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Gericht: Oberlandesgericht München
Beschluss verkündet am 16.11.2004
Aktenzeichen: 1 W 2704/04
Rechtsgebiete: ZPO
Vorschriften:
ZPO § 494a | |
LG München I 27 OH 13918/04 vom 26.10.2004 |
2. Wird ein Antrag auf Durchführung des selbständigen Beweisverfahrens rechtskräftig als unzulässig zurückgewiesen, so sind dem Antragsteller die Kosten aufzuerlegen, ohne dass es darauf ankommt, ob er Hauptsacheklage erhebt.
Beschluss
des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München
vom 16.11.2004
Aktenzeichen: 1 W 2704/04
In dem Rechtsstreit
wegen selbständigem Beweisverfahren
Tenor:
1. Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Landgerichts München I vom 26.10.2004 wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
3. Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens beträgt 1840,60 EUR.
Gründe:
I.
Der Antragsteller war beim Antragsgegner in zahnärztlicher Behandlung.
Am 23.07.2004 ging beim Landgericht München I ein "Beweissicherungsantrag" des Antragstellers ein (Bl. 1 - 3 d. A.). Am 02.08.2004 reichte der Antragsteller eine abgeänderte Fassung des "Beweissicherungsantrags" ein (Bl. 5 - 7 d. A.). Auf den Inhalt der Anträge wird Bezug genommen.
Mit Schriftsatz vom 18.08.2004 beantragte der Antragsgegner, den Antrag zurückzuweisen.
Der Antragsteller nahm hierzu mit Schriftsatz vom 06.09.2004 Stellung.
Durch Beschluss vom 13.09.2004, der den Antragstellervertretern am 16.09.2004 zugestellt wurde, wies das Landgericht München I den Antrag vom 02.08.2004 als unzulässig zurück. Es führte aus, ein rechtliches Interesse für ihn sei nicht dargetan. Für die Feststellung einer unstreitig durchgeführten Behandlung gebe es kein rechtliches Interesse.
Auf Antrag des Antragsgegners vom 21.09.2004 legte das Landgericht München I dem Antragsteller mit Beschluss vom 26.10.2004 mit der Begründung, es sei nicht mehr mit einem Hauptsacheverfahren zu rechnen, die Kosten des Verfahrens auf.
Hiergegen legte der Antragsteller mit Beschluss vom 26.10.2004 sofortige Beschwerde ein.
Das Landgericht half der sofortigen Beschwerde nicht ab. In seinem Beschluss vom 08.11.2004 führte es aus, an den begehrten Feststellungen habe kein rechtliches Interesse bestanden. Dies gelte auch für das Hauptsacheverfahren.
II.
Die sofortige Beschwerde ist nicht begründet.
1) Die sofortige Beschwerde ist zulässig. § 99 ZPO steht ihr nicht - auch nicht sinngemäß - entgegen. Die Anfechtungsfrist hinsichtlich des Beschlusses vom 13.09.2004 ist am 30.09.2004 abgelaufen. Der Beschluss vom 26.10.2004 stellt eine isolierte Kostenentscheidung dar, die selbständig angefochten werden kann (vgl. Zöller/Herget, 24. Aufl., § 99 Randnr. 1).
Vom Wortlaut her ist zwar weder § 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO (vgl. Thomas/Reichold, 26. Aufl., § 567 ZPO Randnr. 6) erfüllt, noch liegt eine ausdrückliche Bestimmung im Gesetz nach § 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO vor. Dass der Gesetzgeber eine Anfechtungsmöglichkeit isolierter Kostenentscheidungen der ersten Instanz will, ergibt sich jedoch sowohl aus § 91a Abs. 2 und § 269 Abs. 4 ZPO als auch - für das selbständige Beweisverfahren - aus § 494a Abs. 2 ZPO. Der Senat bejaht eine Beschwerdemöglichkeit in Analogie zu diesen Vorschriften.
2) Die sofortige Beschwerde ist aber nicht begründet.
a) Eine Überprüfung des Beschlusses vom 13.09.2004 auf seine Richtigkeit erfolgt im vorliegenden Beschwerdeverfahren nicht.
Da der Antragsteller die gegen die Zurückweisung seines Antrags auf Durchführung des selbständigen Beweisverfahrens nach § 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO zulässige sofortige Beschwerde nicht erhoben hat und die Zweiwochenfrist des § 569 Abs. 1 Nr. 1 ZPO bei Erhebung der Beschwerde gegen die Kostenentscheidung längst abgelaufen war, steht die Unzulässigkeit der Anträge des Antragstellers bindend fest.
b) Eine Kostenentscheidung zu Lasten des Antragstellers durfte ergehen, obwohl die Voraussetzungen des § 494a ZPO nicht vorliegen.
aa) Ein Kostenausgleich entsprechend den §§ 91 ff ZPO findet im selbständigen Beweisverfahren, das zu keiner Streitentscheidung führt und daher keine obsiegende oder unterliegende Partei kennt, grundsätzlich nicht statt. Erst im Hauptsacheprozess können und sollen die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens in die Entscheidung über die Prozesskosten einbezogen werden (Zöller/Herget, 24. Aufl., § 494a ZPO Randnr. 1).
bb) Eine gesetzlich geregelte Ausnahme hiervon stellt § 494a Abs. 2 ZPO dar. Dessen in § 494a Abs. 1 ZPO geregelte Voraussetzungen liegen aber nicht vor, da keine Beweiserhebung vorgenommen wurde.
cc) Eine Kostenentscheidung durfte jedoch ergehen, da der Antrag auf Durchführung des selbständigen Beweisverfahrens als unzulässig zurückgewiesen wurde.
Inwieweit über § 494 a ZPO hinaus eine Kostenentscheidung im selbständigen Beweisverfahren zu erfolgen hat, ist in der Rechtsprechung und Kommentarliteratur streitig. Der Senat hat sich in einem Beschluss vom 22.09.2004 in der Sache 1 W 2218/04 der Auffassung angeschlossen, dass bei anhängigem Hauptverfahren eine Kostenentscheidung zu Lasten des Antragstellers nach dessen Rücknahme des Antrags auf Durchführung des selbständigen Beweisverfahrens nicht ergehen darf.
Dieser Fall liegt jedoch anders. Die Hauptsache ist nicht anhängig. Es liegt völlig in der Hand des Antragstellers, ob er Klage erhebt oder nicht.
Auf deren Ergebnis kann es zudem nicht ankommen. Ein unzulässiges Beweisverfahren, das schon vor der Beweiserhebung endet, kann nämlich keinerlei Auswirkung auf die Hauptsache haben. Seine Kosten müssten nach § 96 ZPO sowieso dem Antragsteller auferlegt werden (Thomas/Hüßtege, 26. Aufl., § 96 ZPO Randnr. 2).
Die bestehende Gesetzeslücke ist durch analoge Anwendung der Kostenbestimmungen über das streitige Verfahren, das heißt konkret § 91 Abs. 1 ZPO, zu schließen (Senat a. a. O.; Thomas/Reichold, 26. Aufl., § 494a ZPO Randnr. 6 m. w. N.; Zöller/Herget, 24. Aufl., § 91 ZPO Randnr. 13 Selbständiges Beweisverfahren m. w. N.; instruktiv unter den zahlreichen dort wiedergegebenen Entscheidungen z. B. OLG Hamm NJW-RR 1997, 959) .
Dem steht die Entscheidung des BGH FamRZ 2004, 868 nicht entgegen, denn sie betrifft eine Kostenentscheidung zu Lasten des Antragsgegners nach einseitiger Erledigungserklärung des Antragstellers, also eine völlig andere Konstellation. Der BGH hat ausdrücklich ausgeführt, dass eine analoge Anwendung von § 494a ZPO gegenüber dem Antragsteller sachgerecht ist, da der Verweis des Antragsgegners auf einen materiellrechtlichen Kostenerstattungsanspruch unbillig sei, weil es für diesen in der Regel an den Anspruchsvoraussetzungen fehle.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Den Wert des Beschwerdeverfahrens schätzt der Senat nach der Summe der im selbständigen Beweisverfahren angefallenen Kosten (eine Gerichtsgebühr sowie zwei Verfahrensgebühren nach Nummer 3100 des Vergütungsverzeichnisses zum RVG).
Ende der Entscheidung
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