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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht München
Urteil verkündet am 14.09.2000
Aktenzeichen: 1 U 3254/00
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 823
Ist dem Verkehrssicherungspflichtigen eine von einem Hang für eine stark befahrene Straße ausgehende Steinschlaggefahr bekannt, reicht es nicht aus, lediglich durch Schilder davor zu warnen und gelegentlich die Straße zu kontrollieren. Selbst wenn es sich um einen bewaldeten Hang handelt, der einen gewissen Schutz gegen herabrollende oder herabfallende Steine bieten mag, und bislang allenfalls das Rollen kleinerer etwa 5-Mark-Stück großer Steine auf die Fahrbahn zu beobachten war, ist bei fehlenden Schutzgittern oder -zäunen der Verkehrssicherungspflicht nur dann genügt, wenn auch der Hang von Zeit zu Zeit einer Kontrolle unterzogen wird.
OBERLANDESGERICHT MÜNCHEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Aktenzeichen 1 U 3254/00 14 O 4320/99 LG München I

Verkündet am 14.09.2000

Die Urkundsbeamtin: Justizangestellte

In dem Rechtsstreit

wegen Schadensersatz,

erlässt der 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München durch die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht, die Richterin am Oberlandesgericht und den Richter am Oberlandesgericht auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 14.9.2000 folgendes

Endurteil:

Tenor:

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts München II vom 31.3.2000 aufgehoben.

II. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger DM 6.137,80 nebst 4 % Zinsen hieraus seit 1.7.1999 zu bezahlen.

III. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist zulässig und in vollem Umfang begründet.

Der Beklagte ist dem Kläger gemäß § 839 BGB, Art. 34 GG, Art. 72 BayStrWG zum Ersatz des geltend gemachten Schadens verpflichtet.

Der PKW des Klägers wurde ohne jeden Zweifel durch einen Steinschlag beschädigt. Eine ausreichende Vorsorge dafür, daß Unfälle dieser Art nicht passieren, hat der für die Unfallstelle verkehrssicherungspflichtige Beklagte nicht getroffen.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind Straßen in zumutbarem Maß gegen Steinschlag zu sichern (vgl. BGH NJW 68, 246 f.). Diesen Anforderungen hat hier der Beklagte nicht genügt.

Dem Beklagten war, wie die aufgestellten Warnschilder zeigen, eine Steinschlaggefahr auch im Bereich der Unfallstelle bekannt. Wie die Zeugen B und Z bekundeten, wurde der aus bröseligem Kalkstein bestehende Hang im Bereich der Unfallstelle allerdings überhaupt nicht kontrolliert. Zumindest dies - wenn schon nicht die zusätzliche Anbringung von Gittern und Zäunen - wäre jedoch erforderlich gewesen, um der Verkehrssicherungspflicht zu genügen.

Allein die nachgewiesene Beobachtung der Straße selbst reichte zur Vorbeugung vor der bestehenden Steinschlaggefahr nicht aus. Dies umso mehr, als, wie der Zeuge Z bekundete, es im gesamten Bereich durchaus ab und zu vorkommen konnte, daß kleine, etwa 5-Mark-Stück große Steine auf die Fahrbahn rollten. Daß an der Unfallstelle, wie in der Berufungserwiderung ausgeführt wird, vor dem Unfalltag "insbesondere kein Abgehen von nennenswert großen Steinen o.ä. vorgekommen" war, und der Beklagte nach Angaben des Zeugen Z den Hang für "nicht dermaßen gefährlich" angesehen hat, entlastet den Beklagten nicht.

Der Hang mit einer Länge von ca. 750 m und einer Höhe von ca. 300 bis 400 m war auch nicht von einem solchen Ausmaß, daß jegliche Kontrolle unzumutbar gewesen wäre. Kontrollen waren im Hangbereich an der Unfallstelle vielmehr gerade auch deshalb geboten, als es sich bei der Bundesstraße 2 im dortigen Bereich um eine stark befahrene Strecke und zudem typische Staustelle handelte.

Ein Vertrauen darauf, daß der bewaldete Hang im Gegensatz zu steilen, unmittelbar an der Straße aufragenden Felswänden einen gewissen Schutz gegen herabrollende oder herabfallende Steine darstellen würde, war nicht begründet. Zudem ist die Gefahrensituation an der Unfallstelle für einen vorbeifahrenden Kraftfahrer noch schwerer einschätzbar als an den unbewaldeten Stellen. Der Beklagte durfte sich nicht auf die Minimalkontrolle der Straße beschränken und mit weiteren Maßnahmen zuwarten, bis aus dem Hang nachgewiesenermaßen ein großer Stein auf die Fahrbahn rollen würde.

Ein Mitverschulden des Klägers ist nicht ersichtlich. Eine etwaige mitwirkende Betriebsgefahr tritt bei der Abwägung gemäß §§ 254 BGB, 9 StVG zurück, weil die überwiegende Ursache schuldhaft durch den Beklagten gesetzt wurde.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Gemäß § 546 Abs. 2 ZPO war der Wert der Beschwer festzusetzen.

Ende der Entscheidung

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