "Lt. tel. Angaben des Sachbearbeiters beim Landbauamt H E wurde für das Kaufgrundstück in Verbindung mit dem im Besitz des Freistaats befindl. Flurstück Nr. 5462 mit neuerbauter Mensa der Hochschule eine GFZ von 2,77 ermittelt." Der Senat hat keinen Zweifel daran, daß dieses Gespräch, wie vermerkt, seinerzeit geführt Wurde und zu der Eintragung der GFZ von 2,77 führte. Während die für das Vorliegen einer Amtspflichtverletzung darlegungs- und beweispflichtige Klägerin sich ohne Beweisangebot dafür, daß dieses Gespräch so nicht stattgefunden hätte, darauf beschränkt hat vorzutragen, daß die Eintragung einer GFZ von 2,77 falsch gewesen sei, bot die Beklagte für ihren gegenteiligen Vortrag Beweis durch den Zeugen Rudolf S an. Dieser Zeuge, derzeitiger Vorsitzender des Gutachterausschusses der Stadt M und in hohem. Maße sachkundig, war zwar nicht der seinerzeitige Sachbearbeiter der Geschäftsstelle, von dem der vorbezeichnete Vermerk stammte. Dieser Sachbearbeiter sei, so der Zeuge S auch nach Rücksprache mit seinem Geschäftsstellenleiter nicht mehr zu ermitteln gewesen. Der Zeuge hat aber bestätigt, daß das dem Senat vorliegende Auswertungsformblatt sich in dieser Form bereits seit Jahren in den dortigen Akten befinde. Ebensowenig, wie sich für den Zeugen Zweifel an der Richtigkeit der Eintragung ergeben haben, gilt dies auch für den Senat. Anhaltspunkte dafür, dass in die vorgelegte Urkunde entgegen den Tatsachen ein Gesprächsvermerk aufgenommen oder darin das Gespräch inhaltlich verfälscht wiedergegeben worden sei, bestehen nicht und wurden auch von der Klageseite nicht dargetan.
Ihrer Auswertungsverpflichtung entsprechend und der in § 140 Abs. 1 Satz 1 BBauG genannten Verpflichtung Rechnung tragend, hat die Geschäftsstelle des Gutachterausschusses bzw. hat der seinerzeit zuständige Sachbearbeiter durch Nachfrage geklärt, ob und inwieweit Besonderheiten bei der Preisbildung berücksichtigt wurden. Hierbei sind auch mündliche Auskünfte ausreichend. Dass für eine entsprechende Nachfrage eine Notwendigkeit bestanden hat, wurde im übrigen - ohne dass es allerdings darauf ankäme - auch vom Zeugen S aus seiner besonderen Kompetenz heraus bestätigt. Der Zeuge gab an, dass Nachbarkäufe wegen eines Synergieeffekts aus Baurechtsmehrung - insofern in Übereinstimmung mit den obigen Ausführungen - zwar keine ungewöhnlichen Verhältnisse seien, wohl aber ein Verdachtsmoment enthielten, das zu einer Nachfrage zwinge.
Zur Überzeugung des Senats steht danach fest, dass die Parteien des Kaufvertrags über das Vergleichsgrundstück G straße 47 von einer GFZ von 2,77 ausgegangen sind. Allein hierauf und nicht darauf, welche GFZ letztlich bei der Bebauung erzielt wurde, kommt es an. Diese GFZ war als Nutzungsmöglichkeit von den Parteien des Kaufvertrags bei der Preisbildung berücksichtigt worden. Auch kommt es nicht auf die bereits vorhandene Bebauung an, sondern auf das Maß der zukünftig zu erwartenden Bebauung. Der Kaufpreis orientiert sich daran, was der Käufer eines Grundstücks in absehbarer Zeit dort zu realisieren gedenkt. Dementsprechend hat z. B. auch der Zeuge S bestätigt, dass Abbruchobjekte als unbebautes Grundstück bewertet würden, weil das Motiv des Kaufes die Neubebauung sei. Die GFZ von 2,77 war deshalb auch in die Kaufpreissammlung aufzunehmen.
Inwieweit der Sachbearbeiter der Geschäftsstelle des Gutachterausschusses, wie von der Klageseite behauptet, bei dieser Sachlage hätte erkennen müssen, dass die angegebene GFZ von 2,77 falsch sein solle, war bereits für das Landgericht und ist auch für den Senat nicht nachvollziehbar. Die Angabe eines anderen Wertes, der nach Vorstellung der Klägerin 1,15 hätte betragen müssen, hätte zu einer verfälschten Auswertung geführt, zumal dann unzutreffenderweise der Eindruck vermittelt worden wäre, für ein Grundstück mit einer GFZ von 1,15 wäre der Kaufpreis von 478.500,-- DM bezahlt worden.
Das, was von der Klägerin als besonders kennzeichnungspflichtig angesehen wird, hat letztlich im Rahmen der gebotenen Auswertung des Kaufvertrages in der vom Gesetz vorgesehenen Weise Berücksichtigung gefunden. Die Umstände, die für die Preisbemessung von Bedeutung waren, haben als Ergebnis des Auswertungsvorgangs in der GFZ Eingang gefunden. Dass der Umstand "Erwerb durch den Eigentümer des Nachbargrundstücks" nicht als solcher ausdrücklich aufgeführt ist, ist unschädlich, da die allenfalls daraus zu ziehende Konsequenz (Wertbeeinflussung infolge höherer GFZ) explizit aufgeführt ist.
Der Beklagten ist damit bereits objektiv kein pflichtwidriges Verhalten vorzuwerfen. Darauf, ob die aus den einschlägigen Vorschriften abzuleitenden Amtspflichten auch Dritten wie der Klägerin gegenüber bestehen und diese in den Schutzzweck der Norm einbezogen sind, was von der Beklagten in Abrede gestellt wurde, kommt es nicht mehr an.
Auch der Frage nach einem etwaigen Verschulden wie der nach der Kausalität eines etwaigen Pflichtenverstoßes für den behaupteten Schaden der Klägerin brauchte nicht weiter nachgegangen zu werden. Hinsichtlich des letzteren Punktes bleibt zu wiederholen, dass der Vortrag der Klägerin hierzu ohnedies in sich widersprüchlich ist. Dies insofern, als die Klägerin aus einer von ihr für richtig gehaltenen Pflichterfüllung durch die Geschäftsstelle des Gutachterausschusses einmal ableitet, dass die Berechnung ihrer Enteignungsentschädigung sich dann allein am Vergleichsgrundstück G straße 47 zu orientieren habe, woraus sich der von ihr behauptete Wert ihres Grundstücks (2,035 Mio. DM statt nur 1,41 Mio. DM) ergeben würde. Andererseits trägt die Klägerin aber auch vor, ohne zweifelsfrei erkennen zu lassen, welcher Vortrag nun Priorität genießen solle, dass sich gerade bei der gebotenen Außerachtlassung des Grundstücks G Straße 47 als Vergleichsgrundstück - und möglicherweise auch der anderen von den Gutachtern herangezogenen Grundstücke?! - die gleiche von ihr errechnete Enteignungsentschädigung und damit letztlich die Höhe ihres behaupteten Schadens ergebe.
Die Frage der Verjährung war ebenfalls nicht mehr zu prüfen.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Ziff. 10, 711 ZPO.
Gemäß § 546 Abs. 2 ZPO war der Wert der Beschwer festzusetzen.
Ende der Entscheidung
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