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Gericht: Oberlandesgericht München
Urteil verkündet am 18.12.2003
Aktenzeichen: 1 U 3760/03
Rechtsgebiete: BGB, StGB, ZPO
Vorschriften:
BGB § 134 | |
BGB § 138 | |
BGB § 1629 Abs. 1 | |
BGB § 1643 | |
BGB § 1822 Nr. 3 | |
BGB § 1828 | |
BGB § 1829 Abs. 2 | |
StGB § 283 a. F. | |
StGB § 283 Abs. 1 Nr. 1 a. F. | |
StGB § 283 Abs. 6 a. F. | |
ZPO § 139 | |
ZPO § 139 Abs. 2 |
Aktenzeichen: 1 U 3760/03
Verkündet am 18.12.2003
IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
In dem Rechtsstreit
wegen Schadensersatz
erlässt der 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München durch die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht und die Richter am Oberlandesgericht S. und R. aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 27.11.2003 folgendes
Endurteil:
Tenor:
I. Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Landgerichts München II vom 02.04.2003 wird zurückgewiesen.
II. Die Kläger tragen die Kosten des Berufungsverfahrens. Der Streitverkündete trägt die ihm in zweiter Instanz erwachsenen Kosten selbst.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Kläger können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, sofern der Beklagte nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Kläger machen gegen den Beklagten Amtshaftungsansprüche im Zusammenhang mit der Versagung einer vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung geltend. Die Kläger sind die Enkelkinder der am 25.03.1998 verstorbenen Gabriele S. Mit Vertrag vom 15.03.1998 ließ Gabriele S. über Bevollmächtigte einen Gesellschaftsanteil von 8,5 % an der A. KG zu je 1/8 an die Kläger verschenken, die vertreten durch ihre Mutter die Schenkung am gleichen Tag annahmen.
Mit Vereinbarung vom 17.03.1998 ließ die Schenkerin ihre vorgenannten Geschäftsanteile an die Kläger zu je 1/8 abtreten. Die Schenkerin war von Beruf Steuerberaterin.
Nach dem Tod der Schenkerin leitete das Amtsgericht München unter dem Aktenzeichen 65 VI 4754/98 ein Nachlassverfahren ein. Die testamentarisch eingesetzten Erben der Schenkerin schlugen die Erbschaft aus. Am 19.10.1998 wandte sich die Mutter der Kläger an das Amtsgericht Starnberg - Familiengericht (Az: ) und teilte mit, dass der Vater der Kläger die Erbschaft nach der Schenkerin wegen Überschuldunq des Nachlasses ausgeschlagen habe und die Kläger nunmehr als Erben berufen seien. Die zuständige Rechtspflegerin beriet die Mutter der Kläger über die Einzelheiten einer Erbschaftsausschlagung. Am 27.10.1998 erklärte die Mutter der Kläger gegenüber dem Amtsgericht München - Nachlassgericht die Ausschlagung der Erbschaft für ihre Kinder unter dem Vorbehalt der familienrechtlichen Genehmigung. Mit Beschluss vom 14.04.1999 wurde Rechtsanwalt Brock als Nachlasspfleger nach der Schenkerin bestellt. Aus dem vorläufigen Nachlassverzeichnis des Nachlasspflegers ergibt sich eine Nachlassmasse zum Todestag in Höhe von 10.350,00 DM, der Nachlassverbindlichkeiten in Höhe von 5.953.579,07 DM gegenüberstehen. Am 14.09.1999 genehmigte das Amtsgericht Starnberg die Ausschlagung der Erbschaft durch die Kläger.
In der Folgezeit zeigte sich ein Mitgesellschafter der A- KG an dem Erwerb des den Klägern zugewandten Geschäftsanteils interessiert. Am 20.12.1999 wandte sich die Mutter der Kläger an das Amtsgericht Starnberg - Familiengericht und hat um Genehmigung eines geplanten Abtretungsvertrages, mit dem die Gesellschaftsanteile der Kläger weiter übertragen werden sollten. Mit Schreiben vom 01.02.2000 teilte die zuständige Rechtspflegerin beim Amtsgericht Starnberg, Frau L., der Mutter der Kläger das Ergebnis ihrer Vorprüfung mit. Mit weiterem Schreiben vom 09.02.2000 wies die Rechtspflegerin die Mutter der Kläger darauf hin, dass Schenkung und Abtretung vom 15.03./17.03.1998 der vormundschaftlichen Genehmigung bedürfen und warf die Frage auf, ob eine Benachteiligung der Nachlassgläubiger vorliege. Mit Schriftsatz vom 01.03.2000 beantragte der nunmehrige Klägervertreter die nachträgliche Genehmigung der Rechtsgeschäfte vom 15. und 17.03.1998. Die Rechtspflegerin unterrichtete das Amtsgericht München - Nachlassgericht diesbezüglich, worauf mit Beschluss vom 22.03.2000 erneut eine Nachlasspflegschaft angeordnet wurde. Mit Schreiben vom 13.07.2000 forderte der Streitverkündete als Nachlasspfleger den Vertreter der Kläger zur Mitteilung darüber auf, ob die Genehmigung der Rechtsgeschäfte erteilt sei. Der Vertreter der Kläger leitete dieses Schreiben mit Schriftsatz vom 17.07.2000 an das Amtsgericht Starnberg weiter und beantragte nochmals die Genehmigung der Rechtsgeschäfte vom 15. und 17.03.1998.
Mit Schreiben vom 07.08.2000 teilte der Nachlasspfleger dem Klägervertreter mit, dass seiner Auffassung nach die vormundschaftsgerichtliche Genehmigung nunmehr gemäß § 1829 Abs. 2 BGB als verweigert gelte. Am 28.08.2000 ließen die Kläger das Genehmigungsverfahren für erledigt erklären. Über den Genehmigungsantrag wurde in der Folgezeit nicht mehr entschieden.
Streitverkündete veräußerte als Nachlasspfleger für die unbekannten Erben der Schenkerin die streitgegenständlichen Geschäftsanteile am 29.01.2001 zu einem Kaufpreis von 42.324,50 DM.
Die Kläger haben im erstinstanzlichen Verfahren die Auffassung vertreten, dass der Beklagte für eine schuldhafte Amtspflichtverletzung der Rechtspflegerin L. einzustehen habe. Die Rechtspflegerin sei pflichtwidrig auf den Genehmigungsantrag vom 01.03.2000 hin untätig geblieben. Sie habe auch pflichtwidrig die durch das Schreiben des Nachlasspflegers vom 13.07.2000 in Lauf gesetzte 2-Wochen-Frist des § 1829 Abs. 2 BGB mit der Folge verstreichen lassen, dass die Genehmigung als verweigert gelte. Tatsächlich wäre das Familiengericht zur Erteilung der Genehmigung verpflichtet gewesen. Bei der Genehmigung als Ermessensentscheidung seien ausschließlich die Interessen des Mündels, nicht aber die Belange dritter Personen entscheidend. Eine in Betracht kommende Anfechtbarkeit der Rechtsgeschäfte spiele für die Erteilung der Genehmigung keine Rolle. Anhaltspunkte für eine unerlaubte Handlung hätten nicht bestanden. Die Rechtspflegerin habe rechtswidrig und schuldhaft die Interessen der Kläger hintangestellt und die Belange der Nachlassgläubiger vorgezogen. Bei rechtzeitiger pflichtgemäßer Erteilung der Genehmigung hätten die Kläger den streitgegenständlichen Gesellschaftsanteil für 42.324,50 DM veräußern können, wobei jedem Kläger die Hälfte des Erlöses zugestanden hätte. Die Kläger haben im ersten Rechtszug beantragt:
1. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger zu 1) 10.820,09 EUR zuzüglich 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz der Deutschen Bundesbank seit 11.04.2002 zu bezahlen.
2. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger zu 2) 10.820,08 EUR zuzüglich 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz der Deutschen Bundesbank seit 11.04.2002 zu bezahlen.
Der Beklagte hat im ersten Rechtszug
Klageabweisung
beantragt. Der Beklagte hat eine Amtspflichtverletzung der Rechtspflegerin in Abrede gestellt. Das Schreiben des Nachlasspflegers vom 13.07.2000 entspreche inhaltlich nicht den an eine ordnungsgemäße Aufforderung gemäß § 1829 Abs. 2 BGB zu stellenden Anforderungen. Die begehrte Genehmigung sei im Juli 2000 noch nicht entscheidungsreif gewesen, da weitere Nachforschungen beim Nachlassgericht erforderlich gewesen seien. Die Rechtspflegerin habe ausschließen müssen, dass dem Erwerbsvorgang unlautere Handlungen zu Grunde lägen. Dies entspräche auch dem Kindeswohl, da die Kläger vor Rückforderungs- bzw. Haftungsansprüchen geschützt werden müssten. Die Rechtspflegerin habe Recht in Betracht gezogen, dass die zu genehmigenden Verträge sittenwidrig seien. Darüberhinaus fehle es auch an der Kausalität der behaupteten Pflichtverletzung und am Verschulden.
Die Schenkung sei anfechtbar gewesen. Zudem hätten es die Kläger unterlassen, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden. Ihnen stehe auch eine anderweitige Ersatzmöglichkeit offen.
Mit Schriftsatz vom 19.03.2003 haben die Kläger dem Nachlassverwalter, Rechtsanwalt G. P., den Streit verkündet. Dieser ist dem Rechtsstreit auf Seiten der Kläger beigetreten.
Mit dem Prozessbevollmächtigten der Kläger am 26.06.2003 zugestelltem Urteil vom 02.04.2003, auf das wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen wird, hat das Landgericht München II die Klage abgewiesen. Hiergegen richtet sich die am 15.07.2003 eingegangene und nach Fristverlängerung am 25.09.2003 begründete Berufung der Kläger.
Die Kläger machen geltend, dass eine Sittenwidrigkeit der Rechtsgeschäfte nur in Betracht kommen könne, wenn das in den Anfechtungsnormen genannte Maß überschritten sei, was nicht der Fall wäre. Der Mutter der Kläger seien im März 1998 die schlechten Vermögensverhältnisse der Erblasserin nicht bekannt gewesen, da die Mutter der Kläger als geschiedene Schwiegertochter aus der Familienkommunikation ausgeschlossen gewesen sei. Folglich komme eine Nichtigkeit der Verträge gemäß § 134 BGB bzw. § 138 BGB nicht in Betracht, da diese Vorschriften einen beiderseitigen Sittenverstoß bzw. eine beidseitiqe Straftat voraussetzten.
Die Anfechtbarkeit der Rechtsgeschäfte rechtfertige eine Versagung der Genehmigung nicht. Die Ursächlichkeit der Amtspflichtverletzung für den geltend gemachten Schaden sei ohne weiteres gegeben. Die Kläger beantragen:
1. Das Urteil des Landgerichts München II vom 02.04.2003, Az.: 11 E 0 6969/02, wird aufgehoben.
2. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger zu 1) 10.820,09 EUR zuzüglich 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz der Deutschen Bundesbank seit 11.04.2002 zu bezahlen.
3. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger zu 2) 10.820,08 EUR zuzüglich 5 % über dem Basiszinssatz der Deutschen Bundesbank seit 11.04.2002 zu bezahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung der Kläger zurückzuweisen.
Der Beklagte ist der Ansicht, dass es sich um nicht genehmigungsfähige sittenwidrige Rechtsgeschäfte gehandelt habe. Die Erblasserin habe sich zudem einer Straftat gemäß § 283 StGB a. F. schuldig gemacht. Folglich sei eine Genehmigung nicht in Betracht gekommen. Die Mutter der Kläger habe Kenntnis von den Vermögensverhältnissen der Schenkerin gehabt. Die behauptete Amtspflichtverletzung sei auch nicht kausal für den geltend gemachten Schaden. Im übrigen wird bezüglich des Parteivorbringens in der Berufungsinstanz auf die Schriftsätze der Kläger vom 25.09., 13.11., 24.11. und 01.12.2003 sowie auf die Schriftsätze des Beklagten vom 04.11., 19.11. und 28.11.2003 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Kläger ist unbegründet, da die Rechtspflegerin zu Recht die Genehmigung der Verträge vom 15.03. und 17.03.1998 versagt hat.
A.
1.a) Der Senat geht, insoweit in Übereinstimmung mit den Klägern, davon aus, dass Umstände, die eine Anfechtung begründen, für sich genommen eine Versagung der Genehmigung nicht tragen. Allerdings entfaltet das Anfechtungsgesetz keinerlei Sperrwirkunq insbesondere in Richtung auf die §§ 134, 138 BGB. Der beanstandete Vorgang muss jedoch über den bloßen Anfechtungstatbestand hinaus noch besondere Umstände aufweisen, die den Tatbestand dieser Rechtsnormen ausfüllen (BGH NJW 2000, 3138). b) Mit den Klägern geht der Senat auch davon aus, dass eine Nichtigkeit gemäß § 134 BGB bzw. § 138 BGB im streitgegenständlichen Fall eine beiderseitige Sittenwidrigkeit bzw. eine beidseitige Straftat voraussetzen würde, was jedenfalls gegenwärtig, da nicht festgestellt ist, dass die Mutter der Kläger, die die Kläger vertreten hat, im März 1998 von den schlechten Vermögensverhältnissen der Schenkerin Kenntnis hatte, nicht in Betracht kommt.
2.a) Es kommt für die Frage, ob die vormundschaftsgerichtliche Genehmigung gemäß §§ 1629 Abs. 1, 1643, 1822 Nr. 3, 1828, 1829 Abs. 2 BGB zu erteilen war, nicht entscheidend darauf an, ob die zur Genehmigung anstehenden Rechtsgeschäfte gemäß §§ 134, 138 BGB nichtig waren. Ein nichtiges Rechtsgeschäft wäre ohnehin unheilbar unwirksam und damit ohnehin nicht genehmigungsfähig.
b) Vielmehr fällt entscheidend ins Gewicht, dass der Schenkerin objektiv und subjektiv eine Straftat gemäß § 283 Abs. 1 Nr. 1 StGB a. F. zur Last fällt (im Einzelnen unter c). Die Bediensteten des Beklagten waren berechtigt und verpflichtet, die Genehmigung eines Rechtsgeschäftes mit strafbarem Inhalt zu versagen. Eine Genehmigung wäre letztlich auf die Förderung der Straftat der Schenkerin hinausgelaufen und hätte den Genehmigenden in gefährliche Nähe zum Straftatbestand der Beihilfe zum Bankrott gebracht. Es ist auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Genehmigung unter der Prämisse des Kindeswohls steht, nicht vertretbar, eine Haftung des Beklagten daran zu knüpfen, dass seine Bediensteten die Genehmigung eines Rechtsgeschäftes mit jedenfalls einseitig strafbarem Inhalt unterlassen haben. Darauf, ob die Rechtspflegerin den Straftatbestand des Bankrotts eindeutig erkannt hat, kommt es nicht an, da der Senat einerseits seine Entscheidung an Hand der objektiven Rechtslage zu treffen hat. Überdies hat die Rechtspflegerin, wie aus dem Vermerk vom 09.02.2000 ersichtlich, auf den Aspekt der Gläubigerbenachteiligung, der auch für § 283 StGB a. F. tragend ist, abgestellt.
c) Die Schenkerin hat objektiv und subjektiv den Tatbestand des § 283 Abs. 1 Nr. 1 StGB a. F. verwirklicht. aa. Die Schenkerin war überschuldet. Wie aus dem vorläufigen Nachlassverzeichnis ersichtlich standen 10.350,00 DM Aktiva Schulden in Höhe von 5.953.579,07 DM gegenüber. Soweit das Anwesen G.straße 25 in G. unter den Aktiva des vorläufigen Nachlassverzeichnisses fehlt, spielt dies keine Rolle, da auf der Passivaseite der Erlös aus dem Verkauf dieses Grundstückes bereits mindernd berücksichtig ist und folglich die Relation zwischen Passiva und Aktiva unberührt bleibt. Das Mißverhältnis zwischen Aktiva und Passiva ist so eindeutig, dass auch der streitverkündete Nachlassverwalter, Rechtsanwalt P., der als besonders sachkundig angesehen werden kann, im Termin vom 27.11.2003 eingeräumt hat, dass "Überschuldung in jedem Fall gegeben gewesen sei".
Wegen der vorgenannten drastischen Überschuldung ändert auch ein weiteres im vorläufigen Nachlassverzeichnis nicht aufscheinendes Anwesen in Portugal im Wert von ca. 100.000,00 DM nichts an der Überschuldung der Schenkerin. Diese wird letztlich auch daran ersichtlich, dass die Erbschaft nach der Schenkerin von sämtlichen zur Erbfolge Berufenen ausgeschlagen wurde.
bb. Die Schenkerin war darüberhinaus zahlungsunfähig. Unter Zahlungsunfähigkeit ist das nach außen in Erscheinung tretende, auf dem Mangel an Zahlungsmitteln beruhende, voraussichtlich dauernde Unvermögen des Schuldners zu verstehen, seine sofort zu erfüllenden Geldschulden noch im wesentlichen zu befriedigen (BGH NStZ 2000, 486). Aus dem vorläufigen Nachlassverzeichnis ist ersichtlich, dass die Schenkerin schon seit geraumer Zeit ausser Stande war, eine Vielzahl teilweise auch relativ geringfügiger Forderungen noch zu bedienen.
cc. Die Schenkerin hat durch die Übertragung der Gesellschaftsanteile auf die Kläger Vermögensbestandteile, die in die Konkursmasse fielen, beiseite geschafftt. Unter Beiseiteschaffen ist jede Handlung, die einen Vermögensbestandteil durch räumliches Verschieben oder Veränderung der rechtlichen Lage dem Zugriff der Gläubiger entzieht oder diesen Zugriff erheblich erschwert, zu verstehen (Schönke-Schröder, § 283 StGB RN 4). Dabei spielt es keine Rolle, dass sich die Schenkerin sowohl beim Verpflichtunqs- als auch beim Verfügungsgeschäft rechtsgeschäftlich vertreten ließ. Der Täter muss die Vermögenswerte nicht persönlich beiseite schaffen. Vielmehr reicht es aus, wenn dies (bös- oder gutgläubige) Dritte für ihn erledigen, sofern diese, wie hier, in ihrer Eigenschaft als Vertreter handeln (Schönke-Schröder a.a.O.).
Darauf, dass mangels vormundschaftsgerichtlicher Genehmigung die objektive Rechtslage keine Veränderung erfahren hat, kommt es nicht an. Da die Gesellschaftsanteile nicht im Nachlassverzeichnis aufscheinen, wurde jedenfalls der Zugriff der Gläubiger erheblich erschwert. Außerdem ist und war schon der Versuch des Bankrotts strafbar (§ 283 Abs. 3 StGB a.F.).
Zum anderen geht es im streitgegenständlichen Zusammenhang gerade darum, ob die Genehmigung wegen strafbaren Inhalts des Rechtsgeschäftes zu versagen war.
dd. Die Schenkerin handelte vorsätzlich.
Der Senat ist davon überzeugt, dass der Schenkerin ihre hoffnungslose Überschuldung, die unübersehbar war, nicht verborgen geblieben ist, zumal sie als gelernte Steuerberaterin und vormalige Eigentümerin eines umfangreichen lmmobilienbestandes deutlich überdurchschnittlich geschäftserfahren war.
Ebensowenig kann der Schenkerin verborgen geblieben sein, dass sie schon seit geraumer Zeit eine Vielzahl von Forderungen nicht mehr bedienen konnte.
Die Rechtsgeschäfte vom 15.03./17.03.1998 wurden mit Wissen und Wollen der Schenkerin abgeschlossen. Zwar wurde die Schenkerin bei diesen Rechtsgeschäften durch ihre Kinder vertreten. Die Kläger haben jedoch selbst auf Seite 8 des Schriftsatzes vom 25.09.2003 unter Beigabe einer eidesstattlichen Versicherung der Haushälterin der Schenkerin vorgetragen, dass die Schenkerin die streitgegenständliche Schenkung an (ihre Kinder und) die Kläger wollte und angeordnet hat, da es ihr zu mühsam war, die Verfügung persönlich zu unterzeichnen, dass der Vertragsschluss über eine bereits zuvor erteilte Vollmacht zu bewerkstelligen ist. Strafrechtlich steht dies einem Vertragsschluss "unmittelbar" durch die Schenkerin gleich.
d) Die objektive Bedingung der Strafbarkeit gemäß § 283 Abs. 6 StGB a. F. ist eingetreten. Die Schenkerin hatte, wie ausgeführt, ihre Zahlungen eingestellt. Der Nachlasskonkurs ist lediglich an der fehlenden Nachlassmasse gescheitert. Im übrigen käme es für die Frage der Genehmigungsfähigkeit auch nicht darauf an, ob die Bedingung gemäß § 283 Abs. 6 StGB a. F. eingetreten ist (vgl. ergänzend Palandt, 62. Auflage, RN 24 zu § 134 BGB).
e) § 283 Abs. 1 Nr. 1 StGB a. F. gilt nicht nur für Kaufleute, vielmehr kann Täter jeder Schuldner sein (BGH NStZ 2001, 486).
f) Entgegen dem Vorbringen der Kläger spielt es für die zivilrechtliche Bewertung keine Rolle, dass Straftaten nach § 283 ff. StGB a. F. zwischenzeitlich verjährt sind (bzw. die Schenkerin ohnehin verstorben ist). Es kommt insoweit nicht darauf an, ob gegenwärtig ein Beteiligter noch strafrechtlich verfolgt werden kann.
Von Bedeutung ist einzig und allein, ob seinerzeit zu Recht die Genehmigung der Rechtsgeschäfte versagt wurde.
3.a) Im übrigen hätte die Klage selbst dann keinen Erfolg haben können, wenn der Senat nicht davon überzeugt wäre, dass der Schenkerin auch der subjektive Tatbestand von § 283 Abs. 1 Nr. 1 StGB a. F. zur Last fällt. Die Genehmigung war nämlich schon dann zu versagen, wenn die Verwirklichung des objektiven Tatbestandes ernsthaft in Betracht kommt.
b) Im übrigen wäre es, da die Kläger die schuldhafte Amtspflichtverletzung darlegen und beweisen müssen, Sache der Kläger und nicht des Beklagen gewesen, den subjektiven (und auch objektiven) Tatbestand auszuräumen. Es kann keine Rede davon sein, dass dies den Klägern auch nur ansatzweise gelungen wäre.
4. Der Feststellung des Verschuldens der Rechtspflegerin könnte auch entgegenstehen, dass die mit 3 Berufsrichtern besetzte 11. Zivilkammer des Landgerichts München II im erstinstanzlichen Verfahren die Versagung der Genehmigung als rechtmäßig eingestuft hat.
5. Die Kläger übersehen, soweit sie dem Senat einen Verstoß gegen § 139 ZPO und dem Beklagten Verspätung zur Last legen, dass der Senat verpflichtet ist, die Tatsachen rechtlich in jeder Hinsicht zu prüfen und es dazu keiner einschlägigen rechtlichen Ausführungen der Parteien bedarf. Die Tatsachen, auf die der Senat seine Erwägungen zu § 283 Abs. 1 Nr. 1 StGB a. F. stützt, ergeben sich aus dem erstinstanzlichen Parteivorbringen und dem Tatbestand des landgerichtlichen Urteils. Eines Rückgriffes auf die Beiakten, die vom Landgericht ohnehin zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden waren, bedarf es allenfalls abrundend. Die von den Klägern angegriffene Verfügung des Berichterstatters vom 28.10.2003 diente folglich entgegen der Einschätzung der Kläger nicht dazu, dem Beklagten die Ausübung eines Gestaltungsrechts nahezulegen, sondern bezweckte einzig und allein im Hinblick auf § 139 Abs. 2 ZPO die Meidung einer Überraschungsentscheidung zu Lasten der Kläger.
B.
1. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Kosten des Streithelfers waren den Klägern nicht aufzuerlegen, da, soweit den Gegner die Kostenlast nicht trifft, der Nebenintervenient seine Kosten selbst zu tragen hat. Der unterstützten Partei dürfen die Kosten der Nebenintervention nicht auferlegt werden (§ 101 ZPO).
2. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10, 711 ZPO.
3. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO n. F. sind nicht gegeben.
Ende der Entscheidung
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