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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht München
Beschluss verkündet am 07.11.2000
Aktenzeichen: 1 W 2532/00
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 406
Wird der Antrag auf Ablehnung eines Sachverständigen wegen Besorgnis der Befangenheit nicht auf Äußerungen des Sachverständigen gestützt, die ihre Grundlage in der fachbezogenen Fragestellung haben, sondern auf Stil und Ausdrucksweise des Sachverständigen in seinem Gutachten, ist das Ablehnungsgesuch jedenfalls dann verspätet angebracht, wenn es mehr als 3 Wochen nach Zugang des Gutachtens gestellt wird. Als Anhaltspunkt für die Frage, welche Überlegungsfrist als angemessen erscheint, ist die Bestimmung des § 406 Abs. 2 Satz 1 ZPO heranzuziehen. Die für eine Stellungnahme zum Gutachten eingeräumte, möglicherweise längere Frist ist bei der Beurteilung der Unverzüglichkeit der Ablehnung ohne Belang.
OBERLANDESGERICHT MÜNCHEN

Aktenzeichen: 1 W 2532/00 9 O 5933/94 LG München I

In dem Rechtsstreit

wegen Schadensersatzes

erläßt der 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München durch die unterzeichnenden Richter ohne mündliche Verhandlung am 07. November 2000 folgenden

Beschluß:

Tenor:

I. Die sofortige Beschwerde der Beklagten vom 13.9.2000 gegen den Beschluß des Landgerichts München I vom 5.9.2000 wird zurückgewiesen.

II. Die Beklagten tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 1.093.720,-- DM festgesetzt.

Gründe:

I.

Mit Beschluß vom 5.9.2000 hat das Landgericht München I den Antrag der Beklagten vom 17.7.2000, den Sachverständigen Prof. E wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen, als unzulässig zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Beklagten vom 13.9.2000, die mit Schriftsatz vom 18.9.2000 ergänzend begründet wurde. Wegen des Sachverhaltes wird im übrigen auf den Beschluß des Landgerichts München I vom 5.9.2000 verwiesen.

II.

Die Beschwerde der Beklagten vom 13.9.2000 war als unbegründet zurückzuweisen, da das Landgericht den Befangenheitsantrag vom 17.7.2000 zutreffend als verspätet angesehen hat.

1. Zutreffend führt das Landgericht aus, daß der Ablehnungsantrag unverzüglich, d. h. innerhalb einer angemessenen Überlegungsfrist, anzubringen war.

a) Die von den Beklagten geltend gemachten Ablehnungsgründe haben sich, wie das Landgericht ebenfalls zutreffend ausgeführt hat, nicht erst auf der Basis einer medizinischen Analyse des Ergänzungsgutachtens vom 10.4.2000 erschlossen, sondern mußten sich, da wesentlich Stil und Ausdrucksweise des Gutachters angegriffen werden, bereits beim Überlesen des Gutachtens aufdrängen. Folglich war eine Anbringung des Ablehnungsantrages am 17.7.2000, nachdem dem Beklagtenvertreter das Ergänzungsgutachten vom 10.4.2000 bereits am 21.6.2000 zugegangen war, nicht mehr unverzüglich im vorgenannten Sinne. Als Anhaltspunkt insoweit zieht der Senat auch die 2-Wochen-Frist gemäß § 406 Abs. 2 Satz 1 ZPO ergänzend heran. Der verfahrensgegenständliche Sachverhalt war gegenüber dem in § 406 Abs. 2 Satz 1 ZPO genannten eher noch einfacher gelagert, da dort häufig vor Stellung des Ablehnungsantrages noch Erkundigungen über den ernannten Sachverständigen eingezogen werden müssen.

b) Soweit der Beklagtenvertreter unter Ziffer 1 der Beschwerdebegründung auf seine terminliche Belastung mit anderweitigen Terminen hingewiesen hat, ist bei der Bewertung gesetzlicher Fristen ohnehin ohne weiteres davon auszugehen, daß ein freiberuflich tätiger Rechtsanwalt regelmäßig unter erheblichem Termindruck steht. Im übrigen wäre auch eine Anbringung des Ablehnungsgesuches innerhalb der vom Beklagtenvertreter an dieser Stelle genannten 3-Wochen-Frist aus den vorgenannten Gründen nicht mehr als unverzüglich anzusehen gewesen.

c) Darauf, daß den Beklagten gemäß richterlicher Verfügung vom 15.6.2000 zur Stellungnahme zum Ergänzungsgutachten vom 10.4.2000 eine Frist bis 9.8.2000 eingeräumt worden war, kommt es für die Bewertung als nicht mehr unverzüglich nicht an (Zöller RdNr. 9 zu § 406 ZPO), da die Stellungnahme zum Ergänzungsgutachten dessen wesentlich zeitaufwendigere medizinische Analyse voraussetzt. Ob die Beklagten vor Anbringung des Ablehnungsgesuches eine medizinische Stellungnahme eingeholt haben, ist unbeachtlich, da sie jedenfalls die Ablehnung nicht wesentlich auf medizinisch sachverständige Gesichtspunkte stützen. Darüber hinaus war für die Beklagten auch von vorneherein offenkundig, daß die Ablehnung ohnehin nicht auf Gesichtspunkte gestützt werden kann, die das Oberlandesgericht bereits im Beschluß vom 9.11.1998 als unbeachtlich eingestuft hatte.

d) Soweit die Beklagten im Schriftsatz vom 18.9.2000 vorbringen, es sei ungereimt, wenn das Landgericht einerseits die Anbringung des Ablehnungsantrages nach 3 1/2 Wochen als verspätet ansehe und andererseits der Klagepartei zur Stellungnahme zum Ablehnungsantrag einen Monat eingeräumt habe, ist darauf hinzuweisen, daß es sich bei der Bewertung als nicht mehr unverzüglich um die Auslegung gesetzlicher Vorschriften (§ 406 ZPO) handelt, die nicht wesentlich davon abhängen kann, welche weiteren Fristen das Gericht in der Folgezeit in diesem Zusammenhang einer Prozeßpartei eingeräumt hat.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

3. Der Wert für das Beschwerdeverfahren war entsprechend dem Beschluß des Senats vom 5.2.1999 auf 1.093.720,-- DM festzusetzen.

Ende der Entscheidung

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