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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht München
Urteil verkündet am 05.06.2003
Aktenzeichen: 1 U 3878/02
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 839
I.

Bei der Bekämpfung eines Hochwassers haben die Einsatzkräfte hinsichtlich der zu treffenden Maßnahmen einen Beurteilungsspielraum. Werden in einer komplexen Einsatzsituation bestimmte erfolgversprechende Maßnahmen ergriffen und andere aufgrund nachvollziehbarer Überlegungen verworfen, so begründet es nicht den Vorwurf der Amtspflichtverletzung, wenn sich bei nachträglicher Analyse in Kenntnis der späteren Schadensentwicklung herausstellt, dass in der konkreten Situation eines der nicht gewählten Mittel den Schaden vermeiden hätte können.

II.

Ist der Gefahr der Verklausung von Wehren und Brücken bei bisherigen Hochwassern stets mit einfachen Hilfsmitteln erfolgreich begegnet worden, besteht im Falle einer Hochwasserwarnung für die Gewässerunterhaltspflichtigen und die örtlichen Sicherheitsbehörden keine Verpflichtung, an den entsprechenden Stellen Bagger oder anderes schweres Gerät in Bereitschaft zu halten. Etwas anderes gilt nur, wenn konkrete Anhaltspunkte für eine massive Verschärfung der Verklausungsgefahr bestehen, die voraussehbar mit den bisherigen Hilfsmitteln nicht mehr beherrscht werden kann.

III.

Die Sicherheitsbehörden sind im Falle eines Dammbruchs zur unverzüglichen Warnung der voraussehbar von der ausströmenden Flutwelle betroffenen Anwohner durch Lautsprecherdurchsagen oder eine andere effektive Art der Alarmierung verpflichtet. Sind die Verantwortlichen zu einer Einschätzung der Entwicklung der Überschwemmung wegen des Fehlens verläßlichen Kartenmaterials mit genauen Höhenangaben nicht in der Lage, ist das zu warnende Gebiet großzügig zu bemessen.

Stichprobenartige Erkundungsfahrten bei Dunkelheit zur Feststellung der Fließrichtunq des Wassers rechtfertigen wegen der Unberechenbarkeit der Geschwindigkeit der Mutwelle und der in der Praxis kaum zu beurteilenden Wirkung vorhandener Retentionsräume und Hindernisse keine Verzögerung der Warnung.

IV.

Der Inhalt der Warnung richtet sich nach dem Einzelfall. Wenn die konkrete Gefahr einer Überschwemmung von Tiefgaragen und Kellern durch eine möglicherweise in Kurze eintreffende Flutwelle besteht, ist vor deren Betreten wegen Lebensgefahr zu warnen.

V.

Ob ein Anwohner eine Warnung tatsächlich gehört und sie zum Anlass für die Sicherung seines Eigentums genommen hätte, ist vom Gericht anhand der Umstände des Einzelfalles festzustellen. Eine bloße Möglichkeit hierfür, ebenso eine gewisse Wahrscheinlichkeit genügt nicht. Besteht eine Amtspflichtverletzung in einem Unterlassen, so kann ein Ursachenzusammenhang zwischen Pflichtverletzung und Schaden nur bejaht werden, wenn der Schadenseintritt bei pflichtgemäßem Handeln mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vermieden worden wäre (BGH VersR 1994, 935, 937).


OBERLANDESGERICHT MÜNCHEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Aktenzeichen 1 U 3878/02

Verkündet am 05.06.2003

In dem Rechtsstreit

wegen Schadensersatzes

erläßt der 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München durch die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht und die Richter am Oberlandesgericht und aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 17.04.2003 folgendes

Endurteil:

Tenor:

I.

Auf die Berufung der Beklagten und der Streithelferin wird Ziffer I. des Urteils des Landgerichts Augsburg vom 17.06.2002 wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte ist dem Grunde nach verpflichtet, der Klägerin den Schaden aus dem Hochwasser vom 22.723.05.1999 zu ersetzen, der darauf zurückzuführen ist, dass am 23.05.1999 nicht (spätestens) um 1.15 Uhr in der A Straße in Augsburg eine Lautsprecherdurchsage erfolgte, die auf den Bruch des W dammes und eine in Kürze zu erwartende Flutwelle hinwies sowie wegen Lebensgefahr davor warnte, Keller und Tiefgaragen zu betreten.

Die weitergehende Berufung der Beklagten und der Streithelferin wird zurückgewiesen.

Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

II.

Hinsichtlich des Verfahrens über den Betrag wird der Rechtsstreit an das Landgericht Augsburg zurückverwiesen.

III.

Die Kostenentscheidung bleibt der Endentscheidung vorbehalten.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin fordern von der Beklagten Schadenersatz für die Überschwemmung des von ihr gemieteten Hauses im Augsburger Stadtteil P durch die W am 22./23.05.1999 (sogenanntes Augsburger Pfingsthochwasser).

Die W, die in den Voralpen entspringt und ein relativ kleines Einzugsgebiet aufweist, ist ein Gewässer erster Ordnung (laufende Nr. 57 des bayerischen Verzeichnisses der Gewässer erster Ordnung).

Im Katastrophenjahr 1910, als der alte Hochablass vom reißenden Lech völlig zerstört wurde und Hochzoll unter Wasser stand, zeigten sich im Bereich der W keine Probleme.

Beim Hochwasser im Juli 1932 kam es zu einem Deichbruch der W an der Ostseite südlich der I Brücke, die den südlichen Teil G unter Wasser setzte.

Im Juni 1965 kam es nach anhaltenden Regenfällen zu einem W hochwasser. Dabei erwies sich das Durchschleusen von Treibgut an der G Brücke als größtes Problem. Es kam wegen des Bruchs der Absperrung des Radegundisbaches zu einer Überschwemmung in P, während der östliche W damm hielt.

Beim Hochwasser von 1970 ereignete sich keine Überschwemmung.

Ein Hochwasser vom 22./23.02.1999 führte bei Km 13 (flußabwärts der Staustufe Inningen) zu einer Beschädigung der Uferböschung der W.

Nachdem daraufhin der Ortsobmann des Bayerischen Bauernverbandes Inningen, H, Mitglied des Naturschutzbeirats der Beklagten, in Schreiben vom 25.02.1999 an die für diesen Flussabschnitt für den unterhaltsverpflichteten Freistaat Bayern zuständige Behörde, das Wasserwirtschaftsamt (WWA) Donauwörth, und die Beklagte die Befürchtung geäußert hatte, dass dort beim nächsten Hochwasser die Uferstreifen mit den dort stehenden 30 bis 40 m hohen Bäumen einbrechen und die Bäume am Wehr in G hängenbleiben oder Brücken und Wehre wegreißen und die Bürger der Stadt Augsburg gefährden könnten, ließ das WWA Donauwörth alle größeren Bäume, die ins Wasser zu fallen drohten (ca. 100) entfernen. Von einer Nachversteinung sah die Behörde im Hinblick auf das als gering eingestufte Schadensrisiko und die Planungen für das Renaturierungsprojekt "W vital" ab.

Am 13./14.05.1999 kam es zu einem Hochwasser ohne größere Auswirkungen im Bereich der W.

Anhaltende starke Regenfälle sorgten in der Woche vor Pfingsten 1999 zu einer Wassersättigung der Böden u. a. im Einzugsgebiet der W.

Am 20.05.1999 gegen 16.00 Uhr brachte der Deutsche Wetterdienst (DWD) eine Vorwarnung über ein Starkregengebiet heraus, die über das Bayerische Landesamt für Wasserwirtschaft (LfA) und die Regierungen im Rahmen des Hochwassernachrichtendienstes (HND) beziehungsweise des Katastrophenschutzes an die Gemeinden und damit auch die Beklagte weitergeleitet wurde. Am 21.05.1999 um 12.09 Uhr erfolgte ergänzend eine Unwetterwarnung für Südbayern mit Schwerpunkt Schwaben und Oberbayern durch die LfW mit Hinweis auf die Meldestufe 2. Beide Meldungen enthielten keinen ausdrücklichen Hinweis auf die W.

Am 21.05.1999 gegen 11.00 Uhr erfolgte bereits vor Erreichen der Kriterien für einen Meldebeginn für die W (Stufe 1: Stellenweise kleinere Auslieferungen - 2,50 m; Stufe 2: Land- und forstwirtschaftliche Flächen überflutet oder leichte Verkehrsbehinderungen auf Forstverkehrs- oder Gemeindestraßen - 3,50 m ; Stufe 3: Einzelne bebaute Grundstücke oder Keller überflutet oder Sperrung überörtlicher Verkehrsverbindungen oder vereinzelter Einsatz der Wasser- oder Dammwehr erforderlich - 4,50 m; Stufe 4: Bebaute Gebiete in größerem Umfang überflutet oder Einsatz der Wasser- oder Dammwehr in großem Umfang erforderlich - 6 m) eine Warnung über ein bevorstehendes Hochwasser durch das WWA Donauwörth. Sie ging gegen Mittag bei der Beklagten ein. Es hieß, es sei zumindest eine Situation wie beim letzten Hochwasser vom 13./14.05.1999 zu erwarten und eine weitere Verschärfung möglich, weshalb die Einrichtung eines Katastrophenschutzstabes empfohlen werde. Prognostiziert wurden Niederschlagsmengen von 50 l/m2 für das Stadtgebiet Augsburg und von 75 l/m2 für das Voralpengebiet (tatsächlich kam es im Allgäu dann bis zu 300 l/m2).

Die Pegel der W befanden sich zu diesem Zeitpunkt noch unter der Meldegrenze.

Die Beklagte versetzte einen Einsatzstab in Rufbereitschaft.

Im Verlauf des 21.05.1999 erhöhten sich Wasserstand und Abflußmenge am Pegel Augsburg-Oberhausen über 2,74 m um 19.00 Uhr auf 3,71 m = 261 m3 /s um 24.00 Uhr und bis 22.05.1999 gegen 16.40 Uhr auf 5,08 m sowie bis 20.17 Uhr auf 5,12 m = 431 m3/s. Am 23.05.1999 um 5.20 Uhr lag der Pegel bei 5.05 m. Es handelte sich damit um das höchste dort bisher gemessene Hochwasser mit einer statistischen Wiederkehr von 100 Jahren. Dennoch wurde Meldestufe 4 zu keiner Zeit erreicht. Der flussaufwärts etwa bei km 40 am Pegel Türkheim gemessene Wasserstand hatte am 22.05.1999 gegen 12.00 Uhr einen vorübergehenden Höchststand erreicht, fiel dann (was die Einsatzzentrale der Beklagten um 14.22 Uhr erfuhr) und stieg am Nachmittag überraschend bis 17.35 Uhr um ca. 30 cm, ohne dass Meldestufe 3 dort erreicht wurde.

Die Dienststellen der Beklagten richteten ihr Hauptaugenmerk auf den Lech, insbesondere den als Gefahrenschwerpunkt angesehenen Hochablass.

Bei Flusskilometer 8,316 der W befand sich das im Eigentum der Streithelferin stehende sogenannte Ackermannwehr, hinsichtlich dessen sowie der W-Korrektionsbauten 100 m oberhalb und 1.000 m unterhalb des Wehres Unterhalt und Überwachung der Streithelferin obliegen. Ihre Rechtsvorgängerin hatte sich im Zusammenhang mit dem Bau des Wehres verpflichtet, für alle Schäden zu haften, die wegen mangelhafter Unterhaltung oder infolge eines Elementarereignisses an den Korrektionsbauten oberhalb oder unterhalb des Wehres aus einem Durchbruch des Wassers entstehen sollten. Die Wehranlage war mit fünf Fällen von jeweils 6,75 m Breite und an dem ostseitig gelegenen Kanaleinlasswerk mit zwei Fällen von jeweils 6,2 m Breite ausgestattet. Alle Schleusen werden elektrisch ferngesteuert und videoüberwacht. Die fünf W schleusen waren mit einem Aufsatz versehen, der bei Hochwasser zur Vergrößerung der Durchflusskapazität manuell umgeklappt werden konnte. Zum Durchbugsieren von Treibgut, das sich in der Wehranlage verfangen hatte, insbesondere auch von ganzen Bäumen, hielt die Streithelferin Stangen, zum Teil ausgerüstet mit Haken oder Sägen, vor. Damit und dem Einsatz der Werksfeuerwehr hatte in der Vergangenheit eine Verklausung des Wehres stets vermieden werden können.

Flussaufwärts des Wehres befand sich beidseits der W ein Uferstreifen, der ostwärts mit einer befestigten erhöhten Uferböschung versehen ist, während auf der Westseite bis zur G Brücke ein etwa 100 m langer Damm verlief, dessen Krone einen befestigten Fahrweg aufwies.

Am 22.05.1999 führte die W ab Mittag zunächst vereinzelt, dann zunehmend große Mengen Treibgut mit sich, das teilweise - ohne dass abgrenzbar wäre in welchem Umfang - von an diesem Tag erfolgten hochwasserbedingten Uferabbrüchen bei km 13 stammte. Da sich unter dem Treibgut zahlreiche Bäume befanden, kam es letztlich zu einer Verklausung des Ackermannwehrs.

Jedenfalls bis 11.52 Uhr (Ausfall der Videoüberwachung) erfolgte der Wasserabfluss am Wehr unbeeinträchtigt. Nach der Einstauung der Wehrtafeln wurde das Wehr gegen 12.00 Uhr für die Allgemeinheit "wegen Lebensgefahr" gesperrt. Feuerwehrleute und andere Einsatzkräfte begaben sich jedoch noch bis 17.35 Uhr, der Zeuge G um 19.40 Uhr auf das Wehr.

Ab 14.00 Uhr versuchten Mitarbeiter der Streithelferin vergeblich, einen im Wehr verkeilten Baum mit einfachen Bugsierhaken zu entfernen. Zu dieser Zeit bestand noch keine Beeinträchtigung des Wasserabflusses.

Gegen 15.30 Uhr scheiterte der Versuch, den Baum mittels eines von der Beklagten gestellten 10t-Lkw und einer darauf montierten Seilwinde mit einer Zugkraft von 15 t herauszuziehen, weil ein als Festlager benutzter stehender Baum entwurzelt wurde, während sich der Stamm im Wehr nicht bewegen ließ. Die Mitarbeiter der Beklagten und der Streithelferin waren bis zu diesem Zeitpunkt davon ausgegangen, den Baum mit den verfügbaren Mitteln beseitigen zu können. Die Alarmierung der freiwilligen Feuerwehren, der Berufsfeuerwehr der Beklagten und der Werksfeuerwehr der Streithelferin erfolgte um 15.55 Uhr.

Gegen 16.10 Uhr traf der Leiter des Inspektionsdienstes der Berufsfeuerwehr der Beklagten, Günter, am Ackermannwehr ein und übernahm die Einsatzleitung. Etwa zeitgleich traf ein größerer Baum am Wehr ein.

Um 16.30 ordnete Einsatzleiter G eine Deicherhöhung mit Sandsäcken an. Um 16.42 Uhr erfolgte die Verständigung des in Rufbereitschaft stehenden Einsatzstabes, bestehend aus dem Ordnungsreferenten der Beklagten und seinem Stellvertreter, dem stellvertretenden Leiter des Amtes für Brand- und Katastrophenschutz der Beklagten und dem Direktionsdienst der Berufsfeuerwehr, die in der Einsatzzentrale der Berufsfeuerwehr zusammenkamen.

Beim Eintreffen der Feuerwehr vor Ort waren die Bereiche beiderseits des Wehres bereits überflutet. Baumstämme und anderes Treibgut trieben in kurzen Abständen an, blieben im Wehr hängen und verstärkten die Verklausung.

Gegen 18.00 Uhr weichte die Sandsackbarriere an der Nordostseite auf.

Wasser floss in die Wellenburger Straße.

Der Direktionsdienst der Berufsfeuerwehr und damit der Leiter der Berufsfeuerwehr der Beklagten, H übernahm die Einsatzleitung, der Inspektionsdienst und die Kommandanten der Freiwilligen Feuerwehren die Abschnittsleitung. Vor Ort befanden sich zudem Vertreter der technischen Gewässeraufsicht, von Hilfsorganisationen, der Polizei und Mitarbeiter des Tiefbauamts der Beklagten, darunter der Abteilungsleiter für Wasser- und Brückenbau, der als Spezialist für die örtlichen Verhältnisse galt.

Ein Versuch mit einer Teleskopsäge gegen 19.40 vom Wehr aus durch das Zersägen verkeilter Stämme und Äste für einen besseren Abfluss der W zu sorgen, scheiterte.

Gegen 20.30 Uhr trat die W bedingt durch das Geländeniveau im Bereich der Mündung des Diebelsbachs massiv über die Ufer. Das Wasser floss über die westlich gelegenen Ackerflächen und die Wellenburger Allee in Richtung Schafweidsiedlung. Die Arbeiten am Westdamm des Ackermannwehres wurden durch Maßnahmen im Wasenmeisterweg stark behindert. Die Fortsetzung der Arbeiten konnte nur durch die Aufschüttung eines Querdammes gewährleistet werden.

Das Wasser umspülte bereits die Einlaufschleuse in den Fabrikkanal der Streithelferin. Immer wieder waren weggespülte Teile des Sandsackwalles auf dem Ostdamm auszubessern.

Gegen 21.00 Uhr mußte aufgrund der Wassermassen und der damit verbundenen Gefahr der Ostdeich aufgegeben werden. Die vorhandenen Mannschaften mußten zu Sicherungsmaßnahmen der östlich gelegenen Stadtteile eingesetzt werden.

Am Westufer konnte die Deicherhöhung mit dem Ansteigen des Wassers Schritt halten. Weil immer wieder Wasser durch den Sandsackwall sickerte, erfolgte eine Hinterfüllung des Dammes mit Erdreich. Gegen 22.00 Uhr verschärfte sich die Lage, so dass Sandsäcke zum Teil durchspült und vermehrt auch weggespült wurden, weshalb Abschnittsleitung und Tiefbauamt beschlossen, den Verbau mit Steinen und Aushubmaterial zusätzlich zu verstärken und gegen Unterspülungen zu sichern. Nachdem kurz nach 22.00 Uhr dem Einsatzleiter ein Zittern des Westdeichs gemeldet wurde, nahmen die Einsatzkräfte eine wasserseitige Stabilisierung des Deichs mit grobem Schüttmaterial wie Flußsteinen zur Verzögerung der vermuteten Auskolkung in Angriff. Da das Ackermannwehr zu dieser Zeit bereits an beiden Seiten umspült wurde, ergab sich die Notwendigkeit, den Westdamm oberhalb des Wehres noch weiter zu erhöhen, wobei das durchsickernde Wasser zunehmend Probleme bereitete. Den Einsatz von schwerem Gerät (z. B. Bagger) zur Beseitigung der Verklausung hielten die Verantwortlichen zu dieser Zeit für aussichtslos. Mangels befestigter Zufahrten erschien ihnen ein Zugang zum Wehr mit schweren Maschinen nicht mehr möglich.

Deshalb erwog die Einsatzleitung eine Sprengung. Der um 22.00 Uhr angeforderte Sprengmeister H lehnte eine Sprengung jedoch ab. Gegen 0.00 Uhr brach auf dem Westdamm in einer Länge von 30 m die Sandsackerhöhung. Es wurde versucht, die Bruchstelle mit schwerem Material zu schließen, bis der eingesetzte Baggerfahrer sich und sein Gerät unter Lebensgefahr zurückziehen mußte. Gegen 0.15 brach der Westdamm selbst Aufgrund fortschreitender Erosion weitete sich der Bruch auf eine Länge von 200 bis 250 m aus.

Erkundungsfahrten - insbesondere in Richtung G Wäldchen - blieben bis nach 2.00 Uhr ohne Erkenntnisse über die Fließrichtung des ausgetretenen Wassers.

Um 2.10 Uhr rief der Ordnungsreferent der Beklagten den Katastrophenfall aus. Das Ackermannwehr selbst brach spätestens gegen 3.30 Uhr.

Warnungen der Bevölkerung erfolgten auf die nachstehende Weise:

Am 20.05.1999 wurde ein Warnzyklus mit Unwettervorwarnungen in allgemeiner Form begonnen, woraufhin alle örtlichen Medien auf bevorstehende besonders starke Niederschläge und Hochwassergefahr hinwiesen. Am 22.05.1999 berichteten die Augsburger Regionalsender spätestens ab 16.00 Uhr in ständigem Kontakt mit der Einsatzzentrale der Berufsfeuerwehr über die Gefahr, dass die W "über die Ufer treten" könne und wiesen darauf hin, dass die Bürger der Stadtteile G und P-Süd Vorsorge treffen sollten. Ab 17.09 Uhr gab die Polizeidirektion Augsburg Informationen an die Verkehrsmeldestelle München, an die 23 Sender angeschlossen sind, weiter. Aus diesen ergab sich jedenfalls um 19.06 Uhr und 21.22 Uhr, dass die Bürger u. a. aus P-Süd vorsorglich ihre Fahrzeuge aus den Tiefgaragen entfernen sollten. Ein ausdrücklicher Hinweis auf die Gefahr eines Dammbruchs erfolgte nicht. Ab ca. 21.00 Uhr gab es in unmittelbarer Nähe des Ackermannwehrs, in G (Ostseite) und der Schafweidsiedlung (Westseite) per Lautsprecher stündliche Warnungen durch Einsatzfahrzeuge von Polizei und Wasserwacht.

Die durch den Damm- und Wehrbruch ausgelöste Flutwelle überschwemmte unter anderem den Stadtteil P Süd/Uhlandwiese, wo sich das klägerische Anwesen A Straße 35 e befindet. Das Wasser drang rasch in der U Straße (zu der die A Straße in einem nord-östlich gerichteten Teilabschnitt parallel verläuft) vor. Warnungen an die Anwohner erfolgten im Stadtteil U Wiese frühestens ab 3.25 Uhr. Versuche der Beklagten, die U Straße zu sperren (3.41 Uhr), um das Wasser Richtung Ludwig-Thoma-Straße zum dortigen Mühlbach umzuleiten, zeigten nur vorübergehend Erfolg.

Die Klägerin hat vorgebracht, die Beklagte sei zur Einrichtung eines Katastrophenschutzstabes ab 21.05.1999, 11.00 Uhr verpflichtet gewesen. Sie habe die Bevölkerung nicht rechtzeitig und ausreichend über die Hochwassergefahr informiert. Aufgrund der hohen Fließgeschwindigkeit der W hätte sich das Risiko von Uferabrissen aufgedrängt. Die Beklagte habe mit der Gefahr einer Verklausung der Engstellen im Stadtgebiet durch Bäume und sonstiges Treibgut und einer damit einhergehenden Aufstauung rechnen müssen. Die Streithelferin hätte von der Beklagten am frühen Morgen des 22.05.1999 über Wasserstand und Fließgeschwindigkeit der W informiert werden müssen. Spätestens ab der Verkeilung von Treibgut am flußabwärts gelegenen Goggeleswehr um 9.28 Uhr hätte die Beklagte Eignung und Verfügbarkeit von Großgerät zur Beseitigung von Verklausungen im Ackermannwehr prüfen, dieses Gerät an geeigneter Stelle bereithalten und sich auf die Sprengung des Wehres einstellen müssen.

Ab 14.00 Uhr hätten sich die Gefahrenzeichen vermehrt. Zu diesem Zeitpunkt hätte der Erdbauunternehmer L einen geeigneten Bagger binnen einer Stunde mit einer Rüstzeit von zwei bis drei Stunden zum Ackermannwehr schaffen, dieses bis 18.00 Uhr von Treibgut räumen und eine Durchtrennung der Wehrriegel durchführen können.

Bis gegen 18.00 Uhr hätten sich nur wenige Bäume im Wehr verkeilt. Es hätten sich nur wenige Baumstämme verhakt, hinter denen sich ein ständig anwachsendes Konglomerat von Treibgut verfangen habe.

Die Wellenburger Brücke und das Ackermannwehr seien bis zur Sperrung um 17.35 Uhr noch befahrbar gewesen. Die Standfestigkeit des Westdammes habe noch um 20.18 Uhr ausgereicht, um Großgerät zu tragen. Die Standfestigkeit des Untergrunds hätte mit Flußbausteinen, Bauschutt und ähnlichem verstärkt werden können. Ein Seilbagger, der zum Heben, Reißen und Ziehen optimal geeignet sei, könne seinen Greifer über die anderthalbfache Länge des Auslegers hinauswerfen, weshalb bei einer Aufstellung auf dem Damm sogar eine Auslegung von 20 statt 30 m genügt hätte. Mit einer Abrissbirne am Ausleger hätte die Wehranlage ganz oder teilweise zerstört werden können. Auch Winden mit der erforderlichen Zugkraft hätten rechtzeitig beschafft und von der Wellenburger Straße aus eingesetzt werden können. Das THW verfüge ebenfalls über geeignetes Großgerät, das der Beklagten am 22.05.1999 vergeblich angeboten worden sei. Bergepanzer der Bundeswehr hätten sich im Uferbereich festsetzen können und das Treibgut mit Seilen und Ketten wegreißen können; alternativ wäre auch der Einsatz eines Hubschraubers möglich gewesen.

Eine Sprengung des Wehres habe spätestens ab 15.30 Uhr erwogen werden müssen. Sie sei möglich gewesen, solange das Wehr betreten werden konnte.

Die Sicherung des Westdammes sei unzureichend und zu spät erfolgt.

Die Verantwortlichen hätten weder die erforderliche Ausbildung noch Eignung für den Katastrophenfall gehabt. Die organisatorische Bewältigung sei mangelhaft.

Durch Umleitung einer Teilmenge in vorhandene Retentionsräume oder durch Errichtung einer zweiten Dammlinie hätte Zeit für weitere Maßnahmen und die Warnung der Betroffenen gewonnen werden können.

Das Fehlen einer Folgenbewertung und einer Evakuierungs- und Sicherungsplanung sei pflichtwidrig, da die Beklagte mit einem Dammbruch habe rechnen müssen.

Die Bevölkerung von P hätte unmittelbar nach dem Dammbruch gewarnt werden müssen, da die Flut von 1965 die gleiche Richtung genommen habe.

Die Klägerin, die gegen 22.00 Uhr zu Bett gegangen sei, hätte nur allgemeine Radiohinweise erhalten. Gegen 5.00 Uhr habe sie das Rauschen des Wassers in ihren Kellerräumen geweckt. Lautsprecherdurchsagen in der A Straße seien überhaupt nicht erfolgt. Kurz danach sei auch das Erdgeschoss vollständig unter Wasser gesetzt gewesen, so dass der Klägerin nur eine äußerst kurze Zeitspanne zur Bergung von Sachen verblieben sei.

Der Klägerin sei an ihrem Inventar ein Schaden von 21.000,-- DM sowie Aufwendungen für Schadensbeseitigung von 1.000,-- DM entstanden. Hierauf lasse sie sich einen Betrag von 2.000,- DM Soforthilfe anrechnen.

Eine anderweitige Ersatzmöglichkeit im Sinne von § 839 Abs. 1 S. 1 BGB bestehe nicht, da nach dem Genehmigungsbescheid vom 07.09.1883 die Streithelferin auch bei Elementarereignissen nur für Korrektionsbauten im Bereich der Wehranlage hafte.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des klägerischen Sachvortrags wird auf den Tatbestand des Urteils des Landgerichts Augsburg Bezug genommen.

Die Klägerin hat beantragt:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Schadenersatz in Höhe von 20.000,00 DM zuzüglich 10,5 % Zinsen seit 01.08.1999 zu zahlen.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

Sie hat vorgebracht, sie habe die Information durch das WWA Donauwörth ernst genommen. Da jedoch weder auf die Gefahr der Verklausung der W hingewiesen worden sei, noch die Hochwasser der Vergangenheit zu Deichbrüchen und Verklausungen von Wehranlagen geführt hätten, habe man keine Problematik hinsichtlich der W gesehen. In den letzten 35 Jahren habe es in Augsburg keine Hochwasserschäden gegeben, Schäden durch Treibgut noch nie. In den letzten 100 Jahren habe Treibgut keine nennenswerte Behinderung oder gar Gefahr für das Ackermannwehr dargestellt.

Die Uferabbrüche bei km 13 seien für die Beklagte nicht vorhersehbar gewesen.

Die Verhältnisse an der Goggelesbrücke mit ihren weitaus geringeren Durchlassbreiten seien nicht vergleichbar.

Bereits mit Beginn der Verklausung des Ackermannwehrs seien die Deich- und Wehrbrüche sowie die Überflutung trotz Aufbietung aller Kräfte und Ausschöpfung aller Mittel nicht mehr vermeidbar gewesen.

Die Begehung des Wehres sei gegen 12.00 Uhr nur noch unter Lebensgefahr möglich gewesen.

Der Einsatz von Pionierpanzern der Bundeswehr habe wegen der hohen Fließgeschwindigkeit der W und der begrenzten Auslegerweite von 9 m nicht erfolgen können. Der Einsatz einer Drehleiter oder eines Kranes der Feuerwehr sei mangels Zufahrtsmöglichkeit und Reichweite nicht möglich gewesen.

Schwere Hydraulikbagger hätten aufgrund nicht hinreichend befestigter Uferbereiche nicht eingesetzt werden können. Sie hätten die mindestens alle fünf Minuten antreibenden Bäume nicht schnell genug entfernen können. Die Anfahrt und Rüstzeit eines derartigen Geräts betrage mindestens drei Stunden. Die Beschaffung eines Seilbaggers mit einer Ausladung von 30 m hätte eine Vorbereitungszeit von ein bis zwei Tagen erfordert. Der Antransport hätte mit einem Tieflader erfolgen müssen. Hubschrauber hätten wegen ihrer begrenzten Traglast und deshalb, da die Anschlagseile nicht angebracht hätten werden können, nicht eingesetzt werden können.

Eine Durchtrennung der Wehrriegel sei zunächst nicht angezeigt gewesen, da der Wasserstand um 11.52 Uhr nur die Meldestufe 2 erreicht habe. Nach Eintritt der Verklausung sei sie wegen der Gefahr für Leib und Leben weder möglich noch zumutbar gewesen.

Eine Sprengung nach Eintritt der Verklausung sei aus fachtechnischen Gründen und wegen der Gefährdung der Unterlieger ausgeschieden.

Ein Umleitung der Hochwasserspitze durch eine gezielte Dammöffnung sei nicht möglich gewesen, da die in Betracht kommenden Wiesen bereits durch kleinere Bäche überflutet gewesen seien; außerdem hätte der Retentionsraum allenfalls eine Stunde Aufschub gebracht.

Eine Deichsicherung sei erst nach Aufgabe des Versuchs, die fortschreitende Verklausung mit Teleskopsäge oder Sprengung zu beseitigen, geboten gewesen. Der Dammbruch sei durch die Ausspülung des Ufers verursacht worden. Dies sei wegen des Hochwassers nicht rechtzeitig erkennbar gewesen.

Die Beschaffung von Deichsicherungsmaterial am Pfingstwochenende sei schwierig gewesen. Das Vorhalten einer größeren Anzahl als der bei der Berufsfeuerwehr vorhandenen 3.000 Sandsäcke für einen noch nie dagewesenen Schadensfall sei nicht geboten gewesen. Vergeblich habe man über die Bundeswehr versucht, Sandsäcke zu beschaffen.

Eine Überschwemmung lasse sich weder durch Aus- und Fortbildung noch durch Katastrophenübungen verhindern oder eindämmen, da sie in ihrem Ablauf weder vorhergesagt noch nachgestellt werden könne.

Der Einsatzstab sei rechtzeitig nach Eingang der Meldung, dass sich Treibgut am Ackermannwehr sammelte, gebildet worden. Die Aufstellung eines Katastropheneinsatzwagens an der Wellenburger Brücke als Arbeitsraum für Einsatz- und Abschnittsleitung, ein Sprechfunker und zwei Hauptbrandmeister hätten die ständige Erreichbarkeit und zuverlässige Führung aller angebundenen Einheiten gewährleistet.

Die Führungskräfte und ihre Berater seien über das aktuelle Lagebild informiert gewesen. Die erforderlichen Entscheidungen seien ständig durch die örtliche Einsatzleitung und die Einsatzzentrale gefallen. Der Ordnungsreferent und sein Stellvertreter wären auch vor Ort gewesen.

Die Lage am Ackermannwehr sei zunächst nicht als Katastrophenfall einzustufen gewesen, da in erster Linie Einheiten der Feuerwehr mit ihrer vorgegebenen Organisationsstruktur im Einsatz gewesen seien. Vor dem Bruch des Westdeichs seien Warnungen durch Lautsprecherfahrzeuge in den später von der Flutwelle betroffenen Gebieten nicht veranlaßt gewesen. Nach dem Deichbruch seien Durchsagen des Inhalts, Wertgegenstände aus dem Keller in höhere Lagen zu verbringen und die Nachbarn zu verständigen - später auch die Öltanks zu sichern - durch Streifenfahrzeuge der Polizeiinspektionen G und P nach einem festgelegten Streckenplan für die Alarmierung erfolgt, wobei die Streifenfahrzeuge beim Durchfahren der Straßenzüge zur Erhöhung der Verständlichkeit der Durchsagen jeweils angehalten hätten. Unmittelbar nach Feststellung eines intensiven Wasserflusses nach Norden habe die P unter Einsatz von Lautsprecherwagen und dreier Fahrzeuge der Berufsfeuerwehr in ihrem Bereich vor der bevorstehenden Flut gewarnt. Jedenfalls ab 3.25 Uhr sei im Uhlandsviertel gewarnt worden.

Das Ackermannwehr sei erst gegen 3.30 Uhr gebrochen.

Die Klägerin habe die fortlaufenden Meldungen vollkommen ignoriert und sich ohne Sicherungsmaßnahmen einfach zur Ruhe begeben. Die Überflutung des Kellers habe sich in schadenstiftender Form erst gegen 5.00 Uhr ereignet.

Die Inanspruchnahme der Streithelferin stelle eine anderweitige Ersatzmöglichkeit im Sinne von § 839 Abs. 1 S. 2 BGB dar. Das Tiefbauamt der Beklagten habe hinsichtlich des Treibguts am Ackermannwehr als deren Erfüllungsgehilfe gewirkt.

Mit Schriftsatz vom 11.06.2001 verkündete die Beklagte der GmbH den Streit. Diese trat dem Verfahren am 17.07.2001 als Streithelferin auf Seiten der Beklagten bei. Der Freistaat Bayern, dem die Beklagte am 28.05.2001 den Streit verkündete, trat dem Rechtsstreit dagegen nicht bei.

Die Streithelferin hat vorgebracht, die hohe Anzahl angeschwemmter Bäume sei nicht vorhersehbar gewesen. Sie habe davon ausgehen dürfen, mit den vorhandenen Mitteln den ersten im Wehr verkeilten Stamm entfernen zu können. Der massive Anstrom von Bäumen habe erst gegen 16.00 Uhr eingesetzt. Ab diesem Zeitpunkt sei ein Betreten des Ackermannwehres nicht mehr möglich gewesen, weil die Gefahr bestand, dass Baumkronen auf das Wehr schlugen.

Die rasche Verklausung sei weder zu verhindern noch zu beseitigen gewesen.

Eine Sprengung sei aufgrund einer Interessenabwägung nicht erfolgt. Hierdurch wäre das flußabwärts gelegene Goggeleswehr gefährdet worden.

Der Zusammenbruch des Ackermannwehres sei gegen 2.30 Uhr erfolgt.

Schadenersatzansprüche gegen sie könnten nur geltend gemacht werden, wenn sie gegen Auflagen aus dem Bewilligungsbescheid verstoßen hätte, was nicht der Fall sei. Für eine Haftung aus unerlaubter Handlung fehle es an einer Grundlage, da sie insbesondere die Unterhaltspflicht für das flußaufwärts des Ackermannwehrs gelegene Ufer nicht verletzt habe.

Die Beklagte habe nicht als ihr Erfüllungsgehilfe, sondern als "Polizeibehörde" eingegriffen.

Auch hinsichtlich des Vorbringens der Beklagten und der Streithelferin in erster Instanz wird zur Ergänzung auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils verwiesen.

Das Landgericht Augsburg hat nach Durchführung einer umfangreichen Beweisaufnahme mit Grundurteil vom 17.06.2002 ausgesprochen, dass die Beklagte dem Grunde nach verpflichtet sei, der Klägerin die Schäden an dem am 22./23.05.1999 in Keller und Erdgeschoss ihres Anwesens, straße befindlichen Inventar zu ersetzen, die für die Klägerin bei Mitteilung durch die beklagte über den erfolgten Dammbruch an der W am 23.05.1999 um 1.00 Uhr abwendbar gewesen wäre.

Bezüglich der Begründung wird auf das Urteil Bezug genommen.

Gegen das Urteil haben beide Parteien und die Streithelferin Berufung eingelegt.

Die Beklagte bringt vor, der Schadenseintritt sei auf höhere Gewalt zurückzuführen.

Die Beklagte sei nicht die zuständige technische Gewässeraufsichtsbehörde im Sinne von Art. 68, 70 BayWG, da sie für das Ackermannwehr nicht gemäß Art. 42 BayWG unterhaltsverpflichtet gewesen sei. Da es sich bei der W nicht um ein Gewässer dritter Ordnung handele, treffe sie keine Unterhaltslast nach Art. 43 Abs. 1 Nr. 3 BayWG. Dem Wasserwirtschaftsamt Donauwörth habe die Überwachung der W und der daran befindlichen Anlagen oblegen.

Als untere Wasserrechtsbehörde hätte die Beklagte zwar gemäß Art. 68 Abs. 3 BayWG Anordnungen im Einzelfall treffen können. Anhaltspunkte für bauliche oder sicherheitstechnische Mängel der Wehranlagen habe sie aber nicht gehabt.

Das Tiefbauamt der Beklagten habe nur beratend bei den Maßnahmen am Ackermannwehr ab 14.00 Uhr mitgewirkt. Eine falsche Prognose über die Widerstandsfähigkeit des Westdammes sei von den Mitarbeitern des Tiefbauamtes nicht abgegeben worden.

Die Beklagte bringt vor, die Feststellung des Landgerichts, dass am 22.05. um 23.30 Uhr die Deichkrone des Westdeichs brüchig und überspült gewesen sei, werde durch die Beweisaufnahme nicht belegt. Ein Deich sei erst dann verloren, wenn der Wasserstand die um die aufgeschichteten Sandsäcke erhöhte Dammkrone überstiegen hätte. Ursache des Deichbruchs sei nicht eine Überspülung, sondern die Auswaschung und Unterspülung des Dammes gewesen.

Das vom Zeugen G erwähnte "Zittern" des Westdammes um 22.00 Uhr sei kein zwingender Hinweis auf eine nicht mehr beherrschbare Situation.

Das Unterlassen einer Warnung der Bewohner von P um 1.00 Uhr sei nicht amtspflichtwidrig.

Der von den Einsatzkräften unternommene Versuch mit übergroßen Sandsäcken, sogenannten big bags, den Bruch des Westdammes zu reparieren, habe durchaus Erfolgsaussicht gehabt.

In einer Ausnahmesituation seien gewisse Reibungsverluste unvermeidlich. Der örtliche Einsatzleiter Grimm habe dem Behördenleiter H alle relevanten Vorgänge vom Ackermannwehr gemeldet. Die Entscheidungsträger in der Einsatzzentrale hätten eine Vielzahl von Einsätzen der Berufsfeuerwehr der Beklagten an zahlreichen Einsatzorten im Stadtgebiet zu koordinieren gehabt, so dass es für sie nicht geboten gewesen sei, sich zum Ackermannwehr zu begeben.

Mangels entsprechender Erfahrungen und irgendwelcher schriftlicher Unterlagen habe nach dem Dammbruch weder der Weg noch die Geschwindigkeit des ausströmenden Wassers noch das Ausmaß etwaiger Überschwemmungen vorhergesehen werden können. Dies werde durch die Tatsache belegt, dass bei der Erkundungsfahrt um 2.30 Uhr auf dem Wasenmeisterweg bis zum G Wäldchen noch kein Wasser festgestellt worden sei.

Das Urteil des Landgerichts lasse den genauen Inhalt der geforderten Warnung nicht erkennen. Auch sei der Zweck einer Warnung von einer bloßen Information abzugrenzen.

Angesichts der Geschwindigkeit des Wassers hätte jede konkrete Durchsage vor einem Aufenthalt in Kellerräumen warnen müssen. Dies belege das Hochwasser vom 07.06.2002, als in Diedorf eine Frau in ihrem Keller und zwei Männer in einer Tiefgarage bei dem Versuch, Gegenstände beziehungsweise ihre Autos zu retten, ertrunken seien. Eine Abwägung zwischen der Bergung in Kellern gelagerter Sachen und dem Leib und Leben der Bürger hätte eine Anweisung geboten, Keller zu meiden und sich in höher gelegene Räume zu begeben.

Eine etwa amtspflichtwidrig unterlassene Warnung sei daher für die eingetretenen Schäden nicht kausal.

Mit einer Überflutung von Erdgeschossräumen habe die Beklagte nicht rechnen müssen.

Die Durchgängigkeit von Warnungen sei nur beschränkt. Das persönliche Aufsuchen der gefährdeten Personen beziehungsweise ihre telefonische Verständigung sei bei größeren betroffenen Arealen personell nicht möglich.

In der A Straße hätten zahlreiche Bewohner die Warndurchsagen gehört; dass die Kläger sie nicht wahrgenommen hätten, sei nicht erklärlich.

Der Klägerin sei besondere Sorglosigkeit vorzuwerfen, da sie die Warnungen am 22.05.1999 um 19.06 und 21 22 Uhr nicht beachtet hätten.

Die Klägerin wären weder willens noch imstande gewesen, die im Erdgeschoss befindlichen Gegenstände in Sicherheit zu bringen.

Die Streithelferin erhebt gegen das Urteil im wesentlichen die selben Einwendungen wie die Beklagte. Insbesondere hält sie nur eine Warnung vor dem Betreten von unter der Erdoberfläche gelegenen Räumen für vertretbar. Die Geschwindigkeit der Flutwelle in der Dunkelheit sei für die Verantwortlichen nicht abschätzbar gewesen. In diesem Fall habe der Schutz des Lebens Vorrang vor dem Schutz von Sachwerten. Die Geschwindigkeit der Ausbreitung des Wassers in P werde durch die vorliegenden Zeugenaussagen belegt.

Sie bringt zudem vor, die Annahme des Landgerichts, dass am 22.05.1999 um 22.00 Uhr die Sandsackbarriere des Westdammes teilweise durchspült und Sandsäcke weggespült worden seien, werde durch die Beweisaufnahme nicht bestätigt. Daher habe auch kein Anlass für eine Vorwarnung zu dieser Zeit bestanden.

Da der Dammbruch überraschend am 23.05.1999 um 0.15 Uhr aufgetreten sei, sei die vom Landgericht angenommene Vorbereitungszeit für die Warnungen bis 01.00 Uhr wesentlich zu kurz.

Eine Verletzung einer Warnpflicht stelle keine Amtspflichtverletzung dar, wenn der Schaden auch bei richtiger Warnung eingetreten wäre. Dabei komme es nicht darauf an, ob man diese Frage unter dem Gesichtspunkt des rechtmäßigen Alternativverhaltens oder der fehlenden Kausalität behandele.

Die Kausalität unterlassener früherer Lautsprecherdurchsagen für den eingetretenen Schaden stehe nicht fest. Dies zeige sich daran, dass die späteren Durchsagen von den durch das Landgericht vernommenen Zeuginnen nicht gehört worden seien.

Die Frage des Mitverschuldens der Klägerin wegen der Nichtbeachtung der Warnungen im Radio hätte das Landgericht bereits im Grundurteil klären müssen.

Die Beklagte und die Streithelferin beantragen, das Grundurteil des Landgerichts Augsburg vom 17.06.2002 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung der Beklagten und der Streithelferin zurückzuweisen.

Weiter beantragt sie:

Unter Abänderung des Grundurteils des Landgerichts Augsburg vom 17.06.2002 wird die Beklagte dem Grunde nach verpflichtet, den Klägern sämtlichen an und in ihrem Anwesen in der straße in Augsburg durch die Überschwemmung am 23.05.1999 verursachten Schäden zu ersetzen.

Sie bringt vor, die Berufung der Beklagten und der Nebenintervenientin sei unbegründet:

Eine Warnpflicht der Beklagten habe nicht nur wasserrechtlich, sondern auch nach den Art. 3 ff BayKSG und den Art. 6 und 7 des LStVG bestanden.

Die Aussagen der Zeugen G G und H wiesen auf eine Überspülung des Westdammes ab 16.30 Uhr am 22.05.1999 hin. Dies ergebe sich zudem aus dem Untersuchungsbericht der Beklagten und der von ihr vorgelegten Anlage B 4 (Chronologischer Spiegel der weitergegebenen Informationen und Warnungen).

Es sei naheliegend, dass die Standfestigkeit des Westdammes sowohl durch Überströmung als durch Auswaschung und Unterspülung verringert worden sei.

Anders als bei frei abfließendem Hochwasser komme es bei einer Verklausung zu Rückfluss- und Strudeleffekten.

Die fehlenden Erkenntnisse der Mitarbeiter der Beklagten über die örtlichen Abflußverhältnisse hätten eine Ausweitung des Warngebiets und nicht eine Einschränkung auf die Schafweidsiedlung und das Gebiet westlich der B 17 erfordert.

Am Abend des 22,05.1999 seien in der direkten Nachbarschaft keine Warnungen zur Sicherung von Öltanks und zur Entfernung von Fahrzeugen aus Tiefgaragen erfolgt. Die Nachbarn hätten sie nicht vernommen.

Die Beklagte hätte bereits frühzeitig vor drohenden Sachschäden, als eine Lebensgefahr noch nicht vorgelegen habe, warnen müssen.

Dagegen sei die eigene Berufung begründet, da das Landgericht den Zeitpunkt der Pflichtverletzung der Beklagten zu spät ansetze.

Das Hochwasser von 1965 habe den gleichen Verlauf genommen. Die damals an der G Brücke aufgetretenen Probleme mit Treibgut sowie die mehrmals pro Jahr erfolgten geringfügigen Verkeilungen am Ackermannwehr hätten die Beklagte veranlassen müssen, frühzeitig schweres Gerät bereitzustellen und die Erreichbarkeit eines Sprengmeisters sicherzustellen.

Aufgrund der Empfehlung des Wasserwirtschaftsamtes Donauwörth, einen Kastrophenschutzstab einzurichten, und der bei der Beklagten als Meldestelle eingehenden Pegelstände hätte sie die Streithelferin vor dem zu erwartenden überdurchschnittlich großen Anfall von Treibgut warnen müssen. Dabei spielten auch die Warnung des Naturschutzbeirats H über die Gefahr von Uferabbrüchen bei Flußkilometer 13 und die bei der Beklagten eingegangenen akuten Unwetterwarnungen eine Rolle.

Eine Wehranlage sei generell ein neuralgischer Punkt für Schwemmgut. Hinzu kämen der relativ kleine Pfeilerabstand und die Entfernung zur flußaufwärts gelegenen Staustufe Inningen.

Die Beklagte habe sich auf das voraussehbare Hochwasser organisatorisch nicht vorbereitet.

Aufgrund der hohen Fließgeschwindigkeit, des steilen Wellenanstiegs und des hohen Wasserpegels der W am 21./22.05.1999 habe jeder Fachmann zwangsläufig mit Uferabbrüchen rechnen müssen. Die hierzu vom Sachverständigen P gegebenen Erklärungen seien widersprüchlich.

Eine Haftung der Beklagten beziehungsweise der Streithelferin ergebe sich auch daraus, dass eine Überschreitung der festgesetzten Wasserhöhe in der Stauanlage bereits für den 21.05.1999, 11.52 Uhr zweifelsfrei belegt sei. Gemäß Art. 31 BayWG habe eine Verpflichtung zur Einhaltung der Wasserhöhe bestanden. Dieser Anforderung seien Beklagte beziehungsweise Nebenintervenientin am 21/22.05.1999 nicht gerecht geworden.

Vor allem habe das Landgericht die Frage des Einsatzes schweren Geräts am 22.05.1999 falsch bewertet.

Wenn der Zeuge L am 21.05. beziehungsweise am frühen Morgen des 22.05.1999 zum Ackermannwehr gerufen worden wäre, hätte in jedem Fall genug Zeit für einen Baggereinsatz bestanden.

Selbst wenn man der Beklagten nicht vorwerfe, den vorausschauenden Einsatz schweren Geräts am Ackermannwehr unterlassen zu haben, hätte deren Beschaffung am 22.07.1999 um 14.00 Uhr organisiert werden müssen, da die Verklausung des Wehrs sich zu diesem Zeitpunkt bereits abgezeichnet habe. Dies zeige ein um 14.00 Uhr angefertigtes Video. Spätestens aber sei dieser Zeitpunkt um 15.30 Uhr erreicht worden, als der Versuch gescheitert sei, den eingekeilten Stamm mit einer Seilwinde aus der W zu ziehen. Auf die Meinung der vom Landgericht vernommenen Einsatzkräfte, bis gegen 17.30 Uhr sei die Lage noch beherrschar gewesen, komme es nicht an.

Der Zeuge L hätte Bagger mit einer Reichweite von 26 beziehungsweise 36 m innerhalb einer Stunde mit einer Rüstzeit von 1 14 bis 2 Stunden bereitstellen können. Mit einer "Spielzeit" von 30 bis 40 Sekunden hätte angeschwemmtes Treibgut aus dem Fluß entfernt werden können. Auch hätte L das Wehr ganz oder teilweise mit einer Abrissbirne zerstören können.

Der Bagger hätte auch auf einem nicht stabilen oder sogar überspülten Damm eine ausreichende Standfestigkeit gehabt. Durch in Haunstetten verfügbares Abbruchmaterial hätte der Damm zudem stabilisiert werden können. Baggerführer seien ausreichend vorhanden gewesen.

Das Landgericht hätte sich nicht über die Einschätzungen des Zeugen L hinwegsetzen dürfen, ohne hierzu ein Sachverständigengutachten zu erholen. P weise nicht die hierfür nötigen Kenntnisse auf.

Die Krone des Westdammes sei breiter als 2 m. Ein Bagger hätte auf ihr eingesetzt werden können.

Die Aussage des Sprengmeisters H er sei am 22.05.1999 zwischen 17.00 Uhr und 22.00 Uhr nicht erreichbar gewesen, sei von zweifelhafter Glaubwürdigkeit.

Aufgrund einer Wahrscheinlichkeitsabschätzung hätte sich die Beklagte frühzeitig zu einer Sprengung einzelner Wehrfallen entschließen müssen, was die Auswirkungen der Sprengung kalkulierbarer gemacht hätte. Bis 19.40 Uhr sei das Wehr zur Anbringung von Sprengladungen noch betretbar gewesen.

Aus dem Verhalten der Beklagten ergebe sich eine Beweislastumkehr zu ihren Ungunsten.

Im Falle einer Warnung hätte die Klägerin insgesamt elf Personen von außerhalb des gefährdeten Gebiets als Helfer alarmiert. Diese wären erreichbar gewesen und hätten auch zur Nachtzeit die im Keller und Erdgeschoss befindlichen Gegenstände vor Eintreffen der Flut geborgen. Zur Anfahrt hätten sie trotz der Warnung ihre Pkws benutzt (zu den Einzelheiten vgl. den Schriftsatz vom 08.04.2003 Bl. 353 ff d. A.).

Die Beklagte und die Streithelferin beantragen die Zurückweisung der Berufung der Klägerin.

Die Beklagte bringt vor, da es in der Vergangenheit niemals zum Problem einer Verklausung des Ackermannwehres gekommen sei, hätte im Vorfeld des Hochwassers weder schweres Räumgerät bereitgestellt noch die Erreichbarkeit eines Sprengmeisters sichergestellt werden müssen.

Die Beklagte habe gewußt, dass es den Mitarbeitern der Streithelferin in der Vergangenheit stets gelungen sei, ankommende Bäume und sonstiges Treibgut mittels Stangen und Bugsierhaken durch das Wehr zu befördern.

Der Anfall an Treibgut sei trotz der Unwetterwarnung nicht vorhersehbar gewesen. Durch die Fällung von 100 Bäumen im Anschluss an das Schreiben des Naturschutzbeirats H habe sich die Gefahr von Uferabbrüchen erheblich reduziert.

Die Unwetterwarnungen des Deutschen Wetterdienstes vom 20.05. 16.00 Uhr und 21.05.1999 gegen Mittag seien zu unspezifisch gewesen, um über die Anordnung einer Rufbereitschaft hinaus spezifische Maßnahmen zu ergreifen.

Wenn das Wasserwirtschaftsamt Donauwörth die Gefahr starker Uferabbrüche vorausgesehen haben sollte, stelle sich die Frage, warum es keine spezifische Warnung ausgesprochen habe.

Die Entwicklung des Pegels Türkheim sei am Morgen des 22.05.1999 zwar relativ hoch, aber lange Zeit gleichbleibend und vorübergehend auch rückläufig gewesen. Auf den flußabwärts gelegenen Pegel Oberhausen komme es nicht an.

Selbst wenn die Beklagte die Streithelferin über einen zu erwartenden überdurchschnittlich großen Anfall von Treibgut informiert hätte, hätte letztere weder Gerätschaften zu dessen Bergung beschafft noch einen Sprengmeister in Rufbereitschaft gestellt.

Es stehe nicht fest, dass die Beklagte den Zeugen L am Pfingstsamstag rechtzeitig erreicht hätte. Ungeklärt sei, ob tatsächlich ein Fahrer für den Seilzugbagger und die für den Transport zum Wehr erforderlichen Arbeitskräfte hätten beschafft werden können. Auch hätten weder L noch seine Mitarbeiter Erfahrungen mit der Entfernung von Bäumen aus fließenden Gewässern gehabt.

Aufgrund der vorliegenden Erfahrungen mit der Entfernung von Treibgut habe kein Anlass bestanden, L schon am frühen Nachmittag zum Ackermannwehr zu rufen. Es stelle, weil zu diesem Zeitpunkt die Wehrfunktion noch nicht beeinträchtigt gewesen sei, keine schuldhafte Unterlassung dar, wenn der Einsatz einer Teleskopsäge und die beidseitige Deicherhöhung in die Wege geleitet worden seien.

Ein Seilzugbagger hätte nicht in der von den Klägern behaupteten Frist zum Einsatz gebracht werden können. Selbst der Zeuge L sei unter Einbeziehung des erforderlichen Einbaus eines Zwischenstücks zur Erweiterung der Reichweite auf 36 m von einem Zeitraum von 3 1/2 bis 4 Stunden ausgegangen. Der drei Meter breite Bagger hätte den 2 m breiten Damm nicht befahren können. Die unbefestigte Zufahrt und der Damm hätten dem Gewicht des Baggers von 68 Tonnen nicht standgehalten. Schon der Lkw mit der Seilwinde, der ein Gewicht von 10 Tonnen gehabt hätte, sei im aufgeweichten Deich teilweise eingesunken.

Der Bagger hätte eine Reichweite von 50 m benötigt, um erfolgreich arbeiten zu können.

Selbst wenn der erfolgreiche Einsatz eines Baggers theoretisch noch möglich gewesen sein sollte, könne den Mitarbeitern der Beklagten nicht vorgeworfen werden, dies nicht erkannt zu haben. Eine höhere Qualifikation als der eines Sachverständigen für Kanalisation und Wasserbau sei von ihnen nicht zu verlangen.

Die Sprengung des Wehrs sei theoretisch in Betracht gekommen. Hinsichtlich der Auswirkungen der entstehenden Flutwelle hätten aber keinerlei Erkenntnisse vorgelegen. Dies habe für die Verstärkung der Dämme gesprochen.

Außerdem sei der einzige verfügbare Sprengmeister, der Zeuge H telefonisch nicht erreichbar gewesen.

Die Information über einen drohenden Dammbruch hätte die Kläger nicht veranlasst, Gegenstände aus Keller und Erdgeschoss in höher gelegene Räume zu verbringen.

Für Schäden an im Keller gelagerten Gegenständen fehle es an der Kausalität einer etwaigen Amtspflichtverletzung, wenn die pflichtwidrig unterlassene Durchsage vor einem Betreten von Kellern wegen Lebensgefahr hätte warnen müssen. Nach Polizeirecht lasse die von einer Behörde ausgesprochene Warnung dem Gewarnten keine andere Wahl, als sie zu beachten. Es sei daher davon auszugehen, dass die Kläger ihren Keller bis zum Entwarnungsfall nicht mehr betreten hätten.

Die von der Klägerin behauptete Alarmierungs- und Hilfsaktion im Falle einer nächtlichen Warnung sei eine Idee ihres Prozessbevollmächtigten, wie sich aus dem (unstreitig) übereinstimmenden Vorbringen im Parallelverfahren M (1 U 3877/02) ergebe. Der Abbau und der Transport von Möbeln und Großelektrogeräten wäre der Klägerin nicht möglich gewesen.

Der geltend gemachte Schaden werde weiterhin der Höhe nach bestritten (Einzelheiten hierzu enthält der am 09.05.2003 bei Gericht eingegangene Schriftsatz Bl. 379 ff).

Das Verfahren habe grundsätzliche Bedeutung für eine Vielzahl anderer Schadensfälle durch das Augsburger Pfingsthochwasser. In Bezug auf Inhalt und Rechtzeitigkeit von Warnungen im Rahmen des Katastrohenschutzes seien Fragen rechtsfortbildenden Charakters zu klären. Bisher sei in keinem Fall die Haftung einer Behörde für Schäden bejaht worden, welche nur dadurch hätten vermieden werden können, dass sich der Geschädigte einer polizeilichen Warnung zuwider verhalten hätte.

Die Streithelferin wendet sich sinngemäß mit den gleichen Argumenten wie die Beklagte gegen die Berufung der Klägerin.

Sie bringt vor, erst um 17.30 Uhr hätte das Maß der Verklausung an den Einsatz schweren Geräts denken lassen.

Wenn L um 15.30 Uhr verständigt worden wäre, hätte der Bagger erst zwischen 19.30 Uhr und 20.00 Uhr mit der Arbeit beginnen können. Zu diesem Zeitpunkt sei die Verklausung aber bereits zu weit fortgeschritten gewesen, als dass der Einsatz noch hätte Erfolg haben können. Nach der Zerstörung des Wehrs hätten die von L eingesetzten Bagger mehrere Tage benötigt, um das Treibgut zu beseitigen.

Das Treibgut habe sich untereinander verkeilt gehabt. Auch dürften Bäume unter Wasser gedrückt worden sein.

Die Zweifel an der Standsicherheit der Dämme gingen zu Lasten der Klägerin.

Das Vorbringen der Klägerin über die Breite des Westdammes sei spekulativ. In erster Instanz hätten die Klägerin nicht vorgebracht, die Dammkrone sei breiter als 2 Meter. Ihr jetziger Vortrag sei verspätet.

Eine teilweise Sprengung hätte die Verklausung nicht sicher beseitigt.

Sämtliche Entscheidungen hätten unter großem Zeitdruck und unter Berücksichtigung einer Vielzahl von Überlegungen getroffen werden müssen. Ein Verschulden der Mitarbeiter der Beklagten liege nicht vor.

Eine Haftung der Streithelferin als Deichunterhaltspflichtige nach den §§ 836 ff BGB komme nicht in Betracht. Der Westdeich sei weder mangelhaft errichtet noch unterhalten. Die Beklagte, die am Unterhalt des Deiches zu 50 % vertraglich beteiligt gewesen sei, habe niemals irgendwelche Mängel gerügt. Außerdem habe es sich bei der Kombination von Jahrhunderthochwasser und Verklausung um ein außergewöhnliches Naturereignis gehandelt, dem auch ein fehlerfrei errichtetes und mit der erforderlichen Sorgfalt unterhaltenes Werk nicht habe standhalten können. Nachbarrechtliche Ansprüche analog § 906 Abs. 2 S. 2 BGB bestünden nicht, da es sich bei den Geschädigten des Pfingsthochwassers um die Anwohner weit entfernt gelegener Stadtteile handele. Eine Verpflichtung zur Vorhaltung schweren Geräts habe im Normalbetrieb des Wehres für den Unterhaltspflichtigen nicht bestanden.

Nachdem die Mitarbeiter des Tiefbauamts am 22.05.1999 um 14.00 Uhr über die Sachlage unterrichtet worden seien, habe für die Beklagte kein Anlaß mehr bestanden, sich um die Beschaffung von schwerem Gerät zu kümmern.

Der Zeuge M sei nicht nur Angestellter der Streithelferin. Als Kommandant der Freiwilligen Feuerwehr G habe er feuerwehrrechtlich der Beklagten unterstanden.

Bezüglich des Vorbringens der Parteien in der Berufungsinstanz im übrigen wird verwiesen auf die Schriftsätze der Klägerin vom 24.09.2002 (Bl. 220/237 d. A.), 31.12.2002 (Bl. 285/292 d. A.), 17.01.2003 (Bl. 303b/303i d. A.), 20.02.2003 (Bl. 337/346 d. A.), 26.03.2003 (Bl. 350/352 d. A.), vom 08.04.2003 ((Bl. 353/366 d. A. mit umfangreichen Anlagen zur Schadenshöhe, darunter Fotos und Rechnungen) und vom 23.05.2003 (Bl. 387/389 d. A.), der Beklagten vom 07.10.2002 (Bl. 249/262 d. A.), 07.01.2003 (Bl. 293/304 d. A.), 20.02.2003 (Bl. 331/336 d. A.) und - vermutlich - 08.05.2003 (Bl. 375/386 d. A., der am 09.05.2003 bei Gericht eingegangene Schriftsatz ist auf den "01.01.2000" datiert) sowie der Streithelferin vom 07.10.2002 (Bl. 238/248 d. A.), 30.12.2002 (Bl. 274/284 d. A.) und 19.02.2003 (Bl. 318/329 d. A.).

Der Senat hat Beweis erhoben durch die Einholung eines schriftlichen Ergänzungsgutachtens des Sachverständigen P vom 23.12.2002 (Bl. 271 a/271 k d. A.) und dessen Anhörung im Termin vom 23.01.2003 (Sitzungsniederschrift Bl. 304/317 d. A.).

Im Termin vom 23.01.2003 wurde ferner ein vom Prozessbevollmächtigten der Klägerin vorgelegter Videofilm über das W hochwasser am 22.05.1999 in Augenschein genommen.

Im Termin vom 17.04.2003 hat der Senat die Klägerin zum Ablauf der Hochwassernacht und ihrer hypothetischen Verhaltensweise im Falle einer früheren örtlichen Warnung persönlich angehört (Sitzungsniederschrift Bl. 369/370 d. A.). Sie gab dabei übereinstimmend mit ihrer Stellungnahme zur Umfrage der Beklagten (Anlage B 5) an, sie sei von Nachbarn geweckt worden.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin ist nicht begründet, während die Beklagte und die Streithelferin mit ihren Berufungen einen (vorläufigen) Teilerfolg haben.

Das Landgericht hat der Klage mit seinem auf einer sorgfältigen Beweisaufnahme beruhenden Urteil zu Recht dem Grunde nach (nur) wegen einer Verletzung der Warnpflicht gegenüber den Einwohnern von P-Süd wegen des Bruchs des Westdammes der W statt gegeben. Der Klägerin steht deshalb nach § 839 BGB in Verbindung mit Art. 34 GG ein Schadenersatzanspruch gegen die Beklagte zu. Einschränkend und konkretisierend gegenüber dem landgerichtlichen Urteil sieht der Senat die Beklagte als verpflichtet an, am 23.05.1999 (spätestens) um 1.15 Uhr in der A Straße 35 e in Augsburg mittels Lautsprecherdurchsage auf den Bruch des W dammes sowie eine in Kürze zu erwartende Flutwelle hinzuweisen und wegen Lebensgefahr davor zu warnen, Keller und Tiefgaragen zu betreten. Die erste derartige Warnung erfolgte aber erst mehr als zwei Stunden später.

Mit Recht hat das Landgericht eine über die Verletzung der Warnpflicht hinausgehende Amtspflichtverletzung der Beklagten verneint, so dass die Berufung der Klägerin zurückzuweisen ist. Die Berufungen der Beklagten und der Streithelferin haben deshalb einen Teilerfolg, weil sich nach der Beweisaufnahme nicht nachweisen läßt, dass der unmittelbar drohende Dammbruch für die Einsatzkräfte der Beklagten vorhersehbar war. Nach dem Dammbruch um 0.15 Uhr war eine Zeitspanne von einer Stunde bis zum Abschluss der Warnmaßnahmen erforderlich aber auch ausreichend. Inwieweit dies und die vom Senat vorgenommene Konkretisierung des Warnungsinhalts gegenüber dem landgerichtlichen Urteil sich auf das Ergebnis des Betragsverfahrens auswirken, ist noch nicht abzusehen.

1) Die Berufung der Klägerin ist nicht begründet.

a) Die Beklagte war am 21. oder am Vormittag des 22.05.1999 nicht zu der Einberufung eines Katastrophen- oder Krisenstabes verpflichtet. Auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts hierzu wird Bezug genommen.

Dass die Folgen des Hochwassers durch eine andere Organisation der Beklagten wie die Einsetzung eines Krisenstabes (oder zum Beispiel durch zusätzliche Schulungen ihrer Mitarbeiter) hätten verhindert werden können, läßt sich zudem nicht beweisen. Besteht die (behauptete) Amtspflichtverletzung in einem Unterlassen, dann kann ein Ursachenzusammenhang zwischen Pflichtverletzung und Schaden nur bejaht werden, wenn der Schadenseintritt bei pflichtgemäßem Handeln mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vermieden worden wäre; eine bloße Möglichkeit, ebenso eine gewisse Wahrscheinlichkeit genügt nicht (BGH VersR 1994, 935, 937 m. w. N.).

b) Art. 31 BayWG begründet keine Amtspflicht der Beklagten gegenüber den Klägern auf Gewährleistung einer bestimmten Wasserhöhe. Dies ergibt sich schon daraus, dass die Beklagte nicht das Ackermannwehr betrieben hat. Art. 31 BayWG betrifft Verpflichtungen von Unternehmern, die ein Gewässer aufstauen, im vorliegenden Fall demnach die Streithelferin.

c) Dass am 22.05.1999 am Ackermannwehr kein Einsatz schweren Geräts (das heißt von Baggern) zur Bekämpfung der Verklausung durch Herausziehen von Bäumen und Gestrüpp aus der W erfolgte, läßt sich der Beklagten nicht vorwerfen.

aa) Die Aufstellung von Baggern bereits am 21.05. oder am Morgen des 22.05.1999 an allen Stellen von W und L (eine Beschränkung auf das Ackermannwehr schied ex ante aus), an denen sich ansammelndes Treibgut theoretisch zu einer Verklausung führen konnte, stellt eine Überspannung der von der öffentlichen Hand zu betreibenden Vorsorge dar. Bisher war es noch nie zu einem vergleichbaren Ereignis gekommen. Dies ist bei der erforderlichen Beurteilung ex ante zu berücksichtigen. Das Gerät samt Bedienungspersonal hätte entweder von der Beklagten vorgehalten werden müssen. Dies ist eine angesichts der Haushaltslage der Gemeinden und des bisherigen Ausbleibens vergleichbarer Ereignisse (womit eine Verpflichtung nach Art. 66 Abs. 2 BayWG im Rahmen der Dammwehr ausscheidet) fernliegende Vorstellung. Die ebensowenig realistische Alternative hätte dargestellt, die Geräte samt Personal bei Bauunternehmen auszuleihen und gegebenenfalls von Baustellen abzutransportieren. Der Einsatz hätte bezahlt und etwaige Verzögerungsschäden Dritter abgegolten werden müssen. Die Hochwasserspitze fiel nur zufällig auf einen auf den meisten Baustellen wohl arbeitsfreien Samstag.

Zu entsprechenden Bemühungen um die Unterstützung durch private Unternehmer wäre die Beklagte nach Auffassung des Senats nur verpflichtet gewesen, wenn das Ausmaß der Katastrophe schon in den Vortagen oder am Morgen des 22.05.1999 konkret, das heißt in Bezug auf die Verklausung gerade des Ackermannwehres, voraussehbar gewesen wäre. Dies war aber nicht der Fall. Das Schreiben des Naturschutzbeirats bildete dafür keinen genügenden Anlass, wie das Landgericht mit Recht ausgeführt hat. Das WWA Donauwörth hat dieses Schreiben zum Anlass einer Abholzungsaktion genommen. Der Sachverständige setzte sich in seinem Ergänzungsgutachten vom 23.12.2002 Trift dem Berufungsvorbringen der Kläger zu dieser Frage eingehend auseinander. Uferabbrüche mit Treibgut seien aufgrund der Vertiefung der W in den letzten Jahren bei einem Hochwasserverlauf ähnlich 1965 zu erwarten gewesen, nicht aber die Gefahr eines Damm- und Wehrbruchs (zu den Einzelheiten siehe Bl. 271 a ff d. A.). Die von den Klägern behaupteten Widersprüche in seinen Äußerungen lassen sich nicht feststellen; allenfalls lagen Ungenauigkeiten bei der Protokollierung seiner Anhörung vom 22.04.2002 vor, die der Sachverständige in seinem Ergänzungsgutachten klarstellte.

Treibgut hatte bisher immer schadlos durch das Wehr geschleust werden können.

bb) Hinsichtlich der Erwägungen der Einsatzkräfte der Beklagten am Nachmittag des 22.05.1999 nimmt der Senat Bezug auf die Ausführungen des Landgerichts auf S. 32 ff des Urteils vom 17.06.2002. Diese werden durch das Berufungsvorbringen nicht erschüttert. Der Sachverständige hat die Konzentration der Einsatzkräfte auf die Sicherung der Dämme auch in der Berufungsinstanz gebilligt.

Bei der Betrachtung der Bekämpfung einer örtlichen Katastrophensituation ex post lassen sich naturgemäß häufig einzelne Maßnahmen kritisieren und Handlungsalternativen aufzeigen. Im vorliegenden Fall waren allerdings weder die Kläger noch ihr Prozessbevollmächtigter noch der von ihnen als Zeuge benannte Baggerunternehmer am Nachmittag des 22.05.1999 vor Ort. Der konkrete Zustand der Zufahrtswege und des Dammes läßt sich nicht mehr mit Sicherheit feststellen, wobei es insoweit gerade auf Einzelheiten ankommt.

Völlig offen ist, innerhalb welcher Zeit die Einsatzleitung der Beklagten am Pfingstnachmittag den Zeugen oder einen anderen Abbruchbeziehungsweise Erdbauunternehmer hätte erreichen können. ... gab in seiner Zeugenvernehmung an, er sei "prinzipiell" telefonisch erreichbar gewesen, bei mehrfachem Versuch hätte man ihn auf jeden Fall erreicht. Die Angaben von zur bis zur Einsatzbereitschaft des Baggers erforderlichen Zeit (2 1/2 bis drei Stunden) weisen weitere Unwägbarkeiten auf, so die Frage, ob wirklich innerhalb einer Stunde ein Fahrer hätte "organisiert" werden können.

Selbst wenn unmittelbar nach dem Scheitern des Versuchs um 15.30 Uhr, den festgeklemmten Baum mit einer Seilwinde aus dem Wehr zu ziehen, die Einsatzkräfte sich um schweres Gerät bemüht hätten, wäre dieses im günstigsten Fall gegen 18.00 Uhr, wahrscheinlich deutlich später einsatzbereit gewesen. Auch aus dem in Augenschein genommenen Video ergibt sich unabhängig von dessen zeitlicher Einordnung - nicht zwingend, vor 15.30 Uhr an einen Baggereinsatz zu denken, da das Wasser zu diesem Zeitpunkt noch ungestört abfloss und der Einsatz der Seilwinde noch anstand. Selbst wenn man den Entscheidungszeitpunkt um eine oder gar anderthalb Stunden auf 14.00 Uhr oder 14.30 Uhr vorverlegt, ändert sich nichts daran, dass der Bagger möglicherweise erst am Abend des 22.05.1999 einsatzbereit gewesen wäre.

Die Frage bleibt offen, ob ein Seilzugbagger um 18.00 Uhr oder später technisch noch auf dem Damm hätte arbeiten können, ohne das Leben des Fahrers zu gefährden. Dies läßt sich nicht mehr klären, weil die örtliche Lage, das heißt der konkrete Zustand des Untergrunds, im Nachhinein nicht mehr rekonstruiert werden kann. Ein fahrzeugtechnisches Gutachten könnte allenfalls den Grenzbereich beschreiben, in dem der Betrieb eines Baggers noch zulässig ist, ohne dass ein fahrzeugtechnischer Sachverständiger hinsichtlich der Bodenverhältnisse über weitergehende Anknüpfungstatsachen (nämlich die Angaben der vom Landgericht vernommenen Zeugen, die einen Einsatz von schwerem Gerät nicht mehr für möglich hielten) verfügte als der Sachverständige für Wasserbau, der dem Senat seit Jahren als Kapazität auf seinem Gebiet bekannt ist.

Selbst wenn man jedoch unterstellt, dass ein Fahrzeugtechniker mit der erforderlichen an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit (vgl. BGH VersR 1994, 935, 937) aufgrund von Erkenntnissen, über die weder der Senat noch verfügten, feststellen könnte, dass ein schwerer Bagger auf dem Damm am Abend des 22.05.1999 noch über längere Zeit hätte arbeiten und die Verklausung beseitigen können, ändert dies nichts daran, dass das Absehen von einem Einsatz schweren Geräts den Verantwortlichen der Beklagten nicht vorwerfbar ist. Deren vom Landgericht dargestellte Erwägung aus der Kenntnis der örtlichen Verhältnisse, dass die Tragfähigkeit des überspülten Untergrunds des Westdammes für schweres Gerät nicht mehr ausreichte, entspricht der Einschätzung von die dieser auch in der Berufungsinstanz aufrecht erhalten hat. Mehr als den Kenntnisstand eines Sachverständigen für Wasserbau kann man nach der Auffassung des Senats von der Einsatzleitung der Beklagten nicht fordern.

Ob der Zeuge bereit war, erhöhte Risiken auf sich zu nehmen oder gar sein Leben zu riskieren, kann offenbleiben. Damit mußten die Verantwortlichen der Stadt weder rechnen noch durften sie sich darauf (sowohl unter straf- als auch zivilrechtlichen Gesichtspunkten) einlassen.

Darüber hinaus teilt der Senat die Auffassung des Landgerichts, dass der Einsatzleitung ein gewisser Beurteilungsspielraum bei ihren Entscheidungen "zugebilligt werden muss. Dies entspricht der Kommentierung zu Art. 66 BayWG, nur dass der Kommentar von Sieder/Zeitler a. a. O. Randnr. 17 (unter Hinweis auf ein Urteil des LG Gießen) nicht von einem Beurteilungs- sondern von einem Ermessensspielraum spricht, den die Bediensteten einer Gemeinde bei ihrer Entscheidung über die notwendigen Maßnahmen zur Abwehr eines Überschwemmungsschadens haben. Eine Amtspflichtverletzung liege nur vor, wenn sie dieses Ermessen mißbräuchlich ausübten, willkürlich handelten, überhaupt keine sachlichen Erwägungen anstellten oder die Grenzen des Ermessens überschritten. Ohne dass es auf eine präzise Einordnung in die verwaltungsrechtliche Begrifflichkeit (und die Abgrenzung zur Vorrwerfbarkeit beziehungsweise zum Verschulden bei Wahl einer weniger geeigneten Maßnahme) ankommt, ist der hinter dieser Erwägung stehende Gedanke einleuchtend. Die Einsatzleitung muss unter ständig wechselnden Bedingungen die vorhandenen Kräfte auf die verschiedenen Brennpunkte verteilen und im Bedarfsfall verschieben, die Erfolgsaussicht, den Zeitbedarf und den Ressourcenverbrauch geplanter Maßnahmen unter höchstem Zeitdruck bewerten, immer wieder improvisieren und versuchen, eingetretene Friktionen zu beseitigen, ohne dass ein solcher Ernstfall vorher geübt werden könnte. In einer Stadt wie Augsburg fehlen zudem die Erfahrungen, über die Gemeinden mit einer ständigen Hochwasserbedrohung verfügen. Mit einem geordneten Verwaltungsverfahren ist diese Tätigkeit nicht vergleichbar.

Die Handlungsweise der Einsatzkräfte der Beklagten am 22.05.1999 war nach der Bewertung des Sachverständigen. gemessen an den Schwierigkeiten der Situation nachvollziehbar und überlegt.

d) Den Vorwürfen der Klägerin in erster Instanz im Zusammenhang mit einer angeblich ungenügenden Zusammenarbeit mit der Bundeswehr und dem Technischen Hilfswerk sind die Beklagten mit nachvollziehbaren Einwendungen entgegen getreten. Die Aussagen der vernommenen Zeugen und die vorliegenden Unterlagen (so zum Beispiel zur Sandsackbeschaffung die Anlage B 3) haben diese Behauptungen nicht bestätigt und nicht belegt, dass die Beklagte insoweit gegebene Hilfsmöglichkeiten nicht genutzt hat. Vertiefender Vertrag hierzu ist in der Berufung nicht erfolgt.

e) Eine Sprengung des Ackermannwehres am 22.05.1999 ist nicht amtspflichtwidrig unterblieben. Es steht weder fest, dass eine Sprengung des Ackermannwehres rechtzeitig vor dem Bruch des Westdammes hätte erfolgen können, noch dass es sich überhaupt um eine sachgerechte Maßnahme handelte, die die Einsatzleitung hätte ergreifen müssen.

Die Begründung, mit der das Landgericht, eine Sprengung des Wehres als Alternative abgelehnt hat, überzeugt. Der Senat schließt sich ihr an. Die Klägerin kann weder nachweisen, dass der (unstreitig einzig ortsansässige) Sprengmeister am 22.051999 zwischen 17.00 Uhr und 22.00 Uhr überhaupt erreicht hätte werden können, noch dass die Anbringung einer Sprengladung ohne Gefährdung von Menschenleben möglich gewesen wäre. Zudem sind die fundierten Bedenken des Sachverständigen hinsichtlich der unkalkulierbaren Wirkung einer Sprengung des Wehres oder Teilen davon nicht ausgeräumt.

f) Die Behauptung, dass eine Ableitung des Hochwassers durch eine gezielte Dammöffnung hätte erfolgen müssen, haben die Kläger in der Berufungsinstanz nicht aufrecht erhalten. Das Landgericht hat das Bestehen einer derartigen Handlungsalternative mit überzeugender Begründung verneint.

g) Das Unterlassen einer früheren konkreten Warnung der Einwohner von P-Süd über die vorgenommene Verständigung der Rundfunksender hinaus vor dem Bruch des Westdammes stellt keine Amtspflichtverletzung der Beklagten dar.

Allgemeine Hinweise auf die Hochwassergefahr über Radio sind am Abend des 22.05.1999 erfolgt.

Die Verbreitung drastischer Warnungen und konkrete Aufforderungen zu Rettungsarbeiten bedürfen einer sorgfältigen Abwägung. Panikerscheinungen, Verkehrschaos und Unfälle bei überhasteten Versuchen überforderter, vielleicht älterer Personen, ihren Hausrat in Sicherheit zu bringen, müssen bedacht werden. Überzogene Warnungen bei jedem drohenden Hochwasser werden eine Gewöhnung der Bevölkerung herbeiführen und die Neigung fördern, sie nicht mehr ernst zu nehmen. Insofern kann eine übervorsichtige Haltung der Verantwortlichen in dem Bemühen, sich haftungsrechtlich für alle Eventualitäten abzusichern, langfristig das Gegenteil des bezweckten Erfolgs erreichen.

Der Senat ist der Auffassung, dass polizeiliche Durchsagen in Hinsicht auf eine konkrete Hochwassergefahr in nicht unmittelbar am Damm gelegenen Wohngebieten vor dem Bruch des Dammes nicht erfolgen mussten wenn auch aus der Sicht ex post eine frühere Warnung wünschenswert gewesen wäre.

Der Sachverständige führte in seiner mündlichen Anhörung aus, dass eine Warnung der Anwohner von P-Süd jedenfalls in dem Augenblick zu erfolgen hatte, als für die Einsatzkräfte erkennbar wurde, dass sich der Westdamm nicht mehr halten ließ. Wenn man das Zittern des Dammes, die Probleme mit den Sandsäcken und deren Überströmung als Beginn der nicht mehr beherrschbaren Situation ansehe, hätte nach seiner Bewertung um 22.00 Uhr gewarnt werden müssen. Er könne das aber nicht beurteilen, da er zu diesem Zeitpunkt nicht auf dem Damm gewesen sei. Zwischen 22.00 Uhr und dem Dammbruch liege die Bandbreite.

Dass eine konkrete Warnung der Bewohner von P-Süd nicht vor dem Dammbruch erfolgte, kann der Beklagten aus zwei Gründen nicht als Amtspflichtverletzung zur Last gelegt werden:

Zum einen ist den Einsatzkräften bei ihren Maßnahmen ein gewisser Beurteilungsspielraum zu zubilligen (s. o.). Zum anderen trägt die Klägerin die Beweislast dafür, dass die Situation nach 22.00 Uhr nicht mehr beherrschbar war. Für eine Umkehr der Beweislast besteht - wie auch sonst - kein Anlass. Das Landgericht ist allerdings davon ausgegangen, dass den Verantwortlichen der Beklagten schon am 22.05.1999 um 22.00 Uhr bewußt sein mußte, dass der Westdamm verloren sein mußte, weil es zu Durchspülungen des Sandsackwalles und zu einem "Zittern" des Dammes gekommen war. Die Anhörung des Sachverständigen durch den Senat hat - wie ausgeführt - dafür keinen Beweis erbracht. Die vernommenen Zeugen gaben an, sie hätten einen Dammbruch nicht in Betracht gezogen.

2) Die Berufung der Beklagten und der Streithelferin hat nur zum Teil, hinsichtlich des Zeitpunkts der Warnung und deren Konkretisierung, Erfolg. Das Landgericht hat einen Amtshaftungsanspruch der Kläger nach § 839 BGB in Verbindung mit Art. 34 GG gegen die Beklagte zu Recht bejaht.

a) Die Beklagte traf nach dem Bruch des Westdammes der W die Amtspflicht, die Anwohner von P-Süd konkret vor der drohenden Überschwemmung zu warnen. Dieser Verpflichtung ist sie nicht ausreichend, insbesondere nicht zügig genug, nachgekommen.

Die Auffassung des Landgerichts, dass sich die Warnpflicht einer Gemeinde vor Hochwasser als drittbezogene Amtspflicht aus dem Gesichtspunkt der Gefahrenabwehr ableitet, entspricht der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Nichtannahmebeschluss vom 12.07.1990 BGHR BGB § 839 Abs. 1 S. 1 Gemeinde 2). Für eine solche Amtspflicht sprechen zudem verschiedene spezialgesetzliche Vorschriften. Gemäß Art. 6 BayKSG trifft den örtlichen Einsatzleiter - und damit bezogen auf die Amtshaftung ebenfalls die Beklagte - die Verpflichtung, die Bevölkerung zu warnen (Praxis der Kommunalverwaltung, Art 6 BayKSG 1.2). Ebenso wird die Warnpflicht aus Art 66 BayWG abgeleitet (Sieder/Zeitler, Art. 66 BayWG Randnr. 17 m. w. N.). § 8 Nr. 1 der Verordnung über den Hochwassernachrichtendienst (HNDV) verpflichtet die Gemeinden, eingegangene Nachrichten über Hochwassergefahr im betroffenen Gemeindegebiet insbesondere an Besitzer gefährdeter Gebäude und Anlagen unverzüglich bekannt zu geben. Zu diesem Zweck sind Verzeichnisse der Eigentümer vom Hochwasser bedrohter Gebäude anzulegen (vgl. Ziffer 4.4.2 der Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums des Innern vom 04.01.1991 über den Vollzug der Verordnung über den Hochwassernachrichtendienst (VBHNDV). Aus der Sicht des Senats kann das Fehlen derartiger Aufzeichnungen nicht bedeuten, dass konkret gefährdete Anwohner nicht zu warnen seien. Die von der Beklagten aufgeworfenen Fragen der technischen Gewässeraufsicht spielen in diesem Zusammenhang keine Rolle.

Der maßgebliche Zeitpunkt für die Warnung stellte für die hochwassergefährdeten Bereiche im Westen der W und damit P-Süd der Dammbruch dar. Dies hat der Sachverständige überzeugend dargelegt (s. o.). Dass die Überflutung von P-Süd im wesentlichen durch den Dammbruch und nicht den Bruch des Ackermannwehres ausgelöst wurde, hat der Sachverständige in seiner Anhörung vor dem Senat überzeugend damit begründet, dass nach einem Wehrbruch erfahrungsgemäß der Großteil des Wassers im Flußschlauch weiterläuft.

Die Tatsache, dass die Verantwortlichen der Beklagten über kein geeignetes Kartenmaterial für eine Abschätzung, wohin die Wassermassen fließen würden, verfügten, entschuldigt die Beklagte nicht. Erst recht beseitigt dies nicht die Vorhersehbarkeit einer Überflutung von P-Süd im Falle eines Dammbruchs, zumal das Wasser schon beim Hochwasser von 1965 denselben Weg genommen hatte. In der bereits erwähnten Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums des Innern vom 04.01.1991 (VBHNDV) wird in Ziffer 4.4.2. unter anderem die Verpflichtung der Gemeinden geregelt, Kartenmaterial über die Überschwemmungsbereiche größerer Hochwässer vorzuhalten. Allenfalls bestand bei fehlenden Erfahrungswerten der beteiligten Einsatzkräfte bei der Abgrenzung des möglicherweise von der Flutwelle betroffenen Gebiets Anlass zu besonderer Vorsicht.

Nach Auffassung des Senats ist der Beklagten eine Stunde bis zum Abschluss der Warnaktion zuzubilligen. Genügend Kräfte waren nach ihrem Vorbringen vorhanden. In dem großen betroffenen Gebiet mußte es jedoch eine gewisse Zeit dauern, alle Straßen langsam abzufahren, um für die Anwohner verständliche Durchsagen machen zu können. Für die Information der Einsatzleitung, deren Entscheidung, die Formulierung der Warnung und deren Weitergabe an die Polizei- beziehungsweise Feuerwehrkräfte unter Katastrophenbedingungen war ebenfalls Zeit erforderlich.

Eine Warnung erst um 3.15 oder 3.25 Uhr war zu spät. Wenn die Tatsache des Dammbruchs erst kurz vor diesem Zeitpunkt in der Einsatzzentrale der Feuerwehr eingegangen sein sollte, ist dies mit den unvermeidbaren Friktionen bei einer nächtlichen Katastrophe im Zeitalter des (Mobil-)funks nicht erklärbar. Dass die Feuerwehr bei einer Erkundungsfahrt im G Wäldchen um 2.30 Uhr noch kein Wasser feststellte, rechtfertigt das Unterlassen einer früheren Warnung in P-Süd nicht. Die Dunkelheit erschwerte die Übersicht. ... erklärte in seiner mündlichen Anhörung, wie lange das Wasser nach P-Süd brauchen würde, sei nicht vorhersehbar gewesen, sehr wohl aber die Richtung (aufgrund des Verlaufs des alten Bachbetts und der Ereignisse 1965). Ernsthafte Einwendungen gegen diese überzeugenden Ausführungen hat die Beklagte nicht erhoben. Ergänzend wird auf die Urteilsbegründung des Landgerichts hierzu verwiesen.

In Übereinstimmung mit dem Sachverständigen hält der Senat eine eindringliche Warnung für erforderlich. Sie mußte auf den Bruch des W dammes und eine in Kürze zu erwartende Flutwelle hinweisen sowie wegen Lebensgefahr davor warnen, Keller und Tiefgaragen zu betreten. Dass bei einer plötzlichen Überschwemmung beim Betreten unter der Erdoberfläche gelegener Räume Lebensgefahr zum Beispiel durch Stromschlag und von außen durch Wasser blockierte Türen besteht, mußte den Verantwortlichen bereits vor den Todesfällen in Diedorf bekannt sein. Da die Geschwindigkeit der Wassermassen und die Höhe der Flutwelle zumal in der Nacht nicht vorauszusehen war, war nach dem Dammbruch eine Aufforderung, Autos aus Tiefgaragen oder Gegenstände aus Kellern zu bergen, leichtfertig. Davor mußte vielmehr ausdrücklich gewarnt werden. Weder die Entfernung des Wohngebiets P-Süd von 1,7 km noch der dazwischen liegende Damm der B 17 rechtfertigten zurückhaltendere Verhaltensmaßregeln. Dass es dort sogar zur Überflutung von Erdgeschossen kommen würde, hielt der Sachverständige für nicht vorhersehbar.

Mehr als eine Warnung durch Durchsage mit Lautsprecherwagen konnte von der Beklagten angesichts der fehlenden Vorhersehbarkeit des Dammbruchs nicht verlangt werden. Das persönliche Aufsuchen jeder Wohnung und Wecken der Bewohner hätte zwar ein besseres Mittel dargestellt, möglichst viele Menschen zu erreichen, hätte jedoch die Beklagte überfordert, wie sie unwidersprochen und glaubhaft vorgebracht hat.

Dafür, dass die Klägerin eine derartige Warnung in dem von ihnen bewohnten Einfamilienhausgebiet gehört hätte, geht der Senat aus.

Der Senat ist sich dabei bewußt, dass, wenn die Amtspflichtverletzung in einem Unterlassen besteht, ein Ursachenzusammenhang zwischen Pflichtverletzung und Schaden nur bejaht werden kann, wenn der Schadenseintritt bei pflichtgemäßem Handeln mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vermieden worden wäre. Eine bloße Möglichkeit, ebenso eine gewisse Wahrscheinlichkeit genügt nicht (BGH VersR 1994, 935, 937 m. w. N.).

Um 01.15 Uhr ist es erfahrungsgemäß in den Straßen derartiger Reihenhausgebiete sehr ruhig.

Die vom Landgericht gehörten Zeugen und auch die von der Beklagten vorgelegten Fragebogen (Anlage B 5) belegen, soweit sie die A Staße betreffen, dass die später, gegen 04.00 Uhr, erfolgten Durchsagen weit entfernt, zu leise beziehungsweise unverständlich waren, soweit sie überhaupt gehört wurden. Hieraus läßt sich also nicht ableiten, dass die Klägerin eine korrekt durchgeführte Durchsage nicht gehört hätte.

Der Senat geht davon aus, dass die Klägerin in der Hochwassernacht von einem Nachbarn geweckt wurde, wie sie bei ihrer Anhörung angab, weil sie sich sinngemäß so bereits in ihrer Antwort auf die Befragungsaktion der Beklagten (Anlage B 5) geäußert hatte. Letzteres spricht im übrigen dafür, dass sich der Nachbar bei einer früheren Warnung genauso verhalten hätte.

b) Der Amtshaftungsanspruch ist nicht nach § 839 Abs. 1 S. 2 BGB ausgeschlossen.

Eine theoretisch denkbare Haftung des Freistaats Bayern (für das WWA Donauwörth) stellt keinen anderweitigen Ersatzanspruch dar, auf den die Kläger sich verweisen lassen müßten (Palandt/Thomas, 62. Aufl., § 839 BGB Randnr. 56 mit Verweis auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes).

Eine Haftung der Streithelferin nach den §§ 836 ff BGB besteht nicht.

Eine fehlerhafte Errichtung oder mangelhafte Unterhaltung des Ackermannwehres oder des Westdammes der W vor dem 22.05.1999 im Bereich, für den der Streithelferin die Unterhaltspflicht oblag, ist nicht nachgewiesen. Die Beweislast hierfür tragen die Kläger (BGH NJW 1999, 2593, 2594).

Angetriebene Bäume hatten bisher immer durch das Wehr hindurchgeleitet werden können. Probleme waren bei früheren Hochwassern der W nicht aufgetreten. Beanstandungen des Bauwerks betreffend den Hochwasserschutz lagen nicht vor.

Der Westdamm brach aufgrund der Überspülung infolge der Verklausung des Ackermannwehres, die wiederum durch ein Jahrhunderthochwasser ausgelöst wurde. Irgendwelche bautechnische Mängel des Dammes am 22.05.1999 sind nicht ersichtlich. Hinweise hierzu oder zum Verstoß gegen wasserrechtliche Auflagen liegen von keiner Seite vor. Ein Anscheinsbeweis hinsichtlich der Verletzung der Unterhaltspflicht kommt angesichts des singulären Charakters des Hochwassers nicht in Betracht (vgl. Palandt/Thomas, 62. Aufl., § 836 BGB Randnr. 9).

Ob zur Unterhaltung der Anlagen im Sinne der §§ 836 ff BGB auch der Hochwasserschutz im konkreten Fall - hier das Beschaffen schweren Geräts - zählt, erscheint fraglich. Letztlich kommt es aber darauf nicht an, da der Streithelferin insoweit kein Vorwurf zu machen ist. Die Hochwasserwarnung des WWA Donauwörth hat die Nebenintervenientin nicht erhalten. Bisher konnte Treibgut einschließlich von Baumstämmen stets beseitigt beziehungsweise durch das Wehr geschleust werden. Zum Zeitpunkt der zunehmenden Verklausung des Wehres war die Verantwortung für die Bewältigung der Krise auf die Einsatzkräfte der Beklagten übergegangen.

Ein Anspruch gegen die Streithelferin nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit Art. 31 BayWG besteht ebenfalls nicht.

Die Verpflichtung des Unternehmers nach Art. 31 BayWG, eine festgesetzte Stauhöhe einzuhalten, stellt zwar ein Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB dar (Sieder/Zeitler, Art. 31 BayWG Randnr. 35), doch trifft die Streithelferin am Ansteigen des Wasserspiegels am Ackermannwehr aufgrund der Verklausung und dem folgenden Bruch des Westdammes kein Verschulden.

Nachbarrechtliche Ansprüche der Kläger gegen die Streithelferin kommen nicht in Betracht. § 906 BGB scheidet bereits deshalb aus, weil Überschwemmungen hiervon nicht erfasst werden (BGH VersR 1965, 689). Im übrigen kann man von einem Nachbarschaftsverhältnis angesichts der großen Entfernung des klägerischen Anwesens zum Wehr nicht sprechen.

3) Die Voraussetzungen zum Erlass eines Grundurteils liegen vor. Der klägerische Anspruch ist dem Grunde und der Höhe nach streitig. Der Anspruch der Klägerin besteht mit hoher Wahrscheinlichkeit in irgendeiner Höhe (Thomas/Reichold, 24. Aufl., § 304 ZPO Randnr. 4).

a) Die Vorstellungen der Klägerin sind zwar offenkundig weit überzogen. Beim gebotenen Ansatz der Zeitwerte der Möbel und Elektrogeräte ergibt sich angesichts deren Alter nur ein Bruchteil der geltend gemachten Beträge (so dürfte zum Beispiel die fotografierte elf Jahre alte Schrankwand in "Eiche rustikal" nicht 2.500,-- DM, sondern praktisch nichts mehr wert gewesen sein). Es ist aber nicht davon auszugehen, dass sämtliche durch die Flut beschädigten Gegenstände schon vorher schadensrechtlich betrachtet völlig wertlos gewesen sind. Ihre Existenz und die eingetretene Wassereinwirkung wird durch die von den Klägern vorgelegten Fotos zumindest teilweise in einer § 287 ZPO genügenden Weise nachgewiesen.

b) Aufgrund der Angaben der Klägerin und dem von ihr gewonnenen persönlichen Eindruck in der Anhörung vom 17.04.2003 ist der Senat davon überzeugt, dass diese bei der vom Senat als geboten angesehenen Warnung zumindest einige leicht transportable Gegenstände, zum Beispiel CD-Wechsler und CD-Player, aus dem Keller in höhere Räume verbracht hätte, obwohl vor einem Betreten des Kellers gewarnt worden wäre. In ihrem Haus verläuft vom Keller bis zum Dachgeschoss eine offene Treppe, die ein Betreten des Kellers einfach ermöglicht.

Eine Vermutung, dass die Klägerin die Warnung in vollem Umfang befolgt hätte, läßt sich nicht aufstellen. Nach Auffassung des Senats handelt es sich bei der von der Beklagten mit Recht aufgeworfenen Frage der Ersatzfähigkeit von Schäden, die nur bei einem Verstoß gegen eine der Hochwasserwarnung beigefügte Verhaltensmaßregel hätten vermieden werden können, um kein Problem der Kausalität, wenn feststeht, dass sich die Klägerin so verhalten hätte, wie sie behauptet. Allenfalls käme eine Haftungsbegrenzung durch den Schutzzweck der Warnung in Betracht. Denn es sind nur Nachteile ersatzfähig, die aus dem Bereich der Gefahren stammen, zu deren Abwendung die verletzte Norm erlassen oder die verletzte vertragliche oder vorvertragliche Pflicht übernommen worden ist (ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, vgl. die Nachweise bei Palandt/Heinrichs, 62. Aufl., Vorbemerkung vor § 249 BGB Randnr. 62). Dies ist hier aber der Fall. (Auch) die Vermeidung materieller Schäden gehört zum Zweck einer Hochwasserwarnung. Die Aufforderung, Tiefgaragen und Keller nicht zu betreten, mußte nicht erfolgen, weil die dort befindlichen Gegenstände nicht vor einer Überschwemmung geschützt werden sollten, sondern um im konkreten Fall Personenschäden, die aufgrund der Unberechenbarkeit der Flutwelle drohten, zu vermeiden. Es sind Konstellationen (zum Beispiel am Tage in einer übersichtlichen Gegend) vorstellbar, in denen eine entsprechende Verhaltensmaßregel in modifizierter Form hätte ergehen können, etwa die Aufforderung, Keller nur mit Warnposten zu betreten. In letzterem Fall würde die Haftung dann im Ergebnis davon abhängen, ob ein Ehepaar oder eine alleinstehende Person von dem Hochwasser betroffen wäre. Um eine Platzverweisung im Sinne von Art. 16 des Bayerischen PAG handelt es sich bei einer derartigen Aufforderung nicht, sondern letztlich um eine Empfehlung (anders wäre es, wenn die Polizei Personen am Betreten einer konkreten Tiefgarage hindern wollte).

c) Unabhängig davon ist es möglich, dass die Klägerin zumindest einige kleinere Haushaltsgeräte aus der im Erdgeschoss befindlichen Küche in höher gelegene Räume verbracht hätte, wofür sie bei einer Warnung um 01.15 Uhr Zeit genug gehabt hätte. Diesen Bergungsarbeiten stand der Inhalt der vom Senat als erforderlich angesehenen Warnung nicht entgegen. Dass unter anderem solche einfach transportablen Geräte in der Küche überschwemmt (und damit - soweit wie Mixer und Waffeleisen elektrisch betrieben - glaubhafterweise zerstört) wurden, wird durch die Fotos in der Anlage zum klägerischen Schriftsatz vom 08.04.2003 belegt.

d) Ob die behauptete großangelegte nächtliche Rettungsaktion hätte organisiert werden können, erscheint allerdings zweifelhaft. Die Helfer hätten ihre Autos und möglicherweise ihr Leben zur Bergung gebrauchter Möbel und älterer Haushaltsgeräte riskieren müssen. Dass offenbar alle vom Klägervertreter vertretenen Geschädigten sich nunmehr entsprechend einlassen, erweckt zusätzliche Zweifel. Diese Frage wird vom Landgericht im Rahmen der Beweiserhebung über die Schadenshöhe zu klären sein.

e) Das Landgericht wird bei der Prüfung der Glaubwürdigkeit des klägerischen Vorbringens zu berücksichtigen haben, dass die Klägerin die abendlichen Warnungen im Rundfunk nicht zum Anlass genommen hat, Gegenstände aus dem Keller zu bergen. In Betracht kommt insoweit auch ein Mitverschulden gemäß § 254 Abs. 2 BGB. Ob und gegebenenfalls in welchem Ausmaß dieses vorliegt, wird ebenfalls im Betragsverfahren zu klären sein.

4) Die Voraussetzungen der Zurückverweisung nach § 538 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 ZPO liegen vor. Über den Schaden, der sich aus einer Vielzahl von Einzelpositionen zusammensetzt, hat, wovon bereits das Landgericht bei dem Erlass seines Grundurteils ausgegangen ist, noch eine umfangreiche Beweiserhebung auch in Hinsicht auf die von den Klägerin behauptete organisierte Rettungsaktion zu erfolgen. Obwohl wenig plausibel ist, dass sie zustande gekommen wäre, kann die Einvernahme der angebotenen Zeugen nicht von vornherein abgelehnt werden.

Ein Zurückverweisungsantrag der Klägerin liegt vor.

5) Die Kostenentscheidung hängt vom Ergebnis des Betragsverfahrens ab. Dies gilt trotz der Zurückweisung ihrer Berufung auch für die außergerichtlichen Kosten der Klägerin im Berufungsverfahren. Eine Entscheidung nach § 97 Abs. 1 ZPO ist nicht möglich.

6) Die Voraussetzungen der Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache liegen nicht vor (§ 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO). Dies gilt für beide Parteien.

Die Frage, wann welche Hochwasserwarnung durch wen zu erfolgen hatte und ob der unterlassene Einsatz von schwerem Gerät der Beklagten vorwerfbar ist, berührt zwar über den konkreten Fall hinaus die Ansprüche anderer vom Augsburger Pfingsthochwasser betroffener Bewohner von P-Süd. Es handelt sich aber um eine abgeschlossene Anzahl von Fällen (in denen ein Verzicht auf die Einrede der Verjährung vorliegt beziehungsweise ein Rechtsstreit bei Gericht anhängig ist). Für andere Hochwasser haben die von der Klägerin für die Beklagte aufgezeigten Handlungsalternativen keine Bedeutung. Die Frage, wann welche Warnung zu erfolgen hat, hängt von der Art des Hochwassers ab (vgl. Thomas/Reichold, 24. Aufl., § 511 ZPO Randnr. 20) und stellt eine Tatfrage dar. In anderen Fällen kann die vorliegend vom Senat als erforderlich angesehene Warnung sich als völlig ungenügend oder weit überzogen darstellen. Warum der Senat von einer weiteren Beweiserhebung über die technischen Möglichkeiten von Baggern absehen will, wurde bereits im Termin vom 17.04.2003 erläutert (vgl. oben). Dabei geht es um die Bewertung der Vertretbarkeit der Entscheidung der Verantwortlichen der Beklagten in einer speziellen örtlichen Krisenlage, die sich nicht verallgemeinern läßt. Die Forderung, bei jedem vorhersehbaren Hochwasser an Brücken und Wehren aller Flüsse und größeren Bäche Bagger samt Personal in Bereitschaft zu halten, wird von den Klägern nicht erhoben. Sie wäre abwegig.

Die Frage, ob die pflichtwidrige Unterlassung einer Warnung einen Schadenersatzanspruch selbst dann begründet, wenn der Geschädigte den Schaden nur durch den Verstoß gegen eine in die Warnung aufgenommene Verhaltensmaßregel verhindern kann, betrifft - derart abstrakt formuliert - zwar eine unbestimmte Vielzahl von Fällen. Die im vorliegenden Rechtsstreit konkret zu entscheidende Frage, ob der Schutzzweck der Norm eine Haftung für Schäden im Keller ausschließt, läßt sich jedoch nach Auffassung des Senats nur nach den Umständen des Einzelfalles beurteilen (Art und Ziel der Warnung, Bezug zur beigegebenen Verhaltensmaßregel/Empfehlung und deren Ziel, Leben zu schützen, aber nicht Sachwerte zu vernichten, fehlende Rechtsverbindlichkeit). Damit fehlt die grundsätzliche Bedeutung.

Ende der Entscheidung

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