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Gericht: Oberlandesgericht München
Beschluss verkündet am 05.02.2001
Aktenzeichen: 1 W 725/01
Rechtsgebiete: ZPO
Vorschriften:
ZPO § 494 a |
OBERLANDESGERICHT MÜNCHEN
Aktenzeichen 1 W 725/01 14 OH 249/00 LG München II
In dem Rechtsstreit
wegen Beweissicherung
hier: Überbürdung von Kosten gem. § 494 a Abs. 2 ZPO
erläßt der 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München durch die unterzeichnenden Richter ohne mündliche Verhandlung am 05.02.2001 folgenden
Beschluß:
Tenor:
Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluß des Landgerichts München II vom 29.11.2000 in Ziffer II. aufgehoben.
Gründe:
I.
Gemäß Antrag der Antragstellerin vom 5.1.2000 erhob das Landgericht München II mit Beschluß vom 21.3.2000 im selbständigen Beweisverfahren gegen die Antragsgegner zu 1) und 2) Beweis durch Erholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens (Blatt 19/24 d.A.).
Unter dem 19.5.2000 erstattete der Sachverständige Dr. Sch sein zahnmedizinisches Fachgutachten (Blatt 31/58 d.A.), zu dem Ergänzungen nicht beantragt wurden.
Auf Antrag des Antragsgegners zu 2) ordnete das Landgericht sodann mit Beschluß vorn 11.8.2000, der Antragstellerin zugestellt am 23.8.2000, gemäß § 494 a Abs. 1 ZPO an, dass die Antragstellerin binnen einer Frist von 4 Wochen Klage zu erheben habe (Blatt 70.A.).
Mit Schriftsatz ihres Prozeßbevollmächtigten vom 15.9.2000 (Blatt 71/73 d.A.) beantragte die Antragstellerin, die Frist zur Klageerhebung um sechs Wochen bis Donnerstag, den 2.11.2000 zu verlängern.
Dem Antrag kam das Landgericht mit Beschluß vom 20.9.2000 (Blatt 74 d.A.) nach.
Mit Schriftsatz vom 20.9.2000 beantragte der Antragsgegner zu 2), gemäß § 494 a Abs. 2 ZPO zu beschließen, dass die Antragstellerin die dem Antragsgegner zu 2) entstandenen Kosten zu tragen habe, da sie innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist die Klage nicht erhoben habe (Bl. 75 d.A.).
Mit Schriftsatz vom 1.11.2000 (Bl. 78/79 d.A.), bei Gericht eingegangen an diesem Tag, begehrte der Prozeßbevollmächtigte der Antragstellerin erneut Verlängerung der Frist zur Klageerhebung um weitere vier Wochen bis Donnerstag, 30.11.2000, da ein noch erforderlicher Bericht der Universität München über die zahnärztlichen Leistungen des Antragsgegners zu 2) ausstünde.
Dem trat der Antragsgegner zu 2) mit Schriftsatz seines Prozeßbevollmächtigten vom 10.11.2000 (Bl. 82/83 d.A.) entgegen, indem er auf die Bedeutung der Fristsetzung für den Kostenausgleich verwies.
Mit Beschluß vom 29.11.2000 (Blatt 88/91 d.A.) lehnte das Landgericht unter Ziffer I den erneuten Antrag auf Fristverlängerung ab und ordnete unter Ziffer II an, dass die Antragstellerin die dem Antragsgegner zu 2) entstandenen Kosten zu tragen habe. Hinsichtlich der näheren Begründung wird auf Blatt 88/91 d.A. Bezug genommen.
Gemäß Verfügung des Kammervorsitzenden vom 29.11.2000 (Blatt 91 Rs.) gelangte der Beschluß am 07.12.2000 (Blatt 91 Rs.) zur Zustellung an die Parteienvertreter gegen Empfangsbekenntnis in Auslauf. Der Beschluß wurde den Prozeßbevollmächtigten jeweils am 11.12.2000 zugestellt (zu Bl. 88/91 d.A.). Gegen diesen Beschluß erhob die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 22.12.2000, eingegangen bei Gericht an diesem Tag, sofortige Beschwerde, hinsichtlich deren Begründung auf Blatt 94/99 d.A. Bezug genommen wird.
II.
Die sofortige Beschwerde ist gemäß § 494 a Abs. 2, S.3 ZPO statthaft und in zulässiger Weise erhoben.
Sie ist auch begründet.
1. Aufgrund der Angaben der Antragstellerin in ihrer Beschwerdeschrift, wonach sie bereits am 30.11.2000 Klage auch gegen den Antragsgegner zu 2) erhoben habe, wurden vom Senat die Akten des von der Klägerin insoweit bezeichneten streitigen Verfahrens, Gz.: 1 O 7018/00 Landgericht München II, beigezogen.
Aus diesen Akten ist festzustellen, dass die Antragstellerin mit Klageschrift ihres Rechtsanwalts vom 27.11.2000, bei Gericht eingegangen am 30.11.2000, Teilklage gegen die beiden Antragsgegner des selbständigen Beweisverfahrens erhoben hat, die sie wegen behaupteter fehlerhaft durchgeführter zahnärztlicher Leistungen samtverbindlich auf ein angemessenes Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 20.000,- DM sowie auf Freistellung von bereits enstandenen und noch entstehenden Kosten für die erforderliche Behebung des von den Beklagten verursachten Schadens in Anspruch nimmt. Hierzu führt die Klägerin im einzelnen aus, dass beide Beklagte zu ihrem Nachteil zusammengewirkt hätten, wobei eine Zuordnung der einzelnen Schadensverursachungen zum Gesamtschaden der Klägerin nicht mit Sicherheit vorgenommen werden könne. In ihrer Klagebegründung bezieht sich die Klägerin mehrfach auf das im selbständigen Beweisverfahren erholte Gutachten des Sachverständigen Dr. Sch vom 19.05.2000.
Mit Schreiben vom 8.12.2000 erklärte der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin ergänzend, dass der Gerichtskostenvorschuß von 1.695,- DM am 29.11.2000 an die Justizkasse überwiesen wurde. Bereits mit Verfügung vom 01.12.2000 hat das Landgericht frühen ersten Termin bestimmt auf den 28.02.2001. Klage und Ladung wurden dem Prozessbevollmächtigten des Antragsgegners zu 2) am 6. Dezember 2000 zugestellt.
2. Die Überbürdung der dem Antragsgegner zu 2) entstandenen Kosten auf die Antragstellerin war aufzuheben.
Das Gericht darf den Beschluß nach § 494 a Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht mehr fassen, nicht mehr verkünden bzw. statt der Verkündung mitteilen, wenn bis zu diesem Zeitpunkt der Antragsteller des selbständigen Beweisverfahrens doch noch verspätet Klage zur Hauptsache erhoben hat (Baumbach/Lauterbach, ZPO, 58. Auflage, Rdnr. 13 zu § 494 a ZPO).
Die Mitteilung des Beschlusses vom 29.11.2000 ist ausweislich der Akten erst am 7. Dezember 2000 erfolgt Erst zu diesem Zeitpunkt hat der Beschluss das Gerichtsgebäude und damit den Verfügungsbereich des Spruchkörpers verlassen. Zu diesem Zeitpunkt war jedoch bereits, wenn auch im Hinblick auf die lediglich bis 2.11.2000 vom Landgericht wirksam verlängerte Frist zur Klageerhebung verspätet, Hauptsacheklage eingereicht und zugestellt, damit erhoben worden.
Das gesamte Verfahren nach § 494 a Abs. 2 ZPO setzt voraus, dass die Klagefrist nach Absatz 1 erfolglos verstrichen ist ( Baumbach/Lauterbach, a.a.O. ). Dies war jedoch gerade nicht der Fall.
Da das Landgericht im Verfahren nach § 494 a Abs. 2 ZPO aber nicht von Amts wegen zu ermitteln hatte, ob und bei welchem Gericht ggfalls. eine Klage erhoben worden ist, und ihm ausweislich der Akten weder vor Unterzeichnung des Beschlusses vom 29.11.2000 noch vor dessen Mitteilung die erfolgte Klageerhebung mitgeteilt wurde, ist das Vorgehen des Landgerichts in keiner Weise vorwerfbar. Auch die Gründe, mit denen das Landgericht eine erneute Fristverlängerung abgelehnt hat, sind nachvollziehbar und vertretbar. Aufgrund des gestellten Antrags war auch der Ausspruch über die Kostentragungspflicht der Antragstellerin zwingend. Gleichwohl war der Beschluß objektiv nicht mehr zulässig und ist er in Ziffer II. auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin als der hiervon Beschwerten aufzuheben.
Soweit sich die sofortige Beschwerde auch gegen die Ablehnung der beantragten Fristverlängerung richtet, bedurfte es keiner Aufhebung der entsprechenden Beschlussziffer, da darin keine selbständige Beschwer der Antragstellerin zu erkennen ist und sich dieser Antrag durch Klageeinreichung vor Mitteilung des ablehnenden Beschlusses ohnedies erledigt hat.
Eine Kostenentscheidung war nicht veranlasst.
Ende der Entscheidung
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