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Gericht: Oberlandesgericht München
Urteil verkündet am 27.04.2000
Aktenzeichen: 1 U 5278/99
Rechtsgebiete: BGB
Vorschriften:
BGB § 839 |
Das Recht der Verbraucher, zeitnah und umfassend unterrichtet zu werden und die Informationspflicht des Staates erfordern und rechtfertigen auch detaillierte Angaben, selbst wenn hierdurch ein (nur) in Verdacht geratener fleischverarbeitender Betrieb identifiziert werden kann. Amtspflichten werden hierdurch nicht verletzt.
OBERLANDESGERICHT MÜNCHEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
Aktenzeichen: 1 U 5278/99 9 O 14178/98 LG München I
Verkündet am 27. April 2000
Die Urkundsbeamtin: Justizangestellte
In dem Rechtsstreit
wegen Schadensersatzes
erläßt der 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München durch die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht, die Richterin am Oberlandesgericht und den Richter am Oberlandesgericht aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 6.4.2000 folgendes
Endurteil:
Tenor:
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des Landgerichts München I vom 23.8.1999 wird zurückgewiesen.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV. Der Wert der Beschwer übersteigt 60.000,-- DM.
Tatbestand:
1. Gegen den Beklagten richtet sich ein Schadensersatzanspruch wegen behaupteter amtspflichtwidriger Herausgabe zweier Pressemitteilungen.
Die Klägerin ist eine mittlerweile in Liquidation befindliche Fleischwarenfabrik mit Sitz in Coburg. Sie bezieht und bezog nach ihren Angaben das von ihr verarbeitete Fleisch nicht aus Großbritannien.
Im Rahmen von Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Hamburg und des Zollfahndungsamtes Hamburg im Zusammenhang mit möglicherweise durch einen Hamburger Fleischimporteur illegal eingeführten Rindfleisches aus Großbritannien wurde im Sommer 1997 durch Beamte des Zollfahndungsamtes in Nürnberg auch der Betrieb der Klägerin kontrolliert, um die Herkunft des bei der Klägerin verarbeiteten Rindfleisches zu überprüfen.
In diesem Zusammenhang gab das Bayerische Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Gesundheit durch seinen Pressereferente am 22.8.1997 die Pressemitteilung Nr. 385.97 und am 27.8.1997 die Pressemitteilung Nr. 392.97 heraus.
Diese haben auszugsweise folgenden Wortlaut:
Pressemitteilung von 22.8.1997:
"BSE/Kriminalität
Nach derzeitigem Kenntnisstand keine Hinweise auf britisches Rindfleisch in Bayern/Firmen waren gutgläubig...
Im Zusammenhang mit dem Ermittlungsverfahren gegen eine Hamburger Fleischimportfirma wurden die beiden Zollfahndungsämter München und Nürnberg für das ermittelnde Zollfahndungsamt Hamburg in den bayerischen Orten Augsburg, Coburg und Kulmbach tätig. ... Die Ermittlungen der Zollfahndungsämter in Bayern sind abgeschlossen, ... Weiterhin gibt es bislang im Ermittlungsverfahren, das sich derweil auf fast ganz Deutschland erstreckt, keine Bestätigung, daß es sich um Fleisch aus dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland handelt. ...
Beamte des Zollfahndungsamtes Nürnberg haben ebenfalls in dieser Woche je einen Betrieb in Coburg (37,9 Tonnen) und Kulmbach (900 kg) wegen des Verdachts auf britisches Rindfleisch überprüft.
In einem dem Bayerischen Gesundheitsministerium zugeleiteten Schreiben des Zollfahndungsamtes Nürnberg heißt es: "Aus den bei den Rechnungen befindlichen CMR-Frachtbriefen ist jedoch ersichtlich, daß das Fleisch aus den Niederlanden angeliefert wurde." Nach den derzeitigem Kenntnisstand handelt es sich also in diesen beiden Fällen um eine reguläre Warenlieferung. Die Originalfrachtbriefe sind nach Abschluß der Ermittlung dem Hamburger Zollfahndungsamt zur Überprüfung zugesandt worden. Auch in diesen beiden Firmen konnte weder Fleisch, noch entsprechende Verarbeitungsprodukte sichergestellt werden. ...
Das Zollfahndungsamt Hamburg weist ausdrücklich darauf hin, "daß für eine Beteiligung der ... Firmen an unrechtmäßigen Handlungen oder deren Kenntnis von solchen, keinerlei Hinweise vorliegen". Wir bitten deshalb um Verständnis, daß die jeweiligen Firmennamen nicht bekanntgegeben werden. ..."
Die Pressemitteilung vom 27. August 1997 hat auszugsweise folgenden Wortlaut:
"BSE/Kriminalität ...
"Im Interesse des Verbraucherschutzes hat Bayern trotz der Feststellung des Zollfahndungsamtes in Nürnberg, daß das Fleisch, das im Mai und Juni 1997 in zwei Betrieben in Coburg und Kulmbach verarbeitet wurde, aus den Niederländen angeliefert worden sei, zwischenzeitlich bereits eigenständige Ermittlungen eingeleitet, betonte Gesundheitsministerin B S heute in München ..."
Nach diesen vorsorglichen Ermittlungen durch die Bayerischen Veterinärbehörden wurde die aus dem Fleisch hergestellte Dosenwurst ausschließlich an einen Betrieb in Baden-Württemberg und an zwei Betriebe in Niedersachsen geliefert. "Somit konnten wir die betroffenen Länder sofort über die Käufer der Ware unterrichten", sagte die Ministerin. Die Behörden in Baden-Württemberg und in Niedersachsen müssen jetzt den endgültigen Verbleib der Ware ermitteln. ...
Nach Mitteilung des Zollfahndungsamtes Hamburg könnte es sich bei dem im Mai und Juni 1997 in zwei Betrieben in Coburg und Kulmbach verarbeiteten Rindfleisch doch um britisches Fleisch gehandelt haben. Entgegen der ursprünglichen Feststellung des Zollfahndungsamtes in Nürnberg, daß das Fleisch aus den Niederlanden angeliefert worden sei, bestehen nach den neuesten Erkenntnissen des federführenden Zollfahndungsamtes in Hamburg nun Zweifel.
Die Ministerin stellte klar, daß es sich in diesem Fall nicht unbedingt um britisches Fleisch handeln müsse: "Schon allein der Verdacht gibt Anlaß, die Dosen sicherzustellen und aus dem Verkehr zu ziehen. ...""
Wegen des vollständigen Wortlauts der Pressemitteilungen wird auf die Anlagen K 1 und K 1 a hingewiesen.
2. Die Klägerin ist der Auffassung, mit den beiden Pressemitteilungen habe sich der Beklagte vorsätzlich, zumindest aber grob fahrlässig einer Amtspflichtverletzung ihr gegenüber schuldig gemacht. Diese habe zu einem erheblichen Schaden geführt, der der Klägerin nun zu ersetzen sei.
a) Hierzu hat die Klägerin in erster Instanz vorgetragen, als behördliche Warnung im Rahmen der Lebensmittelüberwachung seien die Pressemitteilungen nicht zulässig gewesen, da keine konkrete Gefahr, bei der ersten Pressemitteilung nicht einmal ein Verdacht gegen die Klägerin bestanden habe, daß nicht verkehrsfähige Lebensmittel in Verkehr gebracht würden. Ein bloßer polizeirechtlicher Gefahrenverdacht rechtfertige regelmäßig keine Information der Öffentlichkeit, sondern grundsätzlich allein Maßnahmen der Aufklärung des Sachverhalts und der vorläufigen Sicherstellung. Soweit die Presseerklärung vom 27.8.1997 überraschend Zweifel bzw. einen Verdacht äußere, habe dies ausschließlich einen Betrieb in Baden-Württemberg und zwei Betriebe in Niedersachsen betroffen. Das Bayerische Staatsministerium habe damit auch seine örtliche Zuständigkeit verletzt.
Letzlich würden die beiden nur unter dem Gesichtspunkt der Information zustandegekommenen Presseerklärungen gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen. Die Verpflichtung zu rücksichtsvollem Verhalten gegenüber der Klägerin sei eklatant verletzt worden. Für eine angemessene, verbraucherorientierte und verbraucherschützende Information hätte es ausgereicht, ohne Nennung des Namens oder von Betriebsstätten über den Vorgang im Zusammenhang mit einem Fleischimporteur zu berichten. Gegen die Amtspflicht, das Informationsinteresse der Öffentlichkeit sorgfältig mit dem Grundrecht der Klägerin auf freie Ausübung ihrer unternehmerischen Tätigkeit abzuwägen, sei in mehrfacher Hinsicht verstoßen worden.
Schon vor der zweiten Mitteilung habe sich die Klägerin im übrigen kooperativ gezeigt und im Benehmen mit dem Staatlichen Veterinäramt in Coburg bereits veranlaßt, daß die aus dem fraglichen Rindfleisch hergetellten Konservendosen von den drei Großabnehmern der Klägerin nicht weiter ausgeliefert würden. Die beiden Pressemitteilungen, in denen die Klägerin trotz Unterlassens der Nennung ihres Namens als einzig fleischverarbeitender Großbetrieb in Coburg, auf den die Beschreibung passe, identifizierbar gewesen sei, seien "Panikmache" gewesen und hätten nur dem Zweck gedient, die Klägerin zu verunglimpfen.
b) Erst durch die Pressemitteilungen sei in der Öffentlichkeit - zudem unwiderruflich - der Eindruck entstanden, daß die Klägerin in den illegalen Fleischhandel verwickelt sei und daraus bezogenes Rindfleisch möglicherweise verarbeite. Im Nachgang zu den rufschädigenden Pressemitteilungen des Bayerischen Staatsministeriums sei dann umfangreich in den Medien über den Vorgang berichtet worden. Die Klägerin sei immer wieder im Zusammenhang mit BSE-verseuchtem Rindfleisch in der Presse genannt worden. Die Pressemitteilungen hätten damit zu einer erheblichen Verunsicherung der Käuferschicht geführt. Angesichts der flüchtigen Informationsaufnahme durch den Verbraucher sei die gesamte Produktpalette der Klägerin gebannt worden und die Klägerin unter massiven Umsatzrückgängen in geschäftlich ruinösen Mißkredit geraten. Großabnehmer hätten die von der Klägerin bezogenen Produkte zurückgegeben. Der entstandene Schaden ginge in die Millionen, wobei eine genaue Bezifferung im wesentlichen noch nicht möglich sei. Als Folge der Pressemitteilungen befinde sich die Klägerin nunmehr in Liquidation. Korrespondenzen anderer Behörden und auch Beschlagnahmeaktionen seien für den Schaden nicht ursächlich geworden, da sie der Presse gar nicht mitgeteilt worden seien.
c) Für den Schaden der Klägerin habe der Beklagte, dessen Verhalten sich rechtlich als Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb darstelle, unter dem Gesichtspunkt der Amtspflichtverletzung einzustehen.
Das Verschulden der handelnden Beamten ergebe sich daraus, daß diese ohne weiteres hätten erkennen können, daß - wie geschehen - auf Grundlage der in den Pressemitteilungen enthaltenen Informationen die betroffenen Betriebe schnell identifiziert werden würden. Die Beamten hätten auch erkennen können, daß die Wahrnehmung der Pressemitteilungen in der Öffentlichkeit sich darauf verkürzen würde, daß in den genannten Betrieben ein BSE-Verdacht bestehe.
d) Der Schadenersatzanspruch sei auch nicht gemäß § 839 Abs. 1 Satz 2 oder gemäß § 839 Abs. 3 ausgeschlossen.
Die Klägerin sei nicht verpflichtet gewesen, gegen den Beklagten eine einstweilige Verfügung zu erwirken, die in der BSE-sensibilisierten Öffentlichkeit ohnehin keine Wirkung gehabt hätte. Selbst ein Widerruf oder eine Richtigstellung durch den Beklagten hätte den Namen der Klägerin nur erneut mit dem Stichwort BSE in Verbindung gebracht.
Ansprüche gegen den Lieferanten des fraglichen Fleisches hätten sich nicht durchsetzen lassen. Im übrigen könne der Lieferant auch nur in Höhe des Werts der von ihm gelieferten Ware in Anspruch genommen werden. Für den Wegfall der Geschäftsbeziehungen der Klägerin könne er nicht haftbar gemacht werden.
Hinsichtlich der Schadensberechnungen der Klägerin wird insbesondere auf die Schriftsätze vom 4.8.1998 (Klageschriftsatz), vom 13.8.1999 (dort Seite 17/21, Bl. 99/103 d. A.), vom 17.1.2000 (Bl. 162/164 d. A.) und vom 2.2.2000 (Bl. 173/174 d. A.) Bezug genommen.
Die Klägerin hat in erster Instanz beantragt:
1. Der beklagte wird verurteilt, an die Klägerin DM 85.223,93 nebst 4 % Zinsen seit Zustellung der Klage zu zahlen.
2. Es wird festgestellt, daß der beklagte darüber hinaus verpflichtet ist, der Klägerin den Schaden zu ersetzen, der ihr infolge der Pressemitteilungen 385.97/StMAS vom 22.8.1997 sowie der Pressemitteilung 392.97/StMAS vom 27.8.1997 des Bayerischen Staatsministeriums für Arbeit und Sozialordnung, Familien, Frauen und Gesundheit bereits entstanden ist und noch entstehen wird.
3. Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
a) Er ist der Auffassung, eine Amtspflichtverletzung liege weder objektiv noch subjektiv vor, abgesehen davon, daß die als verletzt gerügte Amtspflicht nicht zugunsten der Klägerin drittbezogen sei.
Bei den streitgegenständlichen Presseerklärungen habe es sich nicht um öffentliche Warnungen, sondern um notwendige Maßnahmen zur Aufklärung der beunruhigten Bevölkerung gehandelt, bei denen der Beklagte so zurückhaltend wie nur möglich vorgegangen sei. Der Beklagte sei dem durch die dpa-Mitteilung vom 19.8.1997 geweckten, berechtigten Interesse der Presse und der Öffentlichkeit nachgekommen, bei einem Vorfall von solch allgemein herausragender Bedeutung über den Stand der Ermittlungen in Bayern und die Auswirkungen des illegalen Imports von möglicherweise BSE-verseuchtem und dem Einfuhrverbot unterliegendem Rindfleisch rückhaltlos aufgeklärt zu werden. Es habe auch Klarheit darüber geschaffen werden müssen, in welchen Regionen Ermittlungen geführt wurden, ob sie sich bayernweit erstreckten oder nur örtlich begrenzt waren. Die vorsichtig formulierten Pressemitteilungen seien geeignet und erforderlich gewesen, um nicht berührte Landstriche und deren dortigen heimischen Rindfleischmarkt aus der Verdachtszone herauszuführen.
Der ursprünglich gegen die Klägerin bestehende, sich aus dem Vertriebsweg und den Bezugsquellen der Klägerin ergebende Verdacht sei zwar zunächst ausgeräumt gewesen, dann aber am 26.8.1997 erneuert worden; er bestehe auch heute noch fort. Darüberhinaus sei die Presse schon vorher über die laufenden Ermittlungen bei dem Hamburger Fleischimporteur informiert gewesen. Es hätten bereits vor den Presseveröffentlichungen konkrete Anfragen der Presse vorgelegen.
Das "stille Zurückziehen" des Rindfleisches, wie die Klägerin es sich vorstelle, sei im übrigen gar nicht möglich gewesen. Aufgrund der Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Hamburg seien nämlich in Sachsen, Thüringen, Baden-Württemberg und Hessen erhebliche behördliche Maßnahmen eingeleitet worden, auf die der Beklagte keinen unmittelbaren oder mittelbaren Einfluß gehabt habe.
b) Desweiteren sei auch eine Kausalität zwischen den streitgegenständlichen Presseerklärungen und dem von der Klägerin behaupteten Schaden, dessen Darstellung und Berechnung im übrigen unschlüssig sei, nicht gegeben.
c) Außerdem sei ein möglicher Anspruch der Klägerin wegen § 839 Abs. 1 Satz 2 BGB unbegründet, weil die Klägerin einen gleichartigen Schadensersatzanspruch gegen ihren Fleischlieferanten habe. Auch gemäß § 839 Abs. 3 BGB sei ein denkbarer Schadensersatzanspruch aus Amtspflichtverletzung ausgeschlossen, weil die Klägerin ihr mögliche medienrechtliche Ansprüche gegen den Beklagten (auf Widerruf bzw. Gegendarstellung) unterlassen habe.
4. Das Landgericht hat die Klage mit Urteil vom 23.8.1999 ohne Beweisaufnahme als unbegründet abgewiesen.
Hinsichlich der Drittbezogenheit der in Streit stehenden Amtspflicht hat es das Landgericht als bereits zweifelhaft angesehen, ob die Klägerin zum konkret geschützten Personenkreis der sich aus Art. 4 Bayerisches Pressegesetz ergebenden Amtspflicht der Information der Presse gehöre.
Selbst wenn man dies so sehe, liege jedenfalls objektiv keine Pflichtverletzung vor. Die Pressemitteilung vom 22.8.1997 sei zu diesem Zeitpunkt erforderlich, deren Inhalt zutreffend und angemessen gewesen. Eine unnötige Nennung von Betrieben sei vermieden worden. Die Mitteilung vom 27.8.1997 habe ebenfalls nicht den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verletzt. Auch unter dem Gesichtspunkt des Verbraucherschutzes nach dem Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetz sei die Mitteilung angemessen und sogar erforderlich gewesen.
Noch viel weniger liege ein Verschulden des Beklagten vor.
5. Mit ihrer Berufung verfolgt die Klägerin ihren Klageantrag in vollem Umfang weiter.
Sie wiederholt hierzu im wesentlichen ihren Vortrag aus erster Instanz. Für die Verbraucher in Bayern hätte zu keinem Zeitpunkt eine konkrete Gefahr bestanden. Im übrigen seien die Pressemitteilungen zur Gefahrenabwehr nicht einmal geeignet gewesen, da die aus der Verarbeitung des verdächtigen Rindfleisches entstandenen Endprodukte nicht bezeichnet worden seien.
Soweit beklagtenseits argumentiert wird, der bestehende Verdacht sei bis zum heutigen Zeitpunkt noch nicht ausgeräumt werde die bestehende Beweis- und Darlegungssituation verkannt. Aufgabe des Beklagten sei es zu beweisen, daß der gegenüber der Klägerin erhobene Vorwurf unzutreffend sei. Dieser Beweis sei nicht erbracht.
Das Recht der Öffentlichkeit auf Information sei nicht mit dem berechtigten Interesse der Klägerin abgewogen worden.
An der Drittbezogenheit der verletzten Amtspflicht könne kein Zweifel bestehen.
Ein Verschulden der handelnden Beamten könne auch nicht damit verneint werden, daß ein mit mehreren Rechtskundigen besetztes Kollegialgericht unrichtigerweise die Rechtmäßigkeit der Amtshandlung bejaht habe. Von diesem Grundsatz gebe es Ausnahmen, die hier sämtlich vorlägen.
6. Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Amtspflichten seien nicht verletzt. Ein Verschulden des Beklagten scheide im übrigen auch deshalb aus, da ein mit mehreren Rechtskundigen besetztes Kollegialgericht, nämlich das Landgericht, nach eigener Überprüfung und Wertung der vorgetragenen tatsächlichen und rechtlichen Argumente die Rechtmäßigkeit der Amtshandlung bejaht habe. Dem Landgericht sei hierbei keine falsche Tatsachenauswertung zu unterstellen.
Die Presseerklärungen seien für den von der Klägerin behaupteten Schaden auch in keiner Weise kausal gewesen.
Die Klägerin sei ein Großbetrieb; der Absatz erfolge über Großhändler. Diese Abnehmer seien von den Zollfahndungsämtern bzw. durch Maßnahmen der Landesverwaltungsämter und Landratsämter schon vor dem 22.8.1997 von den Verdachtsmomenten gegen die Klägerin, die zu Sicherstellungsmaßnahmen führten, informiert gewesen. Die an die Öffentlichkeit gerichteten Pressemitteilungen hätten für die Großkunden keine neuen Informationen gebracht.
Ergänzend trägt der Beklagte vor, die Klägerin sei im Juli 1997 schon lange Zeit in allergrößten finanziellen Schwierigkeiten gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.
Der Klägerin stehen gegen den Beklagten keinerlei Ansprüche zu, da mit der Herausgabe der beiden Pressemitteilungen keine Amtspflichten verletzt wurden. Selbst wenn man objektiv eine Pflichtverletzung annehmen wollte, wäre diese jedenfalls nicht schuldhaft erfolgt. Darüberhinaus würde es bei unterstelltem Verschulden jedenfalls auch an der Kausalität einer etwaigen Amtspflichtverletzung für den bei der Klägerin eingetretenen Schaden fehlen.
1. a) Keiner weiteren Erörterung bedarf, daß das Absetzen von Pressemitteilungen zu dem Thema "BSE" durch den Pressereferenten des als oberste bayerische Verbraucherschutzbehörde auch und gerade für Gesundheitsfragen zuständigen Bayerischen Staatsministeriums für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Gesundheit in Ausübung eines öffentlichen Amtes erfolgte. Verantwortlich im Sinne des Art. 34 GG ist die Körperschaft, in deren Dienste der Beamte steht, hier also der Beklagte.
b) Unzweifelhaft ist es auch, daß derjenige, der, sei er nun namentlich bezeichnet oder nur konkretisierbar, in den Zusammenhang einer solchen Pressemitteilung gerückt wird, auch zu dem Kreis der Dritten im Sinne von § 839 BGB gehört. Die Prüfung der Frage, ob das im Einzelfall berührte Interesse nach dem Zweck und der rechtlichen Bestimmung des Amtsgeschäfts geschützt sein soll, mithin, ob eine besondere Beziehung zwischen der verletzten Amtspflicht und dem geschädigten Dritten besteht, ist in Fällen dieser Art zu bejahen. Die besondere Beziehung äußert sich bereits darin, daß vor der Herausgabe einer Pressemitteilung gerade auch die Interessen der von der Pressemitteilung möglicherweise betroffenen Dritten gegenüber dem in § 4 Abs. 1 Satz 1 Bayerisches Pressegesetz statuierten Recht der Presse auf Auskunft und dem Informationsbedürfnis der Allgemeinheit abgewogen werden müssen. Eine Amtspflicht zur rechtsfehlerfreien Abwägung ist dem gegenüber drittschützend, der vom Abwägungsergebnis negativ berührt werden kann.
2. Durch die beiden Pressemitteilungen vom August 1997 haben die verantwortlichen Beamten des Beklagten jedoch bereits objektiv nicht gegen Amtspflichten verstoßen.
Die Mitteilungen waren erforderlich und mit ihrem konkreten Wortlaut auch bei gebotener Berücksichtigung der Interessen der Klägerin angemessen.
a) Das Bayerische Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Gesundheit ist oberste Verbraucherschutzbehörde in Bayern. Es gehört nicht nur zu den Rechten dieses Ministeriums, zu Fragen des Verbraucherschutzes und der Gesundheit in Bayern Stellung zu nehmen, sondern auch zu seinen Pflichten, in Fällen der Beunruhigung der Bevölkerung wegen möglicherweise drohender gesundheitlicher Gefahren größeren Ausmaßes durch verantwortungsvolle Informationspolitik und Öffentlichkeitsarbeit unter dem Gesichtspunkt des Krisenmanagements beim mündigen Bürger Vertrauen zu schaffen in die Krisenorganisationskräfte des Staates. Insoweit ist das genannte Ministerium der Presse gemäß § 4 Bayerisches Pressegesetz auch auskunftspflichtig.
b) Allgemeine verfahrensrelevante Ausgangslage vor den beiden streitgegenständlichen Pressemitteilungen war die, daß spätestens seit Mitte der 90er Jahre die Bevölkerung der Bundesrepublik und Bayerns äußerst sensibilisiert war im Rahmen der BSE-Problematik, das heißt bei der Frage, inwieweit durch britisches Rindfleisch die tödlich verlaufende BSE-Krankheit übertragen werden könne, inwieweit durch Import und Verwertung möglicherweise verdächtigen Fleisches auch der deutschen Bevölkerung Gefahren und massive Gesundheitsschädigungen drohten und wie man sich davor schützen könne. Der Verbraucher hatte nicht nur ein hohes Interesse sondern auch ein Recht darauf, in diesen wichtigen Fragen von den dafür zuständigen staatlichen Stellen gewissenhaft und umfassend informiert zu werden.
c) Konkrete Ausgangslage vor den beiden fraglichen Pressemitteilungen war, daß am 19.8.1997 unter der Überschrift "Kriminalität/Rinderwahnsinn" eine dpa-Meldung veröffentlicht wurde, in der ausgeführt war, daß die Staatsanwaltschaft Hamburg gegen einen Fleischimporteur ermittle, der in den vergangenen sechs Monaten insgesamt 616 Tonnen britisches Rindfleisch importiert und Teile davon in ganz Deutschland weiterverkauft haben soll. Weiter wurde mitgeteilt, daß 116 Tonnen dieses Fleisches von April bis Juni an vier Firmen in Sachsen, Niedersachsen und Bayern verkauft worden sein sollen (vgl. Anl. B 1).
Unverständlich und unverantwortlich wäre es gewesen, wenn das Bayerische Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung auf diese auch ihm vorliegende, zu Unruhe in weiten Teilen der Bevölkerung führen könnende dpa-Meldung, zumal Bayern betroffen war, nicht umgehend reagiert hätte.
aa) Am 22.8.1997 in einer eigenen Pressemitteilung die von der Deutschen Presseagentur gemeldeten Vorfälle aufzugreifen und mit Bezug auf Bayern den Stand der Ermittlungen mitzuteilen, war deshalb geboten und nicht pflichtwidrig.
Dieser Pflicht ist das Ministerium in einer auch unter Berücksichtigung der Interessen der Klägerin nicht zu beanstandenden Weise nachgekommen, indem es zugleich mit der erfreulichen Nachricht aufwartete, daß nach derzeitigem Kenntnisstand keine Hinweise auf britisches Rindfleisch in Bayern bestünden.
Daß die Mitteilung unter dem Stichwort "BSE/Kriminalität" veröffentlicht wurde, war im Hinblick auf die entsprechende dpa-Meldung, auf die reagiert wurde, nur konsequent und traf darüberhinaus den Kern, indem prägnant zusammengefaßt das Thema umrissen wurde.
Keineswegs zutreffend ist die Auffassung der Klägerin, der ausführlichen Mitteilung vom 22.8.1997 hätte es nicht bedurft, da sich die zunächst auch gegen die Klägerin gerichteten Verdachtsmomente hinsichtlich der Verarbeitung von britischem Rindfleisch nicht bestätigt hätten und deshalb die Identifizierung ermöglichende nähere Ortsangaben und Liefermengen vermieden werden hätten müssen. Die Klägerin verkennt dabei die Notwendigkeit sachgerechter Aufklärungs- und Öffentlichkeitsarbeit. Lediglich allgemein entwarnende Angaben ohne eine irgendwie geartete Präzisierung vermögen kein Vertrauen zu schaffen. Sie haben den Ruch des Beschwichtigenden an sich und beschwören eher die Gefahr herauf, daß Mißtrauen geweckt wird. In der gegebenen Situation durch Schaffung von Vertrauen eine mögliche oder im Entstehen begriffene Krise zu bewältigen, verlangte es, die Allgemeinheit durch die Offenlegung von Tatsachen umfassend über die gegebene Sachlage zu informieren. Nach der dpa-Mitteilung vom 19.8.1997 schien schließlich ganz Bayern "BSE-verdächtig". Aufgabe des Bayerischen Staatsministeriums war es deshalb auch, der beunruhigten Bevölkerung mitzuteilen, auf welche Orte sich der Import des verdächtigen Rindfleisches beschränkte.
Zu bedenken ist darüberhinaus, daß sich die ihrer Aufgaben und Möglichkeiten bewußten Medien mit einer Pressemitteilung, die so allgemein gehalten gewesen wäre, wie die Klägerin sich dies vorstellt, mit Recht nicht zufriedengegeben und nachgehakt hätten, um die Informationen zu erhalten, die in der sachgerechten Pressemitteilung vom 22.8.1997 bereits enthalten waren.
Dem vom Beklagten vor Herausgabe der Information zu beachtenden Abwägungsgebot (grundlegend hierzu: BVerwG, NJW 91, 1766 ff.) wurde auch Genüge geleistet.
Im Hinblick auf die in Bayern möglicherweise betroffenen Firmen war die Pressemitteilung vom 22.8.1997 unter Beachtung des Informationsrechts der Presse und der Bevölkerung so zurückhaltend wie nur möglich formuliert.
Zwar ist die Klägerin zur Überzeugung des Senats bereits durch die erste Pressemitteilung vom 22.8.1997 anhand der Ortsangabe und der Angaben zu den auf einen Großbetrieb schließen lassenden Mengen des gelieferten Fleisches zumindest für Fachkreise und gegebenenfalls nach weiteren, von einer sachkundigen Presse unschwer und erfolgreich anzustellenden Recherchen auch für die Allgemeinheit identifizierbar gewesen. Dies muß die Klägerin indessen hinnehmen. Durch die Pressemitteilung vom 22.8.1997 ist das Abwägungsverbot ihr gegenüber nicht verletzt, zumal diese Pressemitteilung die Klägerin darüberhinaus gewissermaßen aus der Schußlinie nimmt und für die Klägerin wie auch für die anderen fleischverarbeitenden Betriebe in Bayern sogar eine Entwarnung gibt. Daß die Klägerin und deren Produkte durch die Pressemitteilung vom 22.8.1997 in den Dunstkreis des BSE-Verdachts gerückt worden wären, trifft nicht zu. Eher das Gegenteil ist der Fall.
bb) Auch mit der Pressemitteilung vom 27.8.1997 haben sich die für den Beklagten handelnden Verantwortlichen keiner Amtspflichtverletzung schuldig gemacht. Die Meldung war erforderlich und verhältnismäßig. Das Abwägungsgebot unter Berücksichtigung der Interessenlage der Klägerin wurde ebenfalls nicht verletzt.
Die zweite Pressemitteilung belegt in einer Weise, die die Allgemeinheit auch so erwarten durfte, daß sich die bayerischen Behörden ihrer hohen Verpflichtung im Rahmen der ihnen übertragenen Aufgaben bewußt waren und danach gehandelt haben.
Es fällt nicht in den Verantwortungsbereich bayerischer staatlicher Stellen, daß das von der Klägerin bezogene Rindfleisch nach den Feststellungen der Staatsanwaltschaft Hamburg und des Zollfahndungsamtes Hamburg insoweit verdächtig war und unstreitig bis zum heutigen Tag weiter verdächtig ist, unter Umgehung zwingender Importverbote aus Großbritannien illegal eingeführt worden zu sein. Dies ist, auch wenn sie hieran kein Verschulden trifft, das alleinige Risiko der Klägerin, dessen sie sich wie alle anderen Betriebe, die in BSE-Zeiten mit Rindfleisch Geschäfte machen, bewußt sein mußte.
Wohl aber fällt es in den Verantwortungsbereich bayerischer Ministerien, die Öffentlichkeit über mögliche Verdachtsmomente zu unterrichten. Hierzu bestand vorliegend umso mehr Anlaß, als mit der Pressemitteilung vom 22.8.1997 in nicht zu beanstandender Weise gewissermaßen Entwarnung gegeben wurde, die sich nunmehr als fragwürdig und berichtigungsbedürftig herausstellte.
Die bayerischen Behörden hätten auf sträfliche Weise gewonnenes Vertrauen wieder verspielt, würden sie die Pressemitteilung vom 27.8.1997 in der Art, wie sie veröffentlicht wurde, unterlassen haben.
Ob die Zweifel daran, daß das Fleisch entgegen ursprünglicher Annahmen aus den Niederlanden stamme, auf neuesten Erkenntnissen beruhten, wie es in der Pressemitteilung vom 27.8.1997 zum Ausdruck kam, oder sich nur aufgrund einer unterschiedlichen, gleichwohl erst nach den vorangegangenen Feststellungen des Zollfahndungsamtes Nürnberg (vgl. erste Pressemitteilung) vom federführenden Zollfahndungsamt Hamburg getroffenen Bewertung ergaben, spielt dabei keine Rolle. Hätten die zuständigen bayerischen Stellen die vom Zollfahndungsamt Hamburg mitgeteilten Zweifel ignoriert und es bei der Pressemitteilung vom 22.8.1997 belassen, wäre berechtigterweise ein Sturm der Entrüstung durch die Bevölkerung gegangen, wenn diese Zweifel, womit angesichts der Sensibilität des Themas und des auch insoweit investigativ betriebenen Journalismus zu rechnen war, nachträglich der Öffentlichkeit bekannt geworden wären. Die bayerischen Behörden hätten sich dem Vorwurf der Verharmlosung und Vertuschung ausgesetzt gesehen; die Krise, die es zu vermeiden galt, wäre eingetreten. Dem galt es entgegenzuwirken, wie es durch die Pressemitteilung vom 27.8.1997 in gebotener und verantwortlicher Weise geschehen ist.
Die Mitteilung vom 27.8.1997 wurde auch nicht deshalb entbehrlich oder gar unzulässig - wie die Klägerin aber meint -, daß sämtliche verdächtigen Fleischwaren durch Weiterlieferung an Betriebe in Niedersachsen und Baden-Württemberg außerhalb Bayerns gelangt waren, für den bayerischen Verbraucher somit möglicherweise keine Gefahren bestanden und das Bayerische Staatsministerium daher seinen auf Bayern beschränkten Kompetenzbereich überschritten hätte. Die Zuständigkeit des Bayerischen Staatsministeriums für Arbeit und Sozialordnung endete hier nicht an den Grenzen Bayerns. Darüber hinaus, daß bei einmal eingeführtem Rindfleisch infolge des freien Warenverkehrs in der Bundesrepublik auch durch Einschaltung von Großhandels- und Einzelhandelsketten die Grenzen der Bundesländer jederzeit wieder überschritten werden können, das Verbringen von Waren in ein anderes Bundesland insoweit nur eine Momentaufnahme darstellen konnte, fehlt es insbesondere deshalb nicht an der Mitteilungskompetenz des Bayerischen Staatsministeriums, da dieses Ministerium bei zunächst tatsächlich nach Bayern geliefertem Fleisch auch die erste, nunmehr korrekturbedürftig gewordene Mitteilung vom 22.8.1997 verfaßt hatte.
Auch daß die Klägerin im Benehmen mit Veterinärämtern möglicherweise bereits begonnen hatte, die bei den Großabnehmern noch auf Lager befindlichen, unter Verwendung des verdächtigen Fleisches von der Klägerin hergestellten Waren in einer Art stillen Rückrufaktion aus dem Verkehr zu ziehen bzw. sicherzustellen, daß die Dosen vorerst nicht weiter ausgeliefert würden, macht die Pressemitteilung vom 27.8.1997, wie die bisherigen Ausführungen bereits zeigen, nicht entbehrlich.
Abgesehen davon, daß die Klägerin hinsichtlich des vor der Pressemitteilung bzw. den Pressemitteilungen von ihr selbst bewirkten Auslieferungsstopps verdächtiger Waren zu ihren entfalteten Aktivitäten wenig substantiiert, hinsichtlich des Erfolgs einer stillen Rückrufaktion insoweit widersprüchlich vorträgt, als einmal die Rückholung veranlaßt bzw. begonnen, ein andermal diese sichergestellt, wiederum ein anderes Mal diese bereits bewirkt worden sein sollte, war es keine unbedingt zu erfüllende Voraussetzung für die Pressemitteilung vom 27.8.1997, daß aktuell noch Gefahr bestand. Dies konnten die bayerischen Behörden im übrigen insoweit gar nicht verläßlich binnen der Kürze der vor der Mitteilung zur Verfügung stehenden Zeit feststellen, weshalb in der Pressemitteilung vom 27.8.1997 auch festgehalten ist, daß die Behörden in Baden-Württemberg und Niedersachsen den endgültigen Verbleib der Waren zu ermitteln hätten. Etwaige bloße Erklärungen der Klägerin konnten das für die Sicherstellung der Waren in den anderen Bundesländern ohnehin nicht zuständige bayerische Staatsministerium nicht von der zweiten Presseerklärung abhalten. Dies insbesondere auch deshalb, da das Bayerische Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, wie bereits ausgeführt, durch die Presseerklärung vom 22.8.1997 in Zugzwang geraten war, dem nur durch die zweite Mitteilung wirksam begegnet werden konnte und mußte.
Daß der Verdacht, die Klägerin habe illegal aus Großbritannien importiertes Fleisch verarbeitet und an ihre Abnehmer ausgeliefert, bis heute zwar unstreitig besteht, aber bislang nicht bestätigt wurde, ändert nichts an dem Ergebnis, daß Amtspflichten nicht verletzt wurden.
Es geht hier nicht darum, Verantwortlichen der Klägerin ein strafbares oder ordnungswidriges Verhalten nachzuweisen. Wollte man insoweit Konsequenzen ergreifen, obläge dieser Nachweis selbstverständlich staatlichen Behörden.
Vorliegend ist allein das überragende Informationsrecht der Öffentlichkeit und ist die hierzu korrespondierende Informationspflicht des Staates betroffen, die nicht erst dann zum Einschreiten berechtigt, wenn der Nachweis des mit Strafe oder Bußgeld bewehrten Handelns eines Dritten vorliegt und der nicht nachträglich dadurch der Boden entzogen werden kann, wenn dieser Nachweis nicht gelänge.
Daß der Verdacht zur Kenntnis des Beklagten in zumindest fahrlässiger Weise erhoben worden wäre, ist nicht vorgetragen und auch nicht ersichtlich. Insoweit hatte der Beklagte auch keine weitergehenden Prüfungspflichten vor Information der Presse am 27.8.1997, zumal der vom Beklagten in keiner Weise aufgebauschte, eher relativierend dargestellte Verdacht bis heute nicht beseitigt ist.
3. Selbst wenn man unterstellten wollte, daß mit den beiden Pressemitteilungen objektiv eine Amtspflichtverletzung vorläge, hätte der Beklagte hierfür nicht einzustehen, da es jedenfalls am Verschulden der handelnden Beamten fehlt. Es ist ständige höchstrichterliche Rechtsprechung, daß von einem Beamten durchweg eine bessere Rechtseinsicht als von einem Kollegialgericht nicht erwartet und verlangt werden kann. Deshalb ist in aller Regel das Verschulden eines Beamten zu verneinen, wenn zwar sein Verhalten als nicht rechtmäßig und als - objektiv - amtspflichtwidrig zu erachten ist, aber ein mit mehreren Rechtskundigen besetztes Kollegialgericht dieses Verhalten nach mündlicher Verhandlung und sorgfältiger Prüfung und Würdigung als objektiv gerechtfertigt gebilligt hat (Kreft, Öffentlich-rechtliche Ersatzleistungen, 1980, RdNr. 296 zu § 839 BGB; BGHZ 97, 97 (107)). Daß die gerichtliche Entscheidung erst nach der Amtshandlung ergangen ist, ändert daran nichts (BGH NJW-RR 92, 919).
Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Einer der wenigen Ausnahmefälle, die nach der Rechtsprechung zu einem Abweichen von dieser Regel Anlaß geben könnten (siehe hierzu Kreft, a.a.O., RdNr. 297 ff.) liegt nicht vor.
Insbesondere ist das Landgericht bei seiner Entscheidung vom richtigen Sachverhalt ausgegangen, hat diesen sorgfältig und erschöpfend gewürdigt und ist dabei zu dem Ergebnis gelangt, daß durch die berechtigten Pressemitteilungen bereits objektiv keine Amtspflichten verletzt wurden. Das Landgericht hat sich auch keines reduzierten Prüfungsmaßstabes bedient und sich insbesondere nicht, wie die Klageseite andeutet, auf eine bloße Vertretbarkeitsprüfung beschränkt. Auch wenn das Landgericht den Gesichtspunkt des Verbraucherschutzes und den Aspekt des Schutzes des überragenden Rechtsguts der Gesundheit bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit in seiner Entscheidung mitgewürdigt hat, ist dies nicht zu beanstanden. Die betreffenden Ausführungen dienten dazu, die Pressemitteilung vom 27.8.1997 "auch unter dem Gesichtspunkt des § 8 Nr. 1 und Nr. 2 in Verbindung mit § 17 Abs. 1 Nr. 1 des Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetzes" als angemessen und erforderlich erscheinen zu lassen. Dieser zusätzlichen Begründung hätte es indessen gar nicht bedurft.
4. Letztlich würde ein Schadensersatzanspruch der Klägerin auch an der nicht nachgewiesenen Kausalität der beiden Pressemitteilungen für den Schaden der Klägerin scheitern.
Die Klägerin muß grundsätzlich beweisen, daß der Schaden ohne das vermeintlich schädigende Ereignis nicht eingetreten wäre.
Die Klägerin hat ausgeführt und hierzu Beweis angeboten durch Benennung ihrer Großabnehmer bzw. von bei diesen beschäftigten Mitarbeitern, daß die Pressemitteilungen des Beklagten Auslöser für die Rückholaktionen gewesen. seien. Der der Klägerin durch die Pressemitteilungen anhaftende Verdacht habe darüberhinaus zur Unverkäuflichkeit weiterer Produkte geführt. Die Umsatzentwicklung, so die Klägerin, würde schließlich eindeutig belegen, daß die der Klägerin entstandenen Verluste auf die Pressemitteilungen des Beklagten zurückzuführen seien.
Dieser Vortrag läßt indessen die wichtige Tatsache außer Acht, daß die Pressemitteilungen des Beklagten nicht für sich allein stehen und für sich allein Anlaß geben konnten, Geschäftsbeziehungen mit der Klägerin dauerhaft in Frage zu stellen. Sowohl der durch die Pressemitteilungen geschaffene Informationsstand als auch der Umstand, daß die Klägerin nach ihrem eigenen Vortrag schon vor den Pressemitteilungen des Beklagten im Wege des Versuchs einer stillen Rückrufaktion Waren sicherstellen und deren weitere Auslieferung verhindern ließ als auch die durch die Behörden anderer Bundesländer (Landratsämter, Zollfahndungsämter; vgl. hierzu das Anlagenkonvolut) initiierten Prüfungs- und Sicherstellungsmaßnahmen beruhen alle auf dem Verdacht, in den die Klägerin geraten war, nämlich illegal importiertes Rindfleisch verarbeitet und ausgeliefert zu haben. Allein hierauf können gegebenenfalls Umsatzeinbußen zurückgeführt werden. Darauf, wodurch und durch wen dieser Verdacht das erste Mal geäußert wurde, kann es nicht ankommen.
Die Klägerin ist ein Großbetrieb, dessen Absatz über Großhändler erfolgt. Diese Abnehmer waren sowohl von der Klägerin selbst als auch von den Zollfahndungsämtern bzw. durch Maßnahmen der Landesverwaltungsämter oder Landratsämter im engen zeitlichen Zusammenhang auch mit den Pressemitteilungen, aber nicht auf diesen beruhend, informiert worden. Wie die Klägerin selbst durch die Anlagen zur Klage (vgl. Anl. K 6) nachgewiesen hat, ist z. B. das Landratsamt A mit Schreiben vom 1.9.1997 lebensmittelüberwachend tätig geworden und hatte eine Überprüfung verschiedener von der Klägerin hergestellter Produkte bei den Firmen D A, Fa. H und Fa. L in die Wege geleitet. In diesem Schreiben wird ausgeführt, daß "nach Angaben der Zollfahndungsorgane" durch die bayerische Fa. G Coburg Fleisch bezogen wurde, bei welchem der Verdacht besteht, daß es sich um illegal eingeführtes Rindfleisch aus Großbritannien handelt. Weiter wird darin ausgeführt, daß "nach intensiven Ermittlungen durch die amtliche Lebensmittelüberwachung" bestimmte Konserven auch in Verkaufseinrichtungen von Lebensmittelketten festgestellt worden seien. Auch das Landratsamt L (vgl. Anl. K 7) hat sich mit Schreiben vom 2.9.1997 unmittelbar an die Fa. D gewandt, nachdem es vom "Ministerium Ländlicher Raum Baden-Württemberg" über deren Bezug von "Rindfleisch im eigenen Saft" bei der Klägerin informiert worden war. Das Zollfahndungsamt P hat ebenfalls tausende von Dosen aus der Produktion der Klägerin beschlagnahmt.
Daß danach die Pressemitteilungen des Bayerischen Staatsministeriums ursächlich oder mitursächlich für den in den folgenden Monaten und Jahren bei der Klägerin entstandenen Schaden seien, kann als ausgeschlossen gelten. Es hieße im übrigen, außerhalb jeglicher Lebenserfahrung die Gesetze des Marktes zu ignorieren, wollte man ernsthaft annehmen, sämtliche Aussortierungs-, Rückruf- und Beschlagnahmeaktionen hätten über die jeweilige Aktion hinaus bei den Abnehmern der Klägerin keinerlei weitere Folgen ausgelöst und hätten einen weiteren geordneten Geschäftsverkehr mit der Klägerin im vorherigen, unbelasteten Zustand ermöglicht. Etwaige überschießende Reaktionen der durch die Vorfälle um die fraglichen Fleischlieferungen auch mit Bedacht auf ihre eigenen Absatzmöglichkeiten und auf ihren Kundenstamm und dessen Verhalten übersensibilisierten Abnehmer der Klägerin sind nachvollziehbar, können aber nicht dem Beklagten angelastet werden.
Ergänzend bleibt auszuführen, daß die Klägerin den substantiierten Sachvortrag der Beklagten im Schriftsatz vom 9.3.2000 (Bl. 193 f. d. A.) zu den schon lange vor August 1997 bestehenden finanziellen Schwierigkeiten und zerrütteten Finanzverhältnissen der Klägerin nicht bestritten hat.
5. Auf die Entscheidung der Frage, ob die Haftung des Beklagten wegen anderweitiger Ersatzmöglichkeiten der Klägerin gemäß § 839 Abs. 1 Satz 2 BGB zurücksteht oder gemäß § 839 Abs. 3 BGB wegen von der Klägerin unterlassener Rechtsmittel ausgeschlossen ist, kommt es nicht mehr an.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Ziff. 10, 711 ZPO.
Gemäß § 546 Abs. 2 ZPO war der Wert der Beschwer festzusetzen.
Ende der Entscheidung
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