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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht München
Beschluss verkündet am 23.11.2006
Aktenzeichen: 1 W 2699/06
Rechtsgebiete: GKG


Vorschriften:

GKG § 68 Abs. 1
Den Streitwert eines selbständigen Beweisverfahrens, das den Vorwurf eines ärztlichen Kunstfehlers (hier: nicht fachgerechte Behandlung einer Handgelenksfraktur einschließlich behaupteter Verursachung eines Morbus-Sudeck-Syndroms) zum Gegenstand hat, schätzt das Gericht nach freiem Ermessen anhand der Hauptsacheklage, deren Vorbereitung das selbständige Beweisverfahren dient. Diese umfasst in Arzthaftungssachen regelmäßig Schmerzensgeld, einen Zahlungsanspruch für erlittene Schäden sowie einen Feststellungsantrag.
Aktenzeichen: 1 W 2699/06

In dem Rechtsstreit

wegen selbständigen Beweisverfahrens

hier: Streitwertbeschwerde der Antragstellerin

erlässt der 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München durch die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht Vavra, den Richter am Oberlandesgericht Schneider und die Richterin am Oberlandesgericht Willner am 23.11.2006 folgenden

Beschluss:

Tenor:

Auf die Beschwerde der Antragstellerin hin wird der Beschluss des Landgerichts München I vom 16.10.2006 dahingehend abgeändert, dass der Streitwert auf 25.000,00 € festgesetzt wird. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Gründe:

I. Mit Beschluss vom 16.10.2006 setzte das Landgericht den Streitwert für das selbständige Beweisverfahren auf 40.000,00 € fest. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Antragstellerin vom 23.10.2006, eingegangen am selben Tag. Die Beschwerdeführerin rügt, dass das Landgericht bei der Streitwertbemessung nicht nur den Schmerzensgeldanspruch berücksichtigt hat. Mit Beschluss vom 30.10.2006 hat das Landgericht der Beschwerde nicht abgeholfen. Im Beschwerdeverfahren hatten alle Verfahrensbeteiligten Gelegenheit, sich zum Streitwert zu äußern.

II. 1. Die zulässige Beschwerde (§ 68 Abs. 1 GKG) ist teilweise begründet.

Für den Wert des selbständigen Beweisverfahrens ist der Wert der Hauptsache maßgeblich (Thomas-Putzo, 27. Auflage, Rdn. 33 zu § 3 ZPO; Zöller, 25. Auflage, Rdn. 16 zu § 3 ZPO; Hartmann GKG, Anhang I zu § 48 GKG, Rdn. 102). Dabei ist der vom Antragsteller bei Verfahrenseinleitung geschätzte Wert weder bindend noch maßgeblich. Vielmehr hat das Gericht nach Einholung des Gutachtens den Hauptsachewert bezogen auf den Zeitpunkt der Verfahrenseinleitung und das Interesse des Antragstellers zu schätzen (Zöller a.a.O.). Die Antragstellerin hat das selbständige Beweisverfahren im Hinblick auf einen behaupteten ärztlichen Kunstfehler durchgeführt. Eine Hauptsacheklage in Arzthaftungssachen umfasst regelmäßig eine Schmerzensgeldforderung, einen Zahlungsanspruch für erlittene materielle Schäden sowie die Feststellung der Ersatzpflicht künftiger materieller und immaterieller Schäden. Die Antragstellerin hat ihre möglichen Ansprüche auch nicht auf das Schmerzensgeld beschränkt, sondern allgemein von zu verfolgenden Schadensersatzansprüchen gesprochen.

Der hierfür von der Antragstellerin angesetzte Betrag von 6.000 Euro wird den im Verfahren geltend gemachten Folgen des behaupteten Kunstfehlers bei weitem nicht gerecht, andererseits erscheint aber auch der vom Landgericht festgesetzte Betrag sehr hoch gegriffen. Die Antragstellerin hat vorgebracht, dass die Antragsgegner eine Fraktur am linken Handgelenk nicht fachgerecht behandelt hätten. Die 77-jährige Antragstellerin leide bis heute an einer bleibenden Fehlstellung des linken Handgelenks, habe dauerhafte Schmerzen und könne die Hand kaum noch bewegen. Auch der Vorwurf der Verursachung eines Morbus Sudeck-Syndroms durch einen ärztlichen Fehler war zentrale Frage des Beweisverfahrens (Antragsschrift vom 18.05.2005, Antrag II.1. i.V.m. I.5.). Angesichts der geltend gemachten Folgen erscheint dem Senat eine Schmerzensgeldforderung von 15.000 Euro realistisch. Als mögliche bereits eingetretene materielle Schäden sowie künftige materielle und immaterielle Folgen kommen Beeinträchtigungen in der Haushaltsführung und eine erforderliche Nachoperation in Betracht. Der Senat schätzt das diesbezügliche wirtschaftliche Interesse der Antragstellerin auf 10.000 Euro.

2. Eine Kostenentscheidung war nicht veranlasst, da das Streitwertbeschwerdeverfahren gebührenfrei ist und keine Kostenerstattung stattfindet (§ 68 Abs. 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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