Judicialis Rechtsprechung
Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:
Gericht: Oberlandesgericht München
Urteil verkündet am 20.05.1999
Aktenzeichen: 1 U 6221/98
Rechtsgebiete: GG
Vorschriften:
GG Art. 14 |
Dem Vorwurf treuwidrigen Verhaltens ist die Gemeinde allerdings nicht ausgesetzt, falls es ihr aus wirtschaftlichen Gründen nicht möglich ist, eine Erschließungsanlage herzustellen und auch ein Dritter kein zumutbares Angebot abgibt, die Erschließung vorzunehmen bzw. zu finanzieren.
OBERLANDESGERICHT MÜNCHEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
Aktenzeichen: 1 U 6221/98
Verkündet am 20. Mai 1999
In dem Rechtsstreit
wegen Forderung
erläßt der 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München durch die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht und die Richter am Oberlandesgericht und aufgrund der mündliche Verhandlung vom 06. Mai 1999 folgendes
Urteil:
Tenor:
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts München II vom 3. September 1998 wird zurückgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, sofern nicht die Beklagte vor Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV. Der Wert der Beschwer beträgt DM 1.266.400,00.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt Entschädigung aus enteignungsgleichem Eingriff wegen faktischer Bausperre.
Der Kläger hat mit Kaufvertrag vom 31. Juli 1978 von der Erbengemeinschaft S ein an der Hauptstraße in T gelegenes Grundstück (Flur Nr. 149, 156, 158) mit einer Gesamtfläche von 18076 qm erworben (vgl. Anlage K 4 B I). Mit Vertrag vom 5. Oktober 1978 veräußerte der Kläger die nicht für den Bau eines Supermarktes benötigten Flächen (rund 12996 qm). Mit Schreiben vom 5. Januar 1980 trat er Jedoch wirksam von diesem Kaufvertrag zurück. Der Kläger errichtete dann gemäß Genehmigungsbescheid vom 4. März 1986 (K 57) den Supermarkt auf der dafür vorgesehenen Grundstücksteilfläche. Die umliegenden Teilflächen sind im wesentlichen nicht bebaut.
Am 3. Juli 1979 hat die Beklagte den Bebauungsplan Nr. 18 (Anlage K 1 und K 44) beschlossen. Der Plan war nach mehreren Änderungen vom Landratsamt S unter Auflagen am 25. Oktober 1979 (Anlage K 2) genehmigt worden. Nachdem der Bebauungsplan in der Zeit vom 30. November bis 31. Dezember 1979 erneut ausgelegt worden war, faßte der Gemeinderat am 5. Februar 1980 einen neuen Satzungsbeschluß. Die Rechtskraft ist am 25. Oktober 1985 eingetreten.
Am 13. März 1980 bot der Kläger der Beklagten in notarieller Form vergeblich den Abschluß eines Kaufvertrags über die für den Straßenbau erforderlichen Grundstücksflächen an (Anlage K 4): Mit Schreiben vom 2. Juni 1980 übermittelte die Beklagte ihrerseits eine Finanzierungsvereinbarung (Anlage 2 zu Bl. 148/162 d. A.).
Nachdem das Landratsamt die Sicherstellung der Erschließung für den Bau des Supermarktes angemahnt hatte (Anlage K 7) leitete der Kläger den Bau eines Teiles der Erschließungsstraße ein. Mit Schreiben vom 23. Dezember 1980 (K 8) forderte der Kläger die Beklagte auf, das errichtete Teilstück der Erschließungsstraße zu übernehmen, was jedoch abgelehnt wurde (Anlage K 9). Mit Schreiben vom 8. November 1983 (Anlage K 13) bot der Kläger der Beklagten unter Hinweis darauf, daß er in Kürze damit beginnen werde, die Erschließungsstraße entsprechend den Festsetzungen des Bebauungsplanes fertigzustellen die Übernahme der Straße und die Übereignung der Straßenfläche erneut an. Diese Straße ist vom Kläger bislang weder nach ihrer Trasse noch bezüglich ihres Ausbaus vollständig hergestellt worden. Es fehlt das Verbindungsstück zwischen ihr und der westlich verlaufenden V Straße, ebenso das Teilstück nebst Wendehammer im Bereich der Parzellen 7 bis 10. Darüberhinaus entspricht der Verlauf an der Einmündung nicht genau der im Bebauungsplan festgesetzten Trassierung.
Am 9. Mai 1988 fand zwischen den Parteien eine Besprechung über die Durchführung der Erschließung statt (vgl. Anlage K 16 und Anlage zu Bl. 187/193). Eine Einigung über den Straßengrundpreis und eine öffentliche Widmung der Erschließungsstraße kam nicht zustande (Anlage K 29). Mit Schreiben vom 7. Juni 1989 (Anlage K 28) bot der Kläger die Übernahme der bereits erstellten Straße und den Fertigbau an. Alternativ erklärte er sich bereit, den voraussichtlichen Erschließungsaufwand von 342.665,60 DM zu übernehmen und nach Baufortschritt auszubezahlen. Mit Schreiben vom 18. September 1989 übersandte er hierzu Planunterlagen (K 32) und erklärte sich bereit, falls die Abweichungen der Planungen des Ing. Büros W nicht gebilligt würden, den Restausbau der Straße entsprechend den Bebauungsplan zu übernehmen falls zugesagt werde, den bereits fertiggestellten Straßenteil zu übernehmen und die dafür entstandenen Kosten anteilig zu tragen sowie für die Restarbeiten entsprechend zu verfahren.
Ein Bauantrag der Ehefrau des Klägers vom 16. März 1989 wurde mit Bescheid des Landratsamtes vom 21. Februar 1990 abgelehnt (Anlage K 49). Nach vergeblichen Widerspruch hatte die Klage zum Verwaltungsgericht München (Anlage K 58) Erfolg. Über die Berufung gegen diese Entscheidung vom 5. Oktober 1995 ist noch nicht entschieden. Im Termin vom 7. Juli 1998 vor dem Landgericht übergab die Beklagte einen Entwurf einer Erschließungsvereinbarung, die der Kläger mit Schriftsatz vom 14. August 1998 für nicht zumutbar erklärte.
Der Kläger ist der Ansicht, daß spätestens nach Ablauf von drei Jahren seit Inkrafttreten des Bebauungsplanes die allgemeine Erschließungspflicht sich zu einer aktuellen Pflicht verdichtet habe. Zudem habe die Beklagte das zumutbare Angebot vom 13. März 1980 (Anlage K 4) nicht angenommen. Außerdem sei der in der Besprechung vom 9. Mai 1988 vereinbarte Stufenplan nicht eingehalten worden. Auch die Späteren Angebote vom 7. Juni und 18. September 1989 seien grundlos und treuwidrig abgewiesen worden.
Als erstattungspflichtige Bodenrente ergebe sich ausgehend von einem Bodenwert von 400 DM je/qm, also insgesamt 5.065.600 (12.664 |x 400), und einer Verzinsung von 5 % ein Jahresbetrag von 253.280 DM. Dieser Betrag werde geltend gemacht für die Jahre 1988-1992 und zusätzlich (mit Schriftsatz vom 30. Dezember 1997) für 1994.
Der Kläger hat daher vor dem Landgericht zuletzt beantragt:
Die Beklagte hat dem Kläger DM 1.519.680 zu bezahlen, nebst 4 % Zinsen aus jeweils DM 253.280 seit 1. Januar 1989, 1990, 1991, 1992, 1993 und 1995.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.
Eine Entschädigung sei schon deshalb nicht geschuldet, weil das streitgegenständliche Grundstück als "Außenbereich im Innenbereich" zu beurteilen sei, so daß vor Erlaß des Bebauungsplanes Baurechte zu Gunsten des Klägers nicht bestanden hätten. Damit sei in ein Baurecht des Klägers auch später nicht eingegriffen worden, da ein solches trotz bestehenden Bebauungsplanes mangels Erschließung nicht bestanden habe. Eine Pflicht zur Erschließung sei nicht eingetreten, da die Beklagte diese nicht finanziell leisten konnte und die Angebote des Klägers nicht zumutbar gewesen seien.
Das Landgericht hat Beweis erhoben durch Erholung einer schriftlichen Auskunft des Landratsamtes S. (Bl. 93 d. A.) sowie eines Sachverständigengutachtens (Anlage zu Bl. 145 d. A.).
Das Landgericht hat sodann durch Urteil vom 3. September 1998 die Klage abgewiesen. Gegen dieses Urteil (Bl. 237/250 d. A.), auf dessen Entscheidungsgründe Bezug genommen wird, richtet sich die Berufung des Klägers mit der er sein Klagebegehren, allerdings ohne Entschädigung für 1988 weiter verfolgt d. h. also für die Jahre 1989 bis 1994 außer 1993. Zu Unrecht habe das Landgericht die Voraussetzungen des Eintritts einer Erschließungspflicht nicht angenommen. Innerhalb der seit Erlaß des Bebauungsplanes vergangenen Zeit müsse die Beklagte in der Lage gewesen sein, die Erschließung zu finanzieren zumal sie 90 % der Kosten umlegen und Vorschüsse anfordern könne. Zudem habe der Kläger mehrfach zumutbare Angebote zur Herstellung der Erschließung unterbreitet. Im einzelnen wird insoweit auf die Berufungsbegründung in den Schriftsätzen vom 19. Januar und 26. April 1999 verwiesen. Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Sie ist der Auffassung, ein Entschädigungsanspruch bestehe bereits deshalb nicht, weil dem Kläger durch den Bebauungsplan ein Baurecht nicht beschnitten worden sei. Zudem habe das Landgericht zu Recht eine Verdichtung der Erschließungslast zu einer Erschließungspflicht verneint. Näheres findet sich in den Schriftsätzes vom 6. April und 4. Mai 1999.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Zutreffend hat das Landgericht der Klage nicht stattgegeben, da ein enteignungsgleicher Eingriff in Form einer sogenannten faktischen Bausperre dem Kläger hinsichtlich der streitgegenständlichen Grundstücke nicht auferlegt wurde.
1.) Nach der Rechtsprechung kann es zwar eine Enteignung mit der Folge einer Entschädigungspflicht darstellen, falls ein Baurecht für ein Grundstück, das nach den Vorschriften des Bauplanungsrechts bereits bebaubar ist, durch behördliche Maßnahmen, insbesondere eine Bausperre auf Zeit entzogen wird (Palandt Komm. zum BGB 58. Aufl. § 903 Vorbemerkung 44).
Auch ohne eine förmlich Bausperre liegt ein derartiger enteignender Eingriff vor, falls zu Lasten eines Grundstückseigentümers ein bereits bestehendes Baurecht in anderer Weise entzogen wird. Dies kann auch dadurch geschehen, daß in Bezug auf ein bereits gem. den §§ 34 oder 35 BBauG bzw. BauGB für ein Grundstück gegebenes Baurecht eine Einschränkung der Bebaubarkeit durch den Erlaß eines qualifizierten Bebauungsplanes erfolgt. Hierdurch wird dann nur scheinbar eine Vergünstigung, in Wahrheit aber eine nicht unbefristet hinnehmbare Belastung bewirkt, da Bauvorhaben dann nicht nur den Festsetzungen des Bebauungsplanes entsprechen müssen, sondern auch die dort festgelegte Erschließung gesichert sein muß (BVerwG E 88, 166 ff. = NVwZ 1991, 1086/1088). In diesen Fällen ist es dem Grundstückseigentümer nur begrenzte Zeit zumutbar, diesen Zustand ohne weiteres hinzunehmen. Nach Ablauf dieser Zeit verdichtet sich die Erschließungslast der Gemeinde zu einer Erschließungspflicht, falls es treuwidrig wäre, einen Bebauungsplan aufzustellen und dann längere Zeit von der Durchführung einer Erschließung abzusehen. Einem derartigen Vorwurf treuwidrigen Verhaltens ist die Gemeinde allerdings nicht ausgesetzt, falls es ihr aus wirtschaftlichen Gründen nicht möglich ist, eine Erschließungsanlage herzustellen und falls auch nicht der nunmehr in § 124 Abs. 3 Satz 2 BauGB geregelte Fall vorliegt, daß ein Dritter ein zumutbares Angebot abgibt, die Erschließung vorzunehmen bzw. zu finanzieren (BVerwG E 92, 8 = DÖV 1993, 713/716). Ein solches Angebot ist aber nur zumutbar, falls es sich auf die planmäßige Erschließung bezieht und aus tatsächlichen und rechtlichen Gründen verlässlich ist. Um diese Verlässlichkeit überprüfen zu können, muß das Angebot auch ausreichend konkret sein (BVerwG NVWZ 1994, 281/282).
2.) Nach diesen Grundsätzen kommt ein Entschädigungsanspruch des Klägers bereits deshalb nicht in Betracht, weil ihm enteignungsrechtlich durch den Erlaß des Bebauungsplans Nr. 18 nichts genommen wurde. Seine Grundstücke waren vor Inkrafttreten des Bebauungsplanes nicht gem. § 34 BBauG bebaubar, da sie einen sogenannten "Außenbereich im Innenbereich" darstellten. Auch eine Bebaubarkeit nach § 35 BBauG war unstreitig nicht gegeben.
a) Wie sich aus den vorliegenden Planunterlagen und Lichtbildern ergibt, ist die fragliche, vor Erlaß des Bebauungsplanes im wesentlichen unbebaute Fläche der streitgegenständlichen Grundstücke zwar von bebauten Grundstücken umgeben. Gleichwohl nehmen die Grundstücke des Klägers an diesem Bebauungszusammenhang nicht teil, da dieser in folge der tatsächlichen Gegebenheiten, insbesondere der nur unwesentlichen Bebauung und der erheblichen Ausdehnung der unbebauten Flächen unterbrochen wird. Damit kann nicht mehr davon ausgegangen werden, daß eine im Sinn des § 34 BBauG vorhandene aufeinanderfolgende Bebauung trotz der vorhandenen unbebauten Flächen der Flur-Nr. 156, 158 und 149 den Eindruck der Geschlossenheit (Zusammengehörigkeit) vermittelt. Dies beruht insbesondere, ohne das dies allerdings zwingend so wäre, auf der erheblichen Ausdehnung des fraglichen Grundstücksareals von insgesamt ca. 18000 m, das auch nicht etwa nur streifenförmig eine schmale aber lange Baulücke darstellt. Vielmehr handelt es sich hier nach Auffassung des Senats um ein eigenes, nach gesonderten Kriterien zu beurteilendes Baugebiet das einer eigenständigen Entwicklung der Bebaubarkeit und der Beplanung zugeführt werden kann und muß, wie dies dann auch entsprechend mit Erlaß des Bebauungsplans Nr. 18 erfolgt ist (vgl. BVerwG E 41, 228/234 f).
b) Diese Auffassung steht im Gleichklang mit der vom Landgericht eingeholten amtlichen Auskunft des zuständigen Landratsamtes. Daß der in erster Instanz zugezogene Sachverständige zu einem anderen Ergebnis gelangte, überzeugt den Senat nicht, zumal es sich hier letztlich um eine vom Gericht zu entscheidene Rechtsfrage handelt. Insbesondere vermag der Senat dem Gutachten keine überzeugende Darstellung darüber zu entnehmen, weshalb das Gebiet den Eindruck der Geschlossenheit vermitteln soll, obwohl es angesichts seiner Größe, seiner fast völligen Unbebautheit (vgl. Gutachten 2.21 und BVerwGE ZfBR 87, 44/45) und seiner mangelnden Erschließung, soweit es nicht an die Hauptstraße grenzt, was auch der Sachverständige nicht verkennt (3.4 und 3.5), als Fremdkörper im Ortsbild angesehen werden muß.
Der Sachverständige hat bei seiner Begutachtung auch im Ansatz verfehlt eine Erschließungspflicht der Gemeinde der Frage der Bebaubarkeit zu Grunde gelegt (Ziff. 2.28) oder zumindest diese Erwägungen in seine Beurteilung mit einfließen lassen.
3.) Selbst wenn man aber entgegen der Auffassung des Senats davon ausgehen wollte, daß das streitgegenständliche Areal schon vor Erlaß des Bebauungsplanes bebaubar war, liegt ein entschädigungspflichtiger Eingriff der Beklagten auch deshalb nicht vor, da eine Verdichtung der Erschließungslast der Beklagten zu einer Erschließungspflicht nicht eingetreten ist, mit der Folge, daß es der Beklagten auch nicht nach Treu und Glauben verwehrt war und ist, sich auf die fehlende Erschließung der Grundstücke bei der Frage einer Baugenehmigung zu berufen.
a) Daß die Herstellung entsprechender Erschließungsanlagen insbesondere auch in Hinblick auf die Notwendigkeit, den sogenannten Kalkgraben als Gewässer hochwassersicher (vgl. Anl. 4 zu Bl. 148/162) unter der Erschließungsstraße hindurchzuführen, noch ganz erheblichen Kostenaufwand verursachen wird, hat der Senat bereits in dem früheren Urteil, zeitlich vorausgehende Entschädigungsansprüche des Klägers gegen die Beklagte betreffend, näher festgestellt. Auf die Ausführungen des Senatsurteils in dem Rechtsstreit Az: 1 U 5659/89, 3 O 7327/88 wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen. Die insoweit bisher erstellte bauliche Lösung ist daher nicht verwendungsfähig und muß neu erstellt werden. Der Bürgermeister der Beklagten hat zudem unwidersprochen davon berichtet, daß die Verrohrung des Durchlasses inzwischen bereits für den normalen Betrieb außerhalb eines Hochwasseranfalls nicht mehr ausreichend funktionsfähig ist, so daß die Straße in diesem Bereich bereits verkehrsgefährdend eingesunken ist. Der zur ordnungsgemäßen Herstellung erforderliche Kostenaufwand wird nach derzeitigen Preisen sicherlich den seinerzeit im Urteil für 1990 bezifferten Betrag vom DM 150.000 bei weitem übersteigen. Die Beklagte hat den Betrag bereits 1994 (Bl. 109 d.A.), was soweit ersichtlich nicht bestritten wurde, mit DM 265.000 beziffert und die übrigen Straßenbaukosten mit DM 215.000 angegeben. Der Senat schätzt diesen Aufwand nach heutigen Preisen weit über DM 700.000. Der Kläger selbst spricht insoweit von einem Anspruch - Stand 1994 - von 1 bis 1,2 Mio. (Bl. 123 d. A.). Daß die Beklagte Beträge in dieser Größenordnung vorzufinanzieren und zu 10 % letztlich selbst nach ihrer finanziellen Ausstattung zu tragen in der Lage wäre, hat die Beklagte bereits im Vorprozeß glaubhaft in Abrede gestellt. Anhaltspunkte, dafür, daß dies bei gestiegenen Preisen und allgemeiner Verschlechterung der Haushaltslage der Gemeinden nunmehr abweichend sollte zu beurteilen sein, vermag der Senat nicht zu erkennen. Die Beklagte hat vielmehr durch die glaubhaften und unwidersprochenen Angaben des 1. Bürgermeisters L nachgewiesen, daß sie bisher außerstande war, einen entsprechenden Ausbau der Erschließungsanlagen vorzufinanzieren. Bereits 1986 sei die Notwendigkeit des Neu- bzw. Umbaus des Gymnasiums als besonders vordringliche Baumaßnahme bekannt gewesen und es seien dafür schon Rücklagen gebildet worden, zumal die Gemeinde mangels ins Gewicht fallender Gewerbeabgaben finanziell eher schlecht gestellt sei. 1988 sei dann ein Architektenwettbewerb ausgeschrieben worden, da die bauliche Lösung sehr kompliziert erschienen sei. Der Bau sei dann letztlich in den Jahren 1993 bis 1997 durchgeführt worden. Die sorgfältig geplante Bausumme von 22,9 Mio DM sei gleichwohl dabei um 2,5 Mio überschritten worden. Derzeit müßten die Baumängel abgeklärt und nachgebessert werden. Insbesondere dieser Bau habe die Finanzen der Gemeinde so stark in Anspruch genommen, daß ihr für etwa die letzten 4 Jahren seitens des Landratsamtes ein Verbot weiterer Kreditaufnahmen auferlegt worden sei.
Der 1. Bürgermeister hat ferner glaubhaft dargelegt, daß auch eine Verweisung der Beklagten auf ihre nach dem Gesetz bestehenden Ansprüche gegen erschlossene Grundstückseigentümer auf Zahlung von bis zu 90 % der Erschließungskosten im vorliegenden Falle sehr problematisch zu sehen ist. Insoweit sei mit dem Kläger bereits in Vorgesprächen keinerlei Einvernehmen über etwa notwendige Kosten der Erschließung zu erzielen gewesen. Vielmehr habe dieser bereits wegen geringfügiger ergänzender Maßnahmen der Beklagten an dem vom Kläger erstellten Straßenabschnitt (Beleuchtungskörper etc.) Rechtstreite geführt.
b) Die Beklagte handelte auch nicht treuwidrig, soweit sie die jeweiligen Angebote des Klägers zur Regelung der Kostenaufbringung für den Bau der Erschließungsanlage nicht annahm. Vielmehr zeigen ihre eigenen Angebote an den Kläger (Anlage 2 zum Schriftsatz vom 22. April 1997 und Protokoll vom 7. Juli 1998), daß die Beklagte durchaus bemüht war, die Erschließung der streitgegenständlichen Grundstücke voranzubringen. Zudem hat der 1. Bürgermeister glaubhaft vorgetragen, daß die Gemeinde mehrfach ansiedlungsinteressierte Gewerbetreibende zum Kläger geschickt habe, um eine mit deren Hilfe zu bewerkstelligende Finanzierung der Erschließung in die Wege zuleiten.
aa) Hinsichtlich des Angebots vom 13. März 1980 (Anlage K 4) hat der Senat bereits im Vorprozeß eine Annahme nicht für zumutbar erachtet, da dieser Vertrag insbesondere in Ziff. X vorsah, daß die Beklagte den Ausbau zunächst aus eigenen Mitteln durchführen sollte und damit vorzufinanzieren gehabt hätte. Auf diese Ausführungen im Senatsurteil Seite 28 bis 30 wird ergänzend verwiesen.
bb) Das vom Kläger als Ergebnis der Besprechung vom 9. Mai 1988 behauptete Angebot (Anlage K 16) brauchte die Beklagte nicht anzunehmen, weil es sich hier, wie bereits vom Landgericht zutreffend ausgeführt, um kein geschlossenes vertragsreifes Angebot, sondern allenfalls um bruchstückhafte Einigungsversuche über bestimmte Vorfragen einer dann noch im einzelnen auszuhandelnden Erschließungsvereinbarung handelte. Zu einer Einigung über bloße Teilbereiche ohne Bindung in anderen wesentlichen Punkten war die Beklagte nach Treu und Glauben nicht verpflichtet.
cc) Das Angebot vom 7. Juli 1989 (Anlage K 28) enthält zwei alternative Vorschläge zu Herstellung der Erschließungsanlagen seitens des Klägers. Es war aber für die Beklagte nicht zumutbar, da es weiter zur Bedingung machte, daß die bereits erstellten Anlagen von der Beklagten übernommen und damit auch deren Kosten ausgeglichen würden. Dies kam aber nicht in Betracht, da damit der Ausbau insbesondere des Bachdurchlasses, der in dieser Form, wie bereits dargestellt, nicht brauchbar war, hätte bezahlt werden müssen.
dd) Dieselben Erwägungen gelten für das Angebot vom 18. September 1998 (Anlage K 32), da dort ebenfalls die Kostenübernahme für bereits erbrachte Erschließungsanlagen enthalten ist.
4.) Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit erfolgt gem. § 708, 711 ZPO. Nach § 456 Abs. 2 war der Wert der Beschwer festzusetzen.
Ende der Entscheidung
Bestellung eines bestimmten Dokumentenformates:
Sofern Sie eine Entscheidung in einem bestimmten Format benötigen, können Sie sich auch per E-Mail an info@protecting.net unter Nennung des Gerichtes, des Aktenzeichens, des Entscheidungsdatums und Ihrer Rechnungsanschrift wenden. Wir erstellen Ihnen eine Rechnung über den Bruttobetrag von € 4,- mit ausgewiesener Mehrwertsteuer und übersenden diese zusammen mit der gewünschten Entscheidung im PDF- oder einem anderen Format an Ihre E-Mail Adresse. Die Bearbeitungsdauer beträgt während der üblichen Geschäftszeiten in der Regel nur wenige Stunden.