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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht München
Urteil verkündet am 31.01.2002
Aktenzeichen: 1 U 4705/98
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 823
BGB § 847
1.) Bluttransfusionen gegen die ausdrückliche Weigerung des einwilligungsfähigen Patienten sind, auch wenn der Patient sich ohne eine solche Transfusion in Lebensgefahr oder die Gefahr des sicheren Todes begibt und dies in Kauf nimmt, aus rechtlicher Sicht grundsätzlich unzulässig und können gegebenenfalls zu Schadensersatzforderungen führen.

Darf der mit einer entsprechenden Patientenverfügung eines Zeugen Jehovas konfrontierte Arzt bei Aufnahme der Behandlung jedoch nach gewissenhafter Prüfung annehmen, die Gabe von Blut würde nicht erforderlich werden, und ergibt sich später gleichwohl eine Situation, in der das Leben des Patienten nur durch die Zuführung von Fremdblut zu erhalten ist, ist der Arzt nicht in jedem Fall gehalten, der eindeutigen Patientenverfügung zu folgen, auch wenn diese eine Freizeichnungsklausel für ihn enthält.

Ein Anspruch des Patienten wegen Verletzung seines Persönlichkeitsrechts durch die Gabe von Bluttransfusionen kann nach den Grundsätzen der Gewissensfreiheit zumindest am fehlenden Verschulden des Arztes scheitern.

Die Gewährung von Schmerzensgeld setzt in einem solchen Fall überdies eine substantiierte Darlegung dessen voraus, worin das durch die Blutzufuhr bewirkte Trauma des Patienten liegt. Die Erhaltung des Lebens des Patienten kann gegebenenfalls im Rahmen des Vorteilsausgleichs zu berücksichtigen sein.

2.) Bei einer durch Sepsis und Blutverlust gefährdeten Sauerstoffversorgung eines Intensivpatienten sollte sich die Gabe von Blut unter großzügiger Auslegung der Transfusionskriterien an einem Zielwert von mindestens 10 g % Hämoglobin orientieren. Bei instabiler, lebensgefährdender Situation eines solchen Patienten ist der Arzt nicht verpflichtet, vor jeder einzelnen Bluttransfusion die Frage zu klären, ob diese vital indiziert ist.


OBERLANDESGERICHT MÜNCHEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Aktenzeichen 1 U 4705/98

Verkündet am 31.01.2002

In dem Rechtsstreit

wegen Schadensersatzes

erlässt der 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München durch die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht und die Richter am Oberlandesgericht und aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 20.12.2001

folgendes

Endurteil:

Tenor:

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 24.6.1998 wird zurückgewiesen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

IV. Der Wert der Beschwer der Klägerin übersteigt 60.000,-- DM (30638,82 Euro).

Tatbestand:

1.

Die Klägerin nimmt die Beklagten wegen behaupteter kunstfehlerhafter Behandlung und Aufklärungsverschuldens aus Arzthaftung sowie darüber hinaus wegen Eingriffs in ihr allgemeines Persönlichkeitsrecht auf Schmerzensgeld in Anspruch.

a) Die am 1952 geborene Klägerin wurde am 1992 mit unklaren Befunden hinsichtlich des rechten Eierstocks stationär in der Gynäkologischen Abteilung des Klinikums, dessen Träger der Beklagte zu 1) ist, aufgenommen.

Noch am 6.7.1992 unterzeichnete die Klägerin eine Einverständniserklärung für den in der Klinik beabsichtigten Eingriff einer Pelviskopie (diagnostische Bauchspiegelung), gegebenenfalls eines Bauchschnitts und der Entfernung des Eierstocks (Anlage B 1). Die Klägerin gab hierbei an, Zeugin Jehovas zu sein und deswegen Bluttransfusionen abzulehnen. Zu den Krankenakten hatte sie überdies ein von ihr am 6.7.92 unterzeichnetes Formblatt, überschrieben mit "Verweigerung der Zustimmung zur Bluttransfusion", sowie eine sogenannte Patientenverfügung und eine auf eine dritte Person lautende Vollmacht gereicht, wodurch die Anweisung der Klägerin "Kein Blut" sichergestellt sein sollte (vgl. Krankenunterlagen der Klinik).

b) Am 7.7.1992 führte der Beklagte zu 2) zusammen mit dem Assistenzarzt und dem Arzt im Praktikum bei der Klägerin die Pelviskopie durch. Hierbei wurde eine breitflächige Adhäsion zwischen dem Darm und der rechten lateralen Beckenwand unter Koagulation gelöst.

c) Am nächsten Tag hatte die Klägerin erhöhte Temperatur, Blähungen und Unterleibsbeschwerden. Am 1992 musste sie sich mehrfach erbrechen. Am 1992 wurden bei einer Röntgenaufnahme zwei Spiegel im Dünndarmbereich sichtbar; bei einer nochmaligen Röntgenaufnahme am nächsten Tag waren bereits zahlreiche Dünndarmspiegel erkennbar. Am 1992 wurde die Klägerin auf die unter der Leitung des Beklagten zu 3), zugleich Leiter der Allgemeinen Chirurgischen Abteilung, stehende Intensivstation verlegt. Am 12.7.1992 wurden bei einer notfallmäßigen Laparotomie eine Perforation im Darmbereich und eine ausgeprägte Bauchfellentzündung diagnostiziert. Die Perforation wurde genäht und sodann vorübergehend ein Reißverschluss in die Bauchwand eingenäht. Vor Durchführung der Laparotomie hatte die Klägerin am 1992 eine Einverständniserklärung unterzeichnet, auf der vermerkt ist: "auf keinen Fall Bluttransfusion erwünscht!!" (vgl. Krankenunterlagen der Klinik). Der Oberarzt der Chirurgieabteilung hatte der Klägerin und der Beklagte zu 2) ebenfalls am 1992 dem gegenüber dem Krankenhaus von der Klägerin als Bevollmächtigten angegebenen Herrn versichert, dass von chirurgischer Seite so operiert werde, dass eine Bluttransfusion intraoperativ mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht notwendig werden muss (vgl. OP-Bericht vom 12.7.1992). Bluttransfusionen wurden bei der Laparotomie nicht gegeben.

d) Am 1992 wurde die Klägerin bewusstlos. Ebenfalls am 1992 ergab sich für die Ärzte im Klinikum das Erfordernis, die Klägerin zur Rettung ihres Lebens mit Bluttransfusionen zu versorgen. Mit Schreiben an das Vormundschaftsgericht vom 1992 bat der Beklagte zu 4), selbst wie auch die anderen Beklagten nicht dem Glauben der Klägerin angehörend, unter anderem mit dem Hinweis, dass die Klägerin als Zeugin Jehovas schriftlich eine Blutübertragung abgelehnt habe und eine neue Lagebesprechung mit ihr nicht möglich sei, um die Bestellung eines Vormundes für die Klägerin (Anlage zu Bl. 54/59 d. A.). Durch sofort wirksamen Beschluss vom 1992 bestellte das Amtsgericht Kulmbach den Ehemann der Klägerin, Herrn zum vorläufigen Betreuer der Klägerin mit dem Aufgabenkreis "Sorge für die Gesundheit der Betroffenen". Der Betreuer willigte am 1992 in Bluttransfusionen ein.

Zwischen dem und 1992 kam es beider Klägerin zu mehreren sogenannten Etappen-Lavagen (Spülungen des Bauchraums) und zur Transfusion von insgesamt 25 Blutkonserven, wovon am 22. 1992 sieben die Blutgruppe 0-Rhesusfaktor-positiv enthielten, obwohl die Klägerin Blut der Gruppe 0-Rhesusfaktor-negativ besitzt.

e) Am 1992 führte der Beklagte zu 3) mit dem Beklagten zu 4) als Anästhesisten eine weitere Laparotomie durch, da der Darm der Klägerin an der genähten Stelle wieder aufgebrochen war und sich eine kotige Peritonitis eingestellt hatte. Der betreffende Darmabschnitt mit der Perforationsstelle wurde entfernt. Gleichzeitig wurde der Klägerin ein künstlicher Darmausgang gelegt. In der folgenden Nacht kam es bei der Klägerin zu Blutungen in den Bauchraum und zur Entwicklung eines hämorrhagischen Schocks. Am 22. 1992 wurde die Klägerin deshalb, nachdem sie mehr als einen Liter Blut verloren hatte, unter Gabe von Blutkonserven erneut laparotomiert. Ferner musste ein Luftröhrenschnitt durchgeführt werden, der am 1992 wieder durch Operation verschlossen wurde. Am 1992 konnte die Klägerin die Intensivstation verlassen. Sie befand sich bis zu ihrer Entlassung am 1992 auf der Allgemeinstation. Der künstliche Darmausgang wurde zwischen dem 21.1. und 9.2.1993 in einer anderen Klinik zurückverlegt.

2.

a) Die Klägerin hat in erster Instanz vorgetragen, vor der Pelviskopie mangelhaft aufgeklärt worden zu sein. Die Möglichkeit einer Darmverletzung und die damit verbundenen Risiken seien nicht angesprochen worden. Bei ordnungsgemäßer Aufklärung hätte sich die ängstliche Klägerin nicht pelviskopieren lassen.

b) Ferner hat die Klägerin behauptet, von den Beklagten am 1992 nicht lege artis operiert und nachbehandelt sowie vorwerfbar in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt worden zu sein.

aa) Die Perforation des Darms sei durch den Beklagten zu 2) bei der Pelviskopie fehlerhaft verursacht worden und hätte den Ärzten sofort auffallen müssen.

bb) Zahlreiche Symptome nach der Pelviskopie hätten auf eine Bauchfellentzündung hingedeutet, ohne dass die Beklagten zu 2) und 3) etwas unternommen hätten. Die Darmperforation und die Bauchfellentzündung hätten viel früher als geschehen durch eine Etappen-Lavage oder einen Kontrasteinlauf im Dickdarm diagnostiziert werden können, was die Beklagten jedoch unterlassen hätten. Mit der Laparotomie sei unter bloßer Verabreichung von Antibiotika zu lange zugewartet worden. Spätestens am 1994 hätte laparotomiert werden müssen.

cc) Auch sei die Klägerin zwischen den Operationen vom 21. und 22. 1992 fehlerhaft behandelt worden. Mangels ordnungsgemäßer Überwachung habe die Klägerin in der Nacht zum 1992 einen Liter Blut aus der Operationswunde verloren. Dies sei am 1992 um 7.00 Uhr festgestellt worden; gleichwohl sei die notwendige operative Behandlung erst 3 Stunden später durchgeführt worden, wodurch die Klägerin weitere zwei Liter Blut verloren habe.

dd) Schließlich stelle auch die hauptsächlich im Verantwortungsbereich des Beklagten zu 4) liegende Gabe von Bluttransfusionen sowohl einen schwerwiegenden Behandlungsfehler als auch einen vorwerfbaren Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin dar. Die Gabe von Blutkonserven sei nicht vital indiziert gewesen. Die Beklagten hätten hierbei falsche kritische Hämoglobingrenzwerte zugrundegelegt. Auch die Verabreichung von Blut mit abweichendem Rhesusfaktor sei behandlungsfehlerhaft. Überdies habe die Klägerin von vorneherein ausdrücklich und eindeutig Bluttransfusionen in jeder erdenklichen Lage verweigert. Wenn die Beklagten sich nicht in der Lage gesehen haben sollten, die Klägerin unter Beachtung ihres Persönlichkeitsrechts zu behandeln, hätten sie die Behandlung ablehnen können und müssen.

Die Einwilligung des Ehemannes in die Bluttransfusionen sei erschlichen worden.

c) Durch das fehlerhafte Verhalten der Beklagten seien der Klägerin schwere Schäden zugefügt worden. Bei richtiger Behandlung wären ihr die Peritonitis, die Operationen wie auch der Luftröhrenschnitt und der künstliche Darmausgang mit einer ausgeprägten Narbenbildung im Bauchbereich sowie am Hals erspart geblieben. Durch die Bluttransfusionen sei die Immunabwehr der Klägerin geschwächt, die Sepsis hervorgerufen oder gefördert, der gesamte Heilungsverlauf massiv verzögert und überhaupt erst das Anlegen des künstlichen Darmausganges wie auch des Luftröhrenschnittes erforderlich geworden. Wegen des künstlichen Darmausganges sei die Klägerin erheblich in ihrem Ehe- und Berufsleben eingeschränkt gewesen. Überdies hätten die Bluttransfusionen für die Klägerin das Risiko einer Infektion mit AIDS, Hepatitis oder einer anderen durch Blut übertragbaren Krankheit gebracht, wobei sich selbst heute nicht ausschließen lasse, dass die Klägerin mit einer dieser teilweise tödlichen Krankheiten infiziert wurde. Die psychische Einwirkung, die Verletzung der Würde und des Persönlichkeitsrechts durch die ausdrücklich verbotene Gabe von Bluttransfusionen sei vergleichbar mit den durch eine Vergewaltigung hervorgerufenen Schäden.

d) Wegen der ihr zugefügten Schäden stehe der Klägerin ein Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 35.000,-- DM zu. Wegen nicht absehbarer Folgen, die insbesondere durch die Gabe von Blutkonserven mit abweichendem Rhesusfaktor entstehen könnten, habe die Klägerin auch ein Interesse an der Feststellung der Ersatzpflicht der Beklagten für künftige weitere materielle und immaterielle Schäden.

Die Klägerin hat deshalb in erster Instanz beantragt:

1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin ein angemessenes Schmerzensgeld, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, nebst 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagten verpflichtet sind, der Klägerin sämtliche weiteren materiellen und immateriellen Schäden aus der Verletzung während ihrer Behandlung durch die Beklagten in der Zeit vom 6.7.1992 bis 31.8.1992 im Klinikum zu ersetzen, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergehen.

3.

Die Beklagten haben beantragt

die Klage abzuweisen.

a) Hierzu haben sie vorgetragen, dass die Klägerin vor der Pelviskopie durch die Ärztin unter Fertigung einer Skizze ausführlich und ausreichend über die Risiken dieses Eingriffs aufgeklärt worden sei, wobei sie insbesondere auch auf die Möglichkeit von Darmverletzungen hingewiesen worden sei.

b) Die Klägerin sei auch weder fehlerhaft operiert noch nachbehandelt worden.

aa) Die am 1992 durchgeführte Pelviskopie sei indiziert gewesen und lege artis durchgeführt worden. Die dabei verursachte Sigmaperforation habe sich als ein typisches Risiko dieses Eingriffs verwirklicht.

bb) Weder während des Eingriffs noch in den Tagen darauf sei die Perforation zu bemerken gewesen. Dünndarmspiegel seien noch kein Hinweis auf eine Darmperforation. Etappen-Lavage und Kontrasteinlauf seien für die Diagnose einer Darmperforation keine geeigneten Maßnahmen. Der klinische Verlauf sei sorgfältig sowohl durch den Gynäkologen als auch den Chirurgen kontrolliert worden. Der postoperative Abdominalbefund sei bei der Untersuchung der Klägerin durch den Konsiliararzt am 1992 um 13.00 Uhr, unklar gewesen, jedoch nicht so akut, dass eine sofortige Laparotomie notwendig gewesen sei. Insbesondere hätten keine Anzeichen für eine Peritonitis vorgelegen. Erst die am 1992 erneut durchgeführte chirurgische Kontrolluntersuchung habe einen Abdominalbefund ergeben, der zu einer Operationsindikation führte. Die Operation sei daraufhin zeitgerecht durchgeführt worden.

cc) Zwischen den Operationen vom 21. und 22.7.1992 sei die Klägerin ebenfalls nicht fehlerhaft behandelt worden.

dd) Die Gabe von Bluttransfusionen sei nicht zu beanstanden. Die Bluttransfusionen seien vital indiziert gewesen. Die Gabe von 0-Rhesus-positiven Blutkonserven sei erfolgt, weil eine Notsituation vorgelegen habe und 0-Rhesus-negative Blutkonserven nicht mehr zur Verfügung gestanden hätten. Durch Volumenersatzmittel oder dergleichen habe die Klägerin nicht gerettet werden können. Mit einer Notwendigkeit von Bluttransfusionen habe vor der Pelviskopie und der Laparotomie vom 12.7.1992 nicht gerechnet werden müssen. Es sei sodann eine neue Lage entstanden. Die vorangegangene Verweigerung einer Blutzufuhr durch die Klägerin habe nicht gebunden. Die Bluttransfusionen seien durch das Vormundschaftsgericht und die Einwilligung des Ehemannes der Klägerin als Betreuer gedeckt. Im übrigen hätten sich die Beklagten in einem Gewissenskonflikt befunden, der nicht anders zu lösen gewesen sei. Die Transfusionen hätten aus übergesetzlichem Notstand heraus durchgeführt werden können. Zumindest hätten sich die Beklagten in einem unvermeidbaren und damit schuldausschließenden Verbotsirrtum befunden.

c) Die behaupteten Schäden der Klägerin seien nicht auf fehlerhaftes Verhalten der Beklagten zurückzuführen. Auch die Gabe von Rhesus-positivem Blut habe keinerlei Auswirkungen gehabt. Insbesondere hätten sich keine Antikörper gebildet. Die Gabe von Fremdblut sei für die Klägerin insgesamt folgenlos geblieben.

Das Landgericht hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 15.4.1996 (Bl. 80 d. A.) durch Vernehmung der Zeugin. Hinsichtlich deren Aussage wird auf das Verhandlungsprotokoll vom 25.9.1996 Bezug genommen (Bl. 107/109 d. A.). Weiter hat das Landgericht mit Beschlüssen vom 10.10. und 9.12.1996 (Bl. 115/116, 122/123 d. A.), geändert mit Beschluss vom 31.1.1997 (Bl. 131 d. A.) und ergänzt mit Beschluss vom 29.9.1997 (Bl. 148/149 d. A.) ein schriftliches Gutachten nebst Gutachtensergänzung der gynäkologischen Sachverständigen Frau vom 3.6.1997 und 7.1.1998 erholt (Bl. 139 und 155 d. A.). Die Klägerin hat das Landgericht informatorisch angehört. Die Klage hat das Landgericht sodann als unbegründet abgewiesen. Die Klägerin sei, bestätigt durch deren wirksame schriftliche Einverständniserklärung und die Aussage der Zeugin, vor der Operation ordnungsgemäß aufgeklärt worden. Bei der Verletzung des Darms der Klägerin und der anschließenden Bauchfellentzündung handele es sich um die Verwirklichung eines typischen Risikos und nicht um einen Behandlungsfehler. Auch postoperativ sei den Beklagten kein Vorwurf zu machen, da die Darmperforation zum frühestmöglichen Zeitpunkt erkannt und ordnungsgemäß versorgt worden sei. Ebenso sei bei der Operation vom 21.7.1992 und danach beklagtenseits nach den Regeln der ärztlichen Kunst verfahren worden. Die Gabe von Blutkonserven als einzige Möglichkeit, das Leben der Klägerin zu retten, sei in der durch die Bewusstlosigkeit der Klägerin gekennzeichneten völlig neuen Situation durch die Einwilligung des Ehemanns der Klägerin als wirksam bestellter Betreuer gedeckt gewesen. Überdies sei das Verhalten der Beklagten auch aus übergesetzlichem Notstand heraus gerechtfertigt. Im übrigen sei die Sepsis der Klägerin nicht durch die erfolgten Bluttransfusionen entstanden.

5.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin in ihrer Berufung, mit der sie ihren Klageanspruch zunächst in vollem Umfang weiterverfolgt hat, um ihn in der letzten mündlichen Verhandlung sodann auf die gegenwärtigen und zukünftigen immateriellen Ansprüche zu beschränken.

Zur Berufungsbegründung trägt die Klägerin vor:

a) Eine ordnungsgemäße Aufklärung der Klägerin hätten die Beklagten nicht bewiesen. Eine schriftliche Bestätigung für die von der Zeugin behauptete Aufklärung über das Risiko einer Darmverletzung existiere nicht. Gegen die Aussage der Zeugin stehe die ebenso glaubhafte Erklärung der Klägerin selbst.

b) Die Pelviskopie wie auch die Nachbehandlung der Klägerin seien fehlerhaft erfolgt.

aa) Die Perforation hatte während der Operation bemerkt und sofort beseitigt werden müssen. Möglicherweise habe der unerfahrene Arzt im Praktikum operiert und sei dabei nicht ausreichend überwacht worden.

bb) Das Landgericht habe das Gutachten der Sachverständigen Prof. falsch interpretiert, wenn es einen postoperativen Behandlungsfehler zwischen dem 7. und 12.7.1992 verneine. Die Sachverständige habe bestätigt, dass die Beklagten zu 2) und 3) hätten erkennen können und müssen, und zwar bereits aufgrund der klassischen Symptome, dass bei der Klägerin eine Darmperforation und eine Bauchfellentzündung vorgelegen hätten, die eine Laparotomie mindestens einen ganzen Tag früher notwendig gemacht habe. Das fehlerhafte Zuwarten mit der Laparotomie stelle einen groben Behandlungsfehler dar.

cc) Am 21. und 22.7.1992 hätte man zum Nachteil der Klägerin gravierende Überwachungsfehler begangen. Andernfalls wäre verhindert worden, dass die Klägerin durch eine Nachblutung über einen Liter Blut verlor. Die Ausführungen der Sachverständigen Prof. zu diesem Punkt seien< nicht nachvollziehbar. Ein Zuwarten von drei Stunden stelle einen gravierenden Behandlungsfehler dar. Dies umso mehr, als die Klägerin während dieses Zuwartens weitere zwei Liter Blut verlor.

dd) Hinsichtlich der Gabe von Bluttransfusionen wiederholt und vertieft die Klägerin Vortrag aus erster Instanz und führt aus:

Eine vitale Indikation zur Bluttransfusion habe nicht bestanden. Eine lebensgefährliche Situation der Klägerin sei den Krankenunterlagen nicht zu entnehmen. Der angeblich kritische Hämoglobinwert von 10 g/dl sei 1992 bereits mehrfach in der einschlägigen Fachliteratur als nicht haltbar nachgewiesen worden. Die Klägerin hätte erfolgreich mit Volumenersatzmitteln behandelt werden können, um einen Kreislaufausgleich nach dem Blutverlust zu erreichen. Die Gabe von Bluttransfusionen mit dem falschen Rhesusfaktor sei auch durch eine angebliche Notsituation nicht zu rechtfertigen. Die Sachverständige Prof. habe in ihrem Gutachten ausdrücklich ausgeführt, die Beurteilung dieser Fragen falle in den Fachbereich eines Anästhesiologen. Ein solches Fachgutachten nicht einzuholen stelle einen Verfahrensfehler dar. Bei einer derart klaren und am 12.7.1992 wiederholten Willensäußerung der Klägerin gegen eine Blutzufuhr sei kein Platz gewesen für die letztlich erschlichene Bestellung eines Betreuers. Zusätzlich zu ihrer eigenen ausdrücklichen schriftlichen Erklärung habe die Klägerin am 12.7.1992 einen Bevollmächtigten bestimmt, der für den Fall einer Bewusstlosigkeit für die Durchsetzung ihrer Entscheidungen und Wünsche Sorge tragen sollte. Dieser sei als Bevollmächtigter der Klägerin am 12. und 13.7.1992 im Klinikum anwesend gewesen und habe dem Beklagten zu 4) seine schriftliche Vollmacht vorgelegt, die zu den Krankenunterlagen genommen worden sei. Höchstrichterlich anerkannt sei, dass dem behandelnden Arzt ein Recht zur Bevormundung des Patienten nicht zustehe. Durch jede einzelne Transfusion hätten die Beklagten aufs neue das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin verletzt.

c) Bereits das Zuwarten mit der Laparotomie nach dem 7.7.1992 führe als grober Behandlungsfehler hinsichtlich der Kausalität zu einer Umkehrung der Beweislast zugunsten der Klägerin. Im übrigen hält die Klägerin es für nachgewiesen, dass bei einer früheren Laparotomie die Peritonitis noch nicht so weit fortgeschritten gewesen wäre, es hätte sich einen ganzen Tag weniger Darminhalt in den Bauchbereich der Klägerin ergossen, und es wäre nicht zu einer so ausgedehnten Infektion und deutlichen Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes gekommen. Die nachfolgenden operativen Eingriffe, jedenfalls in diesem Umfang, wären der Klägerin erspart geblieben. Auch der Umfang der bei der Klägerin aufgetretenen Sepsis sei eine Folge der der Klägerin verabreichten Bluttransfusionen gewesen, da diese das Immunsystem der Klägerin so geschwächt hätten, dass die Sepsis sich in verstärktem Umfang ausbreiten habe können und sich der Heilungsverlauf verzögert habe.

d) Die Klägerin stellt sich in der Berufung weiterhin ein Schmerzensgeld von mindestens 35.000,-- DM vor. Auf Nachfrage des Senats hat sie hierzu weiter erklären lassen, dass für die Gabe von Blut entgegen ihrem Willen auf das Schmerzensgeld maximal die Hälfte des geforderten Betrages anzusetzen sei. Die Klägerin hält auch den Feststellungsantrag für begründet, da sie derzeit noch nicht absehen könne, welche Schäden ihr aufgrund der fehlerhaften Behandlung durch die Beklagten noch entstehen würden.

6.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

a) Die nach einem festen Schema durchgeführte Aufklärung der Klägerin auch über das Risiko einer Darmperforation sei ausreichend und nachgewiesen.

b) Die Behandlung der Klägerin sei in jeder Hinsicht ordnungsgemäß erfolgt

aa) Bei der am 7.7.1992 von dem Beklagten zu 2) als hiermit erfahrenem Chefarzt persönlich durchgeführten Pelviskopie seien, sachverständig bestätigt, die Regeln der ärztlichen Kunst eingehalten worden.

bb) Es sei auch nicht verspätet laparotomiert worden.

Bereits der Zeitpunkt der Darmperforation, die als sekundäre Läsion noch im Verlauf von 24 Stunden nach Beendigung des Eingriffes auftreten könne, stehe nicht fest. Die Aussage der Sachverständigen Prof. dass aufgrund der klinischen Symptomatik auch schon früher (am 11.7.1992) ein Entschluss zur Laparotomie hätte fallen können, bedeute keineswegs, dass dieser Entschluss schon zu diesem Zeitpunkt hätte fallen müssen. Das Zuwarten bis zum 12.7.1992 sei aufgrund nachvollziehbarer medizinischer Überlegungen erfolgt, die durch das Krankheitsbild der Klägerin bestätigt worden seien. Die Diagnose einer Peritonitis nach 5 Tagen habe vorliegend die Erkennung zum frühestmöglichen Zeitpunkt bedeutet.

cc) Nach der zweiten Operation vom 21.7.1992 sei die Klägerin ordnungsgemäß überwacht und die weitere notwendige Operation zeitgerecht durchgeführt worden.

dd) Die Gabe von Blutkonserven sei vital indiziert gewesen.

Auch die Gabe von Blut mit abweichendem Rhesusfaktor stelle sich im Fall der Klägerin als absolut korrekt dar. Durch die unerwarteten postoperativen Blutungen bei der Klägerin sei am 13.7.1992 ein Ernstfall eingetreten, der die Nichtvergabe von Bluttransfusionen als groben ärztlichen Fehler hätte erscheinen lassen. Die in der Folgezeit gegebenen Transfusionen seien auch nicht isoliert als jeweils erneuter Eingriff sondern als Bestandteil und Fortsetzung der in der Notsituation begonnenen und ebenso auf die Vermeidung einer erneut lebensbedrohlichen Situation gerichteten Behandlung zu werten. Die durch den Ehemann als Betreuer der Klägerin erteilte Einwilligung in die Bluttransfusionen sei wirksam. Im übrigen hätten die Beklagten in der konkreten Situation nur ihrem Gewissen verpflichtet sein können. Der Patientenverfügung seien Grenzen gesetzt. Von der Garantenstellung des Arztes im Sinne des § 13 StGB für das Leben seines Patienten könne der Arzt nach der herrschenden Rechts- und Sozialmoral auch nicht durch dessen Willenserklärung entbunden werden. Die Patientenverfügung der Klägerin wie auch eine dementsprechende Willenserklärung des von ihr im voraus bestellten Bevollmächtigten sei vorliegend nichtig, wenn sie dahin gingen, keine lebensrettenden Blutspenden zu geben und die Klägerin verbluten zu lassen. Den Beklagten sei zumindest kein Schuldvorwurf zu machen, da sie jedenfalls im unvermeidbaren Verbotsirrtum im Sinn des § 17 StGB gehandelt hätten.

7.

Der Senat hat mit Beschlüssen vom 6.5.1999 und 8.6.2000 (Bl. 253/256, 294 d. A.) schriftliche Gutachten der anästhesiologischen Sachverständigen Frau Prof. erholt, die diese unter dem 23.3.2000 und 21.9.2001 vorgelegt hat (Bl. 272/285, 312/316 d. A.). Die Sachverständige hat der Senat sodann in der mündlichen Verhandlung vom 20.12.2001 angehört. Insoweit wird auf Bl. 326/329 d. A. verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin ist zulässig, jedoch nicht begründet.

Der Klägerin stehen, wie das Landgericht mit weitgehend zutreffender Begründung bereits erkannt hat, wegen der streitgegenständlichen Behandlung gegen keinen der Beklagten (materielle oder) immaterielle, gegenwärtige oder künftige Ansprüche zu.

I.

Die Klägerin ist vor der Pelviskopie vom 7.7.1992 ausreichend und wirksam aufgeklärt worden.

In der von der Klägerin unstreitig am 6.7.1992 unterzeichneten schriftlichen Einverständniserklärung heißt es zu den Risiken zwar lediglich: "Auf mögliche, seltene Komplikationen, die im Zusammenhang mit der Operation auftreten können, sowie auf weitere, eventuell notwendig werdende Maßnahmen bin ich hingewiesen worden". Eine Aufklärung über das Risiko einer Darmperforation, auch wenn sie nach dem schriftlichen Text naheliegen könnte, ergibt sich daraus noch nicht.

Den entsprechenden Nachweis haben die Beklagten jedoch mit der Aussage der Zeugin erbracht.

Der Senat teilt die hierzu vom Erstgericht vorgenommene Beweiswürdigung. Die Zeugin, die auch zum Umfeld der Beratung und Aufklärung der Klägerin ein ebenso gutes wie nachvollziehbares und glaubhaftes Erinnerungsvermögen zeigte, hat bekundet, im Aufklärungsgespräch mit der Klägerin die möglichen Komplikationen bei einem operativen Eingriff, nämlich Thrombose, Embolie, die Möglichkeit des Leibschnitts besonders bei schon durchgeführten Voroperationen sowie die Möglichkeit der Verletzung von Nachbarorganen im Zusammenhang mit der Operation als ganzes angesprochen zu haben. Der Senat hat keinen Zweifel, dass diese wie auch die weitere Aussage der Zeugin der Wahrheit entspricht, wonach sie bei Eierstock-Operationen routinemäßig die Möglichkeit von Harnleiterverletzungen, Darmverletzungen und Blasenverletzungen erwähnt. Es ist stimmig und glaubhaft, wenn die Zeugin angibt, bei ihrem Aufklärungsgespräch nach einem festen Schema vorzugehen, das auch die Aufklärung darüber beinhalte, dass benachbarte Organe bei der Pelviskopie verletztwerden können und z. B. schon durch den Einstich der Darm verletzt werden könne.

Dass die Aufklärung über das Perforationsrisiko nicht bereits in der von der Klägerin unterzeichneten schriftlichen Erklärung festgehalten ist, steht dem nicht entgegen. Der allgemein gehaltene schriftliche Vordruck der Einverständniserklärung zählt keine konkreten Risiken auf, wobei man aus dem Fehlen weiterer Risiken dann versucht sein könnte die Schlussfolgerung zu ziehen, über die in dem Bogen nicht enthaltenen Risiken sei nicht aufgeklärt worden. Der vorformulierte Text spricht vielmehr nur allgemein von möglichen seltenen Komplikationen. Dies ist je nach Erfordernis ausfüllungsbedürftig und -fähig. Wie dies geschehen ist, zeigt die Aussage der Zeugin in einer den Senat überzeugenden Weise.

Die Überzeugung des Senats davon, dass die Klägerin ordnungsgemäß aufgeklärt und auf die fraglichen Risiken hingewiesen wurde, wird auch durch die Erklärung der Klägerin selbst nicht in Zweifel gezogen. Die von der Kammer persönlich angehörte Klägerin hatte eine Aufklärung durch die Zeugin nicht gänzlich in Abrede gestellt sondern lediglich bekundet, sich nicht daran erinnern zu können, dass von der Möglichkeit einer Darmverletzung gesprochen wurde. Auch dass die Klägerin, um eine fehlende Aufklärung insoweit zu untermauern, als sehr ängstlicher Mensch, wie sie angibt, auf den Eingriff verzichtet hätte und wieder nach Hause gegangen wäre, wenn sie von der Gefahr einer Darmverletzung gewusst hätte, spricht als letztlich nur nachträgliche Schlussfolgerung und Erklärungsversuch der Klägerin nicht gegen die Aussage der Zeugin Dr..

Keineswegs ist es auch so, dass, wie die Klägerin meint, für den Senat eine non-liquet-Situation entstanden wäre, in der zwei gleichwertige konträre Aussagen einander gegenüberstünden, ohne dass der einen oder anderen gefolgt werden könnte mit der Folge, dass die Beklagten den Nachweis einer ordnungsgemäßen Aufklärung der Klägerin damit nicht geführt hätten. Eine non-liquet-Situation liegt gerade nicht vor. Wie bereits das Landgericht folgt auch der Senat den Angaben der von ihm als in jeder Hinsicht glaubwürdig angesehenen Zeugin Dr. der die Klägerin nichts Entscheidendes entgegensetzen konnte.

Soweit, wofür jedoch nichts Entscheidendes spricht, Teile des von der Zeugin Erinnerten darauf beruhen sollten, dass das Aufklärungsgespräch bei ihr immer nach einem bestimmten Schema verlaufe, gilt, was der Bundesgerichtshof bereits in seiner Entscheidung vom 8.1.1985 (VersR 1985, 361) ausgeführt hat: "Ist einiger Beweis für ein gewissenhaftes Aufklärungsgespräch erbracht, sollte dem Arzt im Zweifel geglaubt werden, dass die Aufklärung auch im Einzelfall in der gebotenen Weise geschehen ist; dies auch mit Rücksicht darauf, dass aus vielerlei verständlichen Gründen Patienten sich im nachhinein an den genauen Inhalt solcher Gespräche, die für sie etwa vor allem von therapeutischer Bedeutung waren, nicht mehr erinnern."

II.

Der Vorwurf einer fehlerhaften Behandlung der Klägerin kann weder im Zusammenhang mit der Pelviskopie vom 7.7.1992 noch im Zusammenhang mit der sich anschließenden Nachbehandlung der Klägerin einschließlich weiterer Operationen erhoben werden.

Soweit die Klägerin in der Berufung ihren Vortrag zu diesen Punkten aus erster Instanz wiederholt, verschließt sie sich unter entstellender Interpretation erneut den klaren gutachtlichen Äußerungen der Sachverständigen Prof. Soweit für den Senat noch Aufklärungsbedarf bestand, wurde diesem durch die Gutachten der Sachverständigen Prof. in einer die Behauptungen der Klägerin widerlegenden Weise genügt.

1.

Ihre im Laufe des Rechtsstreits geäußerte Mutmaßung, zu einer Perforation des Darms sei es deshalb gekommen, weil der noch unerfahrene Assistenzarzt sie pelviskopiert habe und dieser durch den Beklagten zu 2) sowie den weiteren anwesenden Arzt in unzureichender Weise beaufsichtigt worden sei, hat die Klägerin schließlich nicht mehr aufrechterhalten, nachdem die Beklagtenseite - was unstreitig blieb - den Beklagten zu 2) als denjenigen benannt hat, der als erfahrener Chefarzt die Pelviskopie selbst durchführte.

Dafür, dass anlässlich der Pelviskopie vom 7.7.1992 die Perforation behandlungsfehlerhaft und nicht als verwirklichtes immanentes Risiko eingetreten wäre, spricht nicht das geringste und konnte auch die Klägerin nichts vortragen. Es bleibt festzuhalten, was die Sachverständige Prof. ausgeführt hat, dass es im Verlauf von Verwachsungslösungen von Därmen an dem Genitale selbst bei sorgfältiger Präparation per laparotomiam und per laparoskopiam zu solchen Verletzungen kommen kann.

Überdies ist auch in keiner Weise nachgewiesen, dass die Beklagten die Perforation schicksalhaft verursacht und sodann während der Pelviskopie vorwerfbar nicht bemerkt hätten. Angesichts der im Fall der Klägerin vorliegenden Befunde handelt es sich nämlich nach Angabe der Sachverständigen Prof. am ehesten um eine sogenannte sekundäre Perforation aufgrund einer anämischen Nekrose. Hierbei ist mit Auftreten der Perforation frühestens nach 24 Stunden zu rechnen; sie könne aber, so die Sachverständige, im vorliegenden Fall auch erst nach 72 Stunden erfolgt sein.

2.

Auch die von der Klägerin im Zusammenhang mit der weiteren Erkennbarkeit und dem schließlich erfolgten Erkennen der Perforation wie auch der eingetretenen Peritonitis sowie den sich daran anschließenden Behandlungsschritten erhobenen Vorwürfe sind unbegründet.

a) Die Beklagten haben die Perforation sowie die Peritonitis nicht vorwerfbar zu spät erkannt. Während der Zeit zwischen der Pelviskopie am 7.7.1992 und der ersten Laparotomie am 12.7.1992 wurde die Klägerin kunstgerecht versorgt und behandelt.

Es sei völlig fraglich, so die Sachverständige Prof. ob vor dem vierten postoperativen Tag anhand der Laborwerte die Peritonitis früher erkannt werden hätte können. Das klinische Bild der Perforation in seiner Gesamtheit beurteilt, sei, so die Sachverständige, erst am fünften postoperativen Tag richtig manifest gewesen.

Wenn die Sachverständige Prof. von einer "verzögert erkannten Darmperforation" spricht, ist dies gerade nicht, wie es jedoch die Klägerin unternimmt, im Sinne einer vorwerfbaren Verzögerung zu interpretieren. Aus dem Gesamtkontext der gutachterlichen Äußerungen ergibt sich vielmehr mit ausreichender Deutlichkeit, dass die Darmperforation zwar bereits früher als erkannt vorgelegen haben mag, aber eben nicht sogleich beim Auftreten zu erkennen war.

Die postoperativen Verlaufsbeobachtungen, so die Sachverständige, wurden sorgfältig durchgeführt. Ein ärztliches Fehlverhalten läßt sich daraus in keiner Weise ableiten. Insbesondere ist der Vorwurf der Klägerin unbegründet, ein unklarer Abdominalzustand zwischen dem 8.7. und 11.7.1992 hätte durch eine Etappen-Lavage oder einen Kontrasteinlauf im Dickdarm abgeklärt werden können. Wie die Sachverständige Prof. dargelegt hat, sind diese Behandlungsmethoden nicht zur Diagnose einer Darmperforation bzw. Bauchfellentzündung geeignet, vielmehr hätten sie die Thematik nur noch verschlechtert. Dem pflichtet der Senat bei.

b) Die Beklagten sind nach Erkennen der Perforation auch nicht zu spät dagegen eingeschritten. Weder aus den Laborwerten noch aus den Kreislaufparametern der Klägerin ergibt sich nach den Ausführungen der Sachverständigen Prof. die Indikation für einen früheren Eingriff als er tatsächlich erfolgt ist.

Wenn auch die Sachverständige ausführt, dass ein Entschluss zur Laparotomie bereits am 11.7.1992 hätte fallen können, wenngleich dies letztlich fraglich sei, bedeutet das nicht, dass ein erst am 12.7.1992 gefällter und umgesetzter Entschluss damit falsch wäre. Ein ärztliches Fehlverhalten hat die Sachverständige Prof. insbesondere angesichts der von ihr festgestellten sorgfältigen Verlaufsbeobachtungen bei der Klägerin, wie sie auch dokumentiert sind, ausdrücklich ausgeschlossen. Den von der Sachverständigen mehrfach gebrauchten Ausdruck des "könnens" interpretiert die, Klägerin fälschlicherweise stets als ein "müssen". Damit setzt die Klägerin jedoch lediglich ihre eigenen Wertungen anstelle derjenigen der Sachverständigen.

c) Selbst wenn man im übrigen ein leicht verspätetes Laparotomieren als Fehler ansehen würde, was die Sachverständige Prof. und ihr folgend der Senat jedoch ausdrücklich ablehnt, wäre dies jedenfalls kein grober Fehler. Den Ausführungen der Sachverständigen Prof. ist nicht ansatzweise zu entnehmen, dass dies einem gewissenhaften Arzt schlechterdings nicht unterlaufen dürfte. Für eine Beweislastumkehr zugunsten der Klägerin wäre daher kein Raum. Der Nachweis einer Kausalität zwischen einer verspäteten Durchführung der Laparotomie und den sich anschließenden Beschwerden bzw. Schäden der Klägerin obläge damit weiterhin der Klägerin. Diesen, Nachweis hat sie nicht geführt. Es könne, so die Sachverständige Prof. nur darüber spekuliert werden, ob durch eine solche frühere erste Laparotomie das Anlegen eines Anus praeters, die nachfolgenden Blutungen und die Sepsis hätte vermieden werden können. Dies sei völlig ungewiss.

d) Die von der Klägerin vorgelegte ärztliche Stellungnahme des Prof. vom 10.1.2001 (zu Bl. 298 d. A.) gibt weder hier noch bei einer Bewertung des übrigen Geschehens zu einer anderen, Beurteilung Anlass. Das Gutachten des Privatsachverständigen Prof. seines Zeichens Anästhesist und Intensivmediziner, wird durch die Gerichtssachverständige widerlegt. Das vorgelegte Privatgutachten erweist sich bereits deshalb als wenig brauchbar; da dem Sachverständigen, wie er selbst angibt, detaillierte Daten aus der Klinikdokumentation (Krankenakte etc.) nicht vorgelegen haben. Das Gutachten des Sachverständigen Prof. so sehr er sich auch veranlasst gesehen hat, dem Landgericht Voreingenommenheit vorzuwerfen, ist nicht weiterführend und vermag insbesondere die gutachtlichen Äußerungen der Sachverständigen Prof. nicht in Frage zu stellen.

Der Senat schließt sich insgesamt den Feststellungen der Sachverständigen Prof. an, die diese nach sorgfältiger Auswertung aller Befunde unter Zugrundelegung zutreffender Anknüpfungstatsachen nachvollziehbar, widerspruchsfrei und alle vorgetragenen Argumente gewisssenhaft abwägend in jeder Hinsicht überzeugend begründet hat. Es sei nur am Rande bemerkt, dass die Klägerin vor Erstattung der Gutachten der Sachverständigen Prof. dieser selbst bescheinigt hat, "als Spezialistin in der gynäkologischen Pelviskopie und Laparoskopie einen ausgezeichneten Ruf" zu genießen.

Zur Einholung eines fachärztlichen Gutachtens eines "laparoskopisch erfahrenen Allgemeinmediziners", wie von der Klägerin mit Schriftsatz vom 22.1.2001 beantragt, bestand keinerlei Veranlassung.

3.

Auch im Zusammenhang mit dem Vorgehen vom 21./22.7.1992 kann den Beklagten keinerlei fehlerhaftes Verhalten angelastet werden.

a) Es mag, laienhaft betrachtet, auf den ersten Blick spektakulär erscheinen, wenn eine auf der Intensivstation liegende Patientin einen Liter Blut verliert, bis man dies bemerkt.

Indessen ist der Sachverhalt hier in einer Weise zu präzisieren, die keinesfalls den Gedanken an fehlerhaftes ärztliches Verhalten bzw. unzureichende Überwachung bestehenbleiben lässt.

Die vom Senat, einer berechtigten Forderung der Klägerin entsprechend, mit den das Fachgebiet der Sachverständigen Prof. etwas verlassenden Fragestellungen befasste Sachverständige Frau Prof. erfahrene Chefärztin einer Abteilung für Anästhesiologie und operative Intensivmedizin an einer großen Klinik, hat bereits in ihrem ersten schriftlichen Gutachten ausgeführt, dass die Überwachung der Klägerin anhand üblicher intensivmedizinischer Kriterien insgesamt pflichtgemäß erfolgt ist. Daran, dass die postoperative Überwachung der Klägerin auf der Intensivstation anhand damals üblicher intensivmedizinischer Kriterien mit den entsprechenden Parametern auf der Intensivkurve und im Pflegeprotokoll pflichtgemäß durchgeführt wurde, hat die Sachverständige auch in der Folgezeit ohne jede Abstriche festgehalten.

Aus dem klinischen Verlauf, so die Sachverständige Prof. lasse sich retrospektiv nicht genau festlegen, wann die intraabdominelle Blutung begann. Unter Berücksichtigung der konkreten Umstände habe primär insbesondere auch nicht unbedingt an eine Blutungsursache für die festgestellte Kreislaufinstabilität der Klägerin gedacht werden müssen. Dem Operationsbericht vom 22.7.1992 zufolge" dürfe jedenfalls angenommen werden, dass sich zunächst eine große Menge an Blut im Retroperitonealraum ansammelte ("man erkennt retroperitoneal viel Koagel") und erst einige Zeit später nach außen in Erscheinung trat. Aus dem beschriebenen Verlauf ergibt sich damit, so die Sachverständige Prof. kein sicherer Hinweis, dass die Nachblutung in der Nacht vom 21. auf den 22. Juli 1992 früher erkannt werden hätte müssen.

b) Auch das Zuwarten von drei Stunden nach dem Erkennen des Blutverlusts um 7.00 Uhr morgens bis zur Laparotomie um 10.00 Uhr stellt sich nicht als fehlerhaft dar.

Hierzu hatte die Sachverständige Prof. bereits in erster Instanz ausgeführt, es möge zwar ein früherer Entschluss zur Operation vom 22.7.1992 auch gerechtfertigt gewesen sein. Eine intensive Beobachtung der Patientin und Verabreichung von Bluttransfusionen sei jedoch ebenso als medizinisch richtig zu bezeichnen. Diese Sachverständige hat es auch ausdrücklich als verständlich angesehen, da die Klägerin bereits zwei Laparotomien hinter sich hatte, dass die Ärzte der Beklagtenseite dem Entschluss zu einer dritten Laparotomie bei Blutung vorsichtig gegenübergestanden und sich erst bei nicht mehr stillbarer Blutung zur Drittlaparotomie entschlossen hätten.

Diese Ausführungen werden durch die gutachtlichen Äußerungen der Sachverständigen Prof. bestätigt, die zunächst klargestellt hat, zu den schriftlich aufgezeichneten Blutmengen im Bett müsse angemerkt werden, dass genaue Mengenangaben zu Blutverlusten ins Bett sehr schwierig sein können. Relativ geringe Blutbeimengungen zu größeren Mengen seröser Flüssigkeit könnten in ihrer Menge leicht überschätzt werden.

Weiter hat die Sachverständige erläutert, nicht jede postoperative Nachblutung müsse bzw. könne chirurgisch behoben werden. Neben der punktuellen, chirurgisch gut sanierbaren Blutung gebe es nach operativen Eingriffen in schwer entzündetem, verletzlichem Gewebe, wie z. B. bei einer Peritonitis, diffuse Nachblutungen, die durch einen chirurgischen Eingriff nicht befriedigend beeinflusst werden könnten. Bei zusätzlichem Vorliegen einer schweren Sepsis könnten, so die Sachverständige Prof. diffuse Blutungen durch die pathophysiologischen Folgen einer Sepsis (z. B. Gerinnungsstörung) verstärkt werden. Ein unnötiger Re-Eingriff könne in solchen Situationen den Patienten durchaus zusätzlich gefährden.

Daher war, so die Sachverständige, auch im Fall der Klägerin eine Behandlung und Beobachtung über einen begrenzten Zeitraum bei gleichzeitiger Behandlung des Schocks und der Gerinnungsstörung gerechtfertigt und ein zeitlich begrenztes Zuwarten unter Abstellen der Heparin Zufuhr, Substitution von Gerinnungsfaktoren und Versuch der Kreislaufstabilisierung durch Bluttransfusionen und Plasmaproteinlösungen/Plasmaersatzmittel im vorliegenden Fall durchaus zu vertreten.

Nachdem im weiteren Verlauf bei sich verschlechternden Kreislaufverhältnissen der Klägerin erkennbar wurde, dass die Blutungssituation konservativ nicht in den Griff zu bekommen war, wurde, so die Sachverständige Prof. die Klägerin gezielt aus dem Kreislaufschock geholt und in einen transport- und operationsfähigen Zustand gebracht. Gleichzeitig wurden die Vorbereitungen für den Re-Eingriff getroffen.

Bereits diese Ausführungen der Sachverständigen schließen zur Überzeugung des Senats ein fehlerhaftes ärztliches Vorgehen im Krankenhaus der Beklagten aus. Soweit die Sachverständige Prof. darüber hinaus ausführte, bei der Wertung des zeitlichen Ablaufes müsse auch der Aspekt des Komplikationszeitpunktes Berücksichtigung finden: die Nachblutung sei zu einer Zeit entdeckt worden, zu der noch die Nachtdienstregelung in allen Abteilungen der Klinik in Kraft war; es sei deshalb möglich, dass verständlicherweise etwas mehr Zeit für die erforderlichen Vorbereitungen und das Heranholen der Mitarbeiter benötigt wurde, als dies untertags bei Vollbesetzung der Fall gewesen wäre, spielte dies in der Beurteilung keine Rolle mehr.

c) Der von der Klägerin erhobene Vorwurf, einen Kreislaufausgleich hätte man durch die Vergabe von hochwirksamen Volumenersatzmitteln bzw. Hämodilution erreichen können, ist sachverständig ebenfalls widerlegt worden. Volumenersatzmittel können, so die Sachverständige Prof. lediglich ein Volumendefizit, nicht aber ein Hämoglobindefizit ausgleichen, da sie nicht in der Lage sind, ohne Erythrozyten Sauerstoff zu den Geweben zu transportieren. Darüber hinaus existieren für ihre Zufuhr Maximalmengen, deren Überschreitung zu Nebenwirkungen führen kann. Die Gabe größerer Mengen an Plasmaersatzmitteln, so die Sachverständige Prof. hätte zwar den Volumenverlust durch die Blutung annähernd ausgleichen können, aber wahrscheinlich nicht ein drohendes Gewebesauerstoffdefizit und, eine zusätzliche Gerinnungsstörung verhindern können. Die Transfusionen von mehreren Einheiten Blut sei daher dringend erforderlich und wahrscheinlich lebensrettend gewesen.

Eine Hämodilution, so die Sachverständige Prof. weiter, sei definitionsgemäß im Rahmen einer bestehenden Notfallblutung und Hb-Werten um 5 g %, wie es bei der Klägerin am 22.7.1992 vorgelegen habe, kontraindiziert gewesen.

4.

Aus der Gabe von Bluttransfusionen, soweit sie bereits ab 13.7.1992 erfolgt sind, kann die Klägerin ebenfalls keine Ansprüche herleiten.

a) Hierbei war zunächst die Frage zu klären, ob die in der Gabe von Rhesus- positivem wie auch Rhesus-negativem Blut erfolgten Maßnahmen, da jedenfalls behauptetermaßen nicht indiziert und die Klägerin schädigend, behandlungsfehlerhaft erfolgt sind.

aa) Die Beweisaufnahme vor dem Senat hat durch die schriftlichen Gutachten der Sachverständigen wie auch durch deren mündliche Anhörung in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise ergeben, dass die Gabe von Blutkonserven bei der Klägerin zu jedem Zeitpunkt vital indiziert war.

Die Behauptung der Klägerin, die Beklagten hätten fälschlicherweise auf einen angeblich kritischen Hämoglobinwert von 10 g % abgestellt, der jedoch nachgewiesenermaßen keine Lebensgefahr indiziere, hat die Sachverständige im Ergebnis widerlegt.

Der Entscheidung zur Bluttransfusion müsse, so die Sachverständige Prof. eine Zusammenschau und Wertung multipler klinischer Parameter und Begleitumstände zugrundegelegt werden. Bei der Transfusions-Abwägung müßten neben dem Hb/Hk-Wert noch andere, von ihr im einzelnen genannte Faktoren Berücksichtigung finden. Viele dieser Faktoren seien bei Intensivpatienten per se beeinträchtigt. Daher sei eine großzügige Auslegung der Transfusionskriterien bei Intensivpatienten anerkannt und üblich. Die entsprechenden Literaturangaben zu postulierten Hb/Hk-Werten bei septischen Patienten würden sich zwischen 10 g %/30 % und 12 g %/35% bewegen. Dieser Einschätzung würde insbesondere die Überlegung zugrunde liegen, dass bei septischen Patienten der Sauerstoffbedarf erhöht, die Kompensationsfähigkeit dagegen eingeschränkt sei. Aus diesem Grunde, so die Sachverständige, sollten alle Anstrengungen unternommen werden, das Sauerstoffangebot zu optimieren.

Ob ein Hb-Wert unter 10 g % als kritisch zu werten sei, hänge, so die Sachverständige, von den Begleitumständen ab. Da sich vorliegend die Klägerin im Zustand einer floriden, protrahierten Sepsis befunden habe, könne ein Hb-Wert unter 10 g % in dieser Situation - wenn schon nicht als kritisch - dann zumindest als grenzwertig bezeichnet werden. Ein Hb-Wert, so die Sachverständige, müsse jedoch nicht nur angehoben werden, um akute Lebensgefahr abzuwenden, sondern auch, um weitere sich langsam entwickelnde Schäden von Patienten abzuwenden, wie z. B. die Entwicklung eines Multiorganversagens bei Sepsis als typische schwerwiegende Komplikation. "Wir gehen", so die Sachverständige Prof. "auch heute noch davon aus, dass bei einer durch Sepsis und Blutverlust gefährdeten Sauerstoffversorgung der lebenswichtigen Organe und Peripherie sich die Gabe von Blut zur Sicherheit des Patienten an einem Zielwert von mindestens 10 g % Hämoglobin orientieren sollte".

Die Sachverständige hat, ausgehend von den Behandlungsunterlagen und den bei der Klägerin fortlaufend gemessenen und dokumentierten Werten weiter ausgeführt, dass der wesentliche Grund für den Hb-Abfall zum Zeitpunkt 13.7.1992 neben wohl leichtem Blutverlust während der Operation vor allem der erhebliche spezifische Volumenbedarf bei akuter Sepsis gewesen sei. Bei einem Hb-Wert von 6,8 g % sei, so die Sachverständige, die ausreichende Sauerstoffversorgung des Gewebes bei der septischen Patientin gefährdet gewesen. Während die Situation am 21./22.7.1992 lebensgefährlich war, sei es am 13.7.1992 erst allmählich zu einer kritischen Situation mit instabilem Kreislauf bei septisch-toxischem Zustandsbild gekommen. Man habe, so die Sachverständige, jedoch davon ausgehen müssen, dass die Patientin bei dem bestehenden septisch-toxischen Krankheitsbild nicht selbst in der Lage sein würde, diesen niedrigen Hb-Wert durch Neuproduktion von Erythrozyten in Kürze anzuheben. Es sei im Gegenteil mit einer weiteren Verschlechterung der Situation zu rechnen gewesen. Ein weiteres Absinken des Hb-Wertes war zu befürchten. Auch der auffallend niedrige Wert des Gesamteiweißes habe in die Überlegungen mit einbezogen werden müssen. Nicht zu vergessen seien auch die bei Intensivpatienten täglichen Blutverluste durch Blutentnahmen für Laborwertbestimmungen, die in ihrer Summe den Hb-Wert zwar sehr leicht, aber stetig absinken lassen. In dieser Situation, so die Sachverständige Prof. mit rasch abgefallenen Hb-Werten bei bereits schlechter Kreislaufsituation und keiner reellen Chance der raschen spontanen Besserung sei die Gabe von Blut angezeigt gewesen. Der resultierende Hb-Wert von "10 g % am Abend des 13.7.1992 sei der Situation angepasst und der Patientin insgesamt dienlich gewesen. Auch am 15.7.1992 sei, so die "Sachverständige, in Anbetracht der Sepsis bei dem Hb-Wert von 9,4 g % eine Transfusion gerechtfertigt gewesen. Für den 20.7.1992 hat die Sachverständige ausgeführt, dass bei deutlich fallender Tendenz ein weiteres Absinken des Hb-Wertes auf unter 8 g % anzunehmen war. Dies habe die Transfusion gerechtfertigt.

Ihre schriftlichen Darlegungen hat die Sachverständige Prof. in ihrer mündlichen Anhörung bestätigt, indem sie zunächst ausführte, nach dem gängigen intensivmedizinischen Standard sei die Behandlung der Klägerin absolut korrekt erfolgt. Die Sachverständige hat zur Veranschaulichung auch noch folgendes in aller Deutlichkeit bemerkt: "In der Akutphase wäre die Patientin gestorben, wenn sie nicht die 14 Konserven Blut bekommen hätte. Die Akutphase war am 21. und 22.7.1992. Allem Wissen nach wäre sie in dieser Zeit ohne Blut gestorben. Am 13. war die Patientin septisch. Ich glaube, dass man am 13., wo die Patientin am Morgen einen Hämoglobinwert von 7,9 g % und am Abend von 6,8 g % hatte, befürchten musste, dass sie akut gefährdet ist. Nach der Vergabe von 3 Konserven war der Wert auf 10,1 g % gestiegen." Weiter äußerte die Sachverständige: "Diese Patientin wäre ohne Blut gestorben, soweit man das heute sagen kann. Nach ärztlichem Ermessen muss man bei dem Verlauf davon ausgehen, dass die Patientin ohne Bluttransfusion die Komplikationen nicht überlebt hätte."

Die vom Senat auch mit dem gebotenen Respekt nur als vermessen zu qualifizierende und die Gebote ärztlichen Handelns gründlich missverstehende Forderung der Klägerin, die Beklagten hätten vor jeder einzelnen ihr verabreichten Bluttransfusion, gewissermaßen vor jedem einzelnen Tropfen hat die Sachverständige für die Zeit außerhalb der Akutphase am 21. und 22.7.1992 und orientiert am 13.7.1992 einfühlsam wie folgt beantwortet: "Ob es wirklich lebensnotwendig war, ist nicht mit ja oder nein zu beantworten mit der Einschränkung auf diesen Tag. Man musste aber annehmen, dass sie höchst gefährdet ist. Sie war eine beatmete Patientin mit einer Sepsis. Die Situation war lebensgefährlich weil sie in einem Zustand war, wo weitere Transfusionen nötig werden konnten, was sich dann auch gezeigt hat. Einen solchen Hb-Wert kann man nur belassen, wenn die Situation stabil ist. Das war sie nicht. Wenn man die Patientin so gelassen hätte und es wäre schief gegangen, hätte man das unter medizinischen Gesichtspunkten als absolut falsch angesehen. ... Die Patientin wäre ohne Blut gestorben. Wie ein Arzt bei der Situation handeln würde, kann man nur beantworten, wenn man selbst in der Situation steckt und handeln muss. Die ärztliche Kunst ist ein Umgang mit unsicherem Wissen. ... Hätte man die Blutkonserven zwischen dem 13. und 20.7. nicht gegeben, wäre die Patientin wahrscheinlich in die Akutphase mit einem so niedrigem Hämoglobinwert gegangen, dass wahrscheinlich nichts mehr zu machen gewesen wäre."

Soweit man diskutieren könne, so die Sachverständig6, dass etwa ein bis zwei Konserven der 0-Rhesus-positiv-Serie nicht unbedingt erforderlich waren, müsse man berücksichtigen, dass in einer derartigen Notsituation die Abschätzung ob ein bis zwei Konserven noch benötigt werden oder nicht, fast unmöglich sei.

Dem pflichtet der Senat in vollem Umfang bei mit der Überzeugung, dass danach die Gabe von Blut bei der Klägerin zu jedem Zeitpunkt vital indiziert war.

bb) Auch die Gabe von 7 Konserven mit Rhesus-positivem Blut bei der Klägerin, die an sich Rhesus-negatives Blut besitzt, war nicht fehlerhaft. Hierzu hat die Sachverständige Prof. dargelegt, dass sich die Klägerin in einem schweren Blutungsschock befunden habe und nur durch die Gabe mehrerer Blutkonserven habe stabilisiert werden können. Da es sich um eine bedrohliche Situation gehandelt habe, habe bei bestehendem Versorgungsengpass auf Konserven der Blutgruppe 0-Rhesus-positiv zurückgegriffen werden müssen, die zum Zeitpunkt der Gabe keine Gefährdung der Patientin darstellten, sondern deren Sicherheit dienten, Engpässe bei 0-Rhesus-negativen Konserven würden, so die Sachverständige, immer wieder vorkommen, da sie praktisch jedem Notfallpatienten sofort gegeben werden können. Bei der Vergabe von Rhesus-positiven Konserven im Fall der Klägerin habe es sich nicht um ein ärztliches Fehlverhalten, sondern um eine situationsbedingte Notwendigkeit gehandelt, deren eventuelle Folgeprobleme unter Umständen in Kauf genommen werden hätten müssen. Die theoretisch mögliche Gefährdung eines Kindes bei einer eventuellen späteren Schwangerschaft der Klägerin war, so die Sachverständige, überdies ausgeschlossen, da bei der Klägerin bereits eine Tubensterilisation vorgenommen worden war.

cc) Dass der Blutarmut der Klägerin nicht durch Volumenersatzmittel bzw. Hämodilution begegnet werden konnte, wurde bereits dargelegt. Die Sachverständige Prof. hat ihre oben unter Punkt 3 c erörterte Darstellung ausdrücklich auch auf die Zeit ab 13.7.1992 bezogen.

dd) Stellte die Gabe von Blut bei der Klägerin danach bereits keinen Behandlungsfehler dar, wurde die Klägerin darüber hinaus - von der gesondert zu behandelnden religiös weltanschaulichen Problematik abgesehen - jedenfalls unter rein medizinischen Gesichtspunkten auch nicht geschädigt.

aaa) Soweit die Klägerin in der Berufung immer noch vortragen lässt, die bei ihr aufgetretene Sepsis sei eine Folge der ihr verabreichten Bluttransfusionen gewesen, da diese ihr Immunsystem belastet hätten und sich hierdurch der Heilungsverlauf verzögert habe, ist dies durch die Beweisaufnahme widerlegt.

Aller Wahrscheinlichkeit nach, so bereits die Sachverständige Prof. und nach ihrem besten medizinischen Verständnis sei die Sepsis nicht durch die verabreichten Bluttransfusionen entstanden. Ohne die der Klägerin zugeführte Bluttransfusionen wäre der Heilungsverlauf länger gewesen und die Sepsis wahrscheinlich ebenso verlaufen. Die Transfusionen, so die Sachverständige Prof. hätten nichts mit dem septischen Geschehen zu tun. Sie haben, so diese Sachverständige, das septische Geschehen weder hervorgerufen noch verschlimmert, vielmehr die Lage der Patientin stabilisiert.

Die Sachverständige Prof. äußert sich in gleicher Weise, indem sie ausführt, es handle sich im Fall der Klägerin um eine schwere protahierte Sepsis bei kotiger Peritonitis infolge einer Dickdarmperforation mit entsprechendem bakteriellen Befund, die bereits voll ausgeprägt gewesen sei, als die Klägerin die erste Bluttransfusion bekam. Hinsichtlich der Frage, so die Sachverständige Prof. ob die bestehende Peritonitis mit Sepsis durch die dringlich erforderlichen Blutkonserven in ihrer Heilungsdauer negativ beeinflusst wurde, sei zunächst darauf hinzuweisen, dass alle von ihr erwähnten prospektiven Studien (vgl. Gutachten vom 23.3.2000, Seite 14 mit Anlagen) erst nach dem Jahre 1992 veröffentlicht wurden. Zum Zeitpunkt des Geschehens, so die Sachverständige, sei die Vermutung einer Assoziation von Bluttransfusionen mit einer Zunahme der postoperativen Infektionsraten rein hypothetischer Natur gewesen und habe im vorliegenden Fall auch nicht ernsthaft ins Kalkül gezogen worden müssen. Die Behauptung, so die Sachverständige Prof. der Heilungsverlauf habe sich durch die erfolgten Bluttransfusionen verzögert, sei auch nach heutigem Kenntnisstand sehr unwahrscheinlich. Es sei viel eher anzunehmen, dass die rechtzeitige Zufuhr von Blut Komplikationen im weiteren Krankheitsverlauf bei dem schweren septischen Krankheitsbild verhindert hat.

Auch im übrigen ist der Klägerin durch die Gabe von Blut kein Schaden entstanden. Zu einem akuten Zwischenfall schon während der Transfusion des Rhesus-positiven Blutes an die Rhesus-negative Klägerin ist es weder gekommen noch war dies wegen des routinemäßigen Tests auf akut gefährdende Antikörper auch zu erwarten.

Soweit die Gabe von Rhesus-positivem Blut an Rhesus-negative Frauen im gebärfähigen Alter nach Angabe der Sachverständigen problematisch sein kann, wenn es in der Folge zu einer Schwangerschaft mit einem Rhesus-positiven Kind kommt, ist dies ein Umstand, der bei der Klägerin ebenfalls, wie ausgeführt, infolge ihrer Sterilisation, keine Auswirkungen hatte und hat.

Die Probleme nach Gabe von Rhesus-positiven Konserven an Rhesus-negative Empfänger würden sich, so die Sachverständige Prof. erst im Verlauf weiterer Wochen und Monate entwickeln. Es könne in dieser Zeit zur Bildung von Antikörpern gegen die Rhesuseigenschaft kommen, die dann bei einer erneuten Transfusion mit Rhesus-positivem Blut schwere Transfusionszwischenfälle (Hämolyse) auslösen könnten. Antikörper wurden bei der Klägerin jedoch nicht gemessen. Dies hat die Klägerin, sich auf theoretische Überlegungen zurückziehend, im übrigen auch heute nahezu 10 Jahre nach den streitgegenständlichen Vorfällen nicht vorgetragen.

bbb) Soweit die Klägerin schließlich durch die Gabe von Blut sich bereits deshalb als geschädigt ansieht, weil sie dadurch allgemein dem Risiko ausgesetzt sei, bei Verwendung minderwertiger oder verseuchter Blutkonserven an AIDS oder anderen schweren Leiden zu erkranken, bewegt sie sich damit im Bereich völliger Spekulation. Zu konkreten, verifizierbaren Auswirkungen hat die Klägerin insoweit nicht das geringste vorgetragen. Es dürfte sich nach Auffassung des Senats ohnedies nur um ein vorgeschobenes Argument handeln.

ee) Die gutachterlichen Äußerungen der Sachverständigen Prof. hält der Senat in jeder Hinsicht für überzeugend. Hinsichtlich deren wissenschaftlichen Fundiertertheit gilt, was im Zusammenhang mit der Sachverständigen Prof. ausgeführt wurde. Auch der von der Klägerin bemühte "private Sachverständige Prof. hat im übrigen in seinem Kurzgutachten bemerkt, das Gutachten J könne aus sachlicher fachlicher Sicht alles in allem nicht beanstandet werden.

b) War danach die Blutbehandlung der Klägerin unter medizinischen Gesichtspunkten nicht fehlerhaft und überdies für die Klägerin ohne jegliche nachgewiesenen Beeinträchtigungen, begründet die Gabe von Blutkonserven auch unter dem Gesichtspunkt eines Eingriffs in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin als Zeugin J keinerlei Ersatzansprüche, weder auf vertraglicher noch auf deliktischer Grundlage. (Zu der Zeugen-Jehovas-Problematik vgl. auch eingehend Bender, Zeugen Jehovas und Bluttransfusionen, in: MedR 99, 260 ff).

aa) Auszugehen ist von dem Grundsatz, dass eine Bluttransfusion gegen die ausdrückliche Weigerung des einwilligungsfähigen Patienten aus rechtlicher Sicht unzulässig ist. Diese Unzulässigkeit gründet sich zum einen auf Art. 2 GG, der das Selbstbestimmungsrecht des Patienten gewährleistet. Dieses Selbstbestimmungsrecht beinhaltet für den einzelnen, auch eine metaphysisch und durch irrationale Komponenten gestützte Entscheidung treffen zu können(so auch Schlund, Bluttransfusion bzw. Blutprodukte und Zeugen Jehovas aus der Sicht des Richters; in: Geburtshilfe und Frauenheilkunde, 1994, M 126 ff). Da der Zeuge Jehovas seine Entscheidung gegen eine Bluttransfusion auch aus religiösen Gründen trifft, kommt zur freien Persönlichkeitsentfaltung des Art. 2 GG noch das Grundrecht des Art. 4 GG, das die Religionsfreiheit schützt. Hierzu hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG 32, 98 (106)) ausdrücklich festgestellt, dass jeder einzelne das Recht habe "sein gesamtes Verhalten an den Lehren seines Glaubens auszurichten und seiner inneren Überzeugung gemäß zu handeln". Dies bedeutet, dass dann, wenn der Zeuge Jehovas wirksam seine Einwilligung in eine Bluttransfusion verweigert, der Arzt sich grundsätzlich daran zu halten hat. Dies gilt auch dann, wenn die Verweigerung einer Bluttransfusion medizinisch völlig unvernünftig ist und der Patient und Zeuge Jehovas sich damit in Lebensgefahr oder die Gefahr des sicheren Todes begibt. Wer als Arzt abredewidrig oder unter Täuschung seines Patienten im beratenden Gespräch intraoperativ zur Blutkonserve greift und Fremdblut infundiert, verletzt damit in der Regel zum einen seine Vertragspflichten; darüber hinaus kann er damit zugleich eine unerlaubte Handlung im Sinne von § 823 BGB begehen, die eine Schadensersatzforderung in Form von Schmerzensgeld nach sich ziehen kann (so auch Schlund, aaO, M128).

bb) Die Klägerin steht auf dem Standpunkt, ihre entsprechend klare Anweisung habe zu jedem Zeitpunkt, rechtsgültig fortbestanden und nehme die Beklagten ohne wenn und aber in die Pflicht, mit der Folge, dass jedwede Bluttransfusion danach rechtswidrig sei.

Dem kann indessen nicht beigepflichtet werden.

Die oben dargestellten Grundsätze bedürfen in diesem Zusammenhang einer Korrektur und Ergänzung, wobei die Prüfung zeitlich gestaffelt auch unter dem Gesichtspunkt der vorverlagerten Verantwortlichkeit zu erfolgen hat.

Ein Arzt, der seinem Eid und Berufsethos verpflichtet, in dem Bemühen Kranke zu heilen die Behandlung eines Menschen in Kenntnis einer Patientenverfügung übernimmt, wie sie von der Klägerin getroffen wurde, wird damit noch nicht zu einem willenlosen Spielball dieser Verfügung, bar jeden ärztlichen Gewissens.

Mutet ein Zeuge Jehovas einem nicht dieser Glaubensrichtung angehörenden Arzt zu, gegebenenfalls seine Behandlung zu übernehmen, und konfrontiert er ihn hierbei mit seiner eine Bluttransfusion verweigernden Patientenverfügung, kann er nicht davon ausgehen, auch wenn seine Erklärung eindeutig sein sollte, dass der Arzt sich in jedem denkbaren Fall unter Ausschaltung seines ärztlichen Gewissens gleichsam maschinenhaft daran halten und ihn im Falle des Falles auch sterben lassen würde. Demjenigen Zeugen Jehovas, dem ohne jegliche Einschränkung ernsthaft daran gelegen ist, notfalls für seinen Glauben auch zu sterben, und der dies auch demonstrieren will, kann zugemutet werden, sich unter Inanspruchnahme und Mitverantwortung der für seine Glaubensgemeinschaft bestehenden sogenannten Krankenhausverbindungskomitees (vgl. hierzu Bender, aaO, s.261) in die Obhut von Ärzten zu begeben, die sich ohne jeglichen Vorbehalt dem Glaubensimperativ der Zeugen Jehovas beugen und solche Patienten gegebenenfalls auch sterben lassen. Auf die Beklagten traf dies unstreitig nicht zu.

Einem solchermaßen jedoch nicht im Sinne der Zeugen Jehovas nachweisbar vertrauenswürdigen, christlichen Grundsätzen verpflichteten Arzt kann indessen, was sich auch einem Zeugen Jehovas unter dem Gebot der Toleranz erschließen sollte, nicht die Pflicht auferlegt sein, sich bereits im Zeitpunkt der Aufnahme einer sich als unproblematisch darstellenden Behandlung mit dem Gedanken an einen bei Verwirklichung der schlimmsten drohenden, aber keineswegs erwarteten Risiken bei dann untersagter Bluttransfusion ohne Not eintretenden letalen Ausgang der Behandlung oder Operation abzufinden und später gegebenenfalls danach zu handeln. Dies musste auch der Klägerin bekannt sein.

Was ein Zeuge Jehovas dem mit Aufnahme seiner Behandlung bereits einigen Mut beweisenden Arzt in jedem Fall abverlangen kann, ist eine gewissenhafte Prüfung dahin, ob bei der beabsichtigten Behandlung die Gabe von Blutkonserven erforderlich werden könnte.

Steht danach von vornherein fest, dass der Eingriff zwingend mit der absoluten Notwendigkeit einer Bluttransfusion verbunden ist, darf er von Seiten des Arztes auch nicht durchgeführt werden, will dieser sich nicht rechtswidrig verhalten.

aaa) Dieser Fall lag bei der Aufnahme der Behandlung der Klägerin am 6.7.1992 unzweifelhaft nicht vor. Dass im Rahmen der Pelviskopie eine Bluttransfusion erforderlich werden könnte, war so gut wie ausgeschlossen und ist in der Tat auch nicht erfolgt.

Kann bereits fraglich sein - und wird vom Senat abgelehnt -, ob die Ärzte im Klinikum des Beklagten zu 1) bei Behandlungsaufnahme im Hinblick darauf, dass eine Zeugin Jehovas sich ihnen anvertraute, sich auch darüber Gedanken machen mussten, ob im Fall des seltenen Eintritts des Perforationsrisikos eine Bluttransfusion erforderlich werden könnte und wie hoch diese Möglichkeit gegebenenfalls einzuschätzen sei, brauchten solche Überlegungen die Beklagten jedenfalls auch nicht von der Behandlung der Klägerin abzuhalten. Wie dem Senat, seit langen Jahren mit Arzthaftungssachen befasst, bekannt ist, ist keineswegs mit jeder Perforation auch das Erfordernis einer Bluttransfusion verbunden, Dass sich dies im Fall der Klägerin dahin entwickelt hat, lag jedenfalls zur Überzeugung des Senats bei Behandlungsaufnahme derart fern und ist durch die konkreten, nicht vorhersehbaren Komplikationen bedingt, dass die Beklagten dies bei Behandlungsaufnahme nicht ins Kalkül ziehen mussten und angesichts der Erklärung der Klägerin die Behandlungsaufnahme ablehnen hätten müssen. Am 6.7.1992 konnten die Ärzte im Klinikum der Beklagten guten Gewissens davon ausgehen, dass bei der Klägerin keine Bluttransfusionen erforderlich sein würde. Aus der Aufnahme der Behandlung der Klägerin kann ihnen damit kein Vorwurf erwachsen.

bbb) Zu einer Beurteilung im Sinne der Klägerin vermag auch nicht die am 12.7.1992 gegebene Situation zu führen.

An diesem Tag stellte es sich so dar, dass angesichts der bei der Klägerin gemessenen Werte und aufgetretenen Symptome die Laparotomie ein vital indizierter Eingriff sein würde, wie es sich anschließend auch bestätigte. Von der Klägerin, die sich möglicherweise keine Gedanken darüber machte, in welche Gewissenskonflikte sie die behandelnden Ärzte in dieser Situation bringen würde, vorgelegt war eine Erklärung, die in jedem Fall - auch bei Eintritt von Lebensgefahr und Bewusstlosigkeit der Klägerin - eine Bluttransfusion untersagte.

In diesem Augenblick waren die behandelnden Ärzte erneut mit der Frage konfrontiert, ob sie die Klägerin unter diesen Bedingungen operieren sollten. Dass sie sich bei Kenntnis aller Umstände dafür entschieden haben, kann einen Vorwurf gegen sie nicht begründen.

Die Alternative zum Operieren im Klinikum der Beklagten war, eine im dortigen Krankenhaus bereits am 7.7.1992 pelviskopierte, seitdem bei sich verschlechterndem Beschwerdebild dort ununterbrochen in intensiver ärztlicher Obhut stehende Patientin in kritischem Zustand auf die Schnelle in ein anderes Krankenhaus zu verlegen bzw. für sie einen operierenden Glaubensgenossen zu finden, der in eine laufende Behandlung eintreten hätte müssen.

Der Senat hält es für in keiner Hinsicht rechtens, den Beklagten in der konkreten Situation ein Handeln gemäß dieser Alternative vorzugeben. Dies insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass bei dem vital indizierten Eingriff immerhin eine gewisse Chance bestand, dass eine Bluttransfusion vermieden werden konnte. Zum Zeitpunkt des 12.7.1992 war die Entscheidung zwischen Bluttransfusion und Tod der Klägerin noch rein hypothetischer Natur. Ärztlicherseits wurde davon ausgegangen und konnte davon ausgegangen werden, bei der Operation ohne die Vergabe von Bluttransfusionen auszukommen. Dem Arzt muss es in dieser Situation erlaubt sein, einen Patienten zu operieren, auch wenn er sich nicht mit dem Gedanken abfinden mag, sich gegebenenfalls der Gabe von Bluttransfusionen zu enthalten und den Patienten im Fall des Falles, scheinbar wie vereinbart sterben zu lassen.

ccc) Eine neue Sachlage war schließlich am 13.7.1992 gegeben.

An diesem Tag wurde von den Ärzten der Beklagtenseite, wobei die Haupt- oder alleinige Verantwortlichkeit hierfür beim Beklagten zu 4) liegen dürfte, begonnen, der Klägerin Blut zu transfundieren.

Entgegen der Auffassung der Klägerin waren die Ärzte trotz der gegenteiligen Patientenverfügung der Klägerin hierzu jedoch berechtigt, da die Patientenverfügung der Klägerin wirksam außer Kraft gesetzt und ebenso wirksam durch eine Einwilligung des hierzu berechtigten Betreuers in die Bluttransfusion ersetzt wurde.

Selbst wenn dem Krankenhaus und den beklagten Ärzten eine Patientenverfügung der Klägerin und eine von dieser für einen nach Sachlage ebenfalls ihrem Glauben angehörenden Dritten ausgestellte Vollmacht vorlag, aus der sich ergab, dass auch im Fall der Bewusstlosigkeit der Klägerin ihre Willenserklärung, auf keinen Fall Bluttransfusionen zu erhalten, unverändert gültig sein sollte, ergab sich in der konkreten Situation am 13.7.1992 für die Beklagtenseite hieraus keine Bindung.

Die von der Klägerin zu den Krankenakten gereichten Schriftstücke bestanden hinsichtlich jeglicher darin enthaltener, auch weitreichender Erklärungen ausschließlich aus vorgedrucktem, beliebig vervielfältigbarem Text, der auch höchstpersönliche Glaubens- und Gewissensentscheidungen in apodiktisch vorgefertigter, keinerlei persönlichen Spielraum zulassenden Weise enthielt. Der einzige Bezug zur Klägerin war die Eintragung von deren Namen und Anschrift, Datum und Unterschrift, mit der sie sich, über Leben und Tod befindend, den Inhalt des Vorgedruckten zu eigen machte. Ob und gegebenenfalls in welchen Fällen einem Arzt, dem unter Beigabe dieser Patientenverfügung die erstmalige Behandlung einer bewusstlosen Patientin angesonnen wird, abverlangt werden kann, dass er sich, sofern er sieh auf die Behandlung einlässt, daran auch hält, brauchte hier nicht geklärt zu werden.

Der vorliegende Fall ist dadurch gekennzeichnet, dass die Bewusstlosigkeit der Patientin erst im Verlauf einer bis dahin keinerlei Bluttransfusionen erfordernden und erwarten lassenden, rechtmäßig aufgenommenen und durchgeführten Behandlung eingetreten ist und sich sodann die Frage einer Bluttransfusion zur Lebensrettung stellt. Für diesen Fall vermag der Senat aus einer Erklärung der vorliegenden Art keine Bindungswirkung für den Arzt abzuleiten.

Diese völlig unwahrscheinliche Eventualität brauchten die Beklagten, wie ausgeführt, bei Behandlungsaufnahme bis zum 13.7.1992 nicht in ihre Überlegungen mit einzubeziehen. Die auch unter Kenntnis der von der Klägerin vorgelegten Dokumente abgegebene Erklärung, die Behandlung der Klägerin aufnehmen und weiter durchführen zu wollen, kann hier nicht so weitgehend interpretiert werden, der Klägerin im Falle des Falles lebenserhaltende Maßnahmen zu versagen.

Auch der Hinweis auf die in der Patientenverfügung der Klägerin enthaltene Freizeichnungsklausel für die Beklagten, wonach im Fall der unterlassenen Bluttransfusion und des Todes der Klägerin die Beklagten, von Selbstvorwürfen abgesehen, zumindest keinen Vorwürfen Dritter ausgesetzt zu sein schienen und auch anderen etwaigen Ermittlungen staatlicher Behörden möglicherweise gelassen entgegensehen hätten können, lässt die Angelegenheit in keinem anderen, den Beklagten ungünstigeren Licht erscheinen. Wie fragwürdig eine solche Freizeichnungsklausel sein kann, zeigt gerade der vorliegende Fall. Das Problem lässt sich nicht dergestalt simplifizieren. Die oftmals vielschichtige Komplexität ärztlicher Heilbehandlung, die, wie hier, mit mehreren operativen Eingriffen über einen Zeitraum von mehreren Wochen verbunden ist, bringt es mit sich, dass die Frage einer Bluttransfusion nur eine Frage von vielen zu klärende Fragen ist, die jedoch keineswegs zusammenhanglos nebeneinander stehen. Entscheidet sich der Arzt, dem Willen des Zeugen Jehovas entsprechend, gegen eine Bluttransfusion und stirbt der Patient danach, ist der Arzt damit noch keineswegs freigezeichnet. So kann er sich, wie hier, zahlreichen weitergehenden Vorwürfen ausgesetzt sehen, zum Beispiel dahingehend, den Patienten nicht ordnungsgemäß aufgeklärt und/oder behandlungsfehlerhaft in eine Lage gebracht zu haben, in der sich die Frage der Bluttransfusionen stellte, die ohne die weiter behaupteten Fehler gar nicht aufgetaucht wäre. Eine Hilfestellung, wie der Arzt sich in einer solchen denkbaren Zwangslage verhalten soll und wie er die Gedanken, die sich ihm in solchen Augenblicken ganz nahelegend stellen, in eine auch für ihn befriedigende Richtung lenken kann, erwächst jedenfalls nicht aus einer Freizeichnungsklausel, die, wie hier, ausdrücklich folgende Formulierung enthält: "Ich befreie hiermit die Ärzte, Anästhesisten, Krankenhäuser und deren Personal von jeglicher Verantwortung für Schäden, die bei kunstgerechter Versorgung auf meine Ablehnung von Bluttransfusionen zurückgeführt werden könnten". Eine unterlassene Bluttransfusion kann den Arzt damit sehr schnell dem Vorwurf einer fahrlässigen Tötung aussetzen.

In der am 13.7.1992 eingetretenen Situation war angesichts der geschilderten Umstände eine erneute Entscheidung und Antwort auf die zunächst noch im Raum stehende vormalige Willenserklärung der Klägerin zu treffen. Die Klägerin selbst konnte, da sie bewusstlos war, nicht mehr befragt werden.

In Betracht kam am 13.7.1992, den von der Klägerin in der Vollmacht benannten Herrn zu befragen. In Betracht kam aber auch, wie geschehen, sich an das Vormundschaftsgericht zu wenden.

Die Entscheidung des Krankenhauses und des Beklagten zu 4), an das Vormundschaftsgericht heranzutreten, ist nicht zu beanstanden.

Zum einen ist keineswegs gesichert, dass der Bevollmächtigte tatsächlich sofort erreichbar war, als die Entscheidung lebensnotwendig anstand. Die vorgelegte Vollmacht für Herrn vom 27.6.1992 enthält den von ihm selbst original handschriftlich eingetragenen Zusatz "Bitte unbedingt den oben genannten Willen der Patientin respektieren und beachten!", wobei dieser Eintrag auf den 1.8.1992, 8.15 Uhr datiert.

Darüber hinaus sollte durch den Bevollmächtigten ausweislich des Vollmachtvordruckes lediglich die in der konkreten Situation gerade fragwürdig gewordene Erklärung der Klägerin, die es ja zu hinterfragen galt, ohne weitere Prüfung zementiert und wiederholt werden. Deshalb konnte eine Befragung dieser Vollmachtsperson keine befreiende Klarheit verschaffen. In dieser Situation war es deshalb, wenn nicht geboten, so jedenfalls in jeder Hinsicht vertretbar, eine Entscheidung des Vormundschaftsgerichts herbeizuführen.

Dies hat die Beklagtenseite in nicht zu beanstandender Weise getan. Dem Schreiben an das Vormundschaftsgericht vom 13.7.1992 kann der Senat nicht entnehmen, dass die Einwilligung erschlichen worden wäre. Der zugrundeliegende Sachverhalt wird in dem Schreiben wahrheitsgemäß dargestellt; es wird auch nichts Wesentliches weggelassen, vielmehr kommt hinreichend zum Ausdruck, dass die Klägerin als Zeugin Jehovas schriftlich eine Blutentnahme abgelehnt hat. Diese Aussage ist eindeutig.

Ebenso wird in dem Schreiben bemerkt, dass eine neue Lagebesprechung mit der Patientin gewünscht wird, diese jedoch, wie es auch den Tatsachen entsprach, nicht möglich sei.

Der Senat sieht nichts Anstößiges daran, dass in dem Schreiben nicht erwähnt wird, dass sich die Klägerin auch für den Fall ihrer Bewusstlosigkeit eine Bluttransfusion verbeten hatte. Durch diese Erklärung war ja gerade der berechtigt erscheinende Aufklärungs- und Hilfebedarf für das Krankenhaus nicht entfallen. Es stand auch nicht zu befürchten, dass das Vormundschaftsgericht, wenn ihm auch dieser Umstand, so möglicherweise nicht bekannt, mitgeteilt worden wäre, eine Betreuerbestellung abgelehnt hätte.

Die Bestellung des Ehemanns der Klägerin als zuvörderst hierzu berufenem und zu verantwortungsvollem Handeln im Sinne der Klägerin bereiten Betreuer ist danach rechtens gewesen. Der Ehemann als Betreuer hat wirksam in die Gabe von Bluttransfusionen eingewilligt, so dass diese in jeder Hinsicht rechtmäßig erscheinen.

cc) Sofern man danach dem Verhalten der die Bluttransfusion verantwortenden Ärzte der Beklagtenseite nicht bereits den Charakter der Rechtswidrigkeit absprechen will, würde der erhobene Anspruch der Klägerin wegen Verletzung ihres Persönlichkeitsrechts zumindest auch am fehlenden Schuldvorwurf scheitern.

Ein Anspruch nach § 823 Abs. 1 BGB setzt ein Verschulden desjenigen voraus, der in ein fremdes Recht eingreift. Verschulden bedeutet hierbei vorsätzliches oder zumindest fahrlässiges Verhalten.

aaa) Vorsätzliches Verhalten im Zivilrecht erfordert grundsätzlich das Bewusstsein der Rechtswidrigkeit. Dieses kann den Beklagten und insbesondere dem Beklagten zu 4) durch eine Gabe von Bluttransfusionen, der eine Entscheidung des Vormundschaftsgerichts, eine Betreuerbestellung und eine Zustimmung des Betreuers zugrundeliegt, in keinem Fall unterstellt werden.

bbb) Aber auch fahrlässiges Verhalten scheidet aus.

Den hier Verantwortlichen kommt zumindest ein Schuldausschließungsgrund zugute.

Zwar kennt das BGB insoweit keine Vorschriften. Entgegen der Auffassung der Beklagten haben die Entschuldigungsgründe des Strafrechts, vor allem § 35 StGB, für das bürgerliche Recht auch keine unmittelbare Bedeutung, insbesondere schließen sie das nach objektiven Maßstäben zu beurteilende zivil rechtliche Verschulden nicht ohne weiteres aus. Im BGB kann aber ausnahmsweise der Gesichtspunkt der Unzumutbarkeit den Schuldvorwurf entkräften (Palandt/Heinrichs, BGB, 61. Aufl., RdNr. 7 zu § 276 BGB m.w.N.). Auch die Gewissensnot kann in Ausnahmefällen ein Entschuldigungsgrund sein.

Diese Grundsätze auf den vorliegenden Fall angewandt führen dazu, dass den Beklagten auch kein Vorwurf fahrlässigen Rechtsverstoßes zu machen ist. Die Gewissensfreiheit gehört zu den grundliegenden Rechtswerten, die auch auf das Privatrecht einwirken. Wenn auch ein allgemeiner Vorrang von Gewissensentscheidungen insbesondere gegenüber Vertragspflichten nicht anzuerkennen ist und derjenige, der den Konflikt z. B. bei Vertragsschluss (hier der Aufnahme der Klägerin in die Klinik der Beklagten) vorausgesehen hat, daraus grundsätzlich keine Rechte herleiten kann, ist die von den Beklagten vorliegend gelebte Gewissensentscheidung jedenfalls schuldausschließend.

Auf sämtliche Ausführungen des Senats zur Frage der Rechtswidrigkeit der konkreten Bluttransfusionen sei zunächst zur Vermeidung von Wiederholungen hingewiesen und wiederholt, dass weder zum Zeitpunkt der Behandlungsaufnahme noch zum Zeitpunkt der ersten Laparotomie vorhersehbar war, dass zu einem späteren Zeitpunkt eine Entscheidung zwischen Leben und Tod zu treffen wäre. Den Beklagten ist auch zuzugestehen, alles unternommen zu haben, um eine Bluttransfusion möglichst zu vermeiden.

Sich angesichts der oben erörterten Umstände unter möglicher Verletzung einer keineswegs als unumstößlich betrachteten Erklärung der Patientin dem eigenen ärztlichen Gewissen folgend bei vorliegender Zustimmung des Ehemannes für die Bluttransfusion und damit für das Leben der Patientin entschieden zu haben, entschuldigt zumindest das Verhalten der Beklagten. Aus rechtlicher Sicht kann ihnen weder aus der Verweigerung einer Transfusion noch aus der Durchführung einer solchen ein irgendwie gearteter Vorwurf gemacht werden. Bei der Vornahme einer Transfusion gegen den präoperativ eindeutig erklärten Willen des Patienten steht in der intraoperativen oder postoperativen Notsituation Leben oder Tod Gewissensentscheidung gegen Gewissensentscheidung. Hier ist dem Arzt die nämliche Gewissensentscheidung zuzubilligen, wie sie dem Patienten gewährt wird.

III.

Mangels fehlerhaften Vorgehens der Beklagten brauchte weder der Frage eines möglichen Mitverschuldens der Klägerin noch Fragen im Zusammenhang mit den behaupteten Schäden der Klägerin weiter nachgegangen zu werden.

Im Hinblick auf die von der Klägerin als Verletzung ihres Selbstbestimmungsrechts gerügte Blutzufuhr und die daraus erfolgte Ableitung von Schmerzensgeldansprüchen sei jedoch vorsorglich weiter folgendes ausgeführt:

1.

Selbst wenn man eine rechtswidrig schuldhafte Verletzung des Persönlichkeitsrechts der Klägerin annehmen wollte, wäre entsprechend § 254 BGB ganz entscheidend zu berücksichtigen, dass die Klägerin es war, die die Beklagten überhaupt erst in eine derart missliche Lage brachte, in der von Anfang an das Damoklesschwert des Schmerzensgeldsanspruches über ihnen hing, ohne dass ihnen jedoch im konkreten Fall ein Vorwurf daraus gemacht werden kann, dieses nicht erkannt zu haben und ihm nicht ausgewichen zu sein.

Die Klägerin hätte von vorneherein darauf bedacht sein müssen, sich ausschließlich in die Hände von ihr gegebenenfalls durch Institutionen ihrer Glaubensgemeinschaft empfohlenen, zur bedingungslosen Befolgung ihrer Patientenverfügung bereiten Ärzten zu begeben und nicht andere, sich ausschließlich ihrem Eid verpflichtet fühlende Ärzte dem Risiko erheblicher Gewissensqualen auszusetzen. Dies war ihr ohne weiteres zumutbar, da die bei ihr vorzunehmende Pelviskopie kein sofort notwendiger Eingriff war.

Dass andernfalls in einer Situation, wie sie letztlich eingetreten war, der Arzt seinem Gewissen folgen könnte und es vorziehen würde, nicht sehenden Auges einen mit Bluttransfusionen ohne weiteres am Leben zu erhaltenden Patienten wie die Klägerin sterben zu lassen, konnte sich der Klägerin von Anfang an erschließen. Dadurch, dass sie sich gleichwohl den Ärzten der Beklagtenseite anvertraute, ging sie bewusst ein Risiko ein, wie es jedem verständigen, toleranten und nicht glaubensfanatischen Menschen bewusst sein musste.

Sofern man überhaupt auf eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts der Klägerin erkennen wollte, würde der den Beklagten zu machende, allenfalls geringst denkbare Vorwurf gegenüber dem Verhalten der Klägerin hier völlig zurücktreten.

2.

Selbst wenn man schließlich von einer grundsätzlich einen Schmerzensgeldanspruch auslösenden, vorwerfbaren Beeinträchtigung des Selbstbesttmmungsrechts bzw. allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Klägerin durch einen Teil der Beklagten ausginge, würde der Klägerin auch aus einem weiteren Grund gleichwohl kein Schmerzensgeld zustehen.

a) Die Klägerin konnte dem Senat nicht vermitteln, ob überhaupt und gegebenenfalls welche Beeinträchtigungen, Beschwerden und Schäden durch die Bluttransfusionen bei ihr hervorgerufen sein sollen sowie in welchem Ausmaß und für wie lange sich diese gegebenenfalls manifestiert haben. Wird einem Zeugen Jehovas gegen seinen ausdrücklich erklärten Willen Blut transfundiert, kann dies, wie bereits ausgeführt, grundsätzlich Schmerzensgeldansprüche nach sich ziehen, muss dies aber nicht in jedem Fall. Das aus einer Bluttransfusion möglicherweise resultierende Schmerzensgeld ist keine feste, verallgemeinerbare Größe. Es setzt in jedem Fall den Nachweis eines konkreten Schadens voraus.

Dieser ist nicht bereits dadurch erwiesen, dass man ausführt, das Selbstbestimmungsrecht wäre durch die Blutzufuhr verletzt worden. Dies allein besagt noch nichts zum wirklich eingetretenen Schaden.

Es ist in diesem Zusammenhang auch wenig hilfreich, wenn man, wie es die Klägerin durch ihre Prozessbevollmächtigten unternehmen lässt, die Gabe von Blut gegen den Willen des Zeugen Jehovas mit der Vergewaltigung einer Frau vergleicht, die, auch wenn sie dadurch keine körperlichen Schäden davonträgt und auch nicht schwanger wird, gleichwohl infolge seelischer Verletzung schmerzensgeldberechtigt sei.

Der Senat vermag wenig Verständnis für diesen ihm verfehlt erscheinenden Vergleich aufzubringen. Selbst wenn man aber diesen Vergleich bemühen wollte, wäre damit dem Senat immer noch völlig unzureichend das konkrete Ausmaß des Verletztseins der Klägerin vermittelt und ihm nichts Entscheidendes an die Hand gegeben, wie er das Schmerzensgeld bemessen sollte.

Trotz ausdrücklicher Fragen des Senats konnte die Klageseite nicht darlegen, worin die konkreten Schäden der Klägerin bestehen sollten. So hat die Klägerin beispielsweise nicht im geringsten dargelegt, worin gegebenenfalls ihr emotionales Trauma konkret bestehen soll, ob und wie sich die Bluttransfusionen im Zusammenleben mit ihren Glaubensbrüdern und Glaubensschwestern oder im Familien- und sonstigem sozialen Leben ausgewirkt haben.

Für eine Schätzung des Schmerzensgeldes würde es dem Senat damit bereits an ausreichenden tatsächlichen Grundlagen fehlen.

b) Selbst wenn der Senat sich hierzu in der Lage sähe, müßte er sich darüber hinaus die Frage stellen, ob nicht eventuelle bei der Klägerin" tatsächlich eingetretene Schäden durch Vorteile kompensiert werden, wie sie das Verhalten der Beklagten mit sich gebracht haben.

Abgesehen davon, dass es bei christlicher Denkweise schwer fallen würde, mit Respekt vor der anderen Glaubenslehre aber gleichwohl geboten wäre, der Klägerin im Ergebnis und auf den Punkt gebracht Schmerzensgeld dafür zu bewilligen, dass ihr Leben gerettet wurde, müßte bei einer solchen Entscheidung auch Berücksichtigung finden, dass die Klägerin Ehemann und Kind hat und auch zum Zeitpunkt der Behandlung durch die Beklagten bereits hatte.

Durch das Verhalten der Beklagten, so sehr die Klägerin dies auch beanstandet, wurde letztlich bewirkt, dass dem seinerzeit ca. 15 Jahre alten Sohn der Klägerin die Mutter erhalten blieb. Das Verantwortungsgefühl für und die Verpflichtung gegenüber zumindest dem eigenen, minderjährigen Kind, welches man jeweils der Klägerin nicht absprechen kann, gebietet es, dem Kind die Mutter zu erhalten. Dass die Klägerin am Leben blieb, wurde nur durch das Verhalten der Beklagten bewirkt. Ihnen hat die Klägerin ihr Leben zu verdanken.

Dies ist ein Umstand, der bei der Schadensdiskussion nicht außer Betracht bleiben dürfte und im Rahmen des Vorteilsausgleiches dergestalt in die Waagschale zu werfen wäre, dass die Nachteile bzw. Schäden der Klägerin damit zumindest ausgeglichen erscheinen.

Auch aus diesem Grund bleibt somit kein Raum für ein der Klägerin zu gewährendes Schmerzensgeld.

Die Ansprüche der Klägerin sind mithin in jeder Hinsicht unbegründet.

Die Berufung war deshalb zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Ziff. 10, 711 ZPO.

Gemäß § 546 ZPO (aF) war der Wert der Beschwer festzusetzen.

Ende der Entscheidung

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