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Gericht: Oberlandesgericht München
Urteil verkündet am 15.09.2004
Aktenzeichen: 18 U 2176/04
Rechtsgebiete: BGB
Vorschriften:
BGB § 437 Nr. 2 | |
BGB § 440 S. 1 | |
BGB § 323 Abs. 1 | |
BGB § 323 Abs. 2 Nr. 1 | |
BGB § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 | |
BGB § 434 Abs. 1 S. 3 |
Aktenzeichen: 18 U 2176/04
Verkündet am 15.09.2004
IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
In dem Rechtsstreit
wegen Forderung
erlässt der 18. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München durch Richterin am Oberlandesgericht xxx als Einzelrichterin aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 15. September 2004 folgendes
ENDURTEIL:
Tenor:
I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Endurteil des Landgerichts München I vom 03.02.2004 wie folgt abgeändert:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 18.198,99 Euro zuzüglich 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 25.07.2003 zu zahlen, Zug um Zug gegen die Rückgabe des Pkw Polo "Highline", FID Nr. WVWZZZ9NZ3Y265173.
2. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme des unter Ziffer I. 1. bezeichneten Pkws in Annahmeverzug befindet.
II. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
II.
Gründe:
(abgekürzt gem. § 540 Abs. 2, § 313 a Abs. 1 S. 1 ZPO)
Auf die zulässige Berufung der Klägerin war das Endurteil des Landgerichts München I vom 03.02.2004 antragsgemäß abzuändern.
1. Die Klägerin ist vom Kaufvertrag vom 27.03.2003 wirksam zurückgetreten (§ 437 Nr. 2, § 440 S. 1, § 323 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB).
Das von der Klägerin gekaufte Fahrzeug weist einen Sachmangel im Sinn von § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2, S. 3 BGB auf.
Bei dem für den Betrieb des streitgegenständlichen Fahrzeugs zu verwendenden Kraftstoff handelt es sich zwar um keine vereinbarte Beschaffenheit im Sinn von § 434 Abs. 1 S. 1 BGB, da die Parteien bei Vertragsschluss weder ausdrücklich noch konkludent vereinbart haben, welcher Kraftstoff zu verwenden ist. Es liegt auch keine von den Parteien vorausgesetzte Verwendung im Sinn von § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BGB vor. Der von der Klägerin gekaufte Pkw VW Polo "Highline" eignet sich aber nicht zur gewöhnlichen Verwendung im Sinn § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2, S. 3 BGB, da das Fahrzeug nicht mit Superbenzin, bleifrei oder Normalbenzin, bleifrei, mindestens 91 ROZ betrieben werden kann, sondern Superplus, 98 ROZ oder Superbenzin, 95 ROZ verwendet werden muss. Bei der Eignung zur gewöhnlichen Verwendung, die objektiv zu bestimmen ist, ist darauf abzustellen, welche Beschaffenheit der Käufer erwarten kann. Dies bestimmt sich nach dem Erwartungshorizont des Durchschnittskäufers. Bei der Beschaffenheit des Kaufgegenstandes kommen alle tatsächlichen, rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Umstände in Frage, die nach der Verkehrsauffassung Wert und Brauchbarkeit der Sache unmittelbar beeinflussen. Gemäß § 434 Abs. 1 Satz 3 BGB erweitern Werbeaussagen und andere öffentliche Äußerungen des Herstellers über bestimmte Eigenschaften des Produkts die Soll-Beschaffenheit der Eignung zur gewöhnlichen Verwendung um solche Eigenschaften, die an sich nicht zu einer derartigen Beschaffenheit gehören (vgl. Palandt/Putzo, BGB, § 434 Rn. 31). Die Beklagte als Verkäuferin ist an die öffentlichen Äußerungen des Herstellers über die Beschaffenheit des Pkw, Typ VW Polo "Highline" wie an eine zusätzliche Eigenschaft gebunden, es sei denn, dass sie die Äußerung nicht kannte oder nicht kennen musste. Die Beschaffenheit des streitgegenständlichen Fahrzeugs umfasst den zu verwendenden Kraftstoff. Nach dem vom Hersteller herausgegebenen Prospekt, Stand Oktober 2002, waren Fahrzeuge des streitgegenständlichen Typs mit Superbenzin, bleifrei oder Normalbenzin, bleifrei, mindestens 91 ROZ zu betreiben. Bei dem an die Klägerin gelieferten Fahrzeug ist Superplus, 98 ROZ oder Superbenzin, 95 ROZ zu verwenden. Der Prospekt stellt eine öffentliche Äußerung des Herstellers im Sinn von § 434 Abs. 1 S. 3 BGB dar. Dass die Beklagte die Werbeaussagen des Pkw-Herstellers nicht kannte oder nicht kennen musste, wurde nicht vorgebracht.
Die Beweisaufnahme hat nicht ergeben, dass im Zeitpunkt des Vertragsschlusses am 27.03.2003 in gleichwertiger Weise, d.h. in einem veröffentlichten Prospekt des Herstellers, die Angaben über den zu verwendenden Kraftstoff aktualisiert waren. Ob sie zu einem späteren Zeitpunkt, zum Beispiel bei Übergabe des Pkw, aktualisiert waren, ist unerheblich. Keiner der von der Beklagten angebotenen Zeugen konnte sicher angeben, dass vom Hersteller ein neuer Prospekt mit geänderten und aktuellen Angaben über den zu verwendenden Kraftstoff (Superplus, 98 ROZ oder Superbenzin, 95 ROZ) am 27.03.2003 herausgegeben und veröffentlicht worden war. Der Zeuge P L vermutete, dass der Prospekt des Herstellers, in dem auf den Kraftstoffverbrauch "Superplus, 98 ROZ oder Superbenzin, 95 ROZ" hingewiesen wurde, vom März 2003 stammt. Er wusste aber nicht, ob der Prospekt vor dem Abschluss des Kaufvertrages zwischen den Parteien vom Hersteller herausgegeben worden ist. Auch die Zeugen M P und S H konnten nicht angeben, ob im März 2003 der Prospekt Stand Oktober 2002 durch einen neuen Prospekt aktualisiert war. Die Zeugen waren glaubwürdig.
Die Änderung des zu verwendenden Kraftstoffs konnte die Kaufentscheidung der Klägerin beeinflussen, da der Betrieb des Fahrzeugs mit kostengünstigerem Normalbenzin, bleifrei, mind. 91 ROZ infolge der Änderung des zu verwendenden Kraftstoffs ausgeschlossen war.
Die Nacherfüllung hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 25.07.2004 (Anlage K 4) verweigert. Die Höhe des Vorteilsausgleichs ist nicht bestritten.
2. Die Feststellungsklage ist zulässig. Im Hinblick auf § 756 Abs. 1 ZPO ist das Feststellungsinteresse der Klägerin gegeben. Die Feststellungsklage ist auch begründet. Durch die Ablehnung der Beklagten im Schreiben vom 25.07.2003 (Anlage K 4) befand sich die Beklagte spätestens seit diesem Zeitpunkt mit der Rücknahme des Fahrzeugs in Annahmeverzug.
3. Der Zinsanspruch beruht auf § 288 Abs. 1, § 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, §§ 711, 713 ZPO.
5. Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen nicht vorliegen (§ 543 Abs. 2 S. 1 ZPO).
Ende der Entscheidung
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